Protocol of the Session on November 29, 2007

Sie sehen: Die wirtschaftlichen Zusammenhänge sind es, und nicht Ideologien zum Mietrecht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Sitzmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit wir im Oktober das letzte Mal hier im Landtag über diesen Gesetzentwurf der Landesregierung diskutiert haben, hatten wir eine Anhörung im Ausschuss. Wir haben alle Verbände zu diesem Gesetzentwurf angehört. Aber anscheinend kommen wir zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Herr Kollege Mack hat nämlich gesagt, der Gesetzentwurf sei auf großes Wohlwollen gestoßen.

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

Da muss ich zu dem Ergebnis kommen, dass Sie, Herr Kollege, leider nur hören, was Sie hören wollen; denn es gab auch große Kritik an diesem Gesetzentwurf.

(Abg. Winfried Mack CDU: Dann waren Sie auf ei- ner anderen Veranstaltung!)

Ein wichtiger Punkt war, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung keine landespolitischen Impulse setzt. Die Vereini

gung baden-württembergischer kommunaler Wohnungsunternehmen sagt, auch der Gestaltungsspielraum zur Berücksichtigung landesspezifischer Regelungen werde nicht genutzt. Der gleiche Tenor beim Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen und auch beim Mieterbund. Leider müssen wir zu dem Fazit kommen: Im Südwesten nichts Neues.

Bei den Zielen, die genannt worden sind – Sie, Herr Kollege Mack, haben gerade gesagt, dass das Gesetz ein Beitrag zur Entbürokratisierung sei –, ist zu sagen: Wenn wir einen hundertseitigen Gesetzentwurf vorliegen haben, kann man wahrlich nicht von einem schlanken Gesetzentwurf sprechen, sondern dann ist er eher übergewichtig. Klar ist, dass man Bürokratieabbau nicht herbeireden kann, sondern – das richte ich insbesondere an die lediglich drei anwesenden Kollegen von der FDP/DVP –

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Fünf, ein Drittel!)

tatsächlich vornehmen muss. Es reicht nicht, immer nur darüber zu reden. Aber auch da, Herr Kollege Rülke, müssen wir leider feststellen, dass es bei der FDP im Südwesten nichts Neues gibt.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Die anderen machen Wohnungsberatung!)

Einer der gravierendsten Kritikpunkte, die wir an diesem Gesetzentwurf haben, ist, dass er ein „Bestattungsprogramm“ für den sozialen Mietwohnungsbau ist. Auch das ist in der An hörung angesprochen worden. Das ist aus finanzpolitischen Gründen falsch, es ist aus wohnungspolitischen Gründen falsch, und es ist sozialpolitisch falsch, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Schmiedel hat es bereits gesagt: Baden-Würt temberg ist das einzige Bundesland, das sich aus der Wohnraumförderung mit dem Wohnraumförderungsprogramm für das Jahr 2007 faktisch verabschiedet hat. Wenn Sie hier so tun, als ob mit 240 geförderten Wohneinheiten für besonders schwierige Zielgruppen ein Ausgleich geschaffen würde, muss man vielleicht die andere Zahl noch einmal nennen, nämlich dass 2 400 Eigentumsmaßnahmen gefördert werden. Dann sieht man in der Relation, dass Sie für den sozialen Mietwohnungsbau und für die Versorgung von Menschen mit Problemen leider kein offenes Ohr haben.

Auch der Städtetag kam jetzt, nachdem es dieses L-Bank-Programm gibt – Sie haben davon gesprochen –, leider zu dem Fazit – ich zitiere –:

Aus den Reihen unserer Mitgliedsstädte wissen wir, dass das angebotene L-Bank-Programm keine Alternative zu der nach wie vor erforderlichen Landesförderung mit Belegungsrechten ist.

