Wer Artikel 4 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Somit einstimmig beschlossen.
lautet: „Gesetz zu dem Evangelischen Kirchenvertrag BadenWürttemberg und zu der Römisch-katholischen Kirchenvereinbarung Baden-Württemberg“. – Sie stimmen der Überschrift zu.
Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dem Gesetz einstimmig zugestimmt.
(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Sehr schön! Wunder- bar!)
Bevor ich Tagesordnungspunkt 5 aufrufe, will ich noch darauf hinweisen, dass fünf Minuten nach Beendigung der Plenarsitzung der Finanzausschuss im Moser-Saal zusammentritt.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für Baden-Würt temberg – Drucksache 14/1949
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat eine Allgemeine Aussprache mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Wir müssen uns in jeder Alters- und Lebensphase verstärkt um unsere Kinder und Jugendlichen in Not kümmern und müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass dies in möglichst gutem Miteinander mit den jeweiligen Erziehungsberechtigten geschieht. Die vorliegende Gesetzesänderung ist nur deshalb notwendig geworden, weil leider nicht alle Erziehungsberechtigten ihren Verpflichtungen gegenüber unseren Schulen und gegenüber unseren Lehrern gerecht werden.
Wenn sich Eltern gegenüber der Schule bei dringendem Gesprächsbedarf einem Gespräch permanent verweigern, handeln sie aus unserer Sicht völlig unverantwortlich.
Aus diesem Grunde brauchen aufopferungsvoll sorgende Pädagogen amtliche Hilfe zur Durchsetzung ihrer Gesprächsanliegen. Genau diese Hilfe, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird ihnen durch die Änderung des Schulgesetzes gewährt.
Damit wird in Baden-Württemberg eine Rechtslücke geschlossen und zukünftig Handlungsfähigkeit sichergestellt.
Die aktuell bundesweit geführten – lassen Sie es mich so sagen – rechtstheoretischen Erörterungen über den Kinderschutz sind dabei unseres Erachtens nicht zielführend,
da Elternrechte und Elternpflichten bereits im Grundgesetz fest verankert sind. Wir sind uns wohl darin einig, dass diese Rechte auch für alle Kinder und Jugendlichen gelten.
Wir benötigen aus unserer Sicht – darin unterscheidet sich unsere Stellungnahme von der Auffassung, die in den Änderungsanträgen deutlich wird – keine zusätzlichen Kooperationsinstanzen, wie sie in den Änderungsanträgen von SPD und Grünen vorgeschlagen werden. Kooperation mit Eltern ist Pflicht aller Pädagogen und Erzieher. Dies gilt zukünftig natürlich auch für die Kooperation mit dem Jugendamt, wenn entsprechender Handlungsbedarf besteht. Wir wollen unseren Schulen und Pädagogen dabei helfen. Deshalb erfolgen die Einführung des verpflichtenden Elterngesprächs, die Einführung des Zwangsgeldes bei Schulpflichtverletzungen, die Informierung des Jugendamts bei Sorgepflichtverletzungen und die Möglichkeit des Betretens der Wohnung – in einem Rechtsstaat natürlich nicht ohne richterlichen Beschluss – zur Durchsetzung des Schulzwangs.
Wir freuen uns, dass Sie, auch die SPD und die Grünen, im Ausschuss prinzipiell Zustimmung signalisiert haben.
Lassen Sie mich abschließend, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch kurz auf die Öffnung des Berufskollegs, einen Teil aspekt dieser Gesetzesänderung, eingehen, der heute natürlich angesichts der überragenden Bedeutung des Kinderschutzes in Vergessenheit geraten könnte. Zukünftig können auch G-8-Schüler nach der Jahrgangsstufe 9 auf ein Berufskolleg wechseln. Dies eröffnet gerade auch schwachen Schülern eine neue Chance des schulischen Fortkommens, und zwar ohne irgendwelche zeitraubenden Umwege. Dies ist, glaube ich, auch in ihrem Interesse und auch ein weiterer Beweis dafür, dass das baden-württembergische Schulsystem durch ein hohes Maß an Durchlässigkeit gekennzeichnet ist.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die hier zur Debatte stehenden Änderungen im Schulgesetz wurden ja bei der ersten Lesung schon ausführlich debattiert. Die Grundessenz unserer Auffassung lautete damals: Die Intention stimmt im Prinzip. Unsere Bedenken beziehen sich auf das sehr eingeschränkte Verständnis von Jugendhilfe. Dem wollten wir mit entsprechen den Änderungsanträgen abhelfen.
