Protocol of the Session on February 7, 2007

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ja, gleich. – Wenn ich jetzt von einem ausgewogenen, vertretbaren Konzept spreche, dann kommt der Satz, der mir am allerwichtigsten ist, vorweg, nämlich dass dieses Konzept mit einer höchst beachtlichen Stringenz, mit Sachlichkeit, mit Fachkunde von Staatssekretär Rudolf Köberle erarbeitet und verhandelt wurde. Ich kann nur sagen: Respekt und Hochachtung.

(Beifall bei der CDU)

Schon deswegen ist der Verkehrsbereich beim Innenministerium richtig ressortiert.

Jetzt zur Zwischenfrage.

Bitte, Herr Abg. Palmer.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Der ist ja immer noch da!)

Herr Minister, was ist ausgewogen daran, wenn auf der Bahnstrecke mit der höchsten Fahrgastnachfrage, der besten Auslastung und dem geringsten Zuschussbedarf, der Strecke Tübingen–Stuttgart, mit 9 % der Zugleistung der stärkste Einschnitt erfolgt?

Und wie kommentieren Sie das mir vorliegende Schreiben des Landrats des Landkreises Tübingen, gemeinsam verfasst mit dem Landrat des Landkreises Reutlingen – beide sind nicht Angehörige meiner Partei –, die das Streichen besonders der Züge im Berufsverkehr als – Zitat – „verantwortungslos“ bezeichnen?

Herr Kollege Palmer, meine Damen und Herren Kollegen, den Umfang der Streichungen – das sind ja landesweit, wenn man den Schnitt nimmt, je nach Betrachtungsweise 3 bzw. 5 %; in Ihrem Bereich wären es dann knapp 10 % –

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: 18,2 %!)

werde ich mir gern noch einmal ganz genau ansehen. Aber gegenwärtig bin ich dabei, mir die Unterlagen sehr genau recherchieren zu lassen.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Ein bisschen spät!)

Mir liegen Schreiben aus schätzungsweise 32 Landkreisen vor, die jeweils für ihren Landkreis genau das behaupten, was Sie jetzt für den Kreis Reutlingen sagen. Wenn mich auch noch der letzte Landrat angeschrieben haben wird, mache ich einmal einen Strich drunter, und dann überprüfen wir das Konzept noch einmal anhand der realen Gegebenheiten.

In Fällen, in denen Nachbesserungsbedarf und die Möglichkeit zur Nachbesserung besteht, wird sicherlich noch mit der DB Regio zu verhandeln sein. Aber wie viel Luft da noch ist, kann ich Ihnen nicht sagen.

Noch einmal ganz klar: Es gibt nur ganz wenige Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister, die mich in dieser Angelegenheit noch nicht angeschrieben haben, die mir noch nicht gesagt haben, dass die Belastung in ihren Kreisen am höchsten sei, dass die Defizite in ihren Kreisen zu den schlimmsten aller Katastrophen führen würden. Ich nehme jedes einzelne Schreiben ernst. Aber wenn ich dann einen Strich drunter mache und die Autoren frage, wo man zulasten des jeweils anderen Kreises umschichten kann, wird Politik sehr konkret. Dann werden wir noch einmal darüber reden, Herr Kollege Palmer.

Zur Genese des ganzen Elends will ich noch einmal eines mit wenigen Sätzen deutlich machen: Baden-Württemberg hat im Bundesrat der Kürzung der Regionalisierungsmittel – jetzt kommt Ihr Protest – nicht zugestimmt.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Baden-Württemberg hat nicht zugestimmt. Ihr Einwand, dass sich Baden-Württemberg feige enthalten hätte, kann schon deswegen nicht richtig sein, weil es im Bundesrat keine Enthaltungen gibt.

(Zuruf von der CDU: Die wissen ja gar nichts! – Abg. Katrin Altpeter SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Die Geschäftsordnung lässt Enthaltungen nicht zu. Also, wir haben nicht zugestimmt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Hat Stratthaus verhan- delt? Hat Stratthaus verhandelt oder nicht?)

Spät kommt der Zuruf, aber er kommt.

