Protocol of the Session on February 28, 2008

Darauf weisen wir im Übrigen auch immer wieder diejenigen, die Gespräche mit uns suchen, hin, auch was die Energieversorger angeht. Fakt ist aber, dass es eine gegenseitige Vereinbarung war, in der damals auch vonseiten der rot-grünen Bundesregierung Aussagen in Gegenseitigkeit getroffen wurden.

Als Letztes eine grundsätzliche Bemerkung, Herr Untersteller, weil Sie Herrn Troge zitiert haben, der äußerte, Laufzeitverlängerungen machten es den erneuerbaren Energien nicht leichter. Ich glaube, dass die Landesregierung von BadenWürttemberg einen Vorschlag unterbreitet hat, der getragen ist von dem Bemühen, vom Zeitalter der Kernkraft in das Zeit

alter erneuerbarer Energien zu kommen. Das schaffen wir unter den derzeit gegebenen Bedingungen aber nicht; Frau Chef hat es ebenfalls gesagt.

Genau deswegen machen wir den Vorschlag, die Laufzeitverkürzung entlang der Sicherheit der Kernkraftwerke zurückzunehmen und 50 % dessen, was dann an Mehrgewinnen erwirtschaftet wird, in den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien und in die weitere Forschung zu investieren.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr ver- nünftig!)

Ich meine, dies ist ein Angebot, um alles zusammenzubekommen:

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

erneuerbare Energien, Klimaschutz und Ablösung der Kernkraft.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Hinblick auf die Redezeit und auch auf die Ausführungen von Herrn Müller, der zur Sicherheit das Notwendige gesagt hat, will ich mit wenigen Bemerkungen enden.

Es geht uns nicht darum – und darauf lege ich für die Landesregierung von Baden-Württemberg Wert –, unreflektiert am Weiterbetrieb von Kernkraftwerken festzuhalten. Wir sind froh darüber, dass wir regelmäßig bestätigt bekommen und erst vor Kurzem wieder auch durch die internationale Aufsicht bestätigt bekommen haben, dass die Kernkraftwerke in Baden-Württemberg weltweit zu den sichersten gehören.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Sicherheit ist uns wichtig – auch das muss klar gesagt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Deswegen geht es uns darum, uns den Realitäten zu stellen und dann darüber nachzudenken, wie wir auf dem Weg zu einer alternativen Entwicklung und zu einem weiteren Ausbau alternativer Stromerzeugungstechnologien schneller vorankommen. Deswegen plädieren wir für das Konzept, das ich zuvor dargestellt habe.

Ich glaube, die Landesregierung kann zu Recht darauf verweisen, dass die Interessen unserer Bevölkerung für uns wichtig sind, und zwar sowohl im Hinblick auf die Sicherheit als auch im Hinblick auf den Klimaschutz und die Versorgungssicherheit. Davon ist unsere Diskussion geprägt. Ich freue mich, wenn man sich dieser Diskussion anschließt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Knapp das Wort.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Aber knapp!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, man muss Ihnen eines sagen: Es war ein Kompromiss, aber Sie hätten in Berlin nicht einmal diesen Kompromiss gemacht. Sie hätten ihn nicht gemacht. Ich muss sagen, da haben wir wirklich etwas erreicht. Es gab einige Dinge, bei denen Trittin und auch die SPD in Berlin damals fast in den Tisch gebissen hätten. Man hat aber gesagt: Man muss, um etwas zu erreichen, etwas machen. Sie haben im Grunde die Rede Ihres Vorvorgängers Müller gelobt. Aber gerade dieser Müller

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Herr Müller!)

Kollege Müller, Entschuldigung –, gerade dieser frühere Umweltminister Müller,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: „Müller“ ist eine Berufsbezeichnung!)

der heute hier zum Thema Terrorismus gesagt hat, wir würden dieses Thema immer hochziehen, hat wörtlich – das ist wahrscheinlich im Protokoll nachzulesen – gesagt: „Völlig abwegig ist diese Gefahr nicht.“

(Zustimmung des Abg. Ulrich Müller CDU)

Im gleichen Atemzug sagen Sie, wir würden eine Gefahr hochziehen. Gleichzeitig sagen Sie – so Ihre Worte –: „Völlig abwegig ist diese Gefahr nicht.“

Jetzt möchte ich einmal ausführen, was es für Baden-Würt temberg bedeuten würde, wenn ein solcher Fall tatsächlich einträte. Frau Chef, ich weiß nicht, ob Sie noch in der Gemeinde, in der Sie Bürgermeisterin sind, wohnen;

(Abg. Monika Chef FDP/DVP: Ich wohne noch dort!)

möglicherweise leben Sie aber in einem Umkreis von 30 km zum Kernkraftwerk. Ich gehe bei einem solchen Fall immer von einem Radius von 30 km aus. Wenn etwas passieren würde wie in Tschernobyl – auch mit Blick auf den Terrorismus – und wir von einem Umkreis von 30 km ausgehen, müssten wir bei beiden Standorten – sowohl Neckarwestheim als auch Philippsburg sind von bevölkerungsstarken Regionen umgeben – 20 % der Bevölkerung von Baden-Württemberg umsiedeln.