Es ist klar, dass Sie Ihre soziale Verantwortung vernachlässigen, die Sie in Baden-Württemberg haben. Da können wir leider nicht mitgehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Um auch in Zukunft zu sichern, dass der Mietwohnungsbau gefördert wird, liegt Ihnen ein Antrag von SPD und Grünen vor, der begehrt, dass mindestens 50 % des Fördervolumens der Mietwohnraumförderung zugewiesen werden soll.

Herr Mack, Sie haben jetzt gesagt, Sie verstünden gar nicht, dass wir entsprechend unseren Anträgen den tollen, weiten Rahmen, den Sie gelegt haben, nicht gut finden. Klar ist aber, dass es bislang in dem Bundesgesetz einen großen Spielraum gab, weil die unterschiedlichen Länder auch Raum für ihre regionalen und örtlichen Verhältnisse gebraucht haben. Jetzt haben wir ein Gesetz, das nur für Baden-Württemberg gültig ist. Insofern ist es auch richtig, zu fragen, wo denn die Reise hingehen soll. Dass Sie das in Bezug auf die Mietraumförderung verweigern, ist für uns überhaupt nicht nachvollziehbar.

Auch nicht nachvollziehbar ist es, dass Sie darauf verzichten, energetische Standards festzulegen. Sie haben mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz auf Landesebene in der letzten Plenarsitzung einen wichtigen Schritt getan. Warum ein Energiestandard KfW 40 nicht gelten soll, wenn das Land tatsächlich Geld gibt, um die Schaffung von Wohnraum zu fördern, ist überhaupt nicht vermittelbar.

(Abg. Winfried Mack CDU: Bei Menschen mit die- sem Einkommen kann man damit nicht kommen!)

Wir beantragen heute, dass Sie den Energiestandard KfW 40 in diesem Gesetz festschreiben. Wenn Sie den Klimaschutz ernst nehmen, müssen Sie unserem Antrag zustimmen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ein dritter und letzter Punkt ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir uns nach wie vor dafür einsetzen, die Fehlbelegungsabgabe zu erhalten. Ich kann nicht nachvollziehen, dass auch die SPD-Fraktion dafür ist, die Fehlbelegungsabgabe abzuschaffen. Wir haben eine Vielzahl von Kommunen im Land, die daran festhalten wollen und die sagen, dies sei ein wichtiges wohnungspolitisches Instrument. Sie sagen, sie benö tigten dieses Instrument, um diese Mittel in den Mietwohnungsbau zu investieren. Dabei werden sie ja von der Landesregierung komplett alleingelassen.

Deshalb geht es darum, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, die Fehlbelegungsabgabe auch zukünftig zu erheben. Auf Antrag kann die Landesregierung Kommunen von der Erhebung befreien, wenn die Verwaltungsaufwendungen zu hoch sind oder wenn die Fehlbelegungsabgabe sozial gemischte Quartierstrukturen verhindert. Stimmen Sie deshalb heute mit uns für die Beibehaltung der Fehlbelegungsabgabe und damit für mehr Spielraum für die Kommunen.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Föderalismusreform I hat die Möglichkeit geschaffen, dass das Land Baden-Württemberg in der Wohnungsbaupolitik stärker als bisher eigene ge

setzgeberische Kompetenzen entwickelt und ein eigenes Profil der Wohnungsbauförderung ausfüllt. Daher ist dieser Tag zunächst einmal ein guter Tag für die Landespolitik. Es ist ein Tag, an dem die Chance ergriffen wird, diese Möglichkeiten zu nutzen.

