Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf enthält zwei wichtige Bestandteile: zum einen den Versorgungsfonds des Landes Baden-Württemberg, zum anderen ziehen wir das grundsätzliche Verschuldungsverbot im Landeshaushalt und in der Landeshaushaltsordnung auf das Jahr 2008 vor.
Lassen Sie mich zunächst einiges zum Versorgungsfonds sagen. Ich glaube, ich kann mich in der allgemeinen Begründung relativ kurz fassen. Wir haben ja heute Morgen im Zusammenhang mit dem Haushaltsplan ausführlich über dieses Thema gesprochen.
Wir wissen alle: Die Pensionslawine rollt. In der mittelfris tigen Finanzplanung können wir feststellen, dass in den nächs ten vier Jahren die Pensionslast jedes Jahr um 110 Millionen € steigen wird. Das ist keine Schätzung mehr, sondern das ist bereits eine Berechnung. Ich habe es vorhin schon einmal gesagt. Unabhängig von Gehalts- und Pensionsentwicklungen können wir feststellen: Die Zahl ist maßgeblich, und sie wird von derzeit 87 000 Versorgungsempfängern bis zum Jahr 2020 auf 140 000 Versorgungsempfänger steigen. Ich glaube, es ist deswegen notwendig, dass man eine gewisse Vorsorge trifft.
Jetzt muss ich doch eine politische Bemerkung machen. Manchmal wird davon ausgegangen, es solle so viel zurückgelegt werden, dass man die Versorgung aus Kapitaleinkünften bezahlen könne. Das ist völlig unmöglich. Sie können rechnen: Wenn wir einmal eine Pensionslast von 6 Milliarden € haben, wenn die Zahl also doppelt so groß ist wie heute, müssten wir bei 5 % Verzinsung 120 Milliarden € Rücklagen haben, um das aus Zinsen bezahlen zu können. Das ist unmöglich.
Bei dem, was wir beabsichtigen, geht es lediglich darum, einen vorübergehenden Berg von besonders vielen Pensionsempfängern zu untertunneln. Wir werden nach dem Jahr 2030 viele Pensionsempfänger haben, aber deren Zahl wird in ei nem relativ festen Verhältnis zu der jeweiligen Zahl der Aktiven bleiben, während wir zwischen 2015 und 2030, bedingt durch die große Zahl der Einstellungen in den Sechziger- und Siebzigerjahren, einen Buckel haben. Da gibt es besonders viele Pensionsempfänger. Deshalb geht es lediglich darum, diesen Buckel etwas zu untertunneln.
Wir werden nie in der Lage sein, nach dem System, das wir heute haben, wirklich eine volle Kapitaldeckung zu erreichen. Ich habe vorhin schon einmal die Zahl genannt: 120 Milliarden € wären dafür erforderlich. Wenn man dann noch einrechnen würde, dass ein Teil der Zinserlöse ja immer zur Rücklage für die Preissteigerung, die Inflation, und für die Steigerung der Pensionen zurückgelegt werden müsste, dann müsste der Betrag noch größer sein. Sie sehen, das ist nicht vorstellbar.
Wie sieht nun nach dem Gesetzentwurf unser Versorgungsfonds aus? Der Versorgungsfonds ist ganz bewusst ein Sondervermögen des Landes. Er ist also rechtlich getrennt vom
übrigen Vermögen des Landes. Das ist übrigens die gleiche Konstruktion, die wir bereits heute bei der Versorgungsrücklage haben, die aufgrund eines Bundesgesetzes alle öffentlichen Hände in der Bundesrepublik Deutschland schon seit einigen Jahren bilden müssen.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber Sie wis- sen auch, was Ihr Kollege in Rheinland-Pfalz damit macht!)
Von meinem Kollegen in Rheinland-Pfalz weiß ich nur, wie er es finanziert. Er macht das ganz besonders chic. Er hat das finanzpolitische Perpetuum mobile erfunden.
Er nimmt nämlich Geld auf, steckt es in den Fonds und legt es wieder beim Land an. Okay, das ist auch eine Möglichkeit. Allerdings hat das natürlich einen Vorteil – jetzt schweife ich doch etwas vom Thema ab –: Er schafft dadurch Transparenz. Man sieht, wie hoch die Kosten wirklich sind.
Und er macht deutlich, dass das ein Sondervermögen ist. Das muss man gerechterweise schon sagen. Die Transparenz – darauf komme ich nachher noch zurück – ist eine ganz wichtige Sache.
Wir verwenden einen Teil der Steuermehreinnahmen – auch das ist heute schon gesagt worden –, um ein Startvermögen von 500 Millionen € zur Verfügung zu stellen. Das ist, glaube ich, sehr viel. Ich meine, mit diesem Start liegen wir wirklich mit an der Spitze der Länder.
