Um es auch deutlich zu sagen: Die Unterrichtsversorgung hat höchste Priorität. Wir werden viele Debatten haben – davon bin ich überzeugt –, bei denen wir auch über dieses Thema sprechen werden. Die Ressourcenversorgung für die erste und zweite Säule der Ganztagsschulen ist natürlich auch ganz klar festgeschrieben, indem wir klar gesagt haben, dass aufgrund der zurückgehenden Schülerzahlen eine bestimmte Anzahl von Deputaten für diesen Bereich vorgesehen ist.
Klar ist aber auch, dass kein Jugendbegleiter die Aufgabe wahrnehmen kann und darf, den ordentlichen Unterricht zu ersetzen, der durch hauptamtliche Lehrkräfte an einer Schule geleistet wird.
Meine Damen und Herren, diese beiden Dinge können nicht miteinander vermischt werden. Vielmehr ist das die vierte unverzichtbare, ehrenamtliche Säule dieses Gesamtkonzepts. Meine Vorredner haben darauf hingewiesen, dass wir hierbei in der Tat auf einem sehr guten Weg sind.
Gestatten Sie mir, weil diesbezüglich auch einige Fragen aufgeworfen wurden, nur einige wenige Fakten zur ersten Tranche zu erwähnen. Wir haben für das Modelljahr 2006 1 Million € im Staatshaushalt vorgesehen. Die 248 Modellschulen, die wir seit Februar dieses Jahres führen, haben
Wir haben daneben die Servicestelle Jugendbegleiter bei der baden-württembergischen Jugendstiftung eingerichtet, die für die Erarbeitung und Auswertung des ersten Evaluationsberichts sowie für die Begleitung der Projekte vor Ort verantwortlich zeichnet.
Wir wollen ein Multiplikatorennetzwerk einrichten, und wir wollen auch Netzwerke vor Ort einrichten, wo erfahrene Schulleitungen den Schulleitern, die bisher weniger Erfahrungen im Aufbau solcher Netzwerke haben, beratend zur Seite stehen. Etwa 25 % der Jugendbegleiter aus ehrenamtlichen Strukturen haben sich hierzu bereit erklärt. Es läuft gerade eine Umfrage bei den Verbänden des Ehrenamts bezüglich des Einsatzes und der Optimierungsmöglichkeiten, weil wir in verstärktem Maße auch auf die funktionierenden ehrenamtlichen Strukturen vor Ort zurückgreifen wollen.
Meine Damen und Herren, wir wollen daneben auf den Bereich der Qualifizierung ein besonderes Augenmerk richten. Wir haben im Jahr 2006 in diesen Bereich relativ wenig Mittel investiert, weil wir eher in der zweiten Tranche einen notwendigen Bedarf sehen. Denn die meisten Jugendbegleiter, die an den 250 Schulen eingesetzt werden, haben bereits die notwendige fachliche Qualifikation nachgewiesen, und diese wird vor Ort auch anerkannt. Im Modelljahr 2007 werden wir 1,4 Millionen € für den Ausbau vorsehen.
Wir müssen nicht bei den Schulen darum werben, sich an diesem Projekt zu beteiligen. Wir müssen auch nicht beim Ehrenamt werben. Zunächst waren auch wir selbst davon überrascht, dass 80 Verbände des Ehrenamts im Februar dieses Jahres die Rahmenvereinbarung mit unserem Ministerpräsidenten Günther Oettinger und unserem Kultusminister Helmut Rau unterschrieben haben. Tatsache ist: Bereits heute, bevor wir unsere Schulen durch die Schulverwaltung über die zweite Tranche überhaupt offiziell informiert haben, haben sich zahlreiche Schulen bereit erklärt, an der zweiten Tranche mitzuwirken.
Ich sage nicht zu viel, meine Damen und Herren, wenn ich äußere, dass wir zuversichtlich sein können – bisher haben wir etwa 250 Modellschulen –, dass wir in wenigen Monaten sogar fast die doppelte Anzahl erreicht haben werden – ohne staatlichen Druck, ohne Reglementierung und ohne bürokratische Vorschriften. Das ist das Erfolgsgeheimnis dieses Konzepts, meine Damen und Herren.
