Protocol of the Session on October 11, 2007

Der Bundesverkehrswegeplan bestätigt den Nachholbedarf des Landes im Schienenfernverkehr. (...) Auch der im Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans vorgesehene Ausbau des Bundesfernstraßennetzes in BadenWürttemberg genügt den Erfordernissen nicht... Mit ursächlich ist der zu geringe Finanzrahmen für das Land.

So steht es im Generalverkehrsplan des Jahres 1995. Damals war nicht Rot-Grün an der Regierung, sondern SchwarzSchwarz-Schwarz-Gelb.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Was?)

Wir sind hier in einem langjährigen, jahrzehntelangen Prozess gegenüber der Situation im Bundesdurchschnitt und im Vergleich zu anderen Bundesländern ins Hintertreffen geraten. Das Kernproblem ist, dass Sie nicht massiv und effektiv genug in Berlin auftreten können, um für Baden-Württemberg etwas herauszuholen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf: Wie hieß denn der Verkehrsminister?)

Der hieß damals Wissmann, Herr Kollege. Da sind viel weniger Mittel in das Land geflossen als heute. Das müssen Sie irgendwann einmal registrieren; denn auch Sie können die Zahlen nicht verleugnen.

Wir haben eine ganz andere Wahrnehmung, meine Damen und Herren. Die Bürger in Baden-Württemberg stehen im Stau, ja, Baden-Württemberg ist an manchen Tagen schlicht und einfach „der Stau“.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Hei- derose Berroth FDP/DVP – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Und was tut der Bundesverkehrsminister dagegen? – Zuruf von der FDP/DVP: Daran sind Sie doch schuld!)

Natürlich sind die Baustellen ursächlich, aber das ist doch symptomatisch. Sie können Stuttgart derzeit von Norden und Westen aus nicht ohne Stau erreichen, und das schon ein halbes Jahr lang. Durch dieses Missverhältnis entstehen gigantische volkswirtschaftliche Kosten. Da stimmen wir insoweit zu. Aber nochmals: In keinem anderen Bundesland herrscht eine solche Kluft zwischen Anspruch – das, was Sie von sich geben – und Wirklichkeit im Vollzug,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und das in einem Bundesland, das vom Export abhängig ist. Wir laufen Gefahr, dass angesichts der Diversifizierung der Logistik und arbeitsteiliger Produktionsprozesse die Güter viel zu lange brauchen, um zur nächsten Fabrik, zum nächsten Seehafen zu gelangen.

(Zuruf: Sehr richtig!)

Gleichermaßen nachteilig ist, dass der Stau die hochschwäbische Zuverlässigkeit unterminiert.

(Zuruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Zuverlässigkeit ist in einer Just-in-time-Standortproduktion einfach ein Standortfaktor.

(Beifall bei der SPD)

Zusammengefasst: Baden-Württemberg, dessen Reichtum auf der Kreativität und Cleverness seiner Bürger beruht, gerät in Gefahr, angesichts seiner mangelhaften Verkehrsinfrastruktur die Wachstumspotenziale seiner Wirtschaft und seiner Unternehmen zu vergeuden. Das bedeutet mittel- und langfristig einen Verlust von Arbeitskräften und Wohlstand.

(Zuruf von der CDU: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Deswegen ist und bleibt es unverständlich, in welch geringem Umfang diese Regierung dort, wo sie originär selbst zuständig ist, Mittel für den Verkehr bereitstellt. Jedes Mal, wenn von unserer Seite Forderungen kommen, mehr Mittel für den Landesstraßenbau oder für Logistikzentren bereitzustellen, kommen Sie und buttern das herunter.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Es sind ja nicht nur die Landesstraßen, sondern auch die Bundesstra- ßen!)

Viel zu wenig geschieht; aber die Schuld wird anderen zugeschoben. Allein im Landesstraßenbau haben wir einen Inves titionsstau im Umfang von rund 1 Milliarde €.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Aber keinen Ver- kehrsstau! Der ist auf den Bundesstraßen!)

Sie wollen neun Logistikzentren errichten – im Generalverkehrsplan steht, was das für tolle Einrichtungen seien. Eines haben Sie gerade einmal zuwege gebracht. Es fehlt also hinten und vorne. Wir haben Situationen im Land, bei denen grüne Planwege besser ausgebaut sind als Landesstraßen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die sind auch schmaler!)

Das passiert, weil Sie falsche Schwerpunkte im Land setzen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Wir brauchen vonseiten der Regierung nicht länger diese Heulsusenpsyche in Richtung Bund.

(Heiterkeit der Abg. Ute Vogt SPD)

Nur wer dort kraftvoll auftritt, hat auch die Chance, gehört zu werden. Nehmen Sie sich ein Beispiel an dem von seinen Freunden verstoßenen Edmund Stoiber. Der schafft es, für einen kropfunnötigen Vorortzug, den Transrapid, eine knappe Milliarde vom Bund zu bekommen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die SPD stellt den Verkehrsminister im Bund!)

Im Gegensatz dazu müssen wir für den Ausbau unserer Verkehrsinfrastruktur – Stuttgart 21; Wendlingen–Ulm – über eine Milliarde in die Hand nehmen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wer stellt denn den Verkehrsminister im Bund? Ihr!)

Das ist ein Missverhältnis. So setzt sich das eine Bundesland durch, während das andere, um wirtschaftlich voranzukommen, viel zu viel eigenes Geld in die Hand nehmen muss.

(Beifall bei der SPD – Unruhe bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, natürlich sind wir uns einig in der Analyse hinsichtlich der Bedeutung des Verkehrs. Aber nochmals: Es wird viel zu wenig von Ihnen umgesetzt. Sie lamentieren, und immer ist der Bund schuld.

(Minister Peter Hauk: Sehr richtig! – Abg. Dr. Fried- rich Bullinger FDP/DVP: Jawohl! Der hockt auf dem Geldbeutel! – Unruhe)

Das allein kann nicht die Ursache sein. Das ist es nicht. Sie stellen selbst zu wenig Mittel zur Verfügung, und Sie sind im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht kraftvoll genug,

um sich in der Schlangengrube des Föderalismus gegenüber dem Bund durchzusetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Abg. Wölfle.

Sehr geehrte Damen und Her ren, sehr geehrter Herr Präsident! Was wollte uns die FDP/ DVP mit dieser Großen Anfrage sagen?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nichts!)

Wir wissen es nicht.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wir auch nicht! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das wissen die selbst nicht!)

Ich kann es nur vermuten. Sie wollte von der Regierung Beweise dafür geliefert bekommen, dass unsere Wirtschaft unter der mangelnden Verkehrsinfrastruktur fast zusammenbricht – und meint mit „mangelnder Infrastruktur“ die Straße.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Haben Sie die Drucksache nicht gelesen?)

Ich habe sie gelesen. Ich zitiere nachher sogar daraus, vor allem aus der Antwort.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Beruhi- gend!)

Gott sei Dank bin ich nicht darauf angewiesen, nur zu lesen und zu vermuten. Ich habe die Ausführungen des neuen verkehrspolitischen Sprechers der Fraktion der FDP/DVP, Herrn Bachmann, gelesen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Guter Mann!)