Ab 1. Januar 2009 wollen wir diesem Sondervermögen jedes Jahr für jeden neu eingestellten Beamten 500 € im Monat zufügen. Das sind 6 000 € im Jahr. Wir haben jährlich etwa 5 000 Neueinstellungen. Das heißt also, dass dies im Jahr 30 Millionen € sind, jedoch kumulativ: Im zweiten Jahr sind es schon 60 Millionen €, im dritten Jahr 90 Millionen € usw., sodass wir im zehnten Jahr 300 Millionen € zuführen würden und dann schon ungefähr 1,5 Milliarden € angespart hätten. Im ersten Jahr ist das ohne Frage noch relativ wenig, aber bereits im Jahr 2019 müssten dann eben 300 Millionen € zugeführt werden.
Eine Veränderung des Regelbetrags wäre durch gesetzliche Regelung möglich. Um das ganz offen zu sagen: Wenn die Lage in einem bestimmten Jahr besonders schlecht wäre, bestünde die Möglichkeit, dem Fonds einmal etwas weniger zuzuführen. Umgekehrt können, wenn die Haushaltslage das zulässt, natürlich jederzeit größere Zuführungen geleistet werden.
Die Regeln über die rechtliche Ausgestaltung werden an dem orientiert, was heute bei dem bundesweit bestehenden Fonds bereits üblich ist. Das heißt, es sind im Beirat vor allem auch Beschäftigtenvertreter beteiligt. Auch der Hauptpersonalrat wird in den Beirat entsandt. Im Sinne einer paritätischen Besetzung soll dem Beirat künftig auch ein Vertreter des Justizministeriums als zusätzlicher Regierungsvertreter angehören. Wir haben Wert darauf gelegt, dass auch die Beamten, die Arbeitnehmer, in dem Beirat des Fonds vertreten sind – schlicht und einfach deswegen, um noch einmal zu betonen, dass dies
im Grund genommen kein Fonds ist, der der Haushaltsfinanzierung dient, sondern ein Fonds, aus dem in Zukunft ein Teil der Pensionen der Beamten bezahlt werden soll.
Die Frage ist nun, wie dieses Geld angelegt werden soll. Natürlich gibt es immer die Diskussion, ob das überhaupt sinnvoll ist, solange man noch Schulden hat. Zwar machen wir keine neuen Schulden mehr, aber selbstverständlich haben wir noch Schulden. Vielleicht sollte ich darauf auch einmal hinweisen, weil das oft vergessen wird: Selbst im Falle der Nullneuverschuldung werden wir in jedem Jahr im Sinne des revolvierenden Verfahrens ungefähr 6 Milliarden € neu aufnehmen müssen. Was getilgt wird, wird also neu aufgenommen, selbst im Falle der Nullneuverschuldung.
Nun ist schon oft argumentiert worden, man solle einen solchen Fonds nicht bilden, weil die Sollzinsen im Zweifelsfall immer höher seien als Habenzinsen. So einfach ist es nicht. Selbstverständlich wird bei einer so langfristigen Anlage auch ein Aktienanteil enthalten sein. Am Beispiel unserer Landesstiftung sehen wir, dass die Rendite über Jahre hinweg dann doch höher ist als der langfristige Kapitalmarktzins. Bei einem solchen Fonds, der jetzt angelegt wird und frühestens in zehn Jahren in Anspruch genommen werden darf, ist es durchaus vertretbar, einen gewissen Aktienanteil, der bis zu 50 % betragen darf, aufzunehmen. So etwas würde ich demgegenüber niemandem raten, der das Geld sehr kurzfristig braucht, weil die Volatilität an den Aktienmärkten bekanntlich besonders hoch ist.
Das Sondervermögen ist zweckgebunden. Es kann einzig und allein zur Finanzierung der Versorgungsausgaben des Landes verwendet werden. Was ebenfalls wichtig ist: Die Mittel dürfen auf keinen Fall vor dem Jahr 2020 in Anspruch genommen werden.
Warum ist ein solcher Fonds sinnvoll? Ich habe es eben im Zusammenhang mit Rheinland-Pfalz schon indirekt gesagt. Es gibt mehrere Gründe, aber zunächst einmal scheint mir die Transparenz wichtig zu sein. Wenn wir in Zukunft neben der normalen Besoldung jährlich auch noch 6 000 € einem Fonds zuführen, dann sehen wir, dass ein Beamter teurer ist, als der Betrag ausweist, den er jährlich bekommt. Wir wissen alle – es ist heute schon einmal gesagt worden –: Die 6 000 € reichen finanzmathematisch gesehen nicht, sondern man müsste wohl das Doppelte oder ein Mehrfaches einstellen, wenn man wirklich die echten Kosten voll berechnen wollte.
Wenn da übrigens immer der Vergleich mit der Sozialversicherung kommt, dann darf man nicht vergessen, dass auch dort jedes Jahr 80 Milliarden € aus Steuergeldern zugeschossen werden. Das wollte ich auch einmal klarmachen. Aber die Transparenz ist eine wichtige Sache.
Für uns ist weiter wichtig, dass wir keine zusätzlichen Kredite einsetzen. Wir haben mit diesem Fonds und dieser Rücklage erst begonnen, als wir gesehen haben, dass wir in der Lage sind, in den kommenden Jahren keine Schulden mehr machen zu müssen.
