Protocol of the Session on December 19, 2007

Wir von der FDP/DVP-Fraktion jedenfalls sind der Auffassung, dass sich auch das Land Baden-Württemberg mit den

vorhandenen begrenzten Mitteln Afrika verstärkt zuwenden muss. Die Frage dabei ist natürlich: Wo setzt man am besten an? Was ist der richtige Ansatzpunkt, um sich nicht zu verzetteln? Da meine ich: Das darf auch nicht im Sinne eines Vorwurfs formuliert werden, Frau Dr. Splett. Ein Bundesland wäre mit Sicherheit überfordert, wenn es in eine Entwicklungspolitik einsteigen sollte. Das ist nicht unsere originäre Aufgabe. Aber wir als FDP/DVP-Fraktion bekennen uns dazu, dass wir im Zusammenhang mit der Außenwirtschaftszusammenarbeit, der Bildungsarbeit, dem Wissenschaftstransfer und dem kulturellen Austausch hier Aufgaben erfüllen.

Das gilt vor allem – das ist auch der Schwerpunkt – für die Unterstützung und Begleitung von bürgerschaftlichem Engagement. Ich möchte noch einmal erwähnen, was Kollege Dr. Lasotta gesagt hat: Wir haben hier in Baden-Württemberg ein herausragendes bürgerschaftliches Engagement in der Entwicklungshilfe – von freigemeinnützigen Gruppen bis hin vor allem auch zu den kirchlichen Gruppen, die auf diesem Gebiet Großartiges leisten.

Aus der Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag geht ja hervor, dass allein in Baden-Württemberg 2 500 Nord-Süd-Initiativen vorhanden sind. Als ich dies gelesen habe, habe ich mich gefreut. Das ist eine große Zahl. Ich finde es auch gut, dass die vom Land ins Leben gerufene und unterstützte Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit rund 2 000 dieser Initiativen begleitet und ein Stück weit mithilft, dass diese Initiativen auch professionelle Arbeit leisten können. Ich meine, dass wir hier den richtigen Schwerpunkt gesetzt haben.

Auch wir von der FDP/DVP sagen zu, dass wir die Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit weiter stärken wollen. Es war dringend erforderlich, den Stiftungsbetrag, der seit vielen Jahren ausstand, in diesem Jahr auszuzahlen. Es sollte unsere gemeinsame Anstrengung sein, dass auch von privater Seite Zustiftungen zu der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit erfolgen. In Zukunft sollen ja Vermögen in Milliardenhöhe vererbt werden. Es wäre schön, wenn ein Teil dieser Erbschaften auch einem solchen gemeinnützigen Zweck zugeführt würde.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich möchte noch in einigen Punkten auf den Antrag unserer Fraktion zu Südafrika und zu Afrika allgemein eingehen.

Wir begrüßen die verstärkte Zusammenarbeit mit der Partnerprovinz Kwa-Zulu/Natal in Südafrika. Südafrika ist wie ein Anker, ist nach der Überwindung der Apartheid ein Land mit großen Potenzialen, ein Land, von dem wir hoffen können, dass von ihm aus die Entwicklungen nach Afrika hineingetragen werden. Glücklicherweise gibt es auch positive Signale aus Mosambik.

In diesen Bereichen besteht ein großer Bedarf der örtlichen Wirtschaft nach Technologietransfer. Hier können baden-würt tembergische Firmen große Hilfen leisten. Das sind auch Marktchancen, gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen. Aber wir sehen die großen Vorteile eines wirtschaftlichen Austauschs in der Entwicklung für beide Seiten. Es ist ja keine Einbahnstraße, wenn Nationen miteinander Handel trei

ben. Vielmehr brauchen diejenigen, die in vernünftiger Weise und auf lange Frist miteinander in wirtschaftliche Kontakte treten wollen, Partner, die sich diese Geschäfte auch leisten können. Das heißt, eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung in diesen Ländern, in Südafrika, in Mosambik liegt in unserem Interesse.

Es ergibt sich ja doch ein sehr differenziertes Bild, wenn man sich die Länder in Afrika anschaut. Botswana z. B. hat ein ProKopf-Einkommen in Kaufkraftparitäten, das dem Portugals entspricht. Es gibt also durchaus stabile Verhältnisse in Afrika. Man merkt auch sehr deutlich, dass dort, wo die Herrschenden für stabile Verhältnisse sorgen, wo es Ländern gelingt, nicht in Stammesfehden, Stammeskonflikte hineingezogen zu werden, wo Bürgerkriege vermieden werden, auch der Volkswohlstand steigt. Es ist also gerade nicht so – manchmal wird ja dieser Eindruck erweckt –, dass nur die entwickelten Länder Konflikte schüren würden, sondern eine ganze Reihe von Konflikten haben ihren Ursprung in den Ländern selbst.

