Protocol of the Session on December 13, 2006

Die Überschrift

lautet: „Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für BadenWürttemberg“. – Sie stimmen der Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Wer ist dagegen? – Niemand. Enthaltungen? – Keine. Damit ist dem Gesetz einstimmig zugestimmt.

Wir haben jetzt noch über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 14/706-2, abzustimmen. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen will, der möge bitte seine Hand erheben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Somit ist dieser Entschließungsantrag einstimmig beschlossen.

Damit ist Punkt 3 der Tagesordnung beendet.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Ich unterbreche die Sitzung bis 13:45 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:30 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 13:45 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die Nachmittagssitzung des Landtags von Baden-Württemberg.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Ausbildungsperspektiven junger Menschen in Baden-Württemberg verbessern – Drucksache 14/440

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Wem darf ich das Wort erteilen? – Für die SPD-Fraktion erhält Herr Abg. Hausmann das Wort.

„Mahlzeit“ wollte ich jetzt fast sagen. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Waidmannsheil!)

Ende der Mittagspause, jetzt müssen wir uns etwas warmlaufen.

Ich will eine Vorbemerkung machen, auf drei Probleme hinweisen und eine Schlussbemerkung machen.

Die Vorbemerkung: Wir haben es heute mit einem Thema zu tun, bei dem es verschiedene Verantwortungen auf unterschiedlichen Ebenen gibt. Um das einmal deutlich zu machen: Es gibt eine Verantwortung vor Ort, ob das die Schulen, ob das die Unternehmer sind. Es gibt die Bundesebene. Aber es gibt auch die Landesebene. Vor Kurzem hat jemand auf einer Veranstaltung, die ich zu diesem Thema durchgeführt habe, gesagt: „Jeder muss die Schaufel in die Hand nehmen.“ Ich halte das für ein gutes Motto. Jeder hat seine eigene Verantwortung, wo er etwas tun muss. Deswegen will ich, weil wir heute im Landtag sind, den Blick natürlich auf das Thema fokussieren, das uns betrifft.

Ich will zu drei Problemen etwas sagen, die sich vielleicht nicht direkt erschließen, wenn man die Stellungnahme der Landesregierung liest, sondern die man in der Tat interpretieren muss.

Erstes Thema: Wir haben in Baden-Württemberg eine Quote von ca. 5 % Jugendlicher, die nicht in Ausbildung sind. Vordergründig betrachtet hört sich das ganz gut an und drückt aus, dass wir eigentlich kein großes Problem haben. Wenn man aber genau hinschaut, stellt man fest, dass dahinter ganz dicke Probleme stecken.

Ich will jetzt nicht vom Rückgang der Zahl der Ausbildungsstellen um allein 4,3 % im letzten Jahr sprechen, sondern ich will den Blick auf das lenken, was passiert. In der Stellungnahme der Landesregierung steht: Die Nachvermittlung von Ende September bis Ende Dezember hat im Jahr 2005 einen Rückgang von 3 300 auf 1 000 Jugendliche, die am Ende keinen Ausbildungsplatz hatten, erbracht. Die Zahl wurde also nochmals drastisch reduziert, was ein richtig gutes Zeichen ist und wo man sagen kann: Da haben sich einige Leute mit Gehirnschmalz, viel Energie und Ethos Gedanken darüber gemacht, wie sie helfen können. Das ist gut. Dafür muss man sich bedanken.

Aber gleichzeitig, um auf den Kern des Problems zu stoßen, muss man fragen: Was passiert im nächsten Jahr? Dann stellt sich die Frage, wie viele Altbewerber wir haben. Dann werden wir feststellen, dass die Anzahl der Altbewerber seit 2000 dramatisch zugenommen hat. Wir sind in der Zwischenzeit bei 45 % Altbewerbern, gehen in Richtung 50 %. Das bedeutet, wir haben in Baden-Württemberg über 40 000 Jugendliche pro Jahr, die sich mindestens zum zweiten Mal um eine Ausbildungsstelle bewerben. Das ist ein richtig fettes Problem, dessen wir uns annehmen müssen. Denn es darf nicht sein, dass die Jugendlichen in Warteschleifen hängen bleiben. Das ist eine gemeinsame Aufgabe, die wir bewältigen müssen.

Ich komme zum zweiten Problem. Wir haben in der Stellungnahme der Landesregierung festgestellt: Wir haben un

gefähr genauso viele ausbildungsberechtigte Betriebe wie in den Vorjahren. Wir haben aber einen Rückgang an Ausbildungsplätzen. Wenn man jetzt auf die Branchen schaut, merkt man, dass wir ausgerechnet auch in Baden-Württemberg ein ganz dickes Problem bekommen.

Bei den ausbildungsberechtigten Betrieben haben wir in zwei Branchen einen Zuwachs: zum einen im Baugewerbe von 54 % auf 59 %, zum anderen im Bereich Handel und Reparatur von 46 % auf 54 % der Betriebe. Jetzt muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Wir haben einen Rückgang im verarbeitenden Gewerbe, also im Produktionsgewerbe, von 56 % auf 52 %. Jetzt wird es aber noch dramatischer. Wir haben innerhalb von fünf Jahren im Dienstleistungsbereich einen Rückgang um 10 Prozentpunkte von 51 % auf 41 %, im Gesundheits- und Sozialwesen einen Rückgang von 56 % auf 39 %. Das heißt, wir haben in allen Zukunftsbereichen – Dienstleistungsgesellschaft – einen dramatischen Rückgang. Wir haben bei der künftigen Entwicklung dieser Zahlen ein riesendickes Problem, das auf uns zukommt. Unsere Zukunftsbereiche bauen dramatisch Ausbildungspotenzial ab. Das kann auf die Dauer nicht gut gehen. Da müssen wir etwas tun.

Dritter Bereich: Schulabgänger. Wir bekommen ein Problem bei den Schulabgängern. Die Entwicklung wird so sein – so steht es in der Stellungnahme der Landesregierung –, dass sich in den nächsten Jahren nicht sehr viel verändert, die Schulabgängerzahlen also weiterhin auf einem hohen Niveau bleiben werden. Ich zitiere aus der Stellungnahme:

Hinzu kommt, dass die Auswirkungen der Einführung von Studiengebühren auf den Ausbildungsmarkt noch nicht abgeschätzt werden können. Es erscheint möglich, dass Schulabgänger mit Hochschul- oder Fachhochschulreife in Zukunft vermehrt duale Ausbildungen nachfragen werden.

Zudem bekommen wir plötzlich im Schuljahr 2011/2012 einen dramatischen Zuwachs von über 20 000 zusätzlichen Schulabgängern. Diese Situation haben wir überhaupt nicht bewältigt.

Das sind drei dicke Probleme. Da können wir uns mit der Stellungnahme der Landesregierung nicht einfach zufrieden geben: 5 % sind relativ wenig. Deswegen möchte ich ganz dringend darum bitten – mein Kollege wird nachher noch detailliert darauf eingehen –, dass wir zusammen versuchen, eine ganze Menge der Punkte, die da drinstehen, anzugehen, und letztlich auch mehr Geld in die Hand nehmen. In Bayern wird das belegt. In Bayern betragen die Ausgaben in diesem Bereich ein x-faches, um die Aufgaben zu bewältigen. Jetzt muss man die richtigen Maßnahmen ergreifen.

Ich bedanke mich zunächst einmal für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Für die CDU-Fraktion erhält Herr Abg. Nemeth das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, das Timing der Behandlung des Antrags, mit dem wir uns heute befassen, hätte kaum besser sein können. Während im August der DGB in den Zeitungen noch behauptete, der Ausbildungspakt in Baden-Württemberg sei gescheitert, zeigt sich heute, dass der Ausbildungspakt zwischen der Landesregierung und den wichtigen Ausbildungsinstitutionen in Baden-Württemberg ein großer Erfolg ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Das ursprüngliche Ziel des Bündnisses für Ausbildung wurde weit übererfüllt. 2006 bildet die baden-württembergische Wirtschaft noch einmal mehr aus als 2005.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Sehr gut!)

Fakt ist: Die Situation für die Schulabgänger – egal, ob Hauptschüler, Realschüler oder Gymnasiasten – ist besser als in jedem anderen Bundesland. Baden-Württemberg ist im Ausbildungswesen Spitzenreiter in ganz Deutschland. Außerdem haben wir auch die geringste Jugendarbeitslosigkeit in ganz Deutschland,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Norbert Zeller SPD: Trotzdem krie- gen Hauptschüler keine Lehrstellen!)

und das, obwohl Baden-Württemberg ein Land mit einem hohen Ausländeranteil und einer hohen Aufgabenstellung im Bereich der Integration ist. Es zeigt sich eindeutig, dass Baden-Württemberg sowohl in der Wirtschafts- und Mittelstandspolitik als auch in der Integrationspolitik die Note 1 verdient hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

Ich komme gleich noch auf Ihren Antrag.

Die Arbeit der Landesregierung basiert auf Dialog, Vertrauen und Vernunft und nimmt viele, viele Einzelmaßnahmen wahr – das unterscheidet sie von Ihrem Antrag –, um die Situation, die nie einfach ist – das ist völlig klar –, zu verbessern.

Ich möchte ganz kurz über ein paar Maßnahmen reden, die angegangen wurden.

Zum einen ist das Sonderprogramm aus den Mitteln des ESF zu nennen – über 1 000 zusätzliche Ausbildungsplätze, meine Damen und Herren, und zwar nur für die sogenannten Altbewerber.

Auch die Förderung der allgemeinen Ausbildungsreife in Kooperation mit Kammern, Unternehmensverbänden und Mittelständlern – auch direkt – wie z. B. die Programme „Kurs 21 – Lernpartnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen“, „Fit for Job“ oder „Stufen zum Erfolg“ und viele lokale, kreisweite Mentorenprogramme für das Coaching von jungen Arbeitssuchenden sind zu nennen.

Im Augenblick laufen auch noch viele Nachvermittlungsgespräche, Direktansprachen von Betrieben durch Ausbil

dungsberater, Lehrstellenwerber, Lehrstellenbörsen, Berufsinformationstage.

Ich könnte hier viele weitere Punkte erwähnen. Beispielsweise sind durch das Bündnis für Ausbildung über 20 000 neue Praktikantenplätze geschaffen worden. Ich glaube, hier in Baden-Württemberg wird alles getan, was Politik leisten kann, um der Herausforderung, jungen Menschen den Weg von der Schule ins Berufsleben zu ebnen, erfolgreich zu begegnen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Glauben Sie das nur, oder wissen Sie das auch? – Glocke des Präsidenten)