Wir sind uns hier in diesem Haus – was nicht überraschend ist – nicht in der Frage einig, ob dieses Landeswohnraumförderungsgesetz, wie die Regierungskoalition von CDU und FDP/DVP glaubt, ein gutes Gesetz ist oder ob es, wie SPD und Grüne uns glauben machen wollen, ein schädliches Gesetz ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wir haben dieses Gesetz ausführlich in den Ausschüssen, bei der ersten Lesung im Plenum und auch im Rahmen der Anhörung diskutiert. In der Tat, Frau Sitzmann, gab es unterschiedliche Auffassungen der Verbände. Es waren aber nicht, wie Herr Kollege Schmiedel vorhin behauptet hat, lauter Wissenschaftler in dieser Anhörung vertreten. Herr Schmiedel hat in seiner Antwort auf die Zwischenfrage des Kollegen Kluck geäußert, es sei „wissenschaftlich bewiesen“,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das war ein wissen- schaftliches Gutachten! Man muss kein Wissenschaft- ler sein, um ein wissenschaftliches Gutachten zu le- sen!)

dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Mietrecht und der Neigung, Mietwohnraum zu schaffen, gebe. Dem halte ich entgegen, dass Verbandsvertreter ihre unterschiedlichen Interessen und unterschiedlichen Positionen vertreten haben. Das ist durchaus legitim.

Es gab Lob für dieses Gesetz, und es gab auch Kritik. In einem aber waren sich alle einig, nämlich darin, dass dieses Gesetz seinem Anspruch gerecht wird, einen Rahmen zu schaffen, der der Landespolitik Spielraum gibt, und zwar den Spielraum, den sie braucht, um die Wohnraumförderungspolitik zu machen, die die politische Mehrheit – so ist es nun einmal in einer Demokratie – für richtig hält. Wir nutzen diesen Spielraum. Sie mögen diesen Rahmen für falsch halten; es wird ja auch ständig davon geredet, was an diesem Gesetz angeblich alles falsch sei – wobei in der Regel gar nicht das Gesetz gemeint ist, sondern das Programm. Häufig werden Gesetz und Programm ja durcheinandergeworfen, und dem Gesetz wird das vorgeworfen, was Ihnen am Programm nicht passt.

Der flexible Rahmen schafft die Möglichkeit, etwa im Sinne vom „Kinderland“ Baden-Württemberg Familien zu fördern

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nur im gehobenen Dienst!)

und eben nicht nur die sozial Starken. – Herr Kollege Schmiedel, das ist nicht richtig. Wir haben eine Obergrenze für die Eigentumsförderung, aber wir haben keine Untergrenze.

(Abg. Winfried Mack CDU: So ist es! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wer soll denn vom mittleren Dienst bauen?)

Wir schaffen auch die Möglichkeit, in die Sanierung zu gehen. Denn auch die Sanierung von Quartierstrukturen ist ein mögliches Ziel der Förderprogramme.

(Abg. Winfried Mack CDU: Weil ihr die Eigenheim- zulage abgeschafft habt!)

Wir schaffen durchaus auch eine Möglichkeit für Mietwohnraumförderung. Ein künftiges Programm kann durchaus diesen Schwerpunkt setzen, wenn es der politische Wille ist. Aber im Moment ist dies nicht der politische Wille, und zwar nicht deshalb, weil wir ein Interesse daran hätten, dass große Teile der baden-württembergischen Bevölkerung verelenden, sondern weil wir in der Frage der Zielgerichtetheit eines solchen Programms zu einem anderen Ergebnis kommen. Uns wird ja immer vorgeworfen, mieterfeindlich zu sein.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das stimmt ja auch!)

Herr Schmiedel hat behauptet, die Mietwohnraumförderung sei auf null, und hat dabei das unterschlagen, was der Kollege Mack genannt hat, nämlich diesen Bestand von 240 Wohnungen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Obdachlosenwohnun gen sind doch kein Ersatz für Sozialmietwohnungen! Lächerlich! – Weitere Zurufe der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE und Katrin Altpeter SPD)

Nein, sie sind kein Ersatz. Aber man kann sie nicht einfach unterschlagen. Wenn man so sozial daherkommt wie Sie, Herr Schmiedel, kann man die Obdachlosen nicht einfach unterschlagen. So ist es doch.

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie sind notwendig, aber doch kein Ersatz! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD – Unruhe)