Deshalb bedeutet dieser Vorschlag alles andere als eine Abzocke. Vielmehr wird er zu mehr Bewegung auf unseren Straßen und in unserer Verkehrsinfrastruktur führen.
Was haben Sie denn für ein Problem? Wenn Sie noch eine Frage haben, dann fragen Sie doch noch einmal nach!
Herr Staatssekretär, vorhin haben wir gehört, der Vorschlag der CDU stelle eine aufkommensneutrale Entlastung dar. Aufkommensneutral! Das heißt, das, was durch die Vignette in das System hineinkommt, geht an anderer Stelle wieder aus dem System heraus. Das Einzige, was Sie durch die Vignette erreichen – am Haushalt vorbei –, ist, dass es eine fixe Größe gibt, über die das Parlament nicht mehr weiter zu entscheiden hat.
Aber mehr Geld gibt es insgesamt nicht. Jetzt sagen Sie also einmal, ob die Aussage, das sei aufkommensneutral, ernst gemeint ist.
Wir sollten uns gegenseitig wirklich zuhören. Es geht überhaupt nichts am Parlament vorbei. Ich habe ausdrücklich gesagt – man müsste hierüber eigentlich eine lange Rede halten; das können wir hier allerdings nicht –, dass die Parlamentsrechte, über einzelne Maßnahmen in der Verkehrsinfrastruktur zu entscheiden, ungeschmälert bleiben. Darüber entscheidet nicht die VIFG; das wäre natürlich eine völlige Überbewertung der VIFG. Aber es kann nicht sein, dass Einnahmen, die von der Nutzung der Straße kommen, die zweckgebunden sind, der Beliebigkeit des Bundeshaushalts unterworfen sind.
Das ist der große Vorteil, wenn man das Geld nicht über den Bundeshaushalt, sondern direkt in die VIFG leitet.
Jetzt komme ich auch zu diesem Thema. Was bedeutet „aufkommensneutral“? Da müssen wir in zwei Richtungen schauen. Die erste Frage ist, was „aufkommensneutral“ für den Bundeshaushalt bedeutet. Wenn im Bundeshaushalt bestimmte Einnahmen wegfallen, wenn wir den Bürger über eine Senkung der Mineralölsteuer oder eine Senkung der Kfz-Steuer entlasten, dann reißt das ja zunächst einmal ein Loch in den Bundeshaushalt. Hier müssen wir der Frage nachgehen – und das ist eine schwierige Frage –, ob und inwieweit es möglich ist, dass trotz einer Senkung der Mineralölsteuer insgesamt höhere Einnahmen aus dieser Steuer dadurch erzielt werden, dass mehr im Inland und weniger im Ausland getankt wird.
Die zweite Frage hinsichtlich der Be- und Entlastung bezieht sich auf den Bürger. Der Bürger zahlt entweder die Vignettengebühr oder die Mautgebühr. Die Entlastung kann dann – hier wiederhole ich mich – über eine Senkung der Mineralölsteuer oder der Kfz-Steuer erfolgen.
Letzter Punkt, weil Sie die Frage aufgeworfen haben, wie die ganze Geschichte weitergeht und was wir in dieser Legislaturperiode erwarten können. Wir haben das Thema als Land Baden-Württemberg in die Verkehrsministerkonferenz vom Oktober 2005 hineingetragen. Dort hat eine sehr intensive Diskussion stattgefunden. Ich muss dazusagen, dass die Verkehrsministerkonferenz natürlich nicht über die Einführung einer Maut oder Vignette entscheidet; das obliegt ausschließlich der Entscheidung des Bundestags und des Bundesrats.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Aber anre- gen kann man es schon ein bisschen! – Gegenruf des Abg. Hans-Martin Haller SPD: Die haben es abge- lehnt!)
Aber ich glaube, das Votum der Verkehrsministerkonferenz und damit ein Votum der Länder in Richtung Bundesrat ist durchaus interessant. Wir hatten damals die Entscheidung: Sieben Länder waren für die Einführung der Vignette, sechs Länder waren dagegen, drei Länder haben sich enthalten. Damals haben manche gesagt: Damit ist das Thema erledigt. Das Thema ist aber alles andere als erledigt. Es ist aktueller denn je.
Je größer der Stress auf den Straßen wird, desto drängender wird die Antwort auf die Frage, wie wir unsere Verkehrsinfrastruktur stärken können. Ich halte es momentan für nicht sinnvoll, eine weitere Initiative in Richtung Bundesrat zu starten, solange wir auf der einen Seite nicht sicher sind, dass wir auf der Länderseite eine deutliche Mehrheit haben, und auf der anderen Seite nicht sicher sind, dass wir im Bundestag eine Mehrheit bekommen.
