Protocol of the Session on February 28, 2008

(Abg. Norbert Zeller SPD: Wir haben nichts unter- schlagen!)

Fakt ist: Die Sicherheit aller kerntechnischen Anlagen in Baden-Württemberg ist nicht nur gewährleistet, sondern die Sicherheit der Anlagen ist sowohl bei älteren als auch bei den neueren Anlagen jeweils auf dem technisch höchsten Stand.

Ich weiß aus eigener Erfahrung, auch aus meiner Tätigkeit als Bürgermeisterin von Gemmrigheim – übrigens der Markung, auf der das Kernkraftwerk Neckarwestheim I steht –, dass der Block I stets mit größtem Aufwand sicherheitstechnisch aufgerüstet wurde und dass GKN I und Neckarwestheim II in puncto Sicherheit absolut gleichwertig sind. Beide Kraftwerke können die gleichen hohen Standards nachweisen.

Sollten wir uns bei älteren Kraftwerken tatsächlich über sicherheitstechnische Mängel unterhalten müssen, so wäre nicht die Übertragung von Strommengen, sondern das sofortige Abschalten die Konsequenz.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Ja! Aber das war ein Kompromiss!)

Wir unterhalten uns aber heute gerade nicht darüber.

Zu Recht weist die Landesregierung in ihrer Stellungnahme zum Antrag Drucksache 14/1557 auf die hohen Sicherheitsstandards aller Kraftwerksanlagen in Baden-Württemberg hin. Weiterer Fakt ist, dass die Übertragung von Strommengen nicht nur von älteren auf neue Kraftwerke erfolgen kann, sondern bei gleichen Standards logischerweise natürlich auch umgekehrt. Dies sieht das Atomgesetz, aus dem Sie vorhin zitiert haben, ausdrücklich vor.

Die SPD im Land sollte jetzt nicht beklagen – Herr Knapp, es wäre nett, wenn Sie zuhören würden –,

(Abg. Thomas Knapp SPD: Ja!)

was ihre Genossen auf Bundesebene selbst so festgelegt haben.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wer hat Ihnen das auf- geschrieben? – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ulla, da kennt sie sich aus!)

Die Frage von scheinbaren Terrorismusgefahren, aber auch die Frage, inwieweit Kraftwerke insgesamt vor Erdbebenge

fahren geschützt sind, haben wir hier in diesem Plenum und im Ausschuss ausführlich diskutiert. Ich finde es unredlich, wenn – wie beim Antrag der Grünen – unnötigerweise wieder Ängste geschürt werden, um damit politische Ziele zu erreichen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Fakt ist in jedem Fall, dass die Frage der Übertragung von Strommengen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage von Terrorismusgefahren steht.

Die FDP/DVP unterstützt die Überlegungen der EnBW, Elektrizitätsmengen von verschiedenen Kraftwerken entsprechend den Möglichkeiten des Atomgesetzes zu übertragen, wie es im Moment vorgesehen ist.

Wir treten nicht nur für eine sichere Energieversorgung ein. Die FDP/DVP tritt dafür ein, dass die Energieversorgung vor allem auch wirtschaftlich erfolgt. Wir werden alle Möglichkeiten dafür einsetzen, dass der Bezug von Energie und dabei insbesondere von Strom nicht unnötig weiter verteuert wird.

Die Diskussion um den Biosprit z. B. zeigt die aktuellen Probleme, die wir haben. Die damit verbundenen Preissteigerungen für den Verbraucher, die vielen Fragen, die sowohl in technischer als auch in ökologischer Hinsicht entstehen, zeigen deutlich: Zu den regenerativen Energien, deren Ausbau wir alle wünschen und fördern

(Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Richtig!)

ich denke, da sind wir uns in diesem Hause alle einig; das zeigt sich immer wieder einmal –, besteht noch Forschungsbedarf. Der Weg vom Atomzeitalter ins Solarzeitalter geht aber leider nicht ohne gewisse Übergänge.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Die haben wir jetzt ja! – Abg. Katrin Altpeter SPD: Die haben wir schon! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Wir sind schon beim Übergang! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: So ist es! – Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Deshalb wollen wir auch, dass Gewinne aus längeren Laufzeiten der Kraftwerke abgeschöpft und zum Ausbau der regenerativen Energien genutzt und eingesetzt werden. Vor allem im Forschungsbereich wären diese Gelder bestens eingesetzt und würden uns allen helfen, das Ziel einer sicheren, nachhaltigen und wirtschaftlichen Energieversorgung schneller zu erreichen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Schließen möchte ich

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Oh! – Abg. Dr. Ul- rich Noll FDP/DVP: Das ist eigentlich schade!)

mit einem kurzen letzten Satz zum Thema Kompromisse – wir müssen nämlich in dieser Energiepolitik Kompromisse eingehen –: Kompromisse sind besser als nichts, solange ihr Ergebnis besser ist als der Zustand, der bestünde, wenn es zu

gar keiner Entscheidung kommt. Deshalb werden wir Ihre Anträge mehrheitlich ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Gönner das Wort.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Jetzt geht es zur Sache!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich ausdrücklich bei Herrn Müller, meinem Vorvorgänger im Amt, für seine Ausführungen, die durch seine langjährige Erfahrung als Atomaufsicht geprägt waren, bedanken.

