Protocol of the Session on March 2, 2011

(Abg. Christa Vossschulte CDU: Sprechen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nicht „Spielen“, Frau Lösch!)

und eben die Verbesserung des Übergangs zur Grundschule mit dem Modell Bildungshäuser.

Das alles sind viele Puzzleteile, die nicht zusammenpassen.

(Zuruf: Doch!)

Frau Kultusministerin Schick, Sie haben mit Ihrem Konzept keine Antwort auf die drängenden Fragen gegeben, die wir im Augenblick im Bereich der frühkindlichen Bildung haben.

Was umfasst denn nun das in der letzten Woche vorgestellte integrierte Gesamtkonzept „Frühkindliche Bildung“ mit dem originellen Titel „Ein Haus – ein Kind – ein Ziel!“? Viele blu mige Versprechungen und ein Leitbild für sämtliche Einrich tungen, das Bildungshaus heißt.

Das Projekt Bildungshaus ist ein Puzzleteil im Gesamtkon zept, aber es ist doch enttäuschend, das Bildungshaus jetzt so zusagen als das Modell für Baden-Württemberg vorzustellen, das flächendeckend eingeführt werden soll. Das ist doch mehr als enttäuschend. Denn statt vieler Versprechungen und, Kol lege Hoffmann, geregelter Innovationen brauchen die Erzie herinnen doch etwas Handfestes, um ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag nachgehen zu können. Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen, kleinere Gruppen und mehr Zeit