Wir wollen natürlich auch den Schulen helfen, die bisher wenig Erfahrungen mit Kooperationen haben. Es ist eine Wahrheit, dass die Modellschulen – es gibt 248, und 232 davon haben sich an der Umfrage beteiligt – angegeben haben, dass sie bisher schon Erfahrungen mit außerschulischen Kooperationspartnern gehabt haben und die Partnerschaft auch weiter pflegen werden. Das erleichtert den Start; das gebe ich zu. Man konnte auch auf bewährte Strukturen vor Ort zurückgreifen. Deswegen wird es jetzt wichtig sein, in den Gesprächen, in den Beratungssystemen auch auf eine Begleitung derjenigen Schulen hinzuwirken, die diesbezüglich Neuland betreten.
Meine Damen und Herren, es ist sicher auch so, dass in der Weiterentwicklung unserer Ganztagsschulen nicht nur eine politische Aufgabe liegt. Vielmehr zeigt das Engagement der Verbände, Kirchen und Institutionen, dass die Gesellschaft ihren Beitrag zum Gesamtbildungskonzept leisten will.
Es zeigt auch, dass diese wesentlichen gesellschaftlichen Organe verstanden haben, wie wichtig ihr Einsatz in der Schule zur Ergänzung und Abrundung der Jugendbildung heute ist.
Wir müssen auch feststellen, dass gerade die Verbände nicht nur ihren gesellschaftlichen Auftrag sehen, sondern das im Grunde auch als eine Riesenchance betrachten,
Ich darf noch einen weiteren Aspekt anführen: Es ist richtig, dass vor dem Start des Jugendbegleiterprogramms die Vertreter des Ehrenamts ihre Skepsis zum Ausdruck gebracht haben, indem sie die Frage stellten: „Wie werden unsere Angebote während der Schulzeit angenommen, und was geschieht mit den Angeboten am Abend? Werden die Jugendlichen in der Schule solche Angebote wahrnehmen, und sind sie darüber hinaus auch noch bereit, am Abend die Sportstunde, die Musikstunde oder andere Übungsstunden zu besuchen?“ Meine Damen und Herren, auch hier zeigt die Erfahrung, dass sich bisher durch die meisten der ehrenamtlich Tätigen eine Bereicherung ergeben hat, dass dadurch Vereine des Ehrenamts zusätzliche Mitglieder gewinnen konnten, weil sie auf diese Weise Jugendliche erreicht haben, bei denen vorher nicht die Chance bestand, sie zu erreichen.
Wir schlagen somit also zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen ist diese zusätzliche, ehrenamtliche Säule ein wichtiger Beitrag zur Weiterentwicklung der Ganztagsschulen. Darüber hinaus ist es eine große Chance, eine große Zukunftsinvestition für den Ausbau der ehrenamtlichen Strukturen vor Ort.
Ein Weiteres: Die Befragung ergab, dass 25 % der Jugendbegleiter aus den klassischen Strukturen des Ehrenamts kommen. Zugegeben, da hatte ich gehofft, es seien vielleicht etwas mehr. Zwei Drittel der Befragten kommen nicht aus den ehrenamtlichen Strukturen, sondern haben sich als Einzelpersonen bereit erklärt. Einzelpersonen – sowohl aus der Schülerschaft wie aus der Elternschaft – jedoch abzuqualifizieren, nur weil sie sich selbst zu dieser Tätigkeit bereit erklärt haben, das grenzt fast an Diffamierung!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Nein, die werden entsprechend eingesetzt!)
Ich sage Ihnen, liebe Kollegin Rastätter: Das sind alles Personen, die Erfahrungen im Beruf, mit Kindern und Jugendlichen haben,
die Qualifikationen mitbringen, die gleichwertig sind mit den Erfahrungen derjenigen, die sich in festen Strukturen in diesem Bereich engagieren. Das verdient Respekt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Eine Unver- schämtheit von den Grünen!)
Zur Frage der Bindung: Wir haben in der Rahmenvereinbarung mit den Verbänden bewusst wenig Regelungen definiert. Wir haben zu der Höhe der Vergütung keine Vorgaben gemacht, obwohl ursprünglich angedacht war, einen bestimmten Stundenbetrag festzuschreiben. Wir waren gut beraten, dies nicht zu tun.
