Protocol of the Session on November 7, 2007

(Der Redner hält die „Stuttgarter Nachrichten“ vom 6. November 2007 in die Höhe.)

„Ein guter Tag für Familienbetriebe“, sagt Herr Mack, „ein guter Tag für Deutschland.“ Ich füge hinzu: Ein guter Tag für Baden-Württemberg, denn wir wollen, dass unsere Familienbetriebe Familienbetriebe bleiben und nicht zu anonymen Kapitalunternehmen werden.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Sehr rich- tig! – Minister Ernst Pfister: Sehr gut! Richtig!)

Deshalb haben wir uns auch dafür eingesetzt, dass das Auslandsvermögen der Betriebe mit einbezogen wird. Denn wir wissen natürlich, dass Stihl und andere Global Players sind und dass wir da keine unterschiedlichen Bewertungen vornehmen können, da diese Unternehmen im Erbfall sonst in ganz schwierige Situationen kämen. Das ist also eine gute, eine tolle Regelung.

Sie, Herr Minister, haben gesagt, die Beschlüsse des Hamburger Parteitags dürften nicht verwirklicht werden. Das wäre schlimm, denn einer der Beschlüsse sieht ja vor, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu senken. Das ist möglich, und das wollen wir auch tun. Aber an einem Punkt gebe ich Ihnen recht, denn da denken wir ebenso: Die Reformen bei der Bundesagentur für Arbeit dürfen nicht eingestellt werden. Die Situation dort ist noch nicht so gut, wie wir es uns vorstellen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Auflösen!)

Was ihre Vermittlungstätigkeit anbelangt, kann man hier sicher noch einen Zahn zulegen. Vor dem Hintergrund dessen, dass die Arbeitslosenzahlen jetzt zurückgehen, müsste das auch möglich sein, ohne mehr Geld einzusetzen.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Nun wurde der Mindestlohn angesprochen. Es wurde gesagt – Sie haben den Sachverständigenrat zitiert –, er würde den Aufschwung gefährden etc.

(Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Natürlich! So ist es! – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es, wenn man nur die Überschriften liest!)

Ich sage Ihnen einmal eines: Sowohl den Mitgliedern des Sachverständigenrats als auch all denjenigen, die sich so sehr über die Frage auslassen, ob Mindestlöhne notwendig sind oder nicht, biete ich an, einmal einen Tag in einen Laden mitzugehen und dort ein Regal einzuräumen, oder einmal einen Tag lang Post zuzustellen.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Für 3 €!)

Dann möchte ich einmal wissen, ob Sie das, was Sie da bekommen, noch immer für angemessen halten oder nicht.

(Beifall bei der SPD)

Das Konzept der Landesregierung ist laut Herrn Stratthaus an dieser Stelle: „Wenn der Markt nur 4 € hergibt, dann gibt er halt nur 4 € her. Dann muss der Staat eben noch 4 € und 50 Cent aus öffentlichen Mitteln obendrauf legen.“ Ihnen müssten sich ja die Haare sträuben bei der Vorstellung, dass der Staat Lohnersatzhandlungen vornimmt, statt dass es anständige Löhne gibt.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Wir haben doch über diese Kombilöhne disku- tiert!)

In der alten Republik gab es keine Notwendigkeit für Mindestlöhne, denn da waren die Löhne tariflich geregelt. Inzwischen sind jedoch große Bereiche tariffreie Zonen. Anstatt dass Sie endlich die Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen einführen, sagen Sie: „Nein. Lohndumping ist uns gerade recht, denn billig ist uns wichtiger als besser.“ Das aber ist die falsche Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Wer zahlt denn die Mindestlöhne? Der Ver- braucher zahlt sie!)

Jetzt hat der Wirtschaftsminister wieder einmal in lobender Absicht gesagt: „Am Ende des Jahres werden wir feststellen, dass alle Bewerber um einen Ausbildungsplatz untergebracht sind.“ Sie haben aber kein Wort davon gesagt, dass 50 % im nächsten Sommer wieder auf der Matte stehen. Sind Sie denn damit zufrieden? Es kann doch nicht wahr sein, dass wir sagen, wir hätten alle untergebracht, und am Ende kommen 50 % im nächsten Jahr wieder!

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wir werden auch im nächsten Jahr wieder alle unterbringen! – Gegen- ruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje! – Zurufe von der CDU und der FDP/DVP)

Ich spreche nicht von Brandenburg, sondern die Zahl von 46 % bezieht sich auf Baden-Württemberg.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Die können noch nicht einmal rechnen!)

Die Hälfte der Altbewerber bekommen keinen Ausbildungsplatz. Sie haben jetzt, in dieser guten konjunkturellen Lage, noch eine Chance, als Ungelernte unterzukommen. Zumindest gilt das für einen Großteil von ihnen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Solange es noch keinen Mindestlohn gibt, haben sie noch die Chan- ce!)