Vergleicht man etwa Botswana mit Burundi, zeigt sich ein krasser Unterschied. In Burundi gab es Bürgerkriege, die diesen mühsamen Entwicklungsprozess gestört haben, die gerade aufgebaute Strukturen zerstört haben, die in Teilen auch Krankenhauseinrichtungen, die von Baden-Württemberg aus gefördert wurden, zerstört haben. Es ist bitter, wenn man das sieht. Die Zivilbevölkerung leidet darunter, weil sich die Herrschenden dort in Konflikten zerstreiten, die dann militärisch ausgetragen werden. Das ist alles verheerend. Da kann dann auch eine Entwicklungszusammenarbeit nur noch eingeschränkt stattfinden. Die CDU-Fraktion und die FDP/DVPFraktion haben jetzt, nachdem es wieder stabile Verhältnisse in Burundi gibt, gesagt, wir sollten diese Partnerschaft, die aus den Achtzigerjahren stammt, wiederbeleben.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Das ist vernünftig. Das ist ein Ansatz, der von allen Fraktionen in diesem Hause getragen wird. Daher erhoffen wir uns eine breite Zustimmung zu dem Antrag. Ich denke, dass hier auch eine Aufgabe des Landtags liegt, der demokratischen Regierung in Burundi, einem Armutsland, zur Seite zu stehen. Ich glaube, dass wir hier in Baden-Württemberg, in Deutschland, in Europa genauso viel lernen, wenn wir uns mit dortigen Mandatsträgern und Politikern austauschen, wie umgekehrt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Die Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag zu Afrika ist im Bereich der wissenschaftlichen Zusammenarbeit etwas mager. Hier sind sicherlich nicht alle Projekte aufgeführt, die die Universitäten und sonstigen Hochschulen in unserem Land machen. Ich weiß allein von der Universität Hohenheim, dass eine ganze Reihe von Projekten und viel Zusammenarbeit mit Hochschulen in Äthiopien, in Ghana, in Kamerun und in Benin laufen. Auch andere Universitäten unterhalten eine Vielzahl von Projekten. Deshalb ist es sinnvoll – und auch das ist Bestandteil des gemeinsamen Entschließungsantrags –, dem Haus hier einmal eine Übersicht vorzulegen, auf deren Grundlage wir dann die Weiterentwicklung und Vertiefung unserer Kontakte in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit, insbesondere in Afrika, vornehmen können.

Auch der Kontakt zu ehemaligen Absolventen baden-würt tembergischer Hochschulen lässt sich organisieren. Die frühere Carl-Duisberg-Gesellschaft, heute InWEnt, arbeitet ja bereits mit ehemaligen Absolventen beruflicher oder universitärer Ausbildungsstätten zusammen.

Ein weiterer Punkt ist die Frage: Wie kann man den Wirtschaftskontakt verstärken? Wie kann man baden-württembergischen Unternehmen helfen, wenn sie auf dem nicht ganz einfachen afrikanischen Kontinent Fuß fassen wollen? Wir sehen in diesem Austausch eine Chance des Technologietransfers und auch eine Chance für Umweltprojekte in Afrika.

Die früher Deutsche Häuser genannten German Centers sind hier ganz wichtig. Ich finde es bezeichnend, dass es bisher nicht gelungen ist, Investoren zu finden, die ein solches German Center beispielsweise in Südafrika aufbauen. Ich konnte mir kürzlich in Peking ein solches German Center anschauen. Das ist wirklich hilfreich für kleine und mittelständische Firmen, die in einen solchen Markt hineingehen. Ich möchte die Zuständigen in der Landesregierung bitten, noch einmal gemeinsam mit der L-Bank zu versuchen, in Afrika, vielleicht im südlichen Afrika ein solches German Center aufzubauen. Ich meine, das wäre ein wirksamer Beitrag, um eine aktive Armutsbekämpfung durch wirtschaftliche Entwicklung sicherzustellen.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Es ist wichtig, dass wir Afrika stärker in den Blick nehmen. Wir haben als FDP/DVPFraktion mit unserem Antrag hierzu einen ersten Beitrag geleistet, und ich freue mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Drautz für das Wirtschaftsministerium.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zu unserer heutigen entwicklungspolitischen Debatte Folgendes feststellen: Unsere Welt ist zu der Einen Welt zusammengewachsen. Die Globalisierung fast aller Bereiche des Zusammenlebens der Weltbevölkerung, die Internationalisierung unserer Wirtschaft, die weltweiten Bemühungen um den Klimaschutz, die Bekämpfung von Kriegswirren, Terrorismus und Armut, all dies zeigt, wie wichtig das entwicklungspolitische Engagement von Staat und Gesellschaft zur Abmilderung des Gegensatzes zwischen den armen und den reichen Ländern ist.