Zweitens: Der Widerstand des Landes Baden-Württemberg hat immerhin dazu geführt, dass der Bund das Kürzungsvolumen von den ursprünglich vorgesehenen 3,2 Milliarden € auf 2,7 Milliarden € gesenkt hat. Dies bringt uns immerhin einen Gewinn bzw. um 10 Millionen € pro Jahr abgesenkte Kürzungen. Das ist ja auch ein Wort.

Jetzt aber das Wichtigste – da bin ich wieder bei Ihnen, Herr Kollege Wölfle –: Ich bin ja noch den Beweis schuldig, dass wir auch im Schienennahverkehr die Nummer 1 sind.

(Abg. Werner Wölfle GRÜNE: Das mit den Krabben gucke ich nach!)

Das mit den Krabben gucken Sie nach. Aber ich denke, das erklärt sich fast von selbst. Ich habe allerdings gehört, dass Bayern hierbei aufgeholt hat. Ich habe gehört, die würden an irgendeinem See im Alpenvorland Krabben züchten. Also auch da überholen sie uns noch. Aber das nehmen wir gelassen hin.

Jetzt zu den Zahlen, Herr Kollege Wölfle: 1995, also bevor die Länder für den Schienennahverkehr zuständig wurden, hatten wir Zugkilometer im Umfang von 31 Millionen; die Stellen hinter dem Komma lasse ich einmal weg. Vor der Kürzung der Regionalisierungsmittel im Jahr 2006 betrugen die Zugkilometer in Baden-Württemberg 44 Millionen. Und jetzt, nach der Kürzung, betragen die Zugkilometer in Baden-Würt temberg noch 42 Millionen. Diese 42 Millionen Zugkilometer sind immer noch 36 % mehr als im Jahr 1995, also vor der Übertragung der Zuständigkeit an die Länder, und bedeutend mehr als in jedem anderen Bundesland.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Es wäre auch schlimm, wenn es weniger wären!)

Bitte berücksichtigen Sie: Wir haben den Umfang unserer Zugkilometer um 50 % gesteigert.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Wollen Sie jetzt Krab- benfischer werden, oder was?)

Herr Kollege Palmer, man muss die Zahlen halt zur Kenntnis nehmen. Ich habe dem Kollegen Wölfle lediglich auf seine These geantwortet, die da lautete, wir seien in diesem Bereich nicht die Nummer 1. Wir sind es auch in diesem Bereich, und wir werden es bleiben.

Meine Damen und Herren, durch die Föderalismusreform ist auch das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz geändert worden. Daraus sind dem Land immerhin 167 Millionen € zugeflossen, die zweckgebunden zur Finanzierung der Verkehrswegeinfrastruktur und für die Beschaffung von Fahrzeugen zu verwenden waren. Bis zum Jahr 2013 wird das auch so bleiben, da diese Mittel den Ländern bis dahin weiterhin zweckgebunden zur Verfügung gestellt werden. Für die Zeit danach müssen wir dann aber an einer landesrechtlichen Folgeregelung arbeiten.

Zum Thema Stuttgart 21 ist alles gesagt worden; das meiste war auch richtig. Ich will nicht verhehlen, dass ich es bedauere, dass bis heute keine definitive Zusage des Bundes vorliegt. Aber Baden-Württemberg gehört zu den wirtschaftlich stärksten Regionen in Deutschland, eigentlich in ganz Europa. Da kann ich nur eines sagen: Jeder vernünftige, wirtschaftlich denkende Mensch – und die Politiker sind dies – wird das Geld dort investieren, wo es verdient wird, und das ist in Baden-Württemberg. Deswegen gibt es für mich überhaupt keine Alternative dazu. Die großen Eisenbahnmagistralen dürfen nicht an unserem Land vorbeilaufen, sonst drohen Standortnachteile für Wirtschaft und Arbeitsplätze.

Meine Damen und Herren, wir haben gemeinsam mit der DB AG ein schlüssiges Konzept für die Finanzierung vorgelegt. Auch vonseiten der Bahn sind die Signale ganz eindeutig. Herr Mehdorn hat sich deutlich zu den Projekten bekannt. Jetzt kommt es halt darauf an, dass der Bund seine Verantwortung übernimmt. Er sollte bei seiner Entscheidung bedenken,

dass jede Alternative den Bundeshaushalt deutlich mehr belasten würde.