Jetzt hatten wir die Situation, dass im Umfeld der Bundestagswahl 2005 die Diskussion über dieses Thema heiß geführt worden ist. Da hatten sich zumindest die beiden großen Parteien, die jetzt die Regierung bilden, im Blick auf die Wähler
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Deshalb ha- ben sie auch bei der Wahl so schlecht abgeschnit- ten!)
Ich glaube, man sollte es im Sinne der Glaubwürdigkeit von Politik respektieren, dass auf Bundesebene für diese Legislaturperiode so entschieden worden ist. Ich bin aber hundertprozentig sicher, dass wir spätestens in die nächste Legislaturperiode hinein auf der Länderseite eine Mehrheit haben und auf der Bundesseite eine neue Mehrheit bekommen. Diese Mehrheit brauchen wir. Wir brauchen sie für die Verkehrsinfrastruktur in unserem Land.
Frau Präsidentin! Ihnen, Herr Köberle, sage ich zunächst einmal herzlichen Dank für die Analyse, die wir so teilen. Nur unsere Therapiemethoden unterscheiden sich ein bisschen voneinander. Es ist auch gut, dass Sie klargelegt haben, was Frau Razavi alles an Falschem gesagt hat.
Sie sind ein Grandseigneur alter Schule. Frau Razavi hat offensichtlich einen schlechten Lehrmeister,
(Abg. Nicole Razavi CDU: Na, na, na! Es tut Ihnen halt weh, die Wahrheit zu hören! Das tut weh! – Zu- ruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)
weil sie erklärt hat, das alles sei ideologiebedingt. Es gibt Teile in Ihrer Partei, die die Thematik so sehen wie die Landes-SPD. Es gibt hierzu quer durch alle Parteien unterschiedliche Positionen. Das hat nichts mit Ideologie zu tun, wie Sie das wahrscheinlich von Ihrem Lehrmeister dogmatisch eingetrichtert bekamen.
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Herr Staatssekre- tär Köberle hat Frau Razavi bestätigt! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)
Ich sage es noch einmal: Es ist nicht mehr Geld im System – da hat Kollege Schmiedel einfach recht –, sondern weniger, weil man noch Verwaltungskosten für eine dritte Säule einrechnen muss. Natürlich habe ich dann ein Fixum für den Straßenverkehr. Aber Ihnen gibt doch kein Mensch die Gewähr, dass das Parlament – dazu zählen Sie auch – die Mittel für den Straßenbau dann nicht um diese Summe reduziert. Das wissen Sie nicht!
Punkt 2: Technische Weiterentwicklung – ich nenne PkwMaut, intelligentes System – ist mit uns denkbar. Das ist gut und richtig. Dahin müssen wir streben, aber nicht zu diesem Vignetten-„Bäbber“.
Lassen Sie mich noch einmal eine Zahl nennen. Wenn die FDP die Kfz-Steuer abschaffen will, dann macht das verwaltungstechnisch Sinn. Da geht es bundesweit um eine Summe von rund 9 Milliarden €. Um den Ausfall dieser Summe aufzufangen, brauchen Sie aber eine Vignette, die 250 € kostet. Fragen Sie einmal die Zuhörer oben auf der Tribüne, was ihnen lieber ist.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Aber nicht nur Vignette! Ich glaube, Sie passen nicht auf, wenn ich meine Ausführungen mache! Kraut und Rüben wieder!)
Nein, nein. – Das heißt, um diese fehlenden 9 Milliarden € bei einer Abschaffung der Kfz-Steuer durch eine Vignette aufzufangen, brauche ich diese Messgröße. Da merken wir sofort, dass das ein falsches Steuerungssystem ist. Ich wiederhole: Es ist unökologisch. Die Vielfahrer und die Fahrer großer Fahrzeuge werden gegenüber den Kleinen bevorzugt behandelt und letztendlich von ihnen mitfinanziert.
Vielmehr müssen wir nach der besten Lösung streben – wie bei der Lkw-Maut auch. Da haben wir auch Durststrecken gehabt. Ich entsinne mich sehr wohl: Da wollte die CDU auch einen vorgezogenen „Bäbber“, den wir abgelehnt haben. Dann hat man halt noch ein Jahr gewartet und hat heute ein System, das europaweit vorbildlich ist. Da sind wir der Schweiz und Österreich längst voraus. Das muss unser Ziel sein, wenn wir über andere Finanzierungssysteme nachdenken.
Wir reden hier nicht ideologisch, sondern sachgerecht über die Frage: Wie können wir die dringend notwendige Verbesserung unserer Verkehrsinfrastruktur herbeiführen?