(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das Wort hier- zu muss aber der Präsident erteilen! – Abg. Norbert Zeller SPD: Ganztags einsperren oder halbtags ein- sperren?)
Bleiben Sie doch ganz ruhig. Man darf doch ruhig über die Unterschiede reden. Wir waren uns darüber einig, dass es Kin
der gibt, für die es gut ist, wenn sie den ganzen Tag in der Schule sind. Wir waren uns auch darin einig, dass das offene Ganztagsangebot die richtige Form auch für ein Gymnasium sein kann, und zwar deswegen, weil die Kinder im Vereinsleben, in der Gemeinschaft ganz unterschiedlich eingebettet sind. Deswegen sage ich hier klar: Wir brauchen keine gebundene Ganztagsschule an Gymnasien. Wir brauchen das Ganztagsangebot für diejenigen, die einen besonderen Förderbedarf haben.
Wir wollen den alleinerziehenden Müttern gerecht werden, wir wollen den berufstätigen Eltern gerecht werden. Aber wir wollen den Familien, die sich nachmittags selbst um ihre Kinder kümmern wollen, nicht im Weg stehen – um das einmal klar zu sagen –, und darin unterscheiden wir uns von Ihnen.
Wir waren mit dem Schulausschuss miteinander in Frankreich. Ich möchte daran erinnern, wie wir reagiert haben, als wir die Zäune um die Schulen herum gesehen haben. Das ist nicht unser Stil; darauf wollte ich einfach noch einmal hinweisen. In Wirklichkeit ist es ja so, dass die Eltern – das ist eine Formulierung, die Sie immer wieder gebrauchen – längst mit den Füßen abgestimmt haben. Ich kann Ihnen auch sagen, warum Sie die gebundene Ganztagsschule flächendeckend fordern: Sie erkennen, dass von den bestehenden Angeboten nicht im nötigen Umfang Gebrauch gemacht wird.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Warum schicken so viele Eltern ihre Kinder denn auf Privatschulen? Weil sie die Ganztagsbetreuung wollen!)
Daran können Sie jedoch erkennen, dass die Eltern das Recht, selbst über ihre Kinder zu bestimmen, beibehalten wollen.
Sie haben von den „sozialen Antennen“ gesprochen, Herr Kretschmann. Es ist völlig richtig: In unserer Landesverfassung steht, dass jeder ein Recht auf Bildung hat. Jetzt möchte ich Sie fragen, ob wir etwa nicht jedem seine Chance eröffnen. Neulich wurde hier im Plenum geäußert, dass Schüler im Hohenlohekreis im Nachteil seien, weil dort nur ein geringer Teil derer, die eine Gymnasialempfehlung bekommen hätten, tatsächlich auch in einem Gymnasium landeten. Interessant ist in diesem Zusammenhang – hier kann man am allerbesten erkennen, welche Bildungschancen bei uns bestehen –, dass hinterher die Zahl der Abiturienten im Hohenlohekreis sogar über dem Landesdurchschnitt liegt. Was zeigt denn besser, dass die Kinder ihren eigenen, individuellen Weg gehen können und jeder in diesem Land seine Chance hat?
Ich komme zum Thema Hausaufgaben. Herr Kretschmann, Sie haben gesagt: „Hausaufgaben weg.“ Ich gehe einmal davon aus, dass Sie sie nicht abschaffen wollen, sondern dass Sie meinen, diese sollten nicht zu Hause erledigt werden. Das habe ich doch richtig verstanden, oder? Sie wissen als erfahrener Pädagoge aber sicherlich, dass auch Hausaufgaben in den Unterricht integriert werden können. Damit ist nicht ge
meint, dass Unterricht ausfällt und stattdessen Hausaufgaben gemacht werden. Ihnen als erfahrener Pädagoge wird es sehr wohl gut gelingen, im Biologieunterricht Teile der Hausaufgaben zu integrieren. Das traue ich Ihnen zu.
Natürlich sind es dann Hausaufgaben. In diesem Zusammenhang möchte ich einmal darauf hinweisen, was unsere Notenbildungsverordnung über die Hausaufgaben aussagt. Wir hören immer wieder im ganzen Land, dass hier nach Belieben verfahren werden könne. Ich zitiere § 10:
Die Hausaufgaben müssen in innerem Zusammenhang mit dem Unterricht stehen und sind so zu stellen, dass sie der Schüler ohne fremde Hilfe in angemessener Zeit erledigen kann.
