Protocol of the Session on December 18, 2007

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Die sind von Bildung abhän- gig!)

Auch Sie wollen eine Schulspeisung. Nebenbei gesagt, so wie das jetzt hier angegangen wird, erinnert es mich sehr fatal an die Nachkriegszeit. Ich meine, wir müssen uns da etwas einfallen lassen, aber wir brauchen eine zeitgemäßere und moderne Lösung, und daran werden wir arbeiten.

Die Grünen wollen noch mehr Krippenförderung und holen dafür das Geld ganz einfach aus der Haushaltsrücklage. Ich habe gerade dargestellt, wofür wir die brauchen. Wir sind nicht bereit, einen solchen Weg mitzugehen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Rücklage für den Landtagswahlkampf 2011!)

Wir verankern die Schuldenbremse. Es ist schon so: Die Obergrenze – das habe ich bei der ersten Lesung auch deutlich gesagt –, Herr Kollege Rust, müssen wir sukzessive nach unten anpassen. Aber im Moment müssen wir einen Wert hineinschreiben, an den man sich halten kann. So wie es abwärts geht, wird er auch angepasst werden. Also: Die Verankerung in der Landeshaushaltsordnung kommt, und auch in der Verfassung ist sie sehr wohl geplant. Dazu brauchen wir aber einen gewissen Rücklagenpuffer. Denn nur dann funktioniert ein atmender Haushalt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Haushaltspolitik ist mehr als die Zusammenstellung von einzelnen Beträgen. Sie ist der in Zahlen gegossene Ausdruck gesellschaftspolitischer Überzeugungen und Entscheidungen. Ich freue mich schon, dass auch die Herren von der Opposition sehr vieles in unserem Haushalt begrüßt haben. Sie haben halt mit viel Mühe noch einen schwarzen Fleck darin gesucht, aber das Begrüßen war sehr vielfältig und mehr als sonst.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die kom- men nicht daran vorbei! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So groß war die Mühe nicht!)

Für uns gilt Solidität, Stabilität und nachhaltige Finanzwirtschaft, die lieber einmal etwas Geld als Rücklage zur Seite legt – was ja keineswegs der Haushaltsklarheit widerspricht, sondern ganz offen geschieht; sonst hätten Sie es doch gar nicht entdeckt; das soll ja offen ausgewiesen sein. Darüber hinaus wollen wir auch weiterhin aktiv Altschulden zurückzahlen. Das ist die beste Basis für eine auch in Zukunft tragfähige Politik in Baden-Württemberg.

Freiheit und Verantwortung, das kommt bei der FDP immer in einem Satz vor.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Das ist der Grund, weshalb ich mich in dieser Partei so wohlfühle.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Wir alle!)

Das Wort erteile ich Herrn Finanzminister Stratthaus.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Nachtragshaushalt ist in der Regel ein Haushalt ohne besondere Bedeutung.

(Lachen des Abg. Ingo Rust SPD)

Im Allgemeinen werden nur noch Korrekturen zum Urhaushalt angebracht. Normalerweise geht es darum, dass zwangsläufig administrativ nachvollzogen wird, was sich im letzten Jahr entwickelt hat.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Verwal- tungsakt!)

So ist es bei diesem Nachtragshaushalt aber nicht. Dieser Nachtragshaushalt ist nun wirklich ein Haushalt ganz eigener Art. Er ist ein historischer Haushalt. Es ist eine Zeitenwende in unserer Finanzpolitik. Wir werden in den nächsten 20 oder 30 Jahren immer an diesen Nachtragshaushalt zurückdenken.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Zum ersten Mal seit 45 Jahren bringen wir einen Haushalt ein, der keine neuen Schulden vorsieht.

(Abg. Jörg Döpper CDU: 45 Jahre!)

Vorhin ist gesagt worden, es sei der erste Haushalt seit 35 Jahren, der keine neuen Schulden habe. Das ist kein Widerspruch. In dem Haushalt vor 35 Jahren waren nämlich noch Schulden geplant, im Ist sind aber keine Schulden herausgekommen. Aber zum letzten Mal wurde im Jahr 1942, Pardon, 1962 – 1942 ist mein Geburtsjahr; so lange ist es noch nicht her –

(Heiterkeit)

ein Haushalt ohne neue Schulden aufgestellt.

Das Interessante ist, dass dies in der Zwischenzeit auch von den Ratingagenturen anerkannt ist. Standard & Poor’s hat unser Rating auf AA+/Positiv erhöht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Damit sind wir wieder kurz vor dem AAA und liegen damit ganz eindeutig vor Sachsen, allerdings hinter Bayern.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Vor Ber- lin!)

Vor Berlin und allen anderen Ländern außer Bayern, selbstverständlich. Wir stehen an zweiter Stelle. „Positiv“ bedeutet: Wenn wir unseren Kurs noch ein oder zwei Jahre fortführen, werden wir wieder ein AAA erhalten, wie es in den vergangenen Jahren auch der Fall war.

