Das stimmt nicht mit den Statistiken überein. Das passt in Ihre Schublade, aber es passt nicht zur Realität in Baden-Würt temberg.
Sie haben vorhin außerdem sehr abfällig gesagt, der mittlere Bildungsabschluss sei ja der Standardabschluss in diesem Land. Das ist auf Ihrem Kraut gewachsen. Ich würde meinen, wenn 30 % aller Schüler in Baden-Württemberg eine Hauptschule besuchen und der überwiegende Teil dort eine Hauptschulprüfung macht, dann ist es eine große Unverschämtheit, den Hauptschulabschluss so abzuwerten, indem man ihn nicht erwähnt und den Realschulabschluss zum ersten und zum Eingangsabschluss erklärt.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! Passt zur Restschuldebatte!)
Frau Rastätter, Sie sind auch Lehrerin, aber Sie waren zu mir freundlicher im Wort. Das will ich einräumen.
Aber eines müssen wir auch ehrlich sagen: Bei Ihrer sogenannten Regionalschule, die möglicherweise über neue Bildungskonzepte verfügt, ist eine Bedingung zu erfüllen, nämlich 100 Schüler in einer Jahrgangsstufe. Dann wiederum haben wir eine Großschule. Ob Großschulen den Kindern gerecht werden, die Probleme haben – solche Kinder wird es auch weiterhin geben –, wagen wir von der CDU zu bezweifeln, und solche Schulen werden wir auch verhindern.
(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Was halten Sie von Gymnasien als Basisschulen? – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)
Ich kann nur sagen: Wir halten die Realschule für eine sehr gute Schulform, die exzellent läuft. Wir würden Ihnen raten: Lassen Sie die Finger von den Realschulen. Die kommen ohne Ihre Einmischung bestens zurecht.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Erledigung des Antrags Drucksache 14/693. Bei diesem Antrag handelt es sich um einen reinen Berichtsantrag. Er kann somit für erledigt erklärt werden. – Es ist so beschlossen.
a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Umweltministeriums – Klimaschutz in Baden-Würt temberg – Drucksache 14/713
b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Umweltministeriums – Anpassung des Hochwasser schutzes infolge des Klimawandels – Drucksache 14/714
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung der Anträge unter den Buchstaben a und b fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Vor einer Woche hat der Umweltausschuss im Forschungszentrum Karlsruhe getagt und sich mit der Klimaschutzproblematik beschäftigt. Die Botschaft, die wir dort erhielten, war relativ klar und unterstreicht auch die Bedeutung unserer Anträge.
Wir befinden uns inmitten eines umfangreichen globalen, aber auch regionalen Klimawandels mit erheblichen ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen. Es wird allerdings auch eines klar: Die Folgen des Klimawandels treten schneller und umfangreicher ein, als man das ursprünglich erwartet hat, und führen zu immer größeren Schadenssummen.
Das, was wir dort vorgetragen bekamen, hat eigentlich sehr deutlich gezeigt, dass es in diesem Bereich keine Erkenntnisdefizite mehr gibt, sondern eher Handlungsdefizite. Wenn Sie mich persönlich nach der Notwendigkeit einer Enquetekommission zu dieser Thematik fragen, muss ich sagen: Eigentlich liegt alles, was an Erkenntnissen notwendig ist, in umfangreichen Gutachten auf dem Tisch. Jetzt kommt es darauf an, das zu vollziehen und zu handeln.
Ich habe beobachtet, dass sich die öffentliche Debatte zum Thema Klimaschutz primär auf die globale Erwärmung und die damit verbundenen Änderungen der Temperaturen bezieht, aber nicht in gleichem Umfang auf die Veränderungen, die wir bei den Niederschlägen haben, und auf die damit einhergehenden neuen Hochwassergefahren auch in unserem Land, insbesondere am Rhein.
Wir haben daher die Anpassung des Hochwasserschutzes infolge des Klimawandels heute mit auf der Tagesordnung und beantragen in diesem Zusammenhang, alle Planungen zum Hochwasserschutz auf ihre Tauglichkeit für die immer häu
figeren schweren Hochwasser hin zu prüfen und gegebenenfalls zu modifizieren; denn die Veränderungen bei den Niederschlägen aufgrund des Klimawandels bringen auch Hagelschäden mit sich und beeinträchtigen die Wasserverfügbarkeit – mit einem erheblichen Einfluss auf Land- und Forstwirtschaft.
