Genau elf Tage später, am 27. Februar, erreicht den Revierleiter ein Schreiben von der Abteilung 3. Da heißt es dann:
Jetzt war es der 13. Jetzt hatten wir natürlich das Pech, dass dem Forstamt, weil man ja nach der Reform erst zweieinhalb Jahre zusammenschafft, nicht ganz klar war: Der war gar nicht zuständig.
Er hat das dann weitergeleitet, und exakt am 28. Februar – man erinnere sich: die Meldung erfolgte am 5. Februar – hat dann der zuständige Revierleiter dieses Fax bekommen. Dann ging er als 14. Beteiligter vor Ort: Der Baum war weg!
Dann haben wir eruiert: Tatsache war, dass irgendwann in der Zwischenzeit ein eifriger Bürger gedacht hat: Aus diesem schönen Baum mache ich mir doch Brennholz.
14 Mitarbeiter hatten dieses Schreiben in der Hand, und das wird dann bezeichnet mit „Entscheidungen aus einer Hand“ und Ähnlichem.
Was ich damit nicht sagen wollte – das will ich klarstellen –: Da geht es nicht um irgendwelche Angriffe gegen irgendwelche Mitarbeiter, sondern das liegt im System.
Geben Sie mir Ihre Redezeit! Ich habe noch viele solcher Beispiele dabei. Ich will es aber dabei belassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, daran sieht man, dass eines mit dieser Reform bis heute in der Tat nicht erreicht wurde: weder Aufgabenabbau noch Aufgabenkritik; von Entbürokratisierung kann auch kaum die Rede sein. Wenn wir dies alles nicht erreichen, wenn wir nicht erreichen, dass diese Reform vor Ort ankommt, dass die Bürgerinnen und Bürger eine Erleichterung spüren, dass weniger Aufgaben bei den Behörden anfallen, dann hat diese Reform ihr Ziel nicht erreicht, und so lange kann die Verwaltungsreform auch nicht als Erfolg gewertet werden.
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich könnte Ihnen Beispiele erzählen.
Eines steht fest – das kann ich auch aus unserer Sicht nach vielen Gesprächen sagen –: Wir haben eine gemeinsame Anhörung durchgeführt; von dieser können Sie sich übrigens eine Scheibe abschneiden.
Sie war öffentlich, offen, ehrlich, konstruktiv, mit einem offenen Ohr für die Beschäftigten, keine Geheimveranstaltung, kein Katzentisch für Beschäftigte, keine Redezeiten von wenigen Minuten und dann wieder wegtreten, weil ansonsten nur Landräte oder ausgewählte Oberbürgermeister von Stadtkreisen und hauptsächlich Vertreter der Regierungspräsidien oder
der Ministerien sprechen. Ich meine, es ist auch ein Verdienst der Opposition, dass langsam, aber sicher Licht ins Dunkel dieser Verwaltungsreform kommt
und dass die wichtigen Vorgänge zunehmend an die Öffentlichkeit kommen. Sie wollten ja eine reine Geheimveranstaltung. Das ist übrigens der erste zentrale Webfehler dieser Evaluation. Geheimveranstaltungen haben im 21. Jahrhundert in einer offenen, modernen Gesellschaft keinen Platz mehr, meine Damen und Herren. Entweder man macht so etwas mit den Beschäftigten oder gar nicht.
Der zweite Webfehler ist genannt worden. Jetzt kommen ja die Berichte, die Sie im weiteren Verlauf der Evaluation in Schwierigkeiten bringen. Erst waren es die Landkreise, über die im Bericht in der Zusammenfassung der 35 Landkreise steht, an einigen Stellen werde es ohne zusätzliches Personal nicht gehen, weil es nicht gelungen sei, die Aufgaben weit genug zurückzudrängen, um Synergieeffekte zu erzielen. Seit heute – in Wirklichkeit natürlich schon länger – sagen das auch die Regierungspräsidien.
