Protocol of the Session on April 26, 2007

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere Wachstumsmärkte liegen in Baden-Württemberg, in Deutschland und im Ausland.

(Abg. Alfred Winkler SPD: In Deutschland haben wir keinen Wachstumsmarkt! Das ist doch Blödsinn!)

Sie haben vorhin zu Recht festgestellt, dass wir in vielen Bereichen den sogenannten Selbstversorgungsgrad nicht erreichen. Insoweit geht es natürlich darum, auch Marktanteile, die andere in unseren Regalen besetzen, wieder zurückzuerobern, und das gelingt Gott sei Dank ja auch. Wir merken z. B. beim Wein, Herr Kollege Winkler: Die überseeischen Weinbauregionen sind stark in die deutschen Märkte eingefallen, aller

dings nicht mit den qualitativ hochwertigen Weinen, sondern mit Weinen, die in einem Preissegment liegen, bei dem unsere Winzer, würden sie so anbieten, häufig gar nicht mehr exis tieren könnten. Das ist der Hauptabsatz. Machen wir uns doch nichts vor: Wenn der Durchschnittsweinpreis in Deutschland bei 3 € je Liter läge, könnte ein württembergischer und ein badischer Winzer gerade noch zu den Grenzkosten produzieren, aber damit könnte er die Vollkosten nicht mehr abdecken. Das ist doch ganz klar. Aber wir haben dort schon wieder etwas Boden gutgemacht.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Mercedes kann auch nicht mit Toyota konkurrieren!)

Deshalb, lieber Kollege Winkler, geht es darum, dass wir Marktanteile in den Segmenten zurückgewinnen, die unserem Hochlohnland entsprechen. Das trifft natürlich auch auf die Landwirtschaft und auf die Ernährungswirtschaft zu. Damit ist eines klar: Dies ist nur in den höheren Preissegmenten und nur dort möglich, wo gute Qualität die Voraussetzung schafft und besondere Eigenarten der Spezialität, Regionaltypizität etc. mit hinzukommen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Sehen Sie! Gut! Richtig! Genau wie bei Mercedes! Genau so ist es!)

Aber genau dort, lieber Kollege Winkler, haben wir auch im Inland die Wachstumsmärkte. Regionale Produkte sind Gott sei Dank wieder im Aufschwung, und auch der Biobereich ist ein Wachstumsmarkt, lieber Kollege Pix, wenn auch auf niedrigem Niveau.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Das ist doch ein Verschie- bebahnhof!)

Genau das ist der Ansatzpunkt. Das EU-Biozeichen beinhaltet deutlich niedrigere Standards, als sie bei uns im Bereich der biologischen Erzeugung festgelegt sind. Wenn man diesem seitens der Bundesregierung schon zustimmt, hätte damals die Antwort hierauf folgen müssen: Man hätte sofort entsprechende Vermarktungsstrategien, gerade für Biolebensmittel, folgen lassen und die Vermarktung entsprechend unterstützen müssen.

Wachstumsmärkte sind also genauso im Inland wie im Ausland vorhanden. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Agrarwirtschaft und die Ernährungswirtschaft in den letzten fünf Jahren ihren Anteil im Bereich des Exports von rund 20 % auf mittlerweile ein Drittel gesteigert haben. Wahr ist auch, dass wir die Wachstumsmärkte, und zwar genau die Märkte, bei denen mittlerweile auch ein hohes Pro-Kopf-Einkommen zu verzeichnen ist – ich sage einmal: im arabischen Bereich, im asiatischen Bereich; Sie haben Indien zu Recht angesprochen; China kann man hinzunehmen –, ins Auge fassen müssen.

Jetzt beklagen Sie, lieber Kollege Winkler, „alte, überholte Strukturen“. Was erwarten Sie denn? Sollen wir per Landesgesetz bestimmen, dass wir unsere Vermarktungsstrukturen und die Vermarktungsunternehmen, die am Markt sind, verstaatlichen, damit alles aus einer Hand angeboten wird?

(Abg. Alfred Winkler SPD: Können Sie da nichts ma- chen?)

Lieber Kollege Winkler, eines ist doch klar: Wir können Rahmenbedingungen schaffen,

(Abg. Alfred Winkler SPD: Na also!)

die die gemeinsame Vermarktung verbessern. Ich komme gleich auf ein paar Maßnahmen zu sprechen, die schon laufen, und auf solche, die noch anlaufen sollen. Das ist das eine. Aber wir können den Betroffenen die Entscheidung letztlich nicht abnehmen. Auch das ist ein Teil der Wahrheit.

Ich stelle immer wieder – auch mit Bedauern – fest, gerade wenn man beispielsweise den Bereich der Milchwirtschaft betrachtet, dass es in Deutschland manchmal durchaus am Kooperationswillen mangelt. Dort könnte man einiges mehr tun, ohne dass man sich kartellrechtlich gleich aufs Glatteis begibt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man vom Ausland spricht, muss man sagen: Die Wachstumsmärkte der Zukunft sind dort, wo in Teilbereichen bereits hohe Wertschöpfungen und ein relativ hoher Wohlstand vorhanden sind.

Welche Instrumente haben wir? Wir haben im Inland einerseits das Instrument der verstärkten Kooperation mit dem Tourismusbereich. Machen wir uns nichts vor: Baden-Württemberg ist d a s Genießerland, ist d a s Feinkostland. Dies muss neben dem Aspekt des Hightechlandes Baden-Württemberg stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt werden. Baden-Württemberg ist auch das Land der guten Spezia litäten, des guten Genusses. Das ist nicht der Genuss, wie ihn unsere östlichen Nachbarn pflegen, die sich zum Teil sehr urtümlich mit der Herstellung von Weißwurst und mit einfachen Verfahren der Getränkeherstellung beschäftigen. Vielmehr geht es um verfeinerte Kost, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr gut!)

Es geht um die Verfeinerung. Es geht hierbei nicht um Hightech, sondern um High Quality in der landwirtschaftlichen Produktion, genau wie bei der gastronomischen Veredelung und der Getränkeherstellung, insbesondere beim Wein. Das gilt aber auch für Bier, das eben nicht 14 oder 20 Tage, wie es bei den Industriebieren der Fall ist, sondern 80, 100 oder 120 Tage lagert, bevor es den Kunden erreicht. Darum geht es. Da sehe ich ein Feld, auf dem wir uns noch stärker aufstellen können. Dafür gibt es Gott sei Dank das Landesmarketing, das von Ihnen immer wieder kritisiert wird.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Es dient einerseits zur Bewusstseinsschaffung bei den Inländern selbst, also bei den 10,5 Millionen Baden-Württembergern.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Das hilft uns doch nicht weiter!)

Das hilft schon weiter. – Zum anderen dient es zur Bewusstseinsschaffung bei den Gästen, die Jahr für Jahr nach BadenWürttemberg kommen – die Übernachtungszahl liegt bei 45 Millionen – und damit für zusätzliche Kaufkraft in unserem Land sorgen. Diese Kaufkraft muss auch auf unsere regio

nalen Spezialitäten, auf unsere regionalen Strukturen gelenkt werden. Dann erfolgt die Lenkung richtig. Das ist durchaus ein Zuwachsmarkt, lieber Kollege Winkler, den man nicht außer Acht lassen kann.

Der zweite Bereich ist das Thema „Agrarmarketing, hohe Qualität“. Mit dem Qualitätszeichen Baden-Württemberg sind wir seit nahezu zwei Jahrzehnten erfolgreich auf dem Markt. Ich füge allerdings hinzu: unterschiedlich erfolgreich. Wir sind in ein paar Segmenten sehr erfolgreich. In anderen hingegen – ich nenne einmal den Fleischbereich – würde ein bisschen mehr Erfolg guttun.

Nun ist aber gerade Fleisch ein besonders schwieriges Produkt. Denn es fällt von der Erzeugersituation her sehr „kleinteilig“ an. Die großen Schlachthöfe wiederum – jetzt kommen wir zu dem zweiten Punkt, nämlich dem Zugang zum Lebensmitteleinzelhandel – sind mittlerweile schon an einer Hand abzuzählen. Wir haben im Prinzip nur noch vier große Schlacht höfe in Baden-Württemberg und müssen alles dafür tun, dass diese vier erhalten bleiben, damit die Landwirte überhaupt noch den Zugang zum großen Lebensmitteleinzelhandel finden.

Deshalb fördern wir alle Strukturen auch in dem der Landwirtschaft nachgelagerten Bereich, wenn es um die Vermarktung und die Verarbeitung geht. Wir fördern diese Strukturen bei uns im Land jedes Jahr aktiv mit Millionenbeträgen, weil wir eben Angebote im Land bündeln müssen und weil wir wissen, dass ein Großteil über den Lebensmitteleinzelhandel – damit meine ich nicht nur den Discounter, sondern gerade den Vollsortimenter – – Es geht um die Vollsortimenter wie Edeka, Rewe, Metro – wie sie alle heißen –, bei denen eben auch die hochpreisigen Artikel ihren entsprechenden Absatz finden können. Mit denen arbeiten wir auch immer wieder zusammen. Z. B. haben wir im letzten Jahr erfolgreich – das kann man ruhig sagen, weil wir mit der Marketinggesellschaft Baden-Württemberg an diesem, wie ich meine, einzigartigen Projekt in Deutschland beteiligt waren – erstmals gemeinsam mit der Edeka das Konzept „Unsere Heimat“ entwickelt – Edeka hat es entwickelt; wir haben die Qualitätskriterien hinzugeliefert – und dies länderübergreifend in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und im Saarland eingeführt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Exportförderung durch Baden-Württemberg International, BWI, wurde zu Recht angesprochen. Wir nehmen dort die Kapazitäten des Wirtschaftsministeriums in Anspruch. Im Bereich der Exportförderung wäre dies natürlich auch eine Hauptaufgabe des Bundes.

Damit will ich noch ein Letztes ansprechen, und zwar die CMA. Das ist ein wichtiges Thema. Immerhin wird bei jedem Erzeuger und Verarbeiter ein Zwangsbeitrag an die CMA erhoben. Meines Erachtens geht die Verwendung dieses Zwangsbeitrags bisher in eine falsche Richtung. Sie kennen noch den alten Werbespruch der CMA: „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft.“ Jetzt wirbt die CMA auf den Plakaten mit der grünen Einrahmung ein bisschen moderner: Auf den Plakaten sind die Madels genauso wie die Jungs – je nachdem, welche Geschlechtergruppe man anspricht – etwas knackiger und sollen Lust auf gutes Essen machen. Aber diese Werbung ist als Inlandswerbung schlichtweg zu unspezifisch.

Deshalb lautet unsere Forderung: Die CMA sollte sich auf das konzentrieren, wofür sie ursprünglich konzipiert wurde. Einerseits ist dies der Bereich der spezifischeren Unterstützung des regionalen Marketings. Da wird es deutlich spezifischer, wenn es z. B. um „Württemberger Lamm“ in Baden-Würt temberg geht. Zum anderen sollte sich die CMA auf die Exportförderung konzentrieren, um gerade für mittelständische Unternehmen – es sind ja Mittelständler – im Exportbereich den Weg zu bereiten. Das ist, meine ich, die Aufgabe der CMA. Dies werden wir durch unsere weiteren politischen Schritte auf Bundesebene auch entsprechend zu unterlegen versuchen.

Zusammenfassend, meine sehr verehrten Damen und Herren, sage ich: Wir sollten die Renaissance, in der sich die regionale Ernährungswirtschaft und die regionale Landwirtschaft in Deutschland und in Baden-Württemberg befinden, nutzen. Wir sollten den Trend politisch und durch strukturelle Aktivitäten verstärken. Dies werden wir mit den Maßnahmen, wie sie zum Teil in der vorliegenden Drucksache genannt wurden, realisieren. Des Weiteren werden wir dies durch konkrete flächenbezogene Maßnahmen – ich denke an PLENUM, ich denke an die Biosphärengebiete, ich denke an die Aktivitäten der Marketinggesellschaft Baden-Württemberg – ebenso seitens der Landesregierung verstärken. Wir werden in diesem Jahr auch einen Masterplan zur Vermarktung auf den Weg bringen, mit dem wir nach einer strukturellen Analyse unsere Anstrengungen, auch finanzieller Art, zur Verbesserung der Marktstrukturen, der Marktzugangsstrukturen im Land und unserer Exportstrategien verstärken werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Bachmann für eine Nachfrage, Herr Minister.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist ein großer Feh- ler jetzt!)

Herr Minister, der Kollege Pix hat wahrscheinlich in uns allen die Sorge geschürt, dass sich dänische Schweine aus der Massentierhaltung im Wege der Verarbeitung in den Schwarzwälder Schinken schleichen könnten. Ich hatte bisher immer gedacht, es handle sich bei „Schwarzwälder Schinken“ um eine nach Europarecht geschützte Herkunftsbezeichnung.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: A wa! Um eine Marke handelt es sich dort!)

Könnten Sie uns aufklären, ob nicht vielleicht doch nur das Fleisch von Schweinen aus dem Schwarzwald im Schwarzwälder Schinken ist?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Oh Gott! – Abg. Rein- hold Pix GRÜNE: Das ist wie mit dem Parmaschin- ken!)

Die Bezeichnung „Schwarzwälder Schinken“ ist geschützt. Aber wahr ist auch, dass gar nicht so viele Schweine

im Schwarzwald existieren könnten, wie es Schwarzwälder Schinken gibt.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Wie beim Parma- schinken!)

Die Bezeichnung „Schwarzwälder Schinken“ ist bereits als geografische Herkunftsangabe geschützt. Bezeichnet wird ein Verfahren. Ähnliches gilt für den italienischen Schinken,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Dasselbe gilt für Parma- schinken!)

für Parmaschinken. Parmaschinken ist luftgetrocknet; das ist der Unterschied. Es handelt sich hier um eine Verfahrensbezeichnung und nicht um eine Herkunftsbezeichnung.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Gut!)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen nun zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags.

Abschnitt I des Antrags Drucksache 14/685 ist als Berichtsteil erledigt.

Wir kommen zur Abstimmung über Abschnitt II dieses Antrags. Wer diesem Abschnitt zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Abschnitt II ist mehrheitlich abgelehnt.