Herr Minister Goll, da Sie ja auch gleichzeitig Integrationsbeauftragter, früher Ausländerbeauftragter, sind: Sie haben vor Jahren einmal Jahresberichte vorgelegt, in denen Sie einen Überblick über die Situation der Integrationspolitik im Land gegeben haben. Können Sie mir sagen, wann der letzte dieser Berichte in Ihrem Haus verfasst wurde und ob Sie vorhaben, so etwas in Zukunft wieder zu tun.
Wir haben diese Berichte in unregelmäßigen Abständen vorgelegt. Das halte ich auch für das Beste. Ich halte es übrigens für eine typische Form, Scheinlösungen für Probleme zu finden, wenn man sagt: „Wir machen jährlich einen Bericht.“ Da haben Sie schon recht.
Ich werde nicht die Kräfte binden, um Berichte zu schreiben, nur weil die Pflicht besteht, einen Bericht zu schreiben. Wenn es etwas zu berichten gibt, dann berichten wir es auch.
(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und Abge- ordneten der SPD – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sehr gut! Dann würde ich an Ihrer Stelle jetzt auf- hören, wenn Sie nichts zu berichten haben! Setzen, sechs!)
Sie werden auch künftig wieder Berichte bekommen. Sie haben selbst gesagt – – Dann darf ich den Umkehrschluss ziehen: Es wurde angesprochen, dass wir Berichte gemacht haben. Also scheint etwas passiert zu sein. Wir haben ja Berichte gemacht. Ich halte nur nichts – –
(Abg. Katrin Altpeter SPD: Aber wissen Sie auch noch, wann das war? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wie lange ist das her? – Abg. Thomas Knapp SPD: Die Berichte sind Geschichte! – Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Seit vier Jahren nichts! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Wir haben Berichte gemacht. Aber wichtiger als Berichte zu verfassen ist immer noch, die Arbeit zu tun. Die Arbeit ist zum Beispiel auch in der Form getan worden – das ist das Nächste, woran ich erinnern darf –, wie es aus dem Integrationsbericht der Landesregierung hervorgeht. Dieser Bericht stammt nicht aus den Zeiten der Großen Koalition, sondern wurde verfasst, als die CDU-FDP/DVP-Regierung bereits im Amt war. Da wurde in der letzten Legislaturperiode die erste große Erfassung der Integrationsleistungen durchgeführt. Und ausgerechnet Sie sagen, wir würden nichts machen. In Wirklichkeit haben Sie nichts gemacht. Sie brauchen also hier nicht so herumzuschreien.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Ihr seid doch hier an der Regierung! Sollen wir euer Geschäft auch noch machen?)
Damals waren auch schon jede Menge ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger hier. Aber, mit Verlaub: All das, was ich hier an Anstrengungen aufzählen kann, kommt immer nur von den beiden Regierungsfraktionen, nicht von Ihren Fraktionen.
(Abg. Werner Wölfle GRÜNE: Seid ihr jetzt an der Regierung oder nicht? – Abg. Stephan Braun SPD: Eingeschränkte Wahrnehmung! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)
Auf der Bundesebene ist es genauso: Sie reden von einem Nationalen Integrationsplan. Dieser kam erst zustande, als die rot-grüne Regierung weg war. Den hätte man doch genauso gut vier Jahre früher machen können.
Sie können sich übrigens gerne zu Wort melden und mir irgendeine Anstrengung dieser umfassenden Art im Land oder im Bund nennen, die die Unterschrift der SPD trägt. Ich habe keine gefunden, sonst würde ich sie ja fairerweise hier wiedergeben.
(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Erzählen Sie keine Märchen! Lü- gen ohne rot zu werden!)
Wir legen in den kommenden Jahren einen Schwerpunkt auf Integration. In diesem Rahmen liegen die Hauptakzente auf der konsequenten Vermittlung der deutschen Sprache schon ab dem Vorschulalter, einschließlich obligatorischer Deutschtests im vierten Lebensjahr. Ein Akzent wird auf die verstärkte Elternarbeit gelegt.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Was würde der denn er- zählen, wenn ihm das nicht aufgeschrieben worden wäre? Keine Ahnung hätte der!)
Es ist wichtig, dass wir gerade die türkischen Mütter, die den Zugang zu unserer Gesellschaft nicht haben, „zu Hause“ abholen. Das ist vielleicht eines der wichtigsten Ziele in der Zukunft überhaupt.
Es heißt, die Muttersprache – nicht umsonst heißt es „Vaterland“ und „Muttersprache“ – entscheidet. Es ist überall so, dass im Zweifel die Kinder die Sprache der Mutter lernen. Das wird sich wahrscheinlich auch eine Weile lang so durchsetzen. Deswegen ist es nicht gut, dass viele türkische Mütter nicht ausreichend Kontakt zu unserer Gesellschaft haben. Sie sitzen zu Hause und müssen – –
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: So ein Satz wie „Sie sitzen zu Hause“ kommt Ihnen ziemlich leicht über die Lippen!)
Sie sitzen zu Hause, ja. Sie sitzen zu Hause, weil es zum Teil auch im Sinne ihrer Männer ist, weil die es gern haben, dass die Frau zu Hause sitzt.
Diese Frauen müssen wir erreichen. Wir müssen eine bessere Beteiligung der Eltern erreichen, um zu einer Verbesse
rung der Schul- und Ausbildungsabschlüsse von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu kommen.
Wir sind mittendrin im Handeln. Wir werden im kommenden Jahr gleichlaufend mit dem Bund einen Landesintegrationsplan vorlegen. Das wird kein Schnellschuss sein. Das werden wir natürlich mit den Bundesaktivitäten, mit dem Nationalen Integrationsplan, mit dem bundesweiten Integrationsprogramm, der Islam-Konferenz, den Ergebnissen der Evaluierung der Integrationskurse abstimmen. Wir werden mit einem neuen Instrumentarium – ich habe es angesprochen –, dem Kabinettsausschuss Integration, die Aufgabe weiterentwickeln. Wir werden ein Mehr an Abstimmungen und Koordination erreichen. Wir werden erreichen, dass die vorhandenen Aktivitäten besser erfasst und besser gebündelt werden, dass wir in diesem Bereich Synergieeffekte erzielen und dass wir die Integrationspolitik in dieser Legislaturperiode auf eine neue Stufe bringen – auch ohne Ihre Hilfe.
Es wäre natürlich schöner, wenn Sie uns dabei helfen würden, zumal wir, wie ich feststelle, in den Zielen interessanterweise gar nicht weit auseinander sind. Die Ziele, die Sie nennen, sind auch unsere Ziele. Ich wehre mich nur ein bisschen gegen die groteske Verzerrung der Realität, die hier zum Ausdruck kam.
Es hilft im Grunde genommen nichts, wenn Sie jetzt noch – deutlich ausgedrückt – Lügengeschichten über unsere Politik erzählen.
(Abg. Stephan Braun SPD: Jetzt aber! – Abg. Rein- hold Gall SPD: Lassen Sie die Kirche im Dorf! Sie sollten doch ein bisschen sachlich bleiben bei dem Thema! Das ist unglaublich! – Unruhe)
Es würde uns helfen, wenn wir auf dem Weg zu diesen Zielen ein Stück weit vorankämen, um das zu erreichen, was wir haben wollen, nämlich Chancengleichheit für alle, Chancengleichheit auch für die Menschen mit Migrationshintergrund bei uns im Land.