Aber es könnte ja auch ein Konjunkturabschwung kommen, und langfristig stehen sie als Ungelernte sowieso auf der Matte. Deswegen brauchen wir da mehr eigene Anstrengungen. Man darf sich nicht nur auf das Handeln der Bundesregierung verlassen.

(Beifall bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Schmiedel, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Ich möchte zum Schluss noch ein letztes Wort zum Thema Innovation sagen; denn das ist ja

ein besonders lustiges Kapitel. In seiner Regierungserklärung hat der Ministerpräsident schon festgestellt, dass es da Handlungsbedarf bezüglich der kleinen und mittleren Unternehmen gibt. Ein Dreivierteljahr später hat er dann vom „Instrument Innovationsrat“ gesprochen; der Vorsitzende: Günther Oettinger. Ein weiteres Dreivierteljahr später hat er nun angekün digt, dass der Innovationsrat im Dezember zum ersten Mal zusammenkommen solle. Auf unsere Frage, wer denn die Mitglieder seien, hieß es: „Das wissen wir noch nicht.“

(Oh-Rufe von der SPD)

Bereits im Sommer hat der Minister Innovationsgutscheine angekündigt, die man beantragen könne. Heute sagt er, dass es im Februar, sobald der Haushalt verabschiedet sei, solche Gutscheine geben werde. Sie gehen also im Sommer mit Innovationsgutscheinen an die Öffentlichkeit, obwohl Sie wissen, dass es die erst im nächsten Februar gibt.

(Minister Ernst Pfister: Das geht leider nicht an- ders!)

In der Zwischenzeit sagt Herr Mappus – das haben Sie ja bestätigt –: Hoppla, der Wirtschaftsminister denkt da noch nicht genügend nach; wir müssen erst einmal darüber nachdenken, ob das einen Sinn hat, bevor wir damit auf den Markt gehen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wollen Sie nicht, dass das Parlament erst beschließt? Wollen Sie nicht, dass das Geld erst zur Verfügung stehen muss?)

Der Vorsitzende des Innovationsrats, Günther Oettinger, sagt, er werde mit dem Fraktionsvorsitzenden Mappus sprechen und seine Bedenken ausräumen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Schmiedel, kommen Sie bitte zum Ende.

Sie sollten das Innovationsthema einmal ordnen. Das ist ein Tohuwabohu ohne Ende; all das ist das Gegenteil von geordneter Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Sehr rich- tig!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Sitzmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben jetzt hauptsächlich über die bundespolitischen Baustellen gesprochen. Sie haben nur sehr wenig über die landespolitischen Baustellen gesprochen. Lassen Sie mich zu ein paar Punkten unsere Position darstellen.

Der Wirtschaftsminister hat gesagt, er möchte die Binnennachfrage unterstützen. Es gehe darum, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung zu senken. Das ist sicherlich richtig. Aber da gilt das Motto des Kollegen Löffler: Nachdenken vor dem Handeln. Die Frage ist, um wie viel ich den Beitragssatz senke. Es macht keinen Sinn, ihn jetzt so weit zu senken, dass er dann in einer wirtschafts- und beschäftigungspolitisch schwierigeren Zeit vielleicht wieder angehoben werden muss, was absolut kontraproduktiv wäre.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Es macht auch keinen Sinn, den Beitragssatz so weit abzusenken, dass für bildungspolitische Maßnahmen keine Mittel mehr da sind – also für Weiterbildung, für Qualifizierung und für Umschulung.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sollen die gebun- kert werden?)

Diese Mittel müssen in Zukunft erhalten bleiben. Deshalb: Senkung der Lohnnebenkosten Ja, aber eben maßvoll und nicht nur so, wie es heute richtig erscheint, sondern auch vorausschauend für die nächsten ein, zwei, drei, vier, fünf Jahre.

Herr Minister Pfister, wenn Sie die Kaufkraft stärken wollen, wäre ein wichtiger Beitrag, zu schauen, wie wir Armutslöhne bekämpfen können. Wir haben in diesem Bereich ein Riesenproblem. Ich hoffe nicht, dass irgendjemand in diesem Haus dieses Problem kleinreden will.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Z. B. ein Grundein- kommen? Wie stehen Sie denn dazu?)

Darüber können Sie mit den Kollegen von der CDU gut diskutieren. Sie haben umfangreiche Vorschläge zum Grundeinkommen. Die CDU in Berlin will demnächst ein Grundeinkommen beschließen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Bei Ihnen doch auch, Frau Sitzmann!)

Da gibt es auch Debatten.