Drittens – ich habe es vorhin schon gesagt –: Wir glauben, dass wir eine bessere Anlagerendite bekommen können als das, was wir am langfristigen Kapitalmarkt für unsere Schulden zahlen müssen.
Natürlich wollen wir nicht nur versuchen, ab dem Jahr 2020 etwas Hilfe bei der Zahlung der Pensionen zu erhalten. Vielmehr sind auch schon einige Maßnahmen ergriffen worden, um die Pensionen im Verhältnis zu den aktiven Gehältern kleiner zu machen. Da sind verschiedene Maßnahmen ergriffen worden. Zum einen wird das Pensionsniveau bereits von ursprünglich im Höchstfall 75 % auf 71,75 % abgesenkt. Ferner wurde die Sonderzahlung für die Pensionäre wesentlich stärker zurückgeführt, nämlich auf 30 %, als die Sonderzahlung für die Aktiven, die auf 50 % zurückgeführt worden ist. Darüber hinaus haben wir die Versorgungsrücklage. Diese beträgt zurzeit 630 Millionen € und wird bis zum Jahr 2018 wahrscheinlich auf 4 Milliarden € anwachsen.
Daneben prüfen wir noch die erweiterte Förderung einer privaten Altersvorsorge für Beamte, sodass neben dem Versorgungsfonds auch andere Maßnahmen ergriffen werden, um die Versorgungslasten eventuell etwas geringer zu halten.
Als Letztes erwähne ich noch: Wir diskutieren auch über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Wir werden das sicher machen. In welchem Tempo dies geschieht, wird man noch sehen. Sie wissen, dass in der gesetzlichen Rentenversicherung ein sehr langer Übergangszeitraum, nämlich bis zum Jahr 2029, gewählt worden ist. Ich persönlich bin der Meinung, dass man das etwas schneller machen sollte. Aber es ist noch nicht endgültig entschieden.
Der zweite Teil dieses Gesetzentwurfs enthält die Änderung des Haushaltsstrukturgesetzes 2007. – Sie lachen alle so.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie dürfen sich auch freuen, Herr Präsident! – Abg. Rainer Stickel- berger SPD: Wir sehen sie nicht!)
Meine Damen und Herren, im Februar dieses Jahres hat der Landtag das Haushaltsstrukturgesetz 2007 beschlossen. Darin war als Neufassung des § 18 der Landeshaushaltsordnung bereits ein grundsätzliches Verschuldungsverbot enthalten. Dieses sollte allerdings erst mit dem Haushalt des Jahres 2011 in Kraft treten. Weil wir nun die Nullneuverschuldung vorher erreichen können, wollen wir das vorziehen und wollen es auch noch wesentlich verschärfen. Ich darf Ihnen mit ganz wenigen Worten erläutern, worin die Verschärfung liegt.
Erstens: Die Vorgabe, den Haushaltsplan regelmäßig ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen, wird restriktiver formuliert. Das werden Sie sehen, wenn Sie den entsprechenden Text vor sich liegen haben.
Zweitens: Der am 31. Dezember 2007 erreichte Stand der Kreditmarktschulden wird als Obergrenze für eine künftige Kreditaufnahme festgeschrieben. Dieser Stand darf nicht dauerhaft überschritten werden.
Drittens: Wenn neue Kredite aufgenommen werden, ist die Rückführung der Kreditmarktschulden auf das Niveau zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme in einem Tilgungsplan verbindlich festzulegen. Die Rückführung hat zeitnah, spätestens jedoch innerhalb von sieben Jahren zu erfolgen.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber das hat doch etwas Willkürliches! – Gegenruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Nein, das sind die sieben guten Jahre und die sieben schlechten Jahre! – Abg. Heide- rose Berroth FDP/DVP: Das ist eine sehr gute Zahl! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Wir sind bibelfest! – Weitere Zurufe)
Es ist nicht ganz willkürlich. Es entspricht in etwa der Erfahrung, dass ein Konjunkturzyklus sieben Jahre dauern kann.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Ich meine nicht die sieben Jahre, sondern den Plafond mit den jetzigen Schulden, die wir haben!)
Nun, man hätte es auch höher ansetzen können. Aber ich glaube, das will doch schon viel heißen. Ich kann gern noch etwas dazu sagen. Zunächst ist wichtig, dass wir uns über die sieben Jahre klar sind: Das ist eben der Konjunkturzyklus. Und dass das eine ganz alte Erfahrung ist, sehen Sie daran, dass der Joseph von Ägypten ja auch schon von einem siebenjährigen Konjunkturzyklus gesprochen hat.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das war ein Traum! – Abg. Klaus Dieter Reichardt CDU: Joseph wurde ein reicher Mann!)
Jetzt muss ich doch noch einmal eine politische Bemerkung machen. Man fragt immer wieder: Bis wann sind die Schulden abgebaut? Wenn man einigermaßen redlich bleiben will, dann sollte man sagen: Wahrscheinlich überhaupt nicht. Denn es wäre auch die Frage zu stellen, ob ein schnelles Tempo des Schuldenabbaus volkswirtschaftlich richtig wäre.