Die Förderung der Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern ist deshalb eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Regierungen auf Bundes- und Landesebene, der Kommunen und der Bürgergesellschaft, aber auch der Weltgemeinschaft insgesamt mit ihren internationalen Organisationen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Spärlicher Bei- fall! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber ehrlich!)

Ich finde es deshalb hervorragend, dass die parlamentarischen Initiativen der CDU, der FDP/DVP, der SPD und der Grünen

uns veranlasst haben, die Bemühungen in unserem Land auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit zu bilanzieren und auch öffentlich darzustellen.

Wenn ich jetzt den Antrag von CDU und FDP/DVP sehe und dann noch signalisiert wird, dass SPD und Grüne diesem Antrag beitreten,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Zustimmen!)

dann habe ich ein richtig schönes vorweihnachtliches Gefühl.

(Beifall des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Walter Heiler SPD: Weihnachtsgeschenk! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Halleluja!)

Ich möchte an dieser Stelle auch feststellen, dass sich das Wirtschaftsministerium als koordinierendes Ministerium im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit gemeinsam mit den anderen beteiligten Ministerien wirklich große Mühe gegeben hat,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Hat sich bemüht!)

die Anträge und die in der Großen Anfrage gestellten Fragen sehr eingehend aufzuarbeiten.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jawohl!)

Im Übrigen stelle ich nach den heutigen Beiträgen der Fraktionssprecher trotz unterschiedlicher Akzentsetzungen fest, dass alle politischen Kräfte dieses Hauses das Thema „Entwicklungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit“ auch auf Landesebene für wichtig halten und sich mit dieser Thematik eingehend befassen.

Lassen Sie mich aus Sicht der Landesregierung zusammenfassend Folgendes feststellen:

(Abg. Walter Heiler SPD: Kurz und prägnant!)

Erstens: Die Entwicklungszusammenarbeit ist seit vielen Jahren ein fester Bestandteil der Politik der Landesregierung.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Sie sieht darin eine wichtige Aufgabe, die zwar vorrangig von der Bundesregierung wahrgenommen, aber von den Ländern im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und ihrer finanziellen und politischen Möglichkeiten mitgetragen und unterstützt wird. Baden-Württemberg betreibt die Entwicklungszusammenarbeit als freiwillige Aufgabe und trifft finanzielle und andere Verpflichtungen in diesem Bereich nach dem Grundsatz „Hilfe zur Selbsthilfe“.

Gerade im Bereich des Wirtschaftsministeriums war BadenWürttemberg seit den Siebzigerjahren insbesondere mit den Projekten im Bereich der beruflichen Bildung und der Handwerksförderung erfolgreich in Ländern wie Indien, China, Indonesien, Malawi, Burundi, Brasilien, Chile und Peru tätig

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist ja rund um die Welt!)

und hat hier Verbindungen aufgebaut, die zu großen Teilen bis heute weiter bestehen und auch für unsere Wirtschaftsbeziehungen und für unsere Unternehmer nutzbar sind.

Wenn wir diese Projektarbeit heute nicht mehr in diesem Maße durchführen können, dann nicht nur aufgrund der allseits bekannten Haushaltsrestriktionen, sondern auch deswegen, weil die Bundesregierung und ihre Organisationen sich in der Zwischenzeit in dieser Projektarbeit überaus stark engagieren.

Frau Dr. Splett, ich möchte Ihnen vom Wirtschaftsministerium aus eines sagen. Sie haben die Frage gestellt, wie das in Zukunft mit der Förderung aussieht. Dazu möchte ich Ihnen mitteilen: Für die Aktivitäten unserer abgeschlossenen Projekte insbesondere in Lateinamerika sowie für die – allerdings degressive – Förderung des Studienbegleitprogramms STUBE der evangelischen Kirche geben wir im Rahmen des Haushaltstitels der Außenwirtschaftsförderung in diesem Jahr immerhin noch 230 000 € aus.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Und nächstes Jahr?)

Bei der Aufstellung des nächsten Doppelhaushalts 2009/2010 wird politisch zu entscheiden sein, ob wieder Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit im Bereich des Wirtschaftsministeriums eingestellt werden.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Vielleicht schreiben Sie schon einmal den Entwurf!)

Gerade für den Bereich des Wirtschaftsministeriums möchte ich klar sagen: Sie wissen genau, dass die Mittel der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit zugegangen sind