Nun hat die Diskussion im Ausschuss – Herr Röhm, Sie haben es angedeutet – sehr viel inhaltliche Zustimmung gezeitigt, auch zu unseren Vorschlägen. Deswegen waren wir etwas verwundert darüber, dass unsere Vorschläge nun überhaupt keinen Eingang in die Gesetzesformulierungen gefunden haben.
Mit unserem Änderungsantrag – es ist ein einziger Antrag – wollen wir nichts anderes, als die Anregung des Städtetags aufzunehmen und den Drohcharakter aus § 4 des Gesetzentwurfs herauszunehmen und durch eine kontinuierliche Zusammenarbeit von Schule und Jugendarbeit zu ersetzen. Das fand leider keine Zustimmung. Wir werden diesen Antrag heute hier noch einmal zur Debatte stellen, weil wir deutlich machen wollen: Erziehung, Bildung und Betreuung sind insgesamt aufs Engste miteinander verwoben. Eine Aufteilung in dem Sinne „Für die Erziehung ist die Familie zuständig, für die Bildung ist die Schule zuständig, und wenn das alles irgendwie nicht klappt, dann kommt das Jugendamt zum Einsatz“, eine solch starre Verortung ist völlig unzeitgemäß und entspricht nicht der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion.
Längst, meine Damen und Herren, sind die Themen der Schule auch Themen der Jugendhilfe und umgekehrt. Es braucht eine kontinuierliche und eine nicht nur auf einzelne Problemfälle bezogene Verschränkung von Schule, Jugendhilfe und Elternhaus.
Meine Damen und Herren, warum wohl ist im SGB VIII die Kooperation von Jugendhilfe und Schule für die Jugendhilfe verbindlich geregelt, während im Schulgesetz eine solche Verbindlichkeit fehlt? Die Antwort auf diese Frage ist sehr einfach: weil die Väter und Mütter des KJHG sehr weitblickend, sehr vernetzt gedacht haben und diese Eigenschaften den Urhebern des vorliegenden Gesetzentwurfs ganz offensichtlich abgehen.
Wir wollen eine kontinuierliche und für beide Seiten wirklich verbindliche Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule. Wir wollen die Jugendhilfe nicht auf ihre Feuerwehrfunktion reduzieren, obwohl sie diese natürlich auch hat. Wir wollen Strukturen aufbauen und die Schulsozialarbeit in diese Strukturen einbetten. Wir wollen ein Verständnis von Jugendhilfe, wie es in § 1 des SGB VIII formuliert ist, nämlich Jugendhilfe als Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen. Denn Jugendhilfe ist gerade nicht nur eine gigantische Maschinerie zur Verhinderung von jugendlichem Problemverhalten. Jugendhilfe ist bedeutend mehr.
Noch ein Wort zu den Anträgen der Grünen. Wir werden diesen Anträgen, da sie in die gleiche Richtung gehen wie unser Antrag, zustimmen, allerdings mit Ausnahme der Forderung nach einem Kinderschutzbeauftragten. Wir meinen, entsprechende Fähigkeiten gehören zur Grundausrüstung aller Pädagoginnen und Pädagogen, und zwar der schulischen wie auch der außerschulischen Zunft. Dort, wo sie nicht vorhanden sind, müssen sie schnellstens durch Fort- und Weiterbildung gesichert werden.
Meine Damen, meine Herren, beide Sätze sind richtig: Bildung ist mehr als Schule, und Schule ist mehr als Bildung. Das trifft ganz besonders auch für die Ganztagsschule, für Ganztagsbildung zu. Denn diese kommt ohne Verzahnung und Vernetzung mit allen hierbei notwendigen Institutionen und ohne eine entsprechende gesetzliche Grundlage nicht aus. Dazu gehört die kontinuierliche und verbindliche Kooperation mit Jugendhilfe; dazu gehört ein Engagement in der Schul sozialarbeit, dazu gehört ein Engagement bei den Schulpsychologen, und dazu gehört eine veränderte Lehreraus- und -fortbildung. Sonst bleibt es bei der überkommenen Aufgabenverteilung: Die Schule meldet einfach das Fehlverhalten, und das Jugendamt hat entsprechend zu handeln.
Da es sich aber, meine Damen und Herren, trotz allem, trotz der hier geäußerten Anmerkungen und Bedenken, um einen Baustein für einen besseren Kinderschutz handelt, stimmen wir dem Gesetzentwurf als Ganzem zu. Das tun wir in der Hoffnung, dass weitere Bausteine diesem verunglückten Gesetzentwurf folgen werden: eine flächendeckende Verankerung von Schulsozialarbeit, eine größere Bedeutung von Kinderrechten, aufsuchende Konzepte für Elternarbeit und Elternbildung und eine Stärkung von Jugendhilfeausschüssen oder doch zumindest die Verhinderung von deren Zerschlagung.