Wer begibt sich denn gezielt in diese Gefahr, nur um das auf Dauer zu halten und so alte „Kisten“ noch am Netz zu lassen?

(Abg. Monika Chef FDP/DVP schüttelt den Kopf.)

Gleichzeitig wird gesagt: „Völlig abwegig ist die Gefahr, dass mit einem Flugzeug etwas passiert, nicht.“ Ich halte solche Diskussionen für absolut inakzeptabel.

(Zurufe der Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Winfried Scheuermann CDU)

Kollege Scheuermann, wir sehen das auch bei uns. Wir sehen immer den Pilz – das ist jetzt ja nur Dampf – von Ne ckarwestheim, und wir sehen bei guter Sicht auch den Pilz von Philippsburg. Wir wären von beiden betroffen, weil wir dazwischen liegen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Unruhe)

Da muss man einfach sagen: Herr Kollege Müller, Ihre Argumentation – –

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Es gibt al- te!)

Ja, alte, dann lässt man alle gleich lange laufen, oder man würde schauen, dass man das gleich hinkriegt. Wir sprechen von 30, 32 Jahren Laufzeit. Ich nehme ein Beispiel aus der Autoindustrie. Nehmen Sie ein Auto aus den Sechzigerjahren und versuchen Sie, da eine Laufzeit von 30 Jahren hinzubekommen. Da müssen Sie wirklich nachrüsten. Sie müssen permanent reparieren. Nehmen Sie ein modernes Auto – und wir haben eben auch modernere Kraftwerke –; dann müssen Sie deutlich weniger machen, damit es 30 Jahre lang durchhält. Das ist doch das beste Beispiel. Wir müssen die alten „Kisten“ wegbekommen.

Sie fallen auf einen Trick herein, nämlich dass – in diesem Fall ist es die EnBW, aber das gilt für die anderen wie RWE genauso – die sagen: Wir nehmen von der Strommenge der neuen Kraftwerke etwas herunter aufs alte Kernkraftwerk und lassen sie miteinander laufen. Dann gehen z. B. in Neckarwestheim 2015/16 nicht 5, 8 oder 10 % vom Netz, sondern dann gehen auf einen Schlag 30 % vom Netz. Vorher macht man nichts, und dann sagt man: Jetzt ist es nicht machbar. Sie sind doch die Wasserträger der Atomlobby.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Sie, Herr Kollege Müller, haben in Ihrer aktiven Amtszeit als Minister den Untersuchungsausschuss zu Philippsburg mitbekommen. Sie haben mitbekommen, dass die EnBW, die Betreiber, in Philippsburg neben den ganzen technischen Problemen auch noch den Human Factor berücksichtigen müssen.

Es wurde ein Kraftwerk angefahren, obwohl vier Behälter nicht ausreichend mit Borwasser gefüllt waren. In allen vier Behältern war nicht die richtige Borkonzentration vorhanden. Auf dem Leitstand, den wir gemeinsam besichtigt haben, ist uns die Lampe gezeigt worden, die rot geleuchtet hat. Es haben vier Lampen rot geleuchtet und damit angezeigt, dass man das Kraftwerk nicht anfahren darf. Diese Meldung wurde jedoch durch Menschenhand überbrückt, und das Kraftwerk wurde angefahren.

Sie wissen doch aus Ihrer aktiven Zeit, was da für Probleme drinstecken. Das ist keine beherrschbare Technik. Ich sage es noch einmal: Wir müssten bei einem großen Störfall in einem dieser vier Kraftwerke 20 % der Bevölkerung in Baden-Würt temberg umsiedeln. Das ist völlig indiskutabel.

(Beifall bei der SPD – Abg. Gundolf Fleischer CDU: Dann müssen Sie gleich abschalten!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich habe mich gefreut, dass Sie Herrn Clement angesprochen haben. Ich habe diese Meldung vorhin noch auf die Seite gelegt. Ich freue mich darauf, zu verfolgen, wie die CDU zukünftig mit manchem ihrer Mitglieder umgeht. Neben der klaren Aussage „Mehrheit der CDU-Wähler will Atomausstieg“ – es sind 52 %; jetzt können Sie sagen, das sei knapp über dem Durst –

(Zuruf von der SPD: Knapp!)

steht auch drin, dass nur 19 % der CDU-Wähler – nicht unserer Wähler, sondern der CDU-Wähler – einen weiteren Ausbau oder eine Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke wollen. Darüber sollten Sie einmal nachdenken.

Ich bin gespannt, wie Sie – in Richtung Parteiausschlussverfahren, in Richtung interner Kritik – z. B. mit solchen Menschen wie Töpfer umgehen,

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

den Sie im Jahr 2007 noch zur Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Baden-Württemberg eingeladen haben und der Ihnen schon damals die Leviten gelesen hat. Er sagte in einem Interview der „Zeit“ – sicherlich kein ganz linkes Revolverblatt –: