Protocol of the Session on December 14, 2006

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Fritz Buschle SPD: Wir werden es uns merken!)

Nicht alle Maßnahmen, die im Doppelhaushalt vereinbart sind, wirken auch in den Folgejahren fort. Es kann tatsächlich auch zu Risiken kommen. Wir können uns nicht – das haben Sie richtigerweise gesagt – auf die Sonderausschüttungen der L-Bank und ein weiterhin günstiges Zinsniveau verlassen. Aber immerhin sind – ich betone es noch einmal – insgesamt mehr als 1,1 Milliarden €, die in diesem Haushalt eingespart werden, strukturelle Einsparungen, die über das Jahr 2008 hinaus wirksam sind.

Uns ist auch klar, dass wir zwar auf gutem Weg sind, dass wir uns aber erst sozusagen in der Mitte des Marathons befinden und uns keineswegs zurücklehnen dürfen. Es wird weiterer Anstrengungen bedürfen, damit wir unser Ziel, das wir fest im Auge haben, erreichen können.

Nun komme ich zu dem, was Sie, Herr Kretschmann, für sich reklamieren. Ich bin mir schon bewusst, dass der Erfolg immer viele Väter hat. Aber wir haben von Anfang an und immer wieder gefordert, ein Verschuldungsverbot in die Verfassung aufzunehmen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Seit zehn Jah- ren!)

Am Anfang hatten wir relativ wenige Verbündete. Inzwischen sind wir uns über die Koalitionsgrenzen hinweg offensichtlich mit den Grünen einig, dass wir dies tun sollten. Wir haben vereinbart, dass wir ein Verschuldungsverbot zunächst in der Landeshaushaltsordnung und dann – noch in dieser Legislaturperiode – auch in der Verfassung verankern wollen. Das wird uns sicherlich leichter fallen, wenn wir wissen, dass wir keine neuen Schulden mehr aufnehmen müssen. Dann muss aber für die Zukunft gelten – wir wollen diese Selbstbindung –, dass wir künftig nicht mehr Geld ausgeben wollen, als wir einnehmen, und dass wir uns dazu eine Selbstverpflichtung mit Verfassungsrang auferlegen. Ich lade Sie ein, diese Verfassungsänderung mit uns durchzuführen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Bernd Hitzler CDU)

Übrigens ist im Bund ein Verschuldungsverbot von allen Fraktionen außer der FDP abgelehnt worden.

Die Notwendigkeit, Abschied von einer Politik zu nehmen, die durch ständig steigende Verschuldung letztlich zulasten künftiger Generationen geht, bestimmt diesen gesamten Haushaltsentwurf unter dem Motto, Generationengerechtigkeit und Zukunftsvorsorge zu gewährleisten. Dass wir dabei Prioritäten setzen können, wird maßgeblich dadurch bedingt, dass wir an anderer Stelle einsparen und zum Sparen gewillt sind. Ich möchte einige Beispiele nennen, wo wir Prioritäten setzen.

Das erste Beispiel ist die Generationengerechtigkeit. Natürlich geht es dabei um die Frage: Wie geht es im Land Baden-Württemberg mit den Zukunftschancen von Familien und ihren Kindern im Bereich Betreuung, Erziehung und Bildung weiter? Das ist ein hoch aktuelles Thema, und da bin auch ich der Meinung, dass die beste Politik, um schlimme Entwicklungen – die wir derzeit ja wieder erleben – zu verhindern, eine vorsorgende Politik der Stärkung der Erziehungsfähigkeit der Familien ist, eine Stärkung derjenigen, die bereits am Start schlechtere Chancen haben. Das geht nun einmal nur, indem wir zusammen mit den Kommunen mehr Geld in diese Bereiche investieren.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ein Beispiel: Im Jahr 2003 haben wir über das Programm „Kinderfreundliches Baden-Württemberg“ 4 Millionen € für Kleinkindgruppen, also für Kinder unter drei Jahren, eingesetzt. Jetzt liegen wir in den Haushaltsansätzen bei 13,4 Millionen € für 2007 und bei 16,2 Millionen € für 2008. Wir haben also eine Steigerung von ursprünglich 4 Millionen € auf 16 Millionen € erreicht. Wie man da sagen kann, es bewege sich nichts, da seien keine Prioritäten, verstehe ich nicht. Zahlen lügen nicht: 2008 gibt es viermal so viel wie 2003 für Kleinkindgruppen –