Meine Damen und Herren, Klimaschutz ist ein teures Anliegen, aber Klimaschutz ist finanzierbar. Experten haben errechnet, dass 1 % des Bruttoinlandsprodukts dafür aufgewandt werden muss. Noch teurer aber würde uns der Verzicht auf Klimaschutz kommen. Wir haben in der vergangenen Woche gehört, dass die Schätzungen bei bis zu 20 % des Bruttoinlandsprodukts liegen, wenn nicht gehandelt wird.
Eine ähnlich hohe Rendite bei den Investitionen kennen wir ja auch vom Hochwasserschutz beim Integrierten Rheinprogramm. Dort geht es um Kosten von etwa 600 Millionen €, womit ein potenzielles Schadensvolumen von etwa 6 Milliarden € verhindert wird. Das heißt, wer heute den Kopf in den Sand steckt, dem steht morgen womöglich das Wasser bis zum Hals.
Meine Damen und Herren, bevor wir uns mit den einzelnen Maßnahmen für den Klimaschutz beschäftigen, sollten wir uns noch einmal mit den Zielen auseinandersetzen. Was sind die konkreten Ziele für die angestrebten CO2-Reduktionen in Baden-Württemberg? Dabei erinnere ich zunächst einmal an das, was noch unter Minister Müller in der 13. Legislaturperiode definiert wurde. Seinerzeit war angestrebt, im Jahr 2005 auf weniger als 70 Millionen t CO2 und im Jahr 2010 auf weniger als 65 Millionen t CO2 zu kommen. Das Ziel von 2005 haben wir verfehlt. Das muss man leider feststellen.
Über das derzeitige Konzept „Klimaschutz 2010“, das die Landesregierung veröffentlicht hat, haben wir uns im Ausschuss auch schon einmal auseinandergesetzt. In diesem Konzept lese ich – ich zitiere –:
Das Klimaschutzkonzept identifiziert Minderungsmaßnahmen … mit einem Volumen von 2 Millionen bis 4 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr im Durchschnitt der Jahre 2008 bis 2012.
So weit wörtlich zitiert. – Frau Ministerin, ich kann insofern Ihre etwas eigenwillige Interpretation nicht nachvollziehen. Sie haben gesagt, man dürfe nicht kumulativ rechnen, es gehe hier nur um 2 bis 4 Millionen t insgesamt bis 2012. Das, was Ihnen Ihre Fachleute in das Konzept hineingeschrieben haben, war die Verminderung in diesen fünf Jahren in einer Spanne von durchschnittlich 3 Millionen t pro Jahr. Dabei kommen wir zu einem ganz anderen Volumen, und das würde auch den Kioto-Zielsetzungen wesentlich besser entsprechen. Das ist das Ziel, das wir eigentlich alle haben sollten.
Wir haben eine plausible Rechnung vorgelegt, die aufzeigt, wie man bis zum Jahr 2020 den CO2-Ausstoß in Baden-Würt temberg um 50 % vermindern kann. Darüber werden wir bei der Beratung des gesonderten Antrags noch diskutieren. Da liegen wir genau auf der Linie, die auch unlängst von dem Gipfel der EU im Februar und März vorgegeben wurde. Dort haben die Länder vereinbart, bis zum Jahr 2020 den CO2-Aus
stoß um 20 bis 30 % – 20 % als sofortigen Ansatz, 30 % unter bestimmten Bedingungen – zu reduzieren. Die Bundesregierung geht entsprechend der Koalitionsvereinbarung davon aus, dass sich Deutschland hierbei mit einer Reduzierung um 40 % beteiligen muss. Sie alle haben auf der Veranstaltung mit Minister a. D. Töpfer gehört, dass er eine Reduzierung um 50 % für Baden-Württemberg als angemessen ansieht. Diesen Weg wollen wir eigentlich beschreiten.
