Wenn wir da noch warten wollen, dann haben wir bei den Sozialgerichtsbarkeiten noch über Jahre hinweg einen Missstand. Wir müssen jetzt dort handeln; das erwarten wir auch. Deswegen haben wir auch einen Antrag zu diesem Haushaltsplan eingebracht. Herr Minister, wie Sie die Stellen, die Sie zugesagt haben, dann aus dem Hut zaubern, spielt letztendlich keine Rolle. Hauptsache ist, dass Sie dem Parlament heute zusagen, dass sich auch im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit etwas bewegt. Dann können Sie vielleicht ganz bescheiden, partiell davon sprechen, dass Sie, jedenfalls in diesem Bereich, auch eine kleine Windmühle gebaut haben.
Ein weiterer Punkt ist Effizienz und Kostenkontrolle. Das ist im Prinzip ein Lieblingsthema von mir, weil ich festgestellt habe, dass die Ausgaben in einem Bereich, nämlich den Auslagen in Rechtssachen, doch immerhin über 18 % der Gesamtausgaben des Justizetats ausmachen. Das ist ein sehr spezielles Thema; ich weiß es, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich will Sie auch gar nicht damit nerven,
Es geht in dem jetzt vorliegenden Einzelplan um über 200 Millionen € an Auslagen in Rechtssachen. Seit zehn oder elf Jahren fordere ich ein, dass wir hier auch einmal dokumentiert bekommen, wie denn der Rückfluss aussieht. Auslagen in Rechtssachen sind ja Gebühren für Sachverständige, das sind Prozesskostenhilfen, Vergütungen für Rechtsanwälte etc. pp. Das sind viele Ausgabenpositionen, und ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie jetzt nach den vielen Jahren, in denen wir SAP und andere wichtige EDV-Unternehmen im Land haben, die Organisation der Transparenzmachung dieses Rückflusses auch bewerkstelligen können, weil wir nur dann auch konkret sagen können, wo wir sparen müssen.
Sie sagen jetzt, wir müssten bei der Prozesskostenhilfe zurückfahren. Wenn ich aber gar nicht weiß, wie viel vielleicht doch in diese Haushaltsposition zurückfließt, und Sie sich dann hinter der Landesoberkasse verstecken, ist das aus meiner Sicht ein Armutszeugnis. Das hat dann eher mit Mauern als mit Windmühlen zu tun.
Ein weiterer Punkt, den ich noch vorbringen möchte. Als Strafvollzugsbeauftragter meiner Fraktion mache ich mir hier und da die Mühe, vor Ort auch Justizvollzugsanstalten zu besuchen.
Ja, das ist wichtig, Kollege Döpper. So, wie andere sich Windmühlenstandorte anschauen, besuchen wieder andere auch Strafvollzugsanstalten.
Ich habe vor Kurzem die Justizvollzugsanstalt Adelsheim besucht, wie andere Kolleginnen und Kollegen aus diesem Haus auch. Wir haben dort festgestellt, dass diese Jugendjustizvollzugsanstalt künftig, weil wir ja auch die Gesetzgebungskompetenz für das Jugendstrafvollzugsgesetz haben, noch einmal eine ganz andere Bedeutung hat. Ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass der Minister kundgetan hat, dass es in diesen Anstalten in Zukunft ein Recht auf Ausbildung geben soll, auch auf Berufsausbildung. Das ist sozusagen der Kern der Sozialisierung und der Resozialisierung der jungen Menschen, im Fall Adelsheim der jungen Männer. Es sind über 400 an der Zahl, die dort einsitzen.
Das heißt aber, dass wir das gesamte Potenzial, das in diesen Anstalten zur Verfügung steht, nutzen sollten. In Adelsheim stehen im neu erstellten sogenannten Q-Bau Räumlichkeiten zur Verfügung, um dort Werkstätten einzurichten, in denen man die jungen Männer in einer Art Berufstest auch einmal ausprobieren lassen kann, welcher Beruf denn für sie in Betracht kommt. Diese Räumlichkeiten stehen jedoch leer, wie ich bei meinem Besuch zu meinem Erschrecken feststellen musste.
Jetzt würde es doch meines Erachtens auch im Sinne der Äußerungen des Ministers im Hinblick auf das Jugendstrafvollzugsgesetz liegen – Kollege Zimmermann, diese Debatte werden wir hier ganz ernsthaft führen müssen; das ist gar nichts Lustiges –, wenn geprüft würde, ob wir die vorhandenen Kapazitäten bereits in vollem Umfang ausschöpfen. Denn jeder Jugendliche, der im Vollzug sozialisiert oder resozialisiert wird, spart perspektivisch, weil er dann eher nicht mehr rückfällig wird, der Volkswirtschaft und der Gesellschaft unheimlich viel, auch materielles Potenzial. Deswegen bin ich der Meinung, dass unser Antrag, den wir hier eingebracht haben, aufgrund der ganz konkreten Situation vor Ort – –
Ich komme demnächst zum Schluss, Frau Präsidentin. Ich bin aber eigentlich noch in der Zeit, Frau Präsidentin. Leuchtet die Anzeige immer so früh auf?