Beide entscheidenden Delegationsebenen Ihrer großen Verwaltungsstrukturreform schlagen Alarm und sagen entweder, sie brauchten mehr Personal, um die Aufgaben zu bewältigen, oder sagen, sie brauchten mehr Zeit, um die Effizienzrendite zu erwirtschaften. Ich meine, für eine Regierung, die angetreten ist, das Jahrhundertwerk zu vollbringen, ist das ein vernichtendes Urteil, meine Damen und Herren.
Selbst dort, wo man attestieren kann, dass es geht – es gab keinen Zweifel daran, dass es einigermaßen funktioniert, weil wir gute und motivierte Mitarbeiter sowohl in den Präsidien als auch in den Kommunalverwaltungen haben; daran konnte und kann es keinen Zweifel geben –, haben wir jede Menge Punkte, an denen es klemmt. Es rächt sich eben, wenn man Aufgabenkritik und Aufgabenabbau, vor allem auch Bürokratiekritik und Bürokratieabbau jahrelang nur im Mund führt, aber nicht bereit ist, als Voraussetzung, zum Einstieg und im weiteren Verlauf einer so großen Reform tatsächlich damit Ernst zu machen. Jetzt holen die Versäumnisse Sie ein, und jetzt bekommen Sie auf der Zielgeraden, auf der Sie sich bereits gewähnt haben, ernsthafte Probleme. Man muss darüber noch sehr ernsthaft diskutieren und nach Lösungen suchen.
Wie gesagt: Es gibt selbst in den Bereichen, bei denen man grundsätzlich sagen kann, dass die Reform einigermaßen funk tioniert hat, jede Menge Schwächen und Fehlentwicklungen.
Betrachten wir die Situation der Naturschutzverwaltung in Baden-Württemberg, um ein Beispiel herauszugreifen. Deren Zustand ist zwei Jahre nach Inkrafttreten der Verwaltungsreform schlicht und ergreifend desaströs, meine Damen und Herren. Sie ist personell ausgedünnt und pfeift auf dem letzten Loch, wie alle Sachverständigen sagen.
Sie ist nicht mehr in der Lage, die komplexen Aufgaben – mittlerweile wurde sie auch durch viele Aufgaben aus dem EU-Bereich gestärkt und aufgerüstet – zu erfüllen. Hinter vorgehaltener Hand ist aus vielen Landratsämtern zu hören: „Wir sind nicht mehr in der Lage, die komplexen Aufgaben im Naturschutz mit seinen modernen Anforderungen zu erfüllen.“ Damit, Herr Innenminister, muss man sich offensiv auseinandersetzen.
Daraus muss man auch die richtigen Konsequenzen ziehen. Die Konsequenzen können nicht darin bestehen, das Ganze schnell zu kaschieren und weiterhin mit Zeitverträgen und einer weiteren Vernachlässigung der Aufgaben im Naturschutzbereich zurechtzuflicken.
Wir haben dort ein Riesenproblem. Dieses Problem muss im Sinne eines tatsächlich effektiven Naturschutzes
und einer Stärkung der Naturschutzverwaltung gegen das Vordringen von immer mehr Eingriffsverwaltung gelöst werden, meine Damen und Herren.
Unsere Fraktion hat erhebliche Zweifel daran, dass wir mit der derzeitigen Struktur der Naturschutzverwaltung den gesetzlichen Auftrag eines flächendeckenden Naturschutzes überhaupt noch erfüllen können. Ernsthafte Zweifel müssen daran bestehen. Bei der Anhörung, die wir vor vier Wochen durchgeführt haben, wurde das von allen Fachleuten im Wesentlichen bestätigt. Das ist eine Aufgabe, die sich jetzt stellt.
Der Verlust der fachlichen Unabhängigkeit in weiten Bereichen der technischen Verwaltung ist ein weiteres Beispiel. Ich nenne weiter die Lebensmittelkontrolle, die Gewerbeaufsicht, die Flurneuordnung,