Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Klagen der Ausbildungsbetriebe im Land sind unüberhörbar. Die unbefriedigende Unterrichtsversorgung an den Berufsschulen ist schon landesweit ein Thema. Der Unterrichtsausfall geht dabei nicht nur zulasten der Auszubildenden, sondern er schadet auch dem
Am 13. März veranstaltete die IHK in Karlsruhe ein Podiumsgespräch mit Landtagsabgeordneten aus allen Fraktionen – zumindest zwei von ihnen, sehe ich, sind hier auch noch anwesend – zum Thema „Unterrichtsausfall an den Berufsschulen“.
Ich meine, der Landesregierung hätten angesichts der dort vorgetragenen Klagen über die Situation an den Berufsschulen die Ohren klingen müssen.
„Lehrermangel und kein Englischunterricht“ titelten tags darauf die „Badischen Neuesten Nachrichten“. Die IHK Karlsruhe hat das Thema Unterrichtsausfall zum Titelthema der Märzausgabe ihres Magazins gemacht
Aus Mangel an Lehrern fallen … bis zu 10 % des Unter richts an den Berufsschulen aus. In einem Fall fiel aus diesem Grund sogar der Englischunterricht komplett aus. … Deshalb fordern wir auch mit allem Nachdruck deut lich höhere Bildungsinvestitionen.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Norbert Zeller SPD: Recht hat er! – Abg. Al- fred Winkler SPD: Das ist in Entwicklungsländern noch besser!)
Diese Situation besteht aber nicht nur in Karlsruhe. An den Kollegen Zeller erging von der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben folgendes Schreiben:
Die Ausbildungsleiter unserer Mitgliedsbetriebe Voith Pa per Filter Systems GmbH & Co. KG, ThyssenKrupp Drauz Nothelfer GmbH und Müller-Weingarten AG be mängeln den starken Unterrichtsausfall an den beruf lichen Schulen.
Von den vorgesehenen 13 Unterrichtsstunden werden meist nur zehn oder elf eingeplant, im Beruf des Tech nischen Zeichners sogar nur acht anstatt 13 Stunden (Bei spiel Ravensburg).
(Zurufe von der SPD: Schlimm! Unglaublich! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Aber die sind auch gegen den Mindestlohn!)
Dieses Beispiel einer Schule wurde von weiteren Vertre tern beruflicher Schulen aus der Region in der letzten Sit zung des Berufsbildungsausschusses der IHK Bodensee
Oberschwaben am 13. November 2007 bestätigt. Offen bar können in fast keiner Berufsschulklasse die gefor derten Unterrichtsstunden gewährleistet werden.
(Zurufe von der SPD: Sag mal! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja, wo sind wir denn? – Abg. Alfred Winkler SPD: Sind wir denn in Belgisch-Kongo? – Zurufe von der CDU)
Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen das nicht gefällt. Das weiß ich. Für Karlsruhe ist es eine besondere Blamage, weil der Englischunterricht dort an eine private Berufsschule abgegeben wurde. Auf der Podiumsdiskussion hat ein namhafter Vertreter der Wirtschaft gefragt: Wie lange muss ich noch den Englischunterricht meiner Lehrlinge bezahlen, weil die Berufsschule das nicht anbieten kann?
Ich will das Fazit des Präsidenten der IHK Region Stuttgart, Baumann, noch heranziehen, weil dort die gleiche Meinung vertreten wird. Nach Meinung von Baumann
geben allgemeinbildende Schulen und Berufsschulen im Land häufig ein trauriges Bild ab. Z. B. fehlen schon jetzt rund 700 Berufsschullehrer, vor allem in technischen Fä chern. … Wenn das Lehramt an Berufsschulen nicht at traktiver … wird, entscheiden sich viele Absolventen vor allem technischer und naturwissenschaftlicher Fächer auch weiterhin zu selten für den Lehrerberuf.
Meine Damen und Herren, diesen Appell der Wirtschaft sollten Sie nicht überhören. Wenn Sie schon auf uns nicht hören, dann sollten Sie diese Warnungen aus der Wirtschaft doch ernst nehmen.
Ich kann Ihnen auch noch ein weiteres Schreiben zur Kenntnis geben, das von den Auszubildenden des Rastatter Daimler-Werks sowohl an mich als auch an den Kollegen von der CDU ging. Darin wiesen die angehenden Fertigungsmechaniker darauf hin, dass sie im dritten Lehrjahr von Juli bis Dezember überhaupt keinen Berufsschulunterricht hatten.
Eingeweihte kennen die Praxis an den Schulen und verstehen die Probleme. Ich will das hier nicht weiter ausführen, aber feststellen, dass die Berufsschullehrer sich zumindest subjektiv an einer Belastungsgrenze fühlen. In der Tat kann niemand bestreiten, dass die Anforderungen an die Lehrkräfte zuge
nommen haben. Die Arbeitsbedingungen haben sich verschlechtert. Deputatserhöhungen und zusätzliche Aufgaben ohne entsprechende Anrechnungen machen den Job wahrlich nicht attraktiver.
Wir wissen ja, dass zum strukturellen Unterrichtsausfall auch noch die Ausfälle wegen Erkrankungen der Lehrer hinzukommen. Da gilt die allgemeine Erkenntnis: Motoren, die ständig unter Volllast fahren und immer wieder überdreht werden, geraten schneller ins Stottern und verschleißen vorzeitig. Häufige Unterrichtsausfälle sind immer ein Zeichen von zu knapp bemessenem Personal.
Meine Damen und Herren, Sie kennen die Probleme bei der Gewinnung des Lehrernachwuchses. Die Zahl der Studierenden, die Gewerbelehrerinnen bzw. Gewerbelehrer werden wollen, reicht seit Langem bei Weitem nicht mehr aus, um den hohen Bedarf zu decken. Deshalb müssen die Arbeitsbedingungen besser werden, und in manchen Fällen müssen auch die Dotierungen angemessener werden.
Die Änderung der Vergütungsregelung für sogenannte Direkt einsteiger hat die Problematik nämlich wesentlich verschärft. Die Landesregierung erklärt in der Antwort auf unsere Anfrage selbst:
Bei verheirateten Lehrkräften mit Kindern, die erst in re lativ hohem Lebensalter in den Schuldienst eintreten, kann dies … Einbußen gegenüber der alten BAT-Vergü tung von bis zu 1 000 € brutto ausmachen.
Ich denke, Sie sollten sich die Zahlen einmal konkret vor Augen führen: Ein Technischer Lehrer geht mit 1 426 bis 1 627 € netto nach Hause, ein wissenschaftlicher Lehrer mit 1 830 bis 2 060 € netto – Direkteinsteiger, 35 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, Lohnsteuerklasse III.
In dieser Situation noch wettbewerbsfähig zu sein im Kampf mit der Industrie um die guten Köpfe ist schwierig. Dieser Herausforderung sollte sich die Landesregierung endlich einmal in angemessener Weise stellen.
Was erwarten wir in der heutigen Diskussion? Erstens: Wir erwarten, Herr Staatssekretär, zumindest eine befriedigende Antwort der Landesregierung