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Ist vier mal vier jetzt 13? – Abg. Win- fried Kretschmann GRÜNE: Das kommt aber da- her, dass das Niveau so niedrig war!)

und übrigens auch in diesem Bereich für Tagesmütter. Auch dazu eine kleine Bemerkung: Die Betreuung durch Tageseltern hat für uns einen doppelten Charme, weil sie nämlich

Vereinbarkeit von Familie und Beruf für diejenigen möglich macht, die ihr Kind in eine Tagesfamilie geben, und umgekehrt die Tätigkeit der Tagesmutter als Beruf definiert und damit auch der Tagesmutter eine berufliche Chance gibt.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Und Einnah- men aus dieser Arbeit!)

Mit der Förderung erreichen wir also einen doppelten Effekt. Und es ist eine sehr flexible Form der Kinderbetreuung.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Die Zahl der Plätze für Kinder unter drei Jahren lag 2004 noch bei 17 000. 2008 werden es über 31 000 Plätze sein. Damit ergibt sich eine Versorgungsquote für Kinder dieser Altersgruppe, die – auch wenn sie in der Tat noch immer zu niedrig ist – immerhin doch 10 % beträgt. Es wird weiterer Anstrengungen bedürfen. Wenn das Bundeselterngeld kommt, wird es, glaube ich, notwendig sein, in noch stärkerem Maße auch schon für Kinder, die gerade das erste Lebensjahr vollendet haben, Betreuungsmöglichkeiten anzubieten.

In diesem Zusammenhang darf man auch noch einmal unseren Ministerpräsidenten loben. Denn der Bund – da waren Sie noch in der Regierung, Frau Vogt – hatte ja den Kommunen aufgetragen, die Zahl der Betreuungseinrichtungen auf 20 % zu steigern, und hatte gesagt: Das finanziert ihr aus den Einsparungen durch ALG II, also bei Hartz IV.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Da ist nichts eingespart worden!)

Da ist nichts bei den Kommunen angekommen, sondern es hat sie sogar Geld gekostet.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Daher ist es umso bemerkenswerter, dass wir das jetzt Gott sei Dank ändern konnten. Es ist ein Erfolg Baden-Württembergs und unseres Ministerpräsidenten, dass die Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft von ALG-II-Beziehern nicht, wie vom Bundesfinanzminister ursprünglich beabsichtigt, noch abgesenkt, sondern von 29,1 auf durchschnittlich 31,8 % erhöht worden ist. Besonders bemerkenswert ist – das muss man schon einmal sagen, wenn es um Solidarität zwischen den Ländern geht –, dass es möglich war, die besondere Belastung der Stadt- und Landkreise in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg durch eine differenzierte Regelung auszugleichen. Ich glaube, das ist ein hoffnungsvolles Zeichen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Reinhold Gall SPD)

Damit sind in der Tat auch Spielräume geschaffen, um in den Landkreisen die Kreisumlagesätze zu senken und den Gemeinden wieder Luft zu geben für Investitionen, insbesondere für Investitionen in den verstärkten Ausbau von Betreuung, Erziehung und Bildung.

Auch der Ausbau von Ganztagsschulen geht planmäßig voran. Bis 2014 sollen 40 % aller Schulen mit dem entsprechenden Investitionsprogramm, das wir auch mit den Kommunen – Frau Vogt, auch mit Herrn Gönner – verabredet haben – 1 Milliarde € in neun Jahren –, in Ganztagsschulen umgewandelt werden.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Das zahlen die Kommu- nen! Das wissen Sie aber!)

Jetzt will ich hier nicht die bildungspolitische Debatte wiederholen. Aber wir handeln auch da. Wir stellen die zusätzlichen Lehrerstellen zur Verfügung. Wir stellen künftig auch mehr Mittel statt Stellen zur Verfügung, damit vor Ort Lösungen gefunden werden können. Das ist ein Thema, das uns wirklich wichtig ist.

Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass schon die demografische Entwicklung die Kommunen zwingen wird, sich über neue Formen des gemeinsamen Lernens und des individuellen Förderns der einzelnen Kinder Gedanken zu machen. Wir stellen die Mittel zur Verfügung. Die Kommunen sind aufgerufen, sich zu engagieren und unterschiedliche Modelle zu entwickeln.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Was wollt ihr jetzt? Alles ein bisschen nebulös!)

