Protocol of the Session on July 25, 2007

Aber klar ist: Der Bund bezahlt hier nur das, was Bundesaufgabe ist: Schieneninfrastruktur. Die Bahn bezahlt nur das, was wirtschaftlich ist. Deswegen war die Finanzierung des Projekts Pragsattel–Stuttgart–Flughafen–Wendlingen nicht leicht. Wir haben jetzt eine faire Aufgaben- und Lastenteilung zwischen der Stadt, der Region, dem Verband Region Stuttgart, dem Land, der Bahn und dem Bund sichergestellt. Ich glaube, dass dabei niemand über den Tisch gezogen worden ist, sondern dass die Aufgaben und Leistungen fair und zumutbar zwischen allen verteilt worden sind.

Das bedeutet ganz konkret: Für das Gesamtprojekt – also vom Pragsattel bis nach Ulm mit etwa 5 Milliarden € Kosten – bezahlt das Land 31 % und schiebt damit den gleichen Betrag der Bahn und genau den gleichen Betrag des Bundes an. Pro Euro des Landes werden 2 € aus Berlin von Bahn und Bund in das Projekt eingestellt.

Für das Projekt Stuttgart 21 im engeren Sinn bezahlt das Land 20 %, die Bahn AG 50 % und der Bund 23 %. Das heißt, mit 1 € stoßen wir weitere 4 € an. Ich glaube, dass dies auch volkswirtschaftlich durchaus sinnvoll ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Den Nachweis dafür werden wir erbringen. Ich kündige die Vergabe eines Gutachtens über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der gesamten Investition für Baden-Württemberg an, das folgende Fragen einbezieht: Was entsteht an zusätzlichen Arbeitsplätzen? Was sichern wir? Was entsteht an Investitionen in ganz Baden-Württemberg? Welche Zeit gewinnen wir durch kürzere Wege und schnellere Fahrt? Wie sehen wir die Entwicklung im Wert von Gewerbeimmobilien,

(Unruhe bei der SPD – Abg. Ute Vogt SPD: So ein Quatsch!)

von Büroimmobilien und von Wohnimmobilien?

Meine Behauptung geht dahin: Für viele Tausend Hauseigentümer und Immobilieneigentümer hat sich der Wert ihrer Immobilien am letzten Donnerstag deutlich erhöht. Das Projekt stärkt den Wert eines Grundstücks in Baden-Württemberg enorm.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Hinzu kommt: Das Land hat als Gesellschafter zwei Drittel am Flughafen als Eigentum und 50 % an der Messe. Meine Behauptung lautet: Wenn irgendwann einmal die Privatisierung von Messe und Flughafen beraten wird,

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sehr gut!)

wird man erkennen, dass durch den Flughafenbahnhof unsere Anteile deutlich an Wert gewonnen haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sehr gut! – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Das Ganze ist nicht billig. Es ist ein preiswertes und herausragendes Projekt, das für ganz Baden-Württemberg eine entscheidende Bedeutung hat. Ich glaube, dass dieses Projekt die wirtschaftliche und kulturelle Zukunft unserer Kinder sichert und stärkt und deswegen die Mehrheit heute und hier eine richtige Mehrheit für die Zukunft Baden-Württembergs ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Die Landesregierung stellt Ihnen damit dieses Konzept und seine Finanzierungsbestandteile vor. Wir sind gern zur Beantwortung aller Fragen bereit. Wir glauben auch, dass das Projekt nirgendwo Nachteile auslöst. Da war es missverständlich,

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: „Missverständlich“ ist gut!)

ob auf der Zielgeraden das Projekt zulasten anderer Projekte im Schienenverkehr finanziert worden sei.

(Unruhe bei den Grünen – Zuruf von den Grünen: Das sehen wir ja noch!)

Ich sage eindeutig: Nein! Es war im Konzept meines Vorgängers enthalten, dass das Projekt zunächst auch eine regionale und lokale Verkehrsbindung hat. Deswegen ist seit sieben Jahren Jahr für Jahr eine Finanzierung in zweifacher Millionenhöhe aus GVFG- und aus Regionalisierungsmitteln möglich. Aber diese Finanzierung geht nicht zulasten anderer Projekte. Alle Projekte im regionalen und lokalen Bereich, die wir beschlossen haben und die wir planen – ich nenne als Beispiel den öffentlichen Personennahverkehr im Rhein-Neckar-Raum, ich nenne den U-Strab-Tunnel in Karlsruhe –,

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

werden wie zugesagt finanziert. Es geht nichts zugunsten dieser Neubautrasse und zulasten anderer Trassen in BadenWürttemberg.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge- ordneten der SPD)