Es gibt noch andere Großprojekte in unserem Land – das dürfen wir nicht vergessen –: die Neubaustrecke Rhein/Main– Rhein/Neckar, viergleisiger Ausbau der Rheintalbahn. Da liegen zwei weitere wesentliche Engpässe im Netz der Deutschen Bahn AG in Baden-Württemberg. Das Land wird weiterhin darauf drängen, dass der Bund die notwendigen Mittel zeitgerecht bereitstellt. Ich sage Ihnen nichts Neues, wenn ich darauf hinweise, dass die Planungen der Bahn im Projekt vor allem wegen des Lärmschutzes und der Trassierung auf große Widerstände stoßen. Dem Regierungspräsidium Freiburg – Kollege Fleischer nickt zustimmend, er weiß es – liegen zwischenzeitlich mehr als 20 000 Einwendungen vor.

Wir fordern gegenüber dem Bund und der Bahn eine Planung, die in gebotener Weise auf Mensch und Umwelt Rücksicht nimmt. Die rechtlichen, technischen und natürlich auch die finanziellen Fragen des Ausbaus werden wir Mitte 2007 in einem Spitzengespräch mit Bahnchef Mehdorn und Bundesverkehrsminister Tiefensee erörtern.

Noch ein Wort zum Luftverkehr. Mit dem Landesflughafen Stuttgart und den Regionalflughäfen Karlsruhe/Baden-Baden und Friedrichshafen und daneben 19 Verkehrslandeplätzen sind wir in Baden-Württemberg gut aufgestellt. Insbesondere der Geschäftsreiseverkehr ist auf die Verkehrslandeplätze angewiesen. Diese sind ja auch eine gute Ergänzung zu den Flughäfen. Deswegen sind wir darum bemüht, die notwendigen Ausbaumaßnahmen trotz geringerer Haushaltsmittel nach Möglichkeit weiterhin zu fördern.

Ein letztes, sehr aktuelles Thema: Fluglärm durch den Flughafen Zürich. Dazu will ich, am Rande bemerkt, Folgendes sagen:

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Der Fluglärm auf den Fildern wäre auch einmal ein interessantes Thema!)

Wir haben im Herbst 2006 einen Arbeitsauftrag erteilt. Derzeit laufen Gespräche zwischen – –

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Was machen Sie hin- sichtlich des Fluglärms auf den Fildern?)

Das werden wir dann erörtern, wenn diese Frage ansteht, wenn das Thema „Zweite Start- und Landebahn“ ansteht. Das ist jetzt noch kein Thema. Warten wir das Gutachten ab, und dann reden wir darüber.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Der Fluglärm ist schon jetzt da, nicht nur in Zürich!)

Darüber ist genug geredet worden, Herr Kollege Dr. Schmid. Geduld, wir kommen dazu.

Das Innenministerium und die Region sind an den Gesprächen bezüglich des Flughafens Zürich-Kloten beteiligt. Die Vorstellungen der Schweiz hinsichtlich Ausbau und Kapazitätserweiterung gehen zum Teil sehr weit, insbesondere zulasten der südbadischen Bevölkerung. Dass wir dies nicht akzeptieren können, liegt auf der Hand. Unsere Eckpunkte sind in der Koalitionsvereinbarung definiert. Die bisherigen Gespräche sind zwar konstruktiv verlaufen, aber sie gestalten sich – das

war auch überhaupt nicht anders zu erwarten – äußerst schwierig. Gleichwohl bin ich der Auffassung, dass eine akzeptable Lösung möglich und auch erreichbar ist, die dann auch Rechtssicherheit schafft.

Meine Damen und Herren, der Landesstraßenbau wurde angesprochen. Hier will ich nur darauf hinweisen, dass mit diesem Doppelhaushalt die finanzielle Ausstattung des Landesstraßenbaus jedenfalls mittelfristig stabilisiert wird. Gleichzeitig gelingt uns der stufenweise Einstieg in die unmittelbare Finanzierung aus dem Landeshaushalt.

Für die Planung und die Bauüberwachung an Bundes-, Fern- und Landesstraßen sowie für Investitionen in den Aus- und Neubau und die Erhaltung von Landesstraßen sind in den Jahren 2007 und 2008 jeweils insgesamt 131 Millionen € netto vorgesehen. „Netto“ bedeutet in dem Zusammenhang übrigens: frei von globalen Minderausgaben; auch dafür bin ich dem Finanzministerium dankbar.