Protocol of the Session on March 15, 2007

Jetzt will ich etwas zu Frau Rastätter sagen. Liebe Frau Rastätter, wir unterstützen die Eltern ganz wesentlich, indem wir eine Empfehlung geben, die auf den Erfahrungen der Lehrerinnen und Lehrer mit den Schülerinnen und Schülern in der Grundschule aufbaut und die für die Schüler ein wichtiger Wegweiser ist. Dass sich die Eltern bei ihrer Entscheidung dieser Empfehlung in ganz großer Zahl anschließen, halte ich für einen Beleg dafür,

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Sind Sie bereit, die Verpflichtung abzuschaffen?)

dass dieses Instrumentarium vernünftig eingesetzt wird.

Ich will dort anschließen, wo ich vorhin aufgehört habe. Ich habe mit der Hauptschule begonnen. Ich will aber in diesem Zusammenhang auch über die Realschule sprechen, die Sie mit der Hauptschule zwangsfusionieren wollen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau so ist es! – Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Das ist doch gar nicht wahr! Das will ich doch gar nicht!)

Das wollen Sie doch! Sie wollen die Hauptschule und die Realschule zusammenlegen.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Nein!)

Ganz eindeutig ist: Sie wollen zwei bei uns funktionierende Schularten auflösen und daraus etwas Neues, Drittes machen.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Ich möchte alle Schularten gemeinsam haben!)

Sie wollen alle zusammenlegen? Dann sind wir noch einen Schritt weiter.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Was Sie sagen, ist doch falsch!)

Zu dieser Zwangsfusionierung will ich sagen, dass von Ihnen dadurch eine gut funktionierende, allseits hoch anerkannte Schulart wie die Realschule ohne Not zur Disposition gestellt wird. Ich finde, dass das den Realschulen in keiner Weise gerecht wird und dass wir überhaupt kein Recht haben, diese Schulart aufzugeben, weil sie sehr gute Ergebnisse bringt. Ich zitiere Ihnen Herrn Lenzen, der zu den sieben Bildungsforschern gehört, die in der letzten Woche mit ihren Empfehlungen Furore gemacht haben.

(Zuruf von der SPD: Ideologie vor allem!)

Ich zitiere aus einem Interview in der „Zeit“, in dem er gefragt wird, ob man nicht alle Schulen zusammenführen müsste. Er hat gesagt: Nein, man sollte nicht eine funktionierende Schulform opfern, um Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Das sagt Lenzen. Wollen Sie etwa in Abrede stellen, dass die Realschule eine funktionierende Schulform ist? Das werden Sie doch sicher nicht tun wollen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wir werden uns aufgrund der demografischen Entwicklung fragen müssen, wie wir ein wohnortnahes Angebot an Schulen flächendeckend sicherstellen können. Wir werden aber deshalb nicht denjenigen die Unterstützung und Förderung entziehen, die sie am dringendsten brauchen. Deshalb will ich mich nicht in Strukturdebatten verzetteln, sondern mich lieber auf die Entwicklung der Unterrichtsqualität konzentrieren.

Der vorliegende Antrag stellt ja Standortfragen. Deshalb will ich auf die demografische Entwicklung eingehen und Ihnen einige Fakten zum Rückgang der Schülerzahlen und die daraus folgenden Konsequenzen beschreiben, bevor ich dann zu konzeptionellen Fragen zur Hauptschule komme.

Die rückläufigen Schülerzahlen wirken sich bei den einzelnen Schularten unterschiedlich aus. Sie kennen die Situation an Grundschulen, Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien; sie ist hier auch schon referiert worden. Ich muss das nicht wiederholen.

Die Prognosen können jedoch nur Hinweise darauf geben, wie sich beispielsweise die Zahl der Schüler an Hauptschulen in den einzelnen Stadt- und Landkreisen entwickeln wird. Eine direkte standortbezogene Prognose ist wegen möglicher klein

räumiger Bevölkerungsbewegungen nicht verlässlich zu erstellen. Deswegen ist klar: Der gesamte Prozess kann nur gemeinsam mit den Kommunen funktionieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es! Sehr gut!)

Die Landesregierung hat deshalb die bekannten Rahmendaten zum Anlass genommen, um mit den Kommunen einen Prozess in Gang zu bringen, bei dem ganz klar war, dass alle am Tisch Sitzenden dafür kämpfen, dass den Kommunen möglichst viel Verantwortung für die Schulen verbleibt. Das heißt auch, wir wollen möglichst viele Schulträger erhalten. Es wäre doch Unfug, einer Konzentrationsbewegung das Wort zu reden, die dazu führt, dass sich einige Hundert Schulträger aus ihrer Verantwortung für die Bildungspolitik verabschieden können.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir haben die Eckpunkte zur Sicherung der Standorte und zur Weiterentwicklung der Schulen festgelegt. Ich bin sehr froh, dass wir dabei von gemeinsamen Positionen ausgehen konnten. Die Verhandlungen verliefen nicht so, dass man mit Not einen Kompromiss gefunden hat.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Aha!)

