Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Wort für die Landesregierung hat jetzt der Herr Wirtschaftsminister. Ich erinnere noch einmal an den Appell des Herrn Präsidenten von heute Morgen, dass sich auch die Landesregierung an den vom Präsidium festgelegten Redezeitrahmen halten sollte. Heute Vormittag hat sich – das muss ich feststellen – nur die Frau Sozialministerin an diesen Appell des Herrn Präsidenten gehalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von mir aus kann die SPD-Fraktion bayerische Gesetzentwürfe abschreiben, so oft sie will. Der Punkt ist nur der: Herr Kollege Schmiedel hat zu Recht die Ergebnisse der Föderalismusreform gerühmt. Wir sind uns ja auch völlig darin einig, die Möglichkeit zu geben, dass Baden-Württemberg auch in der Wohnungsbaupolitik einen eigenen Weg gehen kann, einen Weg, der für unser Land passt. Wenn man aber einen Weg gehen will, der für das Land Baden-Württemberg passt, einen Baden-Württemberg-spezifischen Weg, dann ist es nicht nachvollziehbar, weshalb man als Vorbereitung dafür gewissermaßen ein bayerisches Gesetz abschreibt. Das passt nicht zusammen, Herr Kollege Schmiedel.
Das Zweite, was ich Ihnen sagen will: Das Wirtschaftsminis terium Baden-Württemberg fördert keine Schweineställe, sondern Wohnungen – damit das auch klar ist.
Das Dritte, was ich Ihnen sagen will: Wenn der ehemalige Kollege Gaßmann kürzlich behauptet hat, dass gerade noch 50 Cent pro Einwohner in Baden-Württemberg für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden, dann ist das einfach nicht wahr. Fakt ist, dass wir ein Bewilligungsvolumen von 48,5 Millionen € im Haushalt haben.
Das sind gerade 2 Millionen € weniger – das gebe ich zerknirscht zu – als im Jahr 2006. Wenn Sie einmal von 10 Millionen Einwohnern ausgehen – das ist leichter zu rechnen –, dann werden Sie feststellen: Das sind nicht 50 Cent, sondern eben fast 5 € pro Einwohner.
Was das Verhältnis von Landesgeld und Bundesgeld angeht, so ist das hier auch schon oft erklärt worden. Es ist richtig: Der Bund hat den Ländern im Zuge der Pauschalierung insgesamt 820 Millionen € zur Verfügung gestellt. Wenn Sie den Berechnungsschlüssel anwenden, den man immer anwendet, dann kommen Sie zu dem Ergebnis, dass das Land BadenWürttemberg vom Bund 42 Millionen € bekommen hat. Das ist unumstritten.
Dann gibt es diese Altverpflichtungen; das wissen Sie auch. Deshalb stehen vom Bund die Mittel abzüglich dieser Altverpflichtungen zur Verfügung. 48,5 Millionen € sind nicht viel, das will ich ehrlich zugeben. Gerade deshalb haben wir gesagt: Wir gehen nicht mit der Gießkanne ans Werk, sondern wir versuchen, Schwerpunkte zu bilden. Wir haben Ihnen erklärt, wie wir diese Schwerpunkte ausgemacht haben – übrigens durchaus auch in dem Sinne dessen, was Sie gefordert haben.
Wenn wir – übrigens zum ersten Mal – auch an die Sanierung des Altbaubestands herangehen, um auf diese Art und Weise wieder Wohnungen zu gewinnen, die sonst leer stünden, dann ist das doch durchaus in Ihrem Sinn. Das wird aber zum ers ten Mal in Baden-Württemberg gemacht. Das hat viel mit Flächenmanagement zu tun. Da sind wir uns sicherlich einig.
Wenn Sie jetzt allerdings behaupten, wir würden im Mietwohnungsbau überhaupt nichts machen, dann ist das natürlich nicht wahr. Ich will Ihnen sagen, dass wir im letzten Jahr, weil es da ja – –
Noch einmal zurück zum Mietwohnungsbau. Es ist einfach nicht wahr, dass wir uns da verabschiedet hätten. Wir setzen einen Schwerpunkt – das ist wahr – bei Eigentumswohnungen und Eigenheimen, und zwar mit verschiedenen Instrumenten wie z. B. mit dem „Kinderland“ Baden-Württemberg, Maßnahmen zur Eindämmung des Flächenverbrauchs und insbesondere familienpolitischen Komponenten. Das alles kennen Sie. Das ist in unserem Programmteil, der jetzt läuft, enthalten.
Wir haben dann gesagt: Wir müssen uns für den Mietwohnungsbau etwas anderes einfallen lassen. Wir haben dann zusammen mit der L-Bank und auch zusammen mit der KfW ein Programm „gestrickt“, in das wir auch eine ökologische Komponente einbauen konnten. Wenn Sie einmal nachschauen, wie viele Mittel im Jahr 2006 für den sozialen Mietwohnungsbau abgeflossen sind, dann sehen Sie: Das waren exakt 6 Millionen €. 12 Millionen € waren ursprünglich im Haushalt vorgesehen; 6 Millionen € sind tatsächlich abgeflossen.
Das hat seine Gründe; die kennen wir alle: Das beruht auf den Restriktionen – Mietbindungen, Belegungsbindungen und alle möglichen Dinge –, die damit verbunden sind. Es sind gerade einmal 6 Millionen € abgeflossen.
Dann haben wir gesagt: Wir machen das jetzt anders. Wir versuchen, diese Restriktionen auszublenden. Wir machen ein Programm mit der L-Bank und einer ökologischen Komponente über die KfW. Das Programm kennen Sie; das brauche ich nicht im Detail zu erklären. Ich möchte Ihnen nur sagen: Bis heute sind bereits über 30 Millionen € an Wohnungsbaudarlehen für den Mietwohnungsbau abgeflossen bzw. zugesagt. Das heißt, wir haben bis zur Stunde ein fünfmal so hohes Volumen für den Mietwohnungsbau herausgegeben, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Das ist der beste Beweis dafür, meine Damen und Herren, dass unser Vorgehen richtig ist.
Sie können mir erzählen, was Sie wollen; so viele Milliarden Euro, wie nötig wären, um Wohnungsbau aus der Sicht des Landes zu gestalten, können Sie überhaupt nicht haben. Wir haben beim Mietwohnungsbau – das gilt auch für den Eigenheimbau – die Situation, dass öffentliche Gelder nicht im gewünschten Umfang vorhanden sind. Wer will, dass dieser Wohnungsbau angekurbelt wird, wird überhaupt nicht daran vorbeikommen, dass hier privates Kapitel akquiriert werden muss. Wenn Sie aber privates Kapitel akquirieren wollen, müssen Sie natürlich die Voraussetzungen und die Bedingungen entsprechend günstig gestalten.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glo- cke des Präsidenten)
Ich erläutere Ihnen das einmal am Beispiel der sogenannten Mannheimer Türme. Ich habe mir das einmal angesehen. Die Mannheimer Türme sind „Wohntürme“, wenn man so will – Mietwohnungsbau in einer sozial problematischen Gegend –, die im Augenblick noch nicht einmal zur Hälfte belegt sind, weil die Wohnungen in einem sehr, sehr schlechten Zustand sind. Sie müssten dringend saniert werden. Da hat man versucht, einen Investor zu finden, der diese Wohnungen saniert. Den hat man auch gefunden. Als er dann allerdings gehört hat, dass die Mietbindung noch einmal 30 bis 40 Jahre andauert, ist er abgesprungen. Das heißt, die Stadt Mannheim würde gern investieren, findet aber bei den Konditionen, die wir im Augenblick in unseren Mietgesetzen haben, keinen Investor. Das ist ein typisches Beispiel dafür, dass man etwas gut meint, aber eigentlich das Gegenteil erreicht.
Meine Damen und Herren, ich habe jetzt im Augenblick über das Wohnungsbauprogramm 2007 geredet. Nur darüber habe ich jetzt geredet. Etwas ganz anderes ist die Frage des Gesetzes. Dazu will ich zu Ihrer Information einfach sagen, dass sich der Gesetzentwurf im Augenblick in der Anhörung befindet, nach der Sommerpause im September ins Kabinett kommen wird – nicht vorher – und dass selbstverständlich zum 1. Januar 2008 ein Wohnungsbaugesetz auf den Weg gebracht werden wird, und zwar völlig unabhängig von dem Programm und von den Zahlen, von denen ich gerade gesprochen habe.
Herr Minister, Sie haben gerade über das Wohnraumförderungsprogramm 2007 gesprochen. Darauf bezieht sich auch meine Frage. Sie konnten leider bei der Anhörung der Verbände nicht dabei sein. Ist Ihnen bekannt, dass alle Verbände unisono gesagt haben, dass dieses Programm 2007 de facto die Abschaffung des sozialen Mietwohnungsbaus, bzw. der Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus bedeute …
... und dass dieses L-BankProgramm keinerlei Ersatz sein könne, weil der Subventionswert viel zu gering sei?