(Abg. Reinhold Gall SPD: So viel zur Theorie! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist der Plan, aber nicht die Realität! – Zurufe der Abg. Theresia Bauer und Franz Untersteller GRÜNE)
Die Hausaufgaben … sind so zu stellen, dass sie der Schüler ohne fremde Hilfe in angemessener Zeit erledigen kann.
Die näheren Einzelheiten hat die Gesamtlehrerkonferenz mit Zustimmung der Schulkonferenz zu regeln, insbesondere den zeitlichen Umfang sowie die Anfertigung von Hausaufgaben übers Wochenende und über Feiertage.
Der Klassenlehrer... hat für eine zeitliche Abstimmung... zu sorgen und auf die Einhaltung der bestehenden Regelungen zu achten.
(Abg. Katrin Altpeter SPD: Und wie ist die Realität? – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD – Abg. Rein- hold Gall SPD: Das ist der Plan! Wie ist die Reali- tät?)
Wer sich daran hält, hat mit den Hausaufgaben kein Problem, um das einmal in aller Klarheit zu sagen.
Herr Kretschmann, Sie haben des Weiteren die Benotung der Vergleichsarbeiten angesprochen. In der Tat ist es so: Wenn die Vergleichsarbeit als Zwangsinstrument der Schülergängelung gebraucht würde, dann wäre sie völlig falsch angewandt. Das ist aber nicht der Fall; das ist nicht der politische Wille. Die Diagnose- und Vergleichsarbeit, wie sie offiziell heißt, hat zweierlei Funktionen. Sie soll zum einen nachweisen, was bei
dem Schüler über einen Zeitraum von zwei Jahren hängen geblieben ist. Zum Zweiten soll das Lehrerkollegium die Innenschau halten und seine Konsequenzen daraus ziehen. Es ist ausdrücklich vorgegeben worden, dass die Note aus pädagogischen Gründen relativiert werden kann.
Ich habe mir die Mühe gemacht und unsere Schüler gefragt, ob sie die Vergleichsarbeit benotet haben wollen. Ich habe eine klare Antwort bekommen: Ja. Ebenso war es bei uns mit Französisch. Im ersten Jahr, in Klasse 5, haben wir vorgesehen, dass die Note nicht versetzungsrelevant ist. Da kamen die Kinder zu mir und haben gesagt: Wir wollen, dass wir eine „richtige“ Note bekommen. Also bitte schön: Benotung wird nicht generell als Gängelung gesehen, sondern als ein Instrument, um den Kindern zu zeigen, was sie zu leisten imstande sind.
Dann haben Sie die Schulen in Südtirol angesprochen. Die kenne ich. Ich habe dort zusammen mit Bekannten in der Nach-Mussolini-Zeit – das war noch, als an den Schulen kein Deutsch gelernt werden durfte – Kindern in den Semesterferien Deutschunterricht gegeben. Und ich kenne auch Schulen im Montafon. Aber eines ist ganz anders. Frau Arnold hat es vorhin angesprochen.
Ich war auch in Schulen im Montafon. Jetzt muss ich hier einmal klarlegen, dass ein Gebirgstal eine andere Bevölkerungsstruktur als die Innenstadt von Mannheim hat. Das dürfte Ihnen auch bekannt sein. Wer diese Schulen lobt, der muss auch sagen, unter welchen Bedingungen sie arbeiten und welcher elterliche Hintergrund gegeben ist. Diese Schulen lassen sich auf keinen Fall miteinander vergleichen.
Nun zu Ihnen, Herr Kollege Zeller. Sie sprachen davon, dass wir den Kindern einen Umweg zumuten, wenn sie nach der Hauptschule, wenn sie in Deutsch und im Durchschnitt der Hauptfächer die Note Drei haben, einen weiteren zweijährigen Bildungsgang brauchen, um zur mittleren Reife zu gelangen. Sie haben erfahren, dass die Bildungsbiografie in der Flexklasse in Schleswig-Holstein auch nicht geradlinig verläuft. Was ist denn daran anders?
Damit gehen die Kinder ihren eigenen, individuellen Weg und gehen nicht in der Gemeinschaft mit den anderen den Weg zum Ziel.
Die Flexklasse ist eine Sonderklasse, und sie ist keine integrierte Klasse. Das wollte ich Ihnen nur einmal darlegen.
Ich komme zum Thema G 8. Sie haben sich bei den Sozialdemokraten übrigens alle dafür ausgesprochen, dass entlastet wird. Das ist für mich interessant. Herr Kretschmann hat kein Signal dafür gegeben, wo er Entlastungsmöglichkeiten sehen kann, sondern verwies darauf, dass wir alle Inhalte brauchten. Das kann man durchaus so sehen. Jetzt müssen wir die Frage stellen: