Protocol of the Session on April 26, 2007

Dies ist erst recht nicht förderungswürdig, wenn – wie es gegenwärtig der Fall ist – auf der anderen Seite die Inlandsnachfrage in dem größten Wachstumsmarkt der Landwirtschaft, nämlich der Produktion von Biolebensmitteln, aufgrund der verfehlten Landwirtschaftspolitik der letzten Jahre nicht mehr aus inländischer Produktion gedeckt werden kann. Hier fehlt es an einer umfassenden Neukonzeption der Landwirtschaftspolitik. Diese muss in weit größerem Maße als bislang die Förderung von Produktion und Vermarktung der Lebensmittel auf die Qualitätsmerkmale „regional“ und „biologisch erzeugt“ ausrichten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Elke Brunnemer CDU: Anstandsbeifall!)

In diesem Segment sind Preisstabilität und langfristige Zuwachsraten zu erzielen. Hier hinken wir in Baden-Württemberg bisher weit den Flächenanteilen anderer europäischer Nationen hinterher und fördern durch unsere Landwirtschaftspolitik die Exportbemühungen dieser anderen Staaten, die zur Freude der dortigen Landwirte unsere Inlandsdefizite mit ihren Produktionen decken können.

Hier liegt der primäre Ansatzpunkt für weitere Entwicklungen im Landwirtschaftssektor, auf die Minister Hauk endlich seine Förderinstrumente ausrichten sollte. Daher ist das Budget der MBW – wie alle landwirtschaftlichen Förderungsinstrumente – sinnvoll und zielgerichtet vorrangig im Bereich der Vermarktung und der regional erzeugten Lebensmittel einzusetzen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Kann man Schwarzwälder Kirschwasser noch trinken?)

Für die FDP/DVPFraktion erteile ich Frau Abg. Chef das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Im Antrag der SPD-Fraktion, die Marketinggesellschaft Baden-Württemberg zukünftig für die Produktwerbung im Ausland einzusetzen, sieht man die grundlegenden Unterschiede zwischen SPD und FDP:

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Gott sei Dank!)

staatliche Bevormundung auf der einen Seite

(Oh-Rufe von der SPD)

und freie Marktwirtschaft auf der anderen Seite.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Aus liberaler Sicht sollte sich der Staat lenkend und fördernd für die Wirtschaft einsetzen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Was hat denn der Wirt- schaftsminister heute Morgen erzählt? Genau das! Ihr Minister!)

Dies gilt auch für die Landwirtschaft. Die MBW wurde gegründet, um die baden-württembergischen Landwirtschaftsprodukte besser darzustellen und zu vermarkten. Die Arbeit der Marketinggesellschaft Baden-Württemberg, die nicht politisch, sondern mit unabhängigen Fachleuten besetzt ist, ist erfolgreich. Die Fördermittel des Landes werden nicht zweckgebunden eingesetzt. Dies ist für uns Liberale ganz besonders wichtig. Im Gegensatz zur SPD sind wir der Meinung, dass die Marketinggesellschaft besser als der Staat entscheiden kann, welche Werbemaßnahmen im Einzelfall zielführend sind.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Der Erfolg der Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte aus Baden-Württemberg gibt uns in vollem Umfang recht. Der Anteil der Exporte in die Länder der EU steigt stetig. Vor allem unsere Spezialitäten, insbesondere Obst, Wein sowie Teig- und Wurstwaren, sind weithin bekannt,

(Zuruf von der FDP/DVP: Schwarzwälder Schin- ken!)

dies vor allem auch, weil die Qualität und die Klasse dieser Produkte stimmen und weltweit Anerkennung finden.

Der Marketinggesellschaft und der Ernährungswirtschaft vorzuschreiben, in welcher Form sie Produktwerbung betreiben sollen, ist in keiner Weise zu vertreten. Dennoch möchte ich auf die Forderung der SPD-Fraktion inhaltlich eingehen.

Kürzungen bei der Absatzförderung im Regionalbereich zugunsten des Exports hält die Fraktion der FDP/DVP für kontraproduktiv. Ich denke, wir sollten alles daransetzen, die hier produzierten Güter auch in unserem Land zu verkaufen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Sehr richtig! – Abg. Alfred Winkler SPD: In welcher Welt leben Sie denn?)

In der Realität. Ich bin tagtäglich vor Ort.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Na also! Über die Hälfte sind eh nicht von uns! Nehmen Sie das zur Kennt- nis!)

Noch immer liegt der Selbstversorgungsanteil vieler landwirtschaftlicher Produkte weit unter 100 %. Die Förderung regionaler Produkte, kurze Wege und vor allem ein möglichst hoher Eigenversorgungsanteil im Bereich der Landwirtschaft sind deshalb Kernpunkte liberaler Landwirtschaftspolitik in Baden-Württemberg.

Unabhängig von der Frage „Konventionelle oder ökologische Landwirtschaft?“ ist Baden-Württemberg mit seinen vielen Sonderkulturen und Spezialitäten der Feinkostladen Deutschlands.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Kurze Wege und Wertschöpfung in der Region sind in beiden Bereichen entscheidend.

Es ist auch falsch, wenn die SPD in der Begründung zu ihrem Antrag ausführt, der Export von Lebensmitteln aus BadenWürttemberg – vor allem von Wein, Obst und Gemüse – sei nicht gut entwickelt. Insbesondere bei diesen Spezialitäten stimmen die Exportzahlen. Sowohl die Marketinggesellschaft als auch die Gesellschaft Baden-Württemberg International, die dem Wirtschaftsministerium angegliedert ist und der die Exportförderung für Baden-Württemberg im gesamten Wirtschaftsbereich obliegt, werden Ihnen die enge und gute Zusammenarbeit beider Gesellschaften bestätigen.

Die Erweiterung der EU und die Lage der Weltwirtschaft werden der heimischen Landwirtschaft zusätzliche Chancen eröffnen. Über Kürzungen im Bereich der Qualitätssicherung – letztere ist ebenfalls eine wesentliche Aufgabe der MBW – brauchen wir uns nicht ernsthaft zu unterhalten.

Die SPD sollte ihren Einfluss auf Bundesebene

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Die haben keinen!)

über die Gremien der CMA geltend machen, damit die bundesweit agierende CMA bei ihrer Auslandswerbung, für die sie übrigens originär zuständig ist, die regionalen Stärken der einzelnen Bundesländer mit ihren jeweiligen Spezialitäten intensiver herausstellt. Baden-Württemberg kann in diesem Bereich bestens mithalten und nimmt auf europäischer Ebene mit seinen Spezialitäten eine Spitzenposition ein. Bleiben wir bei dem Motto: Global denken – lokal handeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Winkler.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Genau das ist der Punkt, um den es geht und der nicht so gesehen wird: Wenn wir bei uns von konventioneller auf Biolandwirtschaft umstellen oder wenn wir regional vermarkten, haben wir bei uns auf keinem einzigen Hektar mehr erzeugt und produziert. Wir haben keinen höheren Abnahmebedarf, sondern wir wechseln von A nach B. Der einzige Wachstumsmarkt für unsere Landwirtschaft ist der Export. Dieser geht überwiegend in die EU-Staaten – über 80 % –, aber die Wachstumsmärkte liegen außerhalb der EU-Staaten. Da gelingt es anderen Nationen, die landwirtschaftliche Produkte exportieren, „hineinzustoßen“, Ländern, die vor unserer Haustür liegen.

Wir haben keine passenden Vermarktungsinstrumente. Es geht nicht nur um Werbung. Es geht nicht nur darum, dass wir hier für Kaiserstühler Wein werben. Wir müssen eine Antwort auf die bestehende Situation finden. Wir können der zunehmenden Importquote bei Lebensmitteln nicht begegnen, indem wir andere ausschalten, sondern wir müssen unsere Exportquote ebenso erhöhen. Die Antwort auf Importdruck lautet: Exportchancen suchen. Daran führt kein Weg vorbei. Aber dazu fehlen uns alle Instrumente der Vermarktung: bei der Vermark

tung im eigenen Gebiet – weil wir zu kleine Marktstrukturen haben – und erst recht bei der Vermarktung im Export. An dieser Grundsatzfrage, meine Damen und Herren, kommen wir überhaupt nicht vorbei. Wenn das nicht erkannt wird, tut es mir leid.

Es ist hier sehr viel zu tun. Es ist äußerst viel zu tun. Ihr Tätigkeitsbericht über die Förderung in Baden-Württemberg ist zwar anerkennenswert – und dazu sagen wir nichts Negatives –, aber diese Förderung lag schon vor zehn und vor 20 Jahren in der heutigen Größenordnung. Seitdem hat sich die Welt aber enorm verändert.

Marktanteile müssen anders erkauft werden als durch Werbung im eigenen Land. Neue Vertriebsstrukturen, Vertriebseinrichtungen und Vertriebsgesellschaften müssen geschaffen werden. Jemand, der in Russland Wein kaufen will, fährt nicht zum Probieren an den Kaiserstuhl.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Halten Sie den Kaiserstuhl nicht für ein schönes Reiseziel?)

Vielmehr muss er in Russland ein ordentliches Angebot bekommen. Dann kann er in Russland z. B. Kaiserstühler Wein oder schwäbischen Wein holen.

Hierauf müssen wir eine Antwort finden. Die Landesregierung hat überhaupt noch keine Antwort gefunden. Das, was ich von der FDP/DVP gehört habe, ist mir etwas unangenehm. Der Herr Wirtschaftsminister hat für sich das gefordert, was Sie mir jetzt zu widerlegen versuchen. Gratulation! Das ist nicht besonders logisch.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Minister Hauk.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Absatzstrukturen im Ausland waren die eigentliche Thematik. Nun hat sich die Diskussion doch etwas auf das gesamte Thema der Vermarktung von Agrarprodukten ausgeweitet. Die Palette wäre breit.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Ist das eine Drohung?)

Ja, wenn Sie schon die Vorlage geben: Das ist auch eine Drohung. Ich will aber versuchen, noch einmal in einigen wenigen Punkten darzustellen, worum es letztendlich geht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere Wachstumsmärkte liegen in Baden-Württemberg, in Deutschland und im Ausland.