Wir haben darüber hinaus mit der Trasse Wendlingen–Ulm einen Nebeneffekt erreicht, der noch nirgendwo öffentlich bekannt ist. Herr Tiefensee schrieb uns im Mai im Zuge der Vorstellung des Investitionsrahmenplans des Bundes für den Bundesautobahnbau, dass das Projekt Albaufstieg bis Ulm zeitgleich zu unserer neuen Trasse realisiert werden muss, weil es nur dann technisch möglich ist. Der Albaufstieg war bisher in keinem Plan gesichert vorgesehen. Ob das F-Modell klappt, weiß niemand. Aber für die Strecke Hohenstadt bis Ulm war bisher keine Finanzierung gesichert. Herr Tiefensee hat zugesagt, dass der Ausbau der Strecke Hohenstadt–Ulm und damit letztendlich der gesamte Albaufstieg zeitgleich kommen wird. Das heißt, wir haben im Grunde genommen kostenfrei den sechsstreifigen Ausbau der Autobahn von Stuttgart bis Ulm und damit eine vorgezogene Maßnahme, die ohne die Neubautrasse mit Sicherheit nicht so schnell kommen würde.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Jawohl!)

Die Landesregierung wird alles tun, damit das Ganze unser Ziel der Nullnettoneuverschuldung nicht gefährden kann. Deswegen haben wir im Nachtragshaushalt 300 Millionen € zur Rückstellung vorgesehen – dies legen wir dem Landtag im Oktober dieses Jahres vor –, und außerdem haben wir schon jetzt in der mittelfristigen Finanzplanung für 2008 25 Millionen €, für 2009 60 Millionen € und für 2010 80 Millionen € vorgesehen. All diese Mittel werden wir bündeln und anlegen, damit unsere Finanzierungsbeiträge und unser begrenzt übernommenes Risiko finanziert werden können und dies nicht zulasten von Schule, Bildung, Sozialem, Umwelt, Kultur, Landesstraßenbau und Kommunen in Baden-Württemberg geht. Dieses Projekt finanzieren wir, und wir werden trotzdem ohne neue Schulden in die Zukunft gehen und zeigen, dass andere Projekte davon in keiner Form negativ betroffen sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie des Abg. Wolfgang Drexler SPD – Abg. Ute Vogt SPD: Wenn es stimmt!)

Neben der Strecke Stuttgart–Ulm gibt es in dieser Liga zwei andere Schienen, die gleich wichtig sind: Frankfurt–Mannheim und Karlsruhe–Basel. Dabei gibt es aber einen Unterschied, den Herr Tiefensee ganz konkret beschrieben hat. Im Interview, das in den Nachrichten vom 20. Juli gesendet wurde, sagte er zur Finanzbeteiligung des Landes an Stuttgart– Ulm:

so wörtlich –

ist ein singuläres Projekt, kein Modell für andere Vorhaben.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Hoffentlich!)

Er gibt zu, dass alles andere ein Bedarfsplanvorhaben und damit reine Bundesangelegenheit ist. Bei der Strecke Stuttgart– Wendlingen geht es um die Integration des Flugverkehrs, geht es um neue Bahnhöfe, geht es um Regionalverkehr und anderes. Bei Frankfurt–Mannheim und bei Karlsruhe–Basel geht es lupenrein um eine Bundesaufgabe, die wir jetzt erwirken wollen. Deswegen haben wir zwei Arbeitsgruppen eingerichtet und bereiten wir Gespräche mit Herrn Mehdorn und dann dem Bundesverkehrsminister im Herbst und Winter vor. Das heißt, wir wollen, dass der Ausbau der Strecke Mannheim– Frankfurt noch in diesem Jahrzehnt begonnen wird und dass bei Karlsruhe–Basel der Bund und die Bahn erkennen, dass sie finanziell nachbessern müssen, damit die Trasse zumutbar wird, damit Lärmschutz und Abstand von Wohngebieten dafür sorgen, dass die Zahl der Einsprüche sinkt und damit die Realisierung ohne vorherige Gerichtsverfahren im nächsten Jahrzehnt vorgenommen werden kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie des Abg. Wolfgang Drexler SPD – Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Baden-Württemberg 21 bringt entscheidende Vorteile für das ganze Land. Mannheim–Ulm: statt bisher in 97 Minuten in 67 Minuten,

(Abg. Ute Vogt SPD: Jetzt fängt er wieder von vorn an!)