Es gab großes Einvernehmen darüber, dass die Vielzahl der Standorte, auch von kleineren und mittleren Schulen im ländlichen Raum – gerade auch von Hauptschulen –, gehalten werden soll. Es gab auch große Einigkeit darüber, dass es dort, wo Hauptschulen und Realschulen relativ nahe beieinander liegen – am besten auf dem gleichen Campus –, keine Notwendigkeit gibt, sie an einer Kooperation zu hindern. Wir haben schon heute Schulverbünde, und wir werden diese weiterentwickeln.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Gemeinsame Schulleitungen, gemeinsame Besprechungen in den Kollegien, Austausch von Lehrerinnen und Lehrern, gemeinsame Maßnahmen im Ergänzungsbereich, möglicherweise auch gemeinsame Unterrichtsangebote: Das ist alles möglich.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Aber das wird eben nicht zum Prinzip erkoren, was zur Folge hätte, dass wir eine Vielzahl von Standorten, die für sich noch leistungsfähig sind und für den Standort wichtig sind, zerschlagen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Ich will jetzt zu den Punkten kommen, die wir vorschlagen wollen, um die konzeptionelle Arbeit in den Hauptschulen weiterzuentwickeln. Die Landesregierung ist derzeit damit beschäftigt, eine Kabinettsvorlage zu diesem Thema zu erstellen. Diese ist noch nicht ganz abgeschlossen. Aber ich kann Sie schon einmal in die Werkstatt Einblick nehmen lassen.

Ich möchte Ihnen sagen: Wir haben in der Hauptschule meines Erachtens drei wesentliche Herausforderungen zu bestehen.

Die erste Herausforderung ist, dass wir Basiskompetenzen stärken müssen. Das ist die eine Voraussetzung dafür, dass die Schülerinnen und Schüler dann auch Verantwortung in einem Beruf übernehmen können.

Die zweite Herausforderung ist, dass wir frühzeitig gute Kontakte zwischen Schule, Schülern und dem Berufsleben herstellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Denn so – das ist die dritte Herausforderung – stellt man die Anschlussfähigkeit her.

Deswegen haben wir vor, das Projekt „Schule und Beruf“, das wir gemeinsam mit dem Bildungswerk der baden-württembergischen Wirtschaft entwickelt haben und das wir in drei Regionen eingesetzt und wissenschaftlich evaluiert haben, an alle Hauptschulen zu bringen. Das werden wir im nächsten Jahr auch tun. Hier geht es um eine Stärkung der Kompetenzen in Mathematik und in Deutsch.

Ich nenne die Kompetenzanalyse. Wir wissen viel über das, was Schülerinnen und Schüler nicht können. Wir wissen zu wenig darüber, was sie können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Denn viele Jugendliche haben in der Schule – unabhängig von der Schulform – nachweisbare Lücken und Mängel. Aber sie haben alle auch Stärken, die in einem weiteren Lebensabschnitt für sie wichtig werden können:

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

soziale Kompetenzen, handwerkliche Kompetenzen, Neugier, Neigungen. All das gehört in ein Kompetenzprofil hinein.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Wir werden die Kompetenzprofilanalyse an den Hauptschulen verbindlich einführen. Wir haben dazu auch erhebliche Unterstützung von außerhalb. Die Bundesagentur für Arbeit ist hier, wie andere auch, an einer Zusammenarbeit interessiert.

Wir werden diese Kompetenzanalyse in der Klasse 7 vorsehen, weil dann die Voraussetzungen dafür geschaffen werden können, die Praxiszüge in den Klassen 8 und 9 so zu gestalten, dass sie wirklich an den besonderen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler ausgerichtet werden können.

Dieser Dreiklang – Stärkung der Basiskompetenzen, Kompetenzprofilanalyse und die Stärkung der engen Verbindung zu den Unternehmen, zur Wirtschaft – ist die beste Voraussetzung dafür, die Anschlussfähigkeit der Schülerinnen und Schüler sichern zu können.

Sie tun immer so, als hinge das Ganze von Schulformen ab. Ich kann Ihnen nur sagen: Das zu Recht vielgerühmte Finnland, das in seinem Bildungswesen ja manches sinnvoll geordnet hat, hat eine Jugendarbeitslosenquote von 20 %.

(Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Jetzt raten Sie einmal, wer dort übrig bleibt: Es sind diejenigen Schülerinnen und Schüler, die nicht so gut wie die Besten in diesen Schulen sind.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)