(Oh-Rufe von der SPD – Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Seine Ausführungen waren auch dadurch geprägt, dass er derjenige war, der die Diskussion über die Entscheidungen von Rot-Grün im Bund damals miterlebt und mitgestaltet hat und sie so führte, wie die Landesregierung sie heute noch führt, und der deswegen auch sehr gute Kenntnisse über die Verantwortung hat, die eine Atomaufsicht hat, aber auch vermag, Dinge in Teilen aus hektischen Debatten herauszunehmen – ich glaube, dass es ihm sehr gut gelungen ist, diese darzustellen – und klarzumachen, dass wir entweder offen und ehrlich über Sicherheit und im Interesse dessen, dass wir dort etwas verbessern wollen, diskutieren oder aber zu politischen Auseinandersetzungen kommen.

Deswegen freue ich mich, dass ich mich auf einige Punkte konzentrieren kann, da seine Ausführungen auch inhaltlich so gut waren und er im Endeffekt das, was wir auch in den Stellungnahmen der Landesregierung ausgeführt haben, noch einmal dargestellt hat.

Ich will mit den grundsätzlichen Bemerkungen beginnen, die von Herrn Knapp und von Herrn Untersteller angesprochen wurden.

Zunächst einmal ist es wichtig, dass wir uns bei aller Diskussion über die Frage, welchen Anteil die Kernenergie weltweit hat, trotzdem – das ist die Aufgabe einer Landesregierung – wieder auf das fokussieren, was das für Baden-Württemberg bedeutet.

Jetzt sagen Sie, dass die 435 Anlagen, die es weltweit gibt, 2,5 % des Weltenergiebedarfs decken. Das ist schön für Ihre Argumentation, ist aber etwas schwierig, wenn man bedenkt, dass die vier noch laufenden Anlagen in Baden-Württemberg ungeschickterweise 50 % der Stromerzeugung ausmachen. Deswegen kommt Ihre Argumentation da nicht zum Tragen.

Zweitens lege ich Wert darauf – das sage ich nicht zum ersten Mal in dieser Debatte –, dass wir, wenn wir über das Thema Klimaschutz sprechen, nicht darüber sprechen, dass Kern energie – also der Neubau vieler solcher Kraftwerke – die Lösung wäre, und auch nicht solche theoretischen Rechnungen machen, wie Sie sie gemacht haben – „wenn ich 15 % will, dann müsste ich folgende bauen“ –, sondern dass wir aus der Situation Baden-Württembergs heraus sagen: 50 % der Strom erzeugung in Baden-Württemberg erfolgt aus Kernkraft; die

se Strommenge muss anders erbracht werden. Diese kann aber – selbst dann, wenn man die günstigsten Prognosen der frü heren rot-grünen Bundesregierung oder der heutigen schwarzroten Bundesregierung, also der Großen Koalition, zugrunde legt – nicht durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Auch das sind Fakten, die wir sehen müssen.

Als Ergebnis bleibt also, dass wir zunächst Kraftwerke bauen müssen – unabhängig davon, ob mit oder ohne Kraft-Wärme-Kopplung; KWK wäre natürlich wünschenswert –, die einen deutlich höheren Ausstoß an CO2 haben werden als die derzeit laufenden Kernkraftwerke.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Leider!)

In diesem Rahmen, Herr Knapp, führen wir die Diskussion über Klimaschutz. Wenn wir die heute noch laufenden vier Kernkraftwerke in Baden-Württemberg abschalten, haben wir im Land einen CO2-Anstieg, der voraussichtlich zwischen 16 und 20 Millionen t pro Jahr liegt. Das ist etwa ein Viertel dessen, was heute in Baden-Württemberg ausgestoßen wird – und das in Zeiten, in denen wir uns ansonsten viele Gedanken darüber machen, wie wir diesen Ausstoß reduzieren können.

Zweitens: Sie sagen ganz bewusst, wir sollten doch gegen einen Trick beim Fahren der Kraftwerke vorgehen. Sie weisen darauf hin, dass sich Herr Kollege Gabriel genau an das Gesetz halte. Ich verweise darauf, dass wir als Atomaufsicht uns an das Gesetz halten. Dieses Gesetz gibt uns keinerlei Handhabe in der Frage, wie Kraftwerke gefahren werden. Also bitte: Wir als Atomaufsicht können nicht in das Fahren von Kraftwerken durch die entsprechenden Betreiber eingreifen. Dafür gibt es keine rechtliche Grundlage.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Es gibt auch Gesprä che!)

Selbst dann. Entschuldigen Sie bitte, Sie legen Wert darauf, dass sich die einen auf rechtliche Grundlagen beziehen. Aber auch die anderen können sich auf rechtliche Grundlagen beziehen. Wenn man damals eben nicht darüber nachgedacht hat, dass es noch andere Aspekte geben könnte, dann müssen wir jetzt damit umgehen.

Hinzu kommt im Übrigen, dass die Vereinbarung damals in gegenseitigem Einvernehmen getroffen wurde.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Seien wir froh, sonst wä- re es nie passiert!)

Nicht wir haben sie geschlossen. Darauf lege ich Wert. Unsere Unterschriften stehen nicht darunter.

(Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

Darauf weisen wir im Übrigen auch immer wieder diejenigen, die Gespräche mit uns suchen, hin, auch was die Energieversorger angeht. Fakt ist aber, dass es eine gegenseitige Vereinbarung war, in der damals auch vonseiten der rot-grünen Bundesregierung Aussagen in Gegenseitigkeit getroffen wurden.