Dabei kommt es aus unserer Sicht nicht darauf an, darüber zu diskutieren, ob wir die AKW-Laufzeiten verlängern müssen, sondern es kommt darauf an, dort zu investieren, wo wir sinnvoll und ökonomisch einen Klimaschutz durch entsprechende Investitionen betreiben können. Das betrifft die Energieeffizienz, das betrifft die Frage, wo wir Strom sparen können, und das betrifft die Förderung erneuerbarer Energien. Da haben Sie schon Defizite, allein wenn ich an den Einsatz der Windkraft denke, der hier in Baden-Württemberg massiv blockiert wird.
Insoweit sind wir als Hightechland, als innovatives Land durchaus gefordert, eine Vorreiterrolle in diesem Bereich einzunehmen. Das können wir an unserem Standort leisten. Das können wir mit den Ideen, die wir in unserem Land haben, leisten. Und das sind wir dem Klimawandel und den Erfordernissen, die auf uns zukommen, schuldig.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie kaum ein anderes Thema sind die globale Klimaerwärmung und ihre Auswirkungen Gegenstand öffentlicher Debatten. Laut der „Deutschlandtrend“Umfrage der ARD vom März dieses Jahres bemühen sich 92 % der Bundesbürger um klimaschonendes Verhalten.
Wie schon bei der Sitzung des Umweltausschusses in Karlsruhe in der letzten Woche richtigerweise erwähnt, ist es schon ein rechtes Schreckensszenario, dass bei unterbleibendem Klimaschutz bis 2050 Kosten in Höhe von 20 % des Bruttoinlandsprodukts anfallen. Kosten in Höhe von 1 bis 3 % des Bruttoinlandsprodukts im Falle von entsprechenden Klima schutzmaßnahmen sind ebenfalls sehr bemerkenswert – von den gesundheitlichen Auswirkungen einmal ganz abgesehen.
Baden-Württemberg lässt seit Jahren durch die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz die Klimafolgen der Erderwärmung erforschen. Zusammen mit dem Land Bayern und dem Deutschen Wetterdienst werden in einer abteilungsübergreifenden Arbeitsgruppe „Klimaveränderung und Konsequenzen für die Wasserwirtschaft“ – kurz KLIWA genannt – Erkenntnisse aus dem Bereich der Wasserwirtschaft gewonnen. Diese Erkenntnisse fließen auch in aktuelle Planungen und in Handeln im Hochwasserschutz mit dem Parameter
„Lastfall Klimaveränderung“ ein. Des Weiteren fördert das Umweltministerium die Studie „Klimawandel – Auswirkun gen, Risiken, Anpassung“ mit der Kurzbezeichnung KLARA. Die als Ergebnisse dieser Forschungen vorgenommene Einschätzung über die zu erwartenden Klimaveränderungen ist von dem jüngst in Paris vorgestellten IPCC-Bericht eindrucksvoll bestätigt worden.
Bei der schon erwähnten letzten Sitzung des Umweltausschusses im Forschungszentrum Karlsruhe wurden lediglich verschiedene Fieberkurven der Erderwärmung aufgezeigt. An der Tatsache, dass sie erfolgt und dass der Mensch Verursacher dieser Entwicklung ist, gibt es jedoch kaum Zweifel.
Es gilt daher, den Blick auf die zu erwartenden Auswirkungen einer globalen Erwärmung zu richten. Im Bereich der Landwirtschaft sind sie schon spürbar: Spargel im April, eine frü here Obsternte, selbst die Rebblüte ist dieser Tage voll im Gang – die steigenden Öchslezahlen im Weinbau nehmen wir Winzer ja noch gern billigend in Kauf –, und der Lesetermin für die Trauben hat sich in den letzten 30 Jahren, in denen ich mein Weingut führe, um gut 14 Tage nach vorne verschoben.
Im privaten Bereich entsteht mit Blick auf die Heizkostenrechnung weniger Aufwand. Auch fanden die Betreiber von Gartenwirtschaften die Wetterverhältnisse im letzten April toll. Aber die Kehrseite der Medaille, die negativen Auswirkungen überwiegen ohne Zweifel.