30 Minuten gespart. Mannheim–Ulm: minus 30 Minuten. Tübingen–Flughafen, wenn also Boris Palmer statt mit dem Toyota mit dem Zug zum Flughafen fahren will: 32 Minuten statt bisher 80 Minuten, weniger als die Hälfte an Zeit. Schwäbisch Gmünd–Flughafen: 46 statt 78 Minuten. Schwäbisch Hall– Rottweil: 125 statt 155 Minuten, eine halbe Stunde gespart. Pforzheim–Reutlingen: 62 Minuten statt 90 Minuten. Ulm– Flughafen – Kollege Oelmayer –: 23 Minuten statt 95 Minuten. Sie können gern auch in Zukunft eineinhalb Stunden brauchen, aber die Mehrzahl der Ulmer will lieber in 23 Minuten am Flughafen des Landes sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge- ordneten der SPD)

Die Idee ist 19 Jahre alt. Professor Heimerl, ein Verkehrswissenschaftler, hat die neue Trasse nach Wendlingen und den neuen Bahnhof vorgestellt. Die erste Verpflichtung ist 13 Jahre alt. Sie wurde unterzeichnet von Erwin Teufel, Matthias

Wissmann, Manfred Rommel, Heinz Dürr und Hermann Schaufler. Im Jahr 2000 stand das Projekt vor dem Aus. Durch das Vorfinanzierungsangebot von Erwin Teufel erhielten wir ein Moratorium, wurde weiter geplant, wenn auch die Entscheidung nicht erreichbar war.

Seit letztem Donnerstag haben wir grünes Licht. Herr Tiefensee ist an Bord, Herr Mehdorn ist an Bord, auch die Stadt, die Region sowie das Land sind an Bord. Ich glaube, dass damit für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg und die Lebensqualität unserer Kinder ein entscheidender Durchbruch erreicht worden ist, und bin dankbar, dass im Landtag eine breite Unterstützung für dieses Projekt besteht. Ich danke für diese Unterstützung.

Wir setzen unsere Anstrengungen für dieses Projekt und für andere Projekte von vergleichbarer Bedeutung mit aller Dringlichkeit fort. Verkehrsinfrastruktur ist die Grundlage für ein modernes Land.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drexler.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Landtagsfraktion ist froh, dass wir jetzt in einem Vertrag mit dem Bund ein struktur- und schienenpolitisch ganz wichtiges Projekt endgültig fertiggebracht haben. Wir sind froh. Wir stehen zu diesem Projekt. Ich sage auch deutlich: Schon seit Jahren war es auch unser Projekt; denn zur Zeit der vorherigen Bundesregierung haben wir dafür gesorgt, dass dieses Projekt nicht vollends begraben wurde, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Grünen. Das muss man deutlich sagen. Wir sind zwar nicht weitergekommen, aber das Projekt wurde auch nicht begraben. Insofern ist es auch unser Projekt,

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

und insofern bringen wir heute einen gemeinsamen Entschließungsantrag ein.

Wir haben uns bemüht, dass es klappt. Wir haben nicht verhandelt. Wir haben geschoben, aber nicht verhandelt. Wir haben aber schon festgestellt: Der Bund ist der Bund, und das Land ist das Land, und ein Bundesminister ist ein Bundesminister. Ein Bundesminister nimmt immer seine Verpflichtung wahr, viel für den Bund herauszuholen, egal, welcher Partei er angehört. Das muss man einfach feststellen; man darf sich da auch nicht überschätzen. Man darf im Übrigen auch Herrn Kauder und Frau Merkel hinsichtlich der Frage nicht überschätzen, ob sie mitgeholfen haben; denn auch hier wurden bezüglich der finanziellen Belastung des Landes keine erheblichen Verbesserungen herausgeholt. Ich möchte dies am Anfang sagen; denn in diesem Landtag kann man ja durchaus auch über die finanziellen Belastungen sprechen.

Die Vorteile hat der Ministerpräsident schon deutlich gemacht. Ein Großteil der Vorteile sind für uns die Motivation gewesen, dieses Projekt zu unterstützen. Wir glauben: Das ist ein Projekt für ganz Baden-Württemberg, nicht nur für die Regi

on. Wir glauben, dass es ganz wichtig ist, dieses Projekt zu realisieren – wegen Arbeitsplätzen, wegen Investitionen, wegen zukünftiger Ansiedelung und vor allem wegen der Umwelt, weil wir glauben, dass die Schiene das tragende Element des zukünftigen Verkehrs sein muss, nicht unbedingt das Flugzeug. Deswegen glauben wir auch, dass wir mit dieser Schnellverbindung mehr Verkehr auf die Schiene bekommen. Ich glaube, mit diesem Projekt als Ganzem erreichen wir den Schulterschluss zwischen Stuttgart-Feuerbach und Ulm und können damit die Trasse Paris–Bratislava in einer noch akzeptablen Zeitabfolge einigermaßen vernünftig sicherstellen. Das war auch Sinn und Zweck unseres Bemühens.

Ich möchte noch etwas zum Alternativprojekt sagen; denn der Herr Ministerpräsident hat dieses Thema vorhin auch angesprochen. Wir haben uns die Alternativen natürlich schon angesehen. Wir stellen immer wieder fest, dass die Leute immer kräftig klatschen, wenn man sagt: Der Hauptbahnhof muss erhalten bleiben. Da hört es dann aber schon auf. Niemand fragt: Wie komme ich denn vom Hauptbahnhof zur Anschlussstrecke nach Wendlingen?