Die Tatsache, dass dieses Programm – ich habe Ihnen die Zahl genannt – bei entsprechenden Konditionen in Anspruch genommen wird, ist der Beweis dafür, dass es tatsächlich läuft.
Ich will Ihnen jetzt noch einmal etwas sagen, meine Damen und Herren, was das Wohnungsbaugesetz angeht. Die SPD hat ja hier einen Entwurf eines Wohnungsbaugesetzes vorgelegt. Darum geht es. Wie gesagt: Die Landesregierung wird gleich nach den Sommerferien einen Entwurf eines Wohnungsbaugesetzes vorlegen können. Da gilt das, was Kollege Mack und Kollege Dr. Rülke zu Recht gesagt haben: Auch ich will, dass dieses Wohnungsbaugesetz so breit und flexibel angelegt ist, dass wir auf die Herausforderungen wirklich reagieren können, und zwar als Land Baden-Württemberg. Es ist ja der Vorteil der Föderalismusreform, dass wir jetzt als Baden-Württemberger darauf reagieren können.
Ich will z. B. erreichen, dass es, wie es gestern auch in der Bilanzpressekonferenz der Stuttgarter Wohnungsbaugesellschaft verkündet worden ist, in der Wohnungsbaupolitik in der Zukunft auch darum geht, eine soziale Aufwertung bestimmter Quartiere zu erreichen, beispielsweise Gettobildungen zu verhindern, sozialere Strukturen zu erreichen, also Quartiere mit
Zukunftsentwicklung auf den Weg zu bringen. Das halte ich für ein wichtiges Ziel. Das ist aber im Augenblick noch nicht Gegenstand irgendeines Wohnungsbaugesetzes. Das wird Bestandteil des neuen Wohnungsbaugesetzes sein, und wenn Sie mit uns dieser Meinung sind, dann ist das ja auch in Ordnung.
Ich will zweitens anhand des Beispiels Mannheimer Türme, das ich gerade genannt habe, sagen: Wir müssen so flexibel sein, bei der Mietbindung wenigstens zeitlich zu einer Befris tung zu kommen – das Gesetz soll es jedenfalls zulassen – oder jedenfalls Ausnahmetatbestände zuzulassen, was heute alles nicht möglich ist. Meine Damen und Herren, wenn wir wollen, dass diese Mannheimer Türme saniert werden, dann müssen wir die Konditionen so gestalten, dass sie auch saniert werden, weil sie nämlich saniert werden müssen.
Wenn wir das nicht tun, geschieht Folgendes: Dann werden die Leerstände im Land Baden-Württemberg, die es bereits heute zuhauf gibt und die die Wohnungsnot, wenn Sie so wollen, erst begründen, nicht abgebaut werden.
Wir wollen aber, dass sie abgebaut werden. Genau dies muss ein solches Gesetz auch tatsächlich erreichen.
Es muss auch ein Zweites erreicht werden – Herr Kollege Schmiedel, ich glaube, Sie hatten es auch angesprochen –: Wenn ich vom „Kinderland“ Baden-Württemberg spreche, wenn es also darum geht, eine Wohnungsbaupolitik mit klarer Familienkomponente, mit klarer Kinderkomponente zu betreiben, und wenn ich gleichzeitig sage – Sie waren kürzlich in Karlsruhe dabei –, dass wir unsere Innenstädte – in diesem Fall mit Städtebauförderungsmitteln – so attraktiv machen wollen, dass der Einzelhandel wieder eine Chance hat und dass der gegenwärtige Drang auf die grüne Wiese gestoppt wird, wenn wir das alles wollen und als richtig empfinden, dann müssen auch diese beiden Aspekte stärker miteinander verzahnt werden. Ich habe das mit großem Interesse gehört. Gehen Sie getrost davon aus, dass ein solcher Gedanke auch im neuen Wohnungsbaugesetz der Landesregierung, des Wirtschaftsministeriums, enthalten sein wird.
Also: Haben Sie noch etwas Geduld. Mir geht es darum, dass wir heute nicht nur über Zahlen reden. Natürlich brauchen wir in der Zukunft auch Quantität, natürlich müssen wir Wohnungen bauen, natürlich brauchen wir Mietwohnungen. Das ist doch völlig unbestritten. Aber es gibt Entwicklungen, die weit über das hinausgehen, und diese neuen Entwicklungen will ich in diesem Wohnungsbaugesetz der Landesregierung aufnehmen. Ich stelle fest, dass das eine oder andere durchaus kongruent ist mit dem, was Sie vorgetragen haben. Der Gesetzentwurf wird im September ins Kabinett kommen. Dann können wir darüber beraten.