(Abg. Jörg Döpper CDU: Dann sind wir die Bes ten!)

Hier sind einige Dinge angesprochen worden, auf die ich doch einmal eingehen möchte. Ich habe den Eindruck, die Tatsache, dass wir Rücklagen gebildet haben, ist als etwas Schlech tes dargestellt worden.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist das Normalste!)

Das ist das Gegenteil. Wir müssen doch Rücklagen bilden. Wir wollen keine neuen Schulden mehr machen. Ich komme nachher darauf zurück.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Jeder Be- trieb bildet Rücklagen!)

Es wäre töricht, nicht in guten Zeiten dafür vorzusorgen, dass man auch in schlechten Zeiten in der Lage ist, ohne neue Schulden auszukommen. Sie können doch nicht im Ernst glauben, dass man Schulden ganz einfach verbieten kann. Wenn dann plötzlich die Steuereinnahmen einbrechen, müsste man Menschen entlassen – das ist gar nicht möglich, zumindest bei Beamten nicht; das wollen wir auch nicht – oder die Arbeit an Baustellen einstellen. Weil wir beides nicht wollen, wollen wir einen atmenden Haushaltsplan. Dafür ist es notwendig, dass wir in guten Zeiten Rücklagen bilden, die wir dann in schlechten Zeiten wieder abbauen können.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wir haben in der Tat über 700 Millionen € an Rücklagen als Vorsorge für Steuermindereinnahmen. Das ist vorhin beklagt worden. Vorhin hat jemand – ich glaube, es war Herr Rust – gesagt, die Mindereinnahmen seien doch schon eingepreist. Auf der anderen Seite hat Herr Kretschmann gesagt, dass die Konjunktur wohl schon im nächsten Frühjahr zurückgehen würde. Ich hoffe das nicht. Denkbar ist so etwas. Deshalb ist es, glaube ich, eigentlich eine Forderung an den ehrbaren Abgeordneten, Rücklagen zu bilden, so wie dies bei einem Kaufmann auch üblich ist. Wir müssen deswegen Rücklagen für solche Zeiten bilden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Zu- rufe von der SPD – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie könnten auch ehrbar sein!)

Wir haben auch Grundstückserlöse – das sage ich auch ganz offen – in Höhe von 160 Millionen € im Grundstock belassen. In den vergangenen Jahren war es immer üblich, dass Grundstückserlöse sofort wieder für irgendwelche Ausgaben verwendet worden sind. Wir haben sie dieses Mal im Grundstock belassen. Wenn wir später eine Investition vornehmen wollen, können wir das Geld dafür dem Grundstock entnehmen.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Und damit einen neu- en Landtag bauen?)

Weiterhin haben wir eine Schuldentilgung in Höhe von 250 Millionen € vorgenommen. Das ist zum ersten Mal überhaupt geschehen, seitdem das Land Baden-Württemberg besteht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP sowie des Abg. Oswald Metzger (fraktionslos)

Wir haben darüber hinaus noch zweckgebundene Rücklagen für Baden-Württemberg 21, für unseren Versorgungsfonds – hierzu werde ich noch einiges sagen –, und wir haben aufgrund der neuesten Steuerschätzung ein Impulsprogramm beschlossen. Dieses Impulsprogramm bedeutet im Grunde genommen, dass wir Investitionen vornehmen und dass wir Reparaturen und Sanierungen, die ohnehin fällig gewesen wären, vorgezogen haben. Für mich ist das ebenfalls eine wirtschaftliche Art des Sparens; es ist – wenn auch nicht im rechtlichen, so doch im wirtschaftlichen Sinne – eine Art Schuldentilgung.

Wenn Sie das alles zusammennehmen, dann haben wir in der Tat in den letzten zwei Jahren 2,178 Milliarden € nicht für laufende Ausgaben ausgegeben, sondern sie zurückgestellt. Entweder haben wir sie in einen Fonds eingebracht, oder wir haben die Verschuldung entsprechend zurückgeführt oder gar Schulden getilgt.

Vorhin ist beklagt worden – das hat, meine ich, Herr Rust gesagt –, die impliziten Schulden seien bei uns ganz besonders groß. Das ist völlig richtig. Aber warum sind diese Schulden denn eigentlich so hoch?

(Abg. Ingo Rust SPD: Weil wir so viele Beamte ha- ben!)

Sie widersprechen sich da manchmal. Sie sind deshalb so hoch, weil wir besonders viel Personal haben.

(Abg. Ingo Rust SPD: Nicht Personal, Beamte!)

Und warum haben wir besonders viel Personal? Weil wir pro Kopf der Bevölkerung mehr Lehrer haben als alle anderen Länder. Das muss doch einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)