Wir haben allerdings festgeschrieben, dass eine verbindliche Struktur dergestalt vorgegeben sein muss, dass mindestens für ein halbes Jahr eine Bindung zwischen dem Jugendbegleiter und der jeweiligen Schule bestehen muss. Auch hier zeigt die Erfahrung – ich bin gerne bereit, Ihnen das im Zuge der zweiten Tranche auch anhand von präzisen Zahlen zu belegen –, dass die Bindungen meistens über ein halbes Jahr hinausgehen, dass viele davon Verpflichtungen über einen Zeitraum von mindestens einem halben Jahr eingehen, zum Teil sogar über ein Jahr hinausgehend.
Meine Damen und Herren, davon zu sprechen, es sei ein kurzatmiger Prozess, ist eine falsche Annahme. Vielmehr belegt die von den Jugendbegleitern gezeigte Verantwortungsbereitschaft, dass sie auch bereit sind, ihre Tätigkeit mindestens über einen mittelfristigen, wenn nicht sogar einen längeren Zeitraum hinweg wahrzunehmen.
Die Befunde sind erfreulich: 84 % der Schulen haben gesagt, sie schätzten dieses Programm sehr positiv ein und begrüßten das ehrenamtliche Engagement an Schulen. Deswegen ist es auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass es eine beiderseitige Chance ist: eine Chance sowohl für die Schulen als auch für das Ehrenamt. Deswegen setzen wir auch bei dem flächendeckenden Ausbau dieses Programms auf Freiwilligkeit. Wir brauchen keinen Druck auszuüben. Da sind wir sehr zuversichtlich. Wir wollen mit Best-PracticeBeispielen werben. Wir wissen sehr wohl, dass wir gerade im Bereich der Wirtschaft einige Regionen haben, wo es hervorragende Modellbeispiele in der Kooperation zwischen Jugendbegleiter, Schule und Wirtschaft gibt, z. B. in Ulm. Wir müssen aber mit diesen Best-Practice-Beispielen auch in Regionen gehen, wo es in der einen oder anderen Schule möglicherweise noch Hemmschwellen gibt, die es zu überwinden gilt. Das macht man aber auch nicht mit Druck, sondern mit Werbung durch gute Beispiele.
Wir wollen erreichen, dass wir nach wie vor allen die Freiheit auch bezüglich der Vergütung und des Honorars belassen. Die Tatsache, dass ein Drittel der Ehrenamtlichen von vornherein gesagt haben, sie wollten nicht einmal einen Cent haben, belegt: Diesen Menschen geht es hier nicht um Geld, sondern ihnen geht es um die Sache. Dies ist auch eine Anerkennung wert.
Gestatten Sie mir, zum Schluss noch zu sagen: Es gab gerade aus den Reihen der Opposition immer wieder einmal den Versuch, dieses Programm schlechtzureden.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Unglaublich! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Jede Kritik ist Schlechtre- den? Man kann nur lernen, wenn man Kritik an- nimmt! Sonst wird es nie besser, Herr Staatssekre- tär!)
Ich kann mich des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass das auch heute bei dieser Debatte der Fall war.
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen hier gute Beurteilungen von außen zitieren. Ein Schulleiter aus dem südbadischen Raum, der an einem Gymnasium seit Februar sehr erfolgreich dieses Jugendbegleiterprogramm praktiziert, hat in diesem Zusammenhang gesagt: „Schule ist Teil der Bürgergesellschaft geworden, auch anhand dieses Programms.“ Eine Vertreterin der IHK in Ulm, Frau Martina Doleghs, wird in der Presse wie folgt zitiert:
Das Jugendbegleiterprogramm ist bei uns sehr gut angelaufen! Wir haben inzwischen 35 Jugendbegleiterinnen und Jugendbegleiter, die 15 Kurse in acht Schulen durchführen. Mehr als 500 Stunden sind dadurch gesichert.... Die Resonanz bei den Schulen ist hervorragend, weil wir ein Gesamtpaket anbieten. Und die Schulleitenden sehen die Notwendigkeit, die Schülerinnen und Schüler frühzeitig auf das Berufsleben vorzubereiten.
Es ist ein wichtiger Ansatz, dass es in diesem Zusammenhang auch um die berufliche Qualifikation der jungen Menschen geht.
Ich bin zuversichtlich, dass das Jugendbegleiterprogramm, wenn wir mit diesen zahlreichen guten Beispielen der ersten Tranche werben, von dieser kleinen Erfolgsgeschichte am Ende zu einer großen Erfolgsstory der Landespolitik Baden-Württembergs und damit auch des Ehrenamts wird.
Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Kann ich davon ausgehen, dass der Antrag durch die Aussprache erledigt ist? – Es erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.