Wir wollen diesen Modellen Rückenwind verschaffen und nicht Gegenwind erzeugen, wie es an manchen Stellen immer wieder versucht worden ist.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Auch das Jugendbegleiterprogramm wird mit immerhin 40 Millionen € vom Land gefördert. Jetzt hören Sie endlich einmal auf, das als Dequalifizierungsprogramm im Bereich der Schule zu betrachten. Es ist ein zusätzliches Programm,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ein Gewinn! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das funktioniert doch nicht!)

das natürlich nicht zum Ziel hat, die Aufgaben der Lehrer zu ersetzen. Aber es ist ein zusätzliches Programm, das vor allem auch den Charme hat, dass Schule sich für andere Lebensbereiche – für Vereine, Wirtschaft, Kunst und Kultur – öffnet.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Auch da werden wir uns weiterhin in nicht unerheblichem Maße beteiligen.

Wir werden durch die vereinbarte Umschichtung des alten Landeserziehungsgelds weitere Mittel in Höhe von mindestens 10 % für den Ausbau von Erziehung, Bildung und Betreuung zur Verfügung haben. Diese neue Regelung ist nicht ganz einfach. Das muss man ehrlicherweise sagen, weil Ansprüche für die Kinder im dritten Lebensjahr entstanden sind, die bedient werden müssen. Wir müssen jetzt umorganisieren. Aber wir haben fest vereinbart, einen Teil dieser Umschichtung direkt in die Förderung von Kindertageseinrichtungen und zur Stärkung der Erziehungsfähigkeit von Familien zu verwenden. Auch da sollten Sie einfach einmal aufhören, immer darauf herumzuhacken. Wir

haben einen vernünftigen Kompromiss gefunden, um einerseits die Schwächsten nach wie vor zu unterstützen und andererseits ein Förderprogramm so umzustellen, dass es den Familien wirklich nützt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Frau Vogt, auch da muss man Ihnen einfach einmal Nachhilfe bzw. HSL-Maßnahmen angedeihen lassen: Die Schulsozialarbeit ist laut Kinder- und Jugendhilfegesetz nun einmal originäre Aufgabe der Kommunen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: So ist es! – Abg. Ste- phan Braun SPD: Herr Noll, Sie waren schon ein- mal weiter! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wir beteiligen uns z. B. an der Implementierung des Orientierungsplans bei der Fortbildung der Erzieherinnen. Das ist originäre Aufgabe der Kommunen als Arbeitgeber. Wir beteiligen uns hälftig daran.

In der Tat nehmen wir immer wieder unsere gemeinsame Verantwortung wahr. Ich bin der Meinung, bei der von uns vorgesehenen Entwicklung vor Ort muss es der einzelnen Schule und dem Schulträger zusammen mit Eltern und Lehrern möglich sein, zu entscheiden, ob noch ein zusätzlicher Lehrer oder eher ein zusätzlicher Schulsozialarbeiter benötigt wird. Nicht alles kann darauf abgewälzt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Ich glaube, wir bieten mit unseren finanziellen Rahmenbedingungen die Möglichkeit zu individuellen Modellen vor Ort, die den jeweiligen Bedürfnissen gerecht werden.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Aber dann muss es einer zahlen! – Zuruf des Abg. Stephan Braun SPD)

Die Nachfrage nach Studienplätzen – von vielen als „Überlast“ an Studienanfängern bezeichnet – sehen wir als Chance. Auch hier können Sie doch nicht so tun, als hätten wir nicht tatsächlich begonnen, finanzielle Mittel über einen Ausbauplan bereitzustellen, um 16 000 zusätzliche Studienanfängerplätze zu schaffen. Wir fangen schon jetzt damit an und stellen in den Haushalt 2007/08 20 Millionen bzw. 40 Millionen € ein. Im Endausbau 2012 werden wir das Volumen auf 150 Millionen € pro Jahr aufstocken. Da kann man doch nicht behaupten, in diesem Bereich werde nichts getan.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Haben Sie jetzt in den letzten zwei Jahren abgebaut oder nicht? Sagen Sie dazu einmal etwas! – Beifall des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE)

Wir haben überhaupt nicht abgebaut. Wir haben uns an den Solidarpakt gehalten.