Protocol of the Session on November 7, 2007

(Abg. Thomas Knapp SPD: Wir hoffen, dass es noch kommt! – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Es ist gar nicht leicht, einmal ein Fundi zu sein!)

Wir möchten ihnen ein Signal senden, das ihnen nun vermittelt, dass die mit diesem Gesetz geforderte Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie zumutbar und machbar ist, dass wir nicht mit der Brechstange vorgehen, sondern differenzierte Lösungen anbieten und dort von der Verpflichtung absehen, wo dies aus technischen oder rechtlichen Gründen oder wegen unbilliger Härte notwendig ist.

Lieber Herr Knapp, Sie sehen, das Thema der sozialen Gerechtigkeit ist sehr wohl in diesem Gesetzentwurf verankert. Man muss nur lesen können.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Rust?

Ja.

Bitte, Herr Abgeordneter.

Frau Ministerin, nachdem Sie gerade von Signalen sprechen: Können Sie nachvollziehen, dass es bei den Bürgerinnen und Bürgern als merkwürdiges Signal empfunden wird, wenn wir ihnen etwas auferlegen, was wir als Land selbst nicht einhalten?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Franz Un- tersteller GRÜNE: Deswegen gibt es den Entschlie- ßungsantrag!)

Herr Rust, ich würde Ihnen empfehlen, meinen weiteren Ausführungen zu folgen. Sie werden darauf noch eine Antwort erhalten.

(Zuruf des Abg. Thomas Knapp SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Voraussetzung für diesen bereits genannten sehr differenzierten Ansatz war das Auseinanderhalten von Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden. Lassen Sie mich auch einmal eine Zahl nennen, damit wir wissen, worüber wir uns unterhalten: Zwischen 85 und 90 % der Gebäude in der Bundesrepublik Deutschland sind Wohngebäude. 10 bis 15 % sind Nichtwohngebäude. Im Übrigen nehme ich diese Zahlen aus einem Interview meines Kollegen auf Bundesebene, das heute Morgen veröffentlicht wurde. Ich gehe davon aus, dass er dort die Wahrheit sagt. Die Zahlen zeigen, dass Sie in einer Art und Weise hier für 10 bis

15 % der Gebäude einen Popanz aufbauen, um den großen Teil, bei dem auch die größten Potenziale vorhanden sind, nicht anzugehen.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Nehmen Sie auch die Quadratmeterzahlen dazu!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Wohngebäude – ich wiederhole es immer wieder, weil es auch zentral für den Ansatz dieses Gesetzes ist – haben vergleichbare Anforderungen an Heizung und Warmwasser. Bei Nichtwohngebäuden, z. B. Bürogebäuden oder gewerblich genutzten Gebäuden, gibt es je nach konkreter Nutzungsart völlig unterschiedliche Anforderungen an die Wärmeversorgung. Diese unterschiedlichen Anforderungen verlangen logischerweise auch unterschiedliche Lösungen. So können z. B. bei der ersatzweisen Erfüllung im Nichtwohnbereich auch Energieeinsparmaßnahmen durch Energiemanagement jenseits der Gebäudesanierung und Anlagentechnik Anerkennung finden, was im Übrigen bei uns auch bereits durch ein Förderprogramm unterstützt wird.

Der heute zu beratende Gesetzentwurf sieht zwar zunächst – zunächst! – keine Einbeziehung der Nichtwohngebäude vor. Aber ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen – Herr Kollege Untersteller hat ebenfalls darauf hingewiesen –: Es ist völlig klar, dass auch Nichtwohngebäude in absehbarer Zeit in eine Pflichtregelung aufgenommen werden. Wir brauchen jedoch für diese Gebäude eine separate Lösung, die wir noch nicht haben. Denn diese Regelungsmaterie ist wesentlich komplizierter als der homogene Wohngebäudebereich.

Dass wir es mit der Erfassung des Nichtwohnbereichs ernst meinen, können Sie auch der vorgesehenen Berichtspflicht an den Landtag entnehmen, die sich ausdrücklich auf die Möglichkeiten der Erweiterung des Anwendungsbereichs auf den Nichtwohnbereich ab dem Jahr 2011 bezieht. Deswegen der Erfahrungsbericht.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Wenn jemand so lange braucht, um etwas zu erklären, ist etwas faul!)

Wenn wir dann aber nicht zwischen Wohngebäuden und Nichtwohngebäuden differenzieren, sondern an alle Eigentümer bei der Nutzung erneuerbarer Wärmeenergien nahezu unterschiedslos die gleichen Anforderungen stellen, dann kommt im Übrigen das heraus, was Kollege Gabriel jetzt in Form eines Referentenentwurfs vorgelegt hat: eine undifferenzierte, in vielen Punkten fachlich fragwürdige und, wie ich meine, auch ungerechte Regelung.

Ich gebe zu: Ich bin enttäuscht von seinem Entwurf, der keine unterschiedlichen Lösungen bei der Pflichterfüllung für Wohngebäude und Nichtwohngebäude anbietet, der keinen konkreten Pflichtanteil zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie vorschreibt, der keine Regelungen zur Nachweisführung vorsieht, der ab 2011 die Fördermöglichkeiten für den Großteil der gesetzlich geforderten Maßnahmen streicht und der – dies ist das größte Manko des Entwurfs; Herr Untersteller hat schon darauf hingewiesen – den Gebäudebestand so gut wie nicht erfasst, also den Bereich, von dem wir wissen, dass dort das meiste Potenzial an CO2-Einsparung vorhanden ist.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Wir wissen, dass der größte Teil der CO2-Emissionen mit den bereits bestehenden Wohngebäuden zusammenhängt. Dies sind in Baden-Württemberg rund 2,3 Millionen Gebäude. Die rund 20 000 Neubauten pro Jahr machen dagegen vergleichsweise wenig aus.

Wenn Kollege Gabriel klug ist – in der Debatte wurde ja schon angedeutet, dass daran Zweifel bestehen –, übernimmt er dieses Gesetz aus Baden-Württemberg. Im Übrigen gibt es auch Signale aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, diesen Weg mitzugehen. Ich kann nur sagen: Mehr Vorarbeit für den Kollegen im Bund kann ich jetzt wirklich nicht leisten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Bravo!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme nun zu einem Anliegen dreier Fraktionen. Ich hätte mir gewünscht, dass wir hier tatsächlich in der Lage wären, das gemeinsam zu machen. Ich stelle fest, dass man selbst da nicht springen kann,

(Abg. Thomas Knapp SPD: Das war bis Dienstag noch der Fall!)

auch bei den Landesliegenschaften der Zielsetzung dieses Gesetzes Rechnung zu tragen.

Jetzt will ich eines sagen. Zunächst einmal: Dieses Gesetz gilt für den Eigentümer Land, der Eigentümer von über 1 000 Wohnungen in diesem Land ist, genauso wie für jeden Bürger.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Oh!)

Deswegen bitte ich hier auch einmal aufzuhören, so zu tun, als würde das Land dies hier für sich nicht gelten lassen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Thomas Knapp SPD: Das ist eine klei- ne öffentliche Wohnungsbaugesellschaft! Aber eine so kleine! 1 000 Wohnungen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben meinen bisherigen Ausführungen auch entnehmen können, dass die Regelungen des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes gerade nicht 1 : 1 auf Nichtwohngebäude übertragen werden können. Deswegen habe ich das auch entsprechend ausgeführt. Gleichwohl steht das Land ohne Zweifel aufgrund seiner Vorbildfunktion in der besonderen Verantwortung, seine Gebäude energetisch zu verbessern. Hierzu wird das Land bis zum Herbst 2008 ein Konzept erarbeiten. Dies wurde im Übrigen bereits am 2. Oktober mit der Einbringung dieses Gesetzentwurfs im Ministerrat beschlossen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Konzept liegt dann zu einem Zeitpunkt vor, der deutlich vor dem Inkrafttreten der Regelungen für den Altbaubestand liegt. Insofern wird das Land hier seiner Vorbildfunktion gerecht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Vorbildfunktion heißt aber auch, dass solide Haushaltspolitik notwendig ist; denn auch in diesem Bereich hat das Land eine Vorbildfunktion. Das ist der Grund dafür, dass wir gesagt haben: Wir brau

chen ein Konzept, aus dem sich dann ergibt, in welcher Zeit wir was abarbeiten können.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Winkler?

Ja.

Frau Ministerin, ich habe darauf gewartet. Die einzige Begründung dafür, dass Sie Nichtwohngebäude nicht in das Gesetz einbeziehen, war: Sie brauchen mehr Zeit, weil das eine komplizierte Materie ist, die geregelt werden muss. Ich habe die Frage an Sie: Ist der Grund dafür, dass Sie sozusagen nur einen Teil des Gesetzes – nämlich das Wohngebäudegesetz – machen, dass Sie kein Gesetz in einem Zug machen, nicht eigentlich der, dass Sie vorpreschen wollen, obwohl Sie die andere Aufgabe noch nicht erledigt haben, was sich eigentlich gehören würde?

(Beifall des Abg. Johannes Stober SPD)

Herr Winkler, dem muss ich widersprechen. Wir haben gesagt, wir wollten diesen Gesetzentwurf, dieses Gesetz so früh wie möglich voranbringen. Denn wenn wir alle sagen, der Klimaschutz sei eine so große Herausforderung, dann ist es vonnöten, dass wir Schritt für Schritt vorangehen und das, was wir bereits abarbeiten können, auch sofort abarbeiten. Das ist normalerweise so. Auch bei einem Aufstieg auf einen Berg muss ich immer einen Fuß vor den anderen setzen und sollte nicht versuchen, mich selbst zu überholen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Die Bürger arbeiten das ab, aber Sie nicht!)

Deswegen haben wir ganz bewusst gesagt: Wir gehen diesen Schritt.

Im Übrigen will ich auch sagen, Herr Kollege Winkler: Ich habe jetzt dargestellt, dass bei dem Gesetzentwurf des Kollegen – der zwar die Regelung, die Sie jetzt als Antrag einzubringen versuchen, aufgenommen hat – keine einzige technische Frage gelöst ist, damit dieses Gesetz überhaupt anwendbar ist. Ich und wir sowie die Regierungsfraktionen – an diesem Punkt erfreulicherweise auch mit der Zustimmung der Grünen – haben hier ein Gesetz vorgelegt, das umsetzbar und anwendbar ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Tho- mas Knapp SPD: Für einen ganz kleinen Teil!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch einmal zur Vorbildfunktion und zur Frage des Konzepts zurückkommen. Ich will vor allem deutlich machen, dass wir – da bedanke ich mich ausdrücklich auch bei den Regierungsfraktionen – bereits in den Nachtragshaushalt, dessen Verabschiedung in den nächsten Wochen anstehen wird, zweimal 5 Millionen € für die eigenen Gebäude des Landes einstellen werden, um hier zu zeigen: Wir nehmen diese Vorbildfunktion ernst.

(Abg. Johannes Stober SPD: Da kann man es doch gleich reinschreiben!)

Ich weiß nicht, wo Sie das in ein Gesetz hineinnehmen wollen, Herr Stober. Ich habe jedenfalls jetzt mehrfach dargestellt, warum das gesetzestechnisch nicht aufgenommen werden kann. Aber wer einfach nicht in der Lage ist, zu verstehen, dem kann ich dauerhaft auch nicht helfen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Johannes Stober SPD: Das war der Ent- schließungsantrag, Frau Kollegin!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe mich gefreut, festzustellen, dass der Städtetag die Vorbildfunktion des Landes sieht.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Ehrlich? – Abg. Reinhold Gall SPD: Das überrascht niemanden!)