Ich bin der Auffassung, dass Sie den beantragten drei zusätzlichen Stellen auf jeden Fall nicht weißes Licht, das Sie, Frau Präsidentin, gerade haben aufleuchten lassen, sondern grünes Licht erteilen sollten. Geben Sie sich da einen kleinen Ruck, und geben Sie den jungen Menschen, die dort sitzen und auf Ausbildung warten, eine Chance. Das wäre, glaube ich, eine gute Aktion, auch im Rahmen dieser Haushaltsplanberatun gen.
Angesichts eines Volumens von 60 Milliarden €, das der Doppelhaushalt für beide Haushaltsjahre zusammen umfasst und über den wir nun zu beschließen haben, wäre der von uns geforderte Mehrbetrag ein kleiner „Bonsaibetrag“, der aber gerade auch Zeichen in Richtung einer liberalen Jugendstrafvollzugspolitik setzen würde. Insofern hoffe ich auf Ihre Zustimmung zu diesem Antrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Viele Bonsais ge- ben einen Mammutbaum!)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedauere, dass der Justizhaushalt erst am Ende eines langen Plenartags behandelt wird.
(Zuruf von der SPD: Früher war es der Schulhaus- halt! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Der Höhe- punkt kommt immer am Schluss! – Heiterkeit)
Ich denke, die Wichtigkeit der Justiz in unserem Land wird dadurch nicht genügend gewürdigt. Denn ohne eine gut funktionierende Justiz könnten wir im Land alle einpacken. Die beste Sozialpolitik, die beste Finanzpolitik, die beste Europapolitik, die beste Hochschulpolitik und die besten Gesetze würden nicht funktionieren, wenn es die Justiz nicht gäbe, welche die von den Politikern beschlossenen Gesetze auch durchsetzt.
Die Wichtigkeit einer unparteiischen Instanz zeigt sich bereits im Sport. Wenn es keine Schiedsrichter gäbe, Herr Kollege Oelmayer, würde jedes Fußballspiel – oder, um aktuell zu bleiben, jedes Handballspiel – im Chaos enden. Aber genauso ist es ja auch in unserem Leben. Wenn wir keine gut ausgebildeten, motivierten Richter, Rechtspfleger, Staatsanwälte, Gerichtsvollzieher, Justizbeamte und Justizangestellte hätten, könnten wir hier bei uns alle einpacken.
Dies erkennen wir bereits, wenn wir einmal versuchen – Sie sind Rechtsanwalt, Herr Kollege Oelmayer –, in einem Land, in dem die Justiz nicht so gut funktioniert wie bei uns in Baden-Württemberg, Rechtsschutz zu bekommen. Versuchen Sie doch einmal in Russland, in Kasachstan, in der Türkei, im Senegal oder in Uganda eine Forderung einzutreiben oder gar zu vollstrecken. Sie werden sehr schnell Ihre Grenzen erkennen und sich nach einer gut funktionierenden Justiz wie bei
uns in Baden-Württemberg oder in Deutschland sehnen. Es liegt also in unserem gemeinsamen Interesse, die Rahmenbedingungen für eine effektive Justiz und einen effizienten Strafvollzug zu schaffen.
Dieses Ziel hat die Justiz in Baden-Württemberg in der Vergangenheit gut erreicht. Denn, meine Damen und Herren, in keinem anderen Bundesland sind die Menschen sicherer als bei uns, sind die Verfahrensdauern kürzer als bei uns und erhalten die Menschen schnelleren und effektiveren Rechtsschutz als bei uns in Baden-Württemberg.
Dies ist eindeutig auch ein Standortvorteil, meine Damen und Herren. Wir haben den Haushaltsplan für die Wirtschaftspolitik beschlossen, und dazu gehört natürlich auch eine gut funktionierende Justiz. Mit diesem Thema hat sich im vergangenen Herbst übrigens auch der Deutsche Juristentag beschäftigt. Neben der Herstellung von Rechtsfrieden, Rechtssicherheit und Gerechtigkeit hat der Deutsche Juristentag als wesentliches Qualitätsmerkmal auch die Rechtsgewährung in angemessener Zeit als Standortvorteil genannt.
Die Justiz hat in den vergangenen Jahren ihren Beitrag zu den Einsparvorhaben und Einsparvorgaben der Landesregierung durch Personaleinsparungen und durch die Optimierung des Einsatzes von Personal und Technik geleistet. Diese Einsparpotenziale sind weitestgehend ausgeschöpft. Darin waren wir uns im Übrigen im Ständigen Ausschuss quer über alle Fraktionen hinweg einig. Um zu weiteren Einsparungen zu kommen, müssten wir andere, neue Wege gehen.
Herr Kollege Oelmayer, es ist natürlich nicht damit getan, wenn Sie die Zahl der Landgerichte von 17 auf 12 reduzieren wollen.
Wenn Sie die 108 Amtsgerichte auf insgesamt 44 Amtsgerichte beschneiden wollen, Herr Kollege Oelmayer – nicht 27 weniger, sondern auf 44 reduzieren – –
(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Die haben wir nicht abgeschrieben! Das hat er bei mir abgeschrie- ben! – Vereinzelt Heiterkeit)
Herr Kollege, vielleicht haben Sie das in der Zwischenzeit vergessen. Ich zitiere aus Ihrer Homepage: