(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr gut! – Zuruf: Einstimmig?)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Nachtrag zum Haushaltsplan 2007/2008 kann für keinen von uns, weder für die Opposition noch für die Regierung, ein Grund zum Jubeln sein. Er ist – das möchte ich ausdrücklich betonen – bestenfalls ein Grund zum Aufatmen, ein Zwischenhoch zum Aufatmen, aber kein Grund zum Jubeln. Denn die positiven Zahlen über die Steuereinnahmen und die Neuverschuldung sind kein Verdienst von strukturellen Einsparungen im Land,
sondern von positiven Einmaleffekten in der Wirtschaft. Deshalb heißt es jetzt auch keinesfalls Entwarnung. Wir müssen weiter alle Anstrengungen darauf konzentrieren, dass wir die Steuergelder zielgerichtet in Zukunftsinvestitionen stecken und keine Klientelpolitik betreiben, wie das die Landesregierung allzu oft tut.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Os- wald Metzger (fraktionslos) – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir begrüßen ausdrücklich, dass sich die Landesregierung endlich dazu durchgerungen hat, ein Verschuldungsverbot festzuschreiben. Wir haben dies schon seit Längerem gefordert.
(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Ihr fordert immer alles! – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Das tun wir doch nicht!)
Erstens: Das Verschuldungsverbot kommt nur in die Landeshaushaltsordnung und nicht in die Landesverfassung, wo es eigentlich hingehört.
Wie die Landesregierung mit der Landeshaushaltsordnung umgeht, haben wir ja z. B. beim Thema Verpflichtungsermächtigungen gehört.
Einen zweiten Wermutstropfen haben wir noch: Es ist schon ein Offenbarungseid, wenn man als zukünftige Obergrenze für die Verschuldung des Landes den Schuldenstand vom Ende dieses Jahres festschreibt. Damit hat die Regierungskoalition das Ziel endgültig aufgegeben, den Schuldenberg nachhaltig und dauerhaft abzubauen.
(Abg. Ernst Behringer CDU: Das stimmt doch hin- ten und vorne nicht! – Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP: Sie haben bei der ersten Lesung auch nicht zu- gehört, oder? – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wet- zel FDP/DVP)
Das Signal heißt jetzt: 44 Milliarden € Schulden sind schon in Ordnung. Es gibt sogar noch eine Ausnahmeregelung, damit man diese 44 Milliarden € auch noch aushebeln kann. Ich halte das für ein verheerendes Signal, meine Damen und Her ren.
Denn 44 Milliarden € Schulden, Herr Kollege Kluck, bedeuten Jahr für Jahr über 2 Milliarden € Zinsen, die wir am Kreditmarkt ausgeben.
Im Zusammenhang mit dieser Schuldenobergrenze hat der Herr Ministerpräsident von einem „atmenden Haushalt“ gesprochen. Ich möchte dieses Bild nicht überstrapazieren. Wenn man aber bei so glänzenden Rahmenbedingungen, wie wir sie momentan haben, bei steigenden Steuereinnahmen, betrachtet, was das Land tatsächlich an Schulden tilgt, kann man zumindest für diesen Nachtrag bei einem „atmenden Haushalt“ nur davon sprechen, dass die Landesregierung bei diesem Haushalt etwas kurzatmig agiert. Ein bisschen mehr Luftholen könnte da nicht schaden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE – Abg. Reinhold Gall SPD: Mit Atemschutzgerät! – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sauerstoffmaske!)
Zum Versorgungsfonds, den das Land einrichten möchte, habe ich zwei Bemerkungen zu machen. Wir begrüßen außerordentlich, dass das Land endlich erkannt hat, dass auch Pensionslasten, ähnlich wie Schuldenlasten, eigentlich Lasten für
die Zukunft sind. Im Endeffekt macht es für unsere Kinder keinen Unterschied, ob wir Schuldenlasten oder Pensionslasten haben. Wir begrüßen es, dass die Landesregierung da endlich Vorsorge trifft.
Ich darf daran erinnern, dass Baden-Württemberg – Herr Kollege Herrmann hat das auch schon erwähnt – bei den expliziten Schulden mit einem guten Platz 3 ein gutes Bild innerhalb Deutschlands abgibt.
(Zurufe der Abg. Dr. Friedrich Bullinger und Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP sowie Klaus Herrmann CDU)
Wenn man aber die Pensionslasten hinzurechnet, liebe Kolleginnen und Kollegen – warten Sie einmal kurz ab –, dann kehrt sich die Tabelle auf einmal um, denn dann sind wir auf dem drittletzten Platz, auf dem letzten Platz der Flächenländer, meine Damen und Herren.
Dies hat eine Studie der Universität Freiburg ergeben. Da sieht die Bilanz des Landes eben nicht mehr so großartig aus.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Im Schlechtre- den waren Sie schon immer gut! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)
Einen kleinen Wermutstropfen haben wir noch: Die budgetmäßige Gleichbehandlung von Beamten und Angestellten wäre uns bei diesem Versorgungsfonds auch noch wichtig gewesen. Rheinland-Pfalz macht das bei seinem Versorgungsfonds. Mit der jetzigen Regelung ist es für die einzelnen Ministerien noch immer attraktiv, einen Beamten statt eines Angestellten einzustellen, weil sie die Versorgungslasten nicht im eigenen Budget zu tragen haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einiges zum Thema „Töpfchen“. Kollege Herrmann hat das auch angesprochen. Es ist aus unserer Sicht selbstverständlich legitim, für zukünftige Ausgaben, die anstehen, die man schon jetzt kennt, Rücklagen zu bilden. So ist z. B. der Versorgungsfonds völlig legitim. Wir unterstützen es, dafür oder auch für das Projekt Baden-Württemberg 21 Rücklagen zu bilden. Es ist völlig legitim, dafür Rücklagen zu bilden.
Für einen Haushaltstitel, für sogenannte – Sie nennen das so – Haushaltsrisiken Rücklagen zu bilden, bei denen man nicht so recht weiß, was da auf einen zukommt, für etwas, was vielleicht kommt, was vielleicht aber auch nicht kommt, halten wir allerdings für nicht richtig.
Als ich das zum ersten Mal gelesen habe, habe ich gedacht, der Finanzminister versuche da, das Geld so vor den Fachministern zu retten, dass sie nicht darankommen, dass man es auf der Seite hat.
Er nickt. – Das wäre ja sogar lobenswert. Aber ich glaube, so unbedarft sind die Kolleginnen und Kollegen Ministerinnen und Minister auch nicht.
Was steckt also tatsächlich hinter diesen etwa 750 Millionen €, die da irgendwo als allgemeine Haushaltsrisiken gebunkert werden?
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Jetzt bin ich aber ge- spannt! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP)
Eigentliche Haushaltsrisiken können das nicht sein. Die Steuerschätzung vom November ist in den Haushalt eingearbeitet. Mit weiteren Steuerausfällen ist also nicht zu rechnen. Die Unternehmensteuerreform ist auch eingearbeitet. Es scheint sich also rein um ein Bunkern des Finanzministeriums zu handeln.
Dazu sagen wir – und zwar nur in diesem Punkt, Kollege Herrmann –, das Land sollte nicht Steuergelder bunkern, sondern in die Zukunft investieren.
Es ist ohnehin interessant, dass man sich brüstet, in den Jahren 2007 und 2008 keine neuen Schulden aufzunehmen.