Frau Sitzmann, der reine Umfang eines Gesetzes – Sie sprachen von den 98 Seiten – sagt zunächst noch gar nichts. Vielmehr ist in der Tat die Frage, ob ein solches Gesetz nun in der Umsetzung einfacher ist oder ob das Ganze bürokratischer wird. Wir meinen, die Umsetzung ist einfacher geworden.
So haben wir z. B. die Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe – die, wie der Minister ausgeführt hat, nicht funktioniert – vorgesehen, wie wir es übrigens bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben hatten. Was sind die Gründe für diesen Schritt? Die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe gefährdet zunehmend den Erhalt sozial stabiler Bewohnerstrukturen. Überdies verursacht sie inzwischen einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand. Ihre Akzeptanz in der Bevölkerung ist gesunken, weil sich immer mehr Bürger unfair behandelt fühlen. Nur noch ein Bruchteil des Altbestands an Sozialwohnungen wird von der Fehlbelegungsabgabe erfasst. Nach unseren Vorstellungen soll sie zum 1. Januar 2008 fallen.
Ein weiterer Schritt zur Entbürokratisierung ist die Abschaffung der äußerst komplizierten Kostenmiete.
Darüber hinaus sollen die Kommunen vom Verfahren der Wohnraumförderung entlastet werden; auch das hat der Minister schon angedeutet. Zum Zweck der Konzentration bei den Stadt- und Landkreisen soll § 88 Abs. 5 der Gemeindeordnung geändert werden. Die Belastung durch Ausfallbürgschaften entfällt für die Kommunen.
Wie Sie sehen, hat es also nicht nur in der Form, sondern auch in der inhaltlichen Ausgestaltung der Wohnraumförderung und -bindung signifikante Neuerungen gegeben. Die bisherige Konzeption der Bundeswohnraumförderung ist gedanklich noch dem Wiederaufbau der Republik verpflichtet. Heute stehen wir aber vor völlig neuen Herausforderungen. Der bundesrechtliche Ansatz war allein auf den Zubau von Wohnungen ausgerichtet. Das entspricht nicht mehr der Realität. Baden-Württemberg hat sich die Reduzierung des Flächenverbrauchs vorgenommen.
Europaweit verändert sich die demografische Struktur rasant. Es gibt immer weniger Kinder und damit absehbar auch immer weniger Nachfrage nach Wohnraum in Europa. Diese Entwicklung gilt es bei den Förderprogrammen zu berücksichti
Auch hier wollen wir ansetzen. Mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir dafür die Voraussetzungen. So kann beispielsweise auch in Quartierstrukturen investiert werden, was der gesamten Wohnbevölkerung zugute kommt.
Ein weiteres wichtiges Ziel der Landespolitik ist der Klimaschutz. Gerade Altbauwohnungen entsprechen oftmals nicht dem heutigen Standard. Auch das wollen wir ändern. Es ist deshalb richtig, vermehrt in den Gebäudebestand zu inves tieren.
Ferner wird durch die Ausweitung der Förderung auch die Innenentwicklung unserer Städte und Gemeinden gestärkt.
Es wurde behauptet, dass das Land die Mietwohnungsbauförderung zukünftig faktisch einstellen würde. Wer so argumentiert, hat noch nicht verstanden, wovon wir hier reden. Wir diskutieren nicht über ein Wohnraumförderungsprogramm, sondern hier liegt der Entwurf eines Wohnraumförderungsgesetzes vor. Das Gesetz regelt abstrakt den Rahmen für die Bauprogramme der nächsten Jahre. In keinem Satz des vorliegenden Gesetzentwurfs ist vorgesehen, die Mietwohnraumförderung einzustellen. Verwechselt wird der vorliegende Gesetzentwurf oft mit dem Landeswohnraumförderungsprogramm 2007.
Deshalb sei an dieser Stelle die Anmerkung erlaubt, dass das Mietwohnraumförderungsprogramm der L-Bank an die Stelle des Landesprogramms getreten ist.
Bereits in den ersten sechs Monaten haben mehr Bürger das Programm der L-Bank in Anspruch genommen als im gesamten Jahr 2006 das letzte Landesprogramm. Selbst wenn sich das Land in Zukunft auf die Eigentumsförderung und die Förderung der Sanierung konzentrieren sollte, bedeutet dies nicht, dass es keine attraktiven Programme für die Mietwohnraumförderung geben wird.
In dem vorliegenden Gesetzentwurf wird der Rahmen für die Wohnraumförderung in Baden-Württemberg völlig neu gesteckt. Zum ersten Mal können künftig z. B. Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnungsumfelds gefördert werden. Glei ches gilt für Maßnahmen zur Aufrechterhaltung und Stabilisierung von Quartierstrukturen sowie für die Förderung personeller nicht investiver Maßnahmen. Der Gesetzentwurf nimmt somit auch die Probleme von Stadtvierteln auf, in de
Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Landesregierung uns einen modernen und innovativen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Er greift die Leitlinien der Landespolitik auf. Der „Kinderland“-Gedanke wird umgesetzt. Die Entbürokratisierung wird vorangetrieben. Neue Konzepte zur Integration werden eröffnet.
Im Rahmen der Anhörung im Wirtschaftsausschuss werden wir in der nächsten Woche vertieft auf die zahlreichen weiteren Neuerungen des vorliegenden Gesetzentwurfs eingehen können.
Ja. – Herr Kollege, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie mit diesem Programm auch die Reduzierung des Flächenverbrauchs konsequent fortsetzen wollen? Gestatten Sie dann die Nachfrage, ob Ihnen in irgendeiner Art bewusst ist, dass der Flächenverbrauch weiterhin in hohem Maße vorhanden ist und eine Reduktion in diesen Jahren überhaupt nicht stattgefunden hat und dass Sie völlige Illusionen verbreiten, wenn Sie glauben, dies konsequent fortzusetzen.
Herr Kollege Haller, ich denke, wir können uns darauf verständigen, dass ein Gesetz, das noch gar nicht in Kraft getreten ist, den Flächenverbrauch auch noch nicht reduzieren kann.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Ersten Beratung des Gesetzentwurfs angelangt.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landeskrankenhausgesetzes Baden-Württemberg und des Kriegsopfergesetzes – Druck sache 14/1516
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache über den Gesetzentwurf eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt. Ich darf Sie herzlich bitten, die festgelegten Redezeiten einzuhalten.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! 300 Krankenhäuser, 61 000 Betten, 1 950 000 Patienten im Jahr und 140 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das sind unsere aktuellen Zahlen. Jeder von uns hier im Raum, auf der Zuhörertribüne und hier unten im Plenarsaal, ist durchschnittlich an zwei Tagen im Jahr in einem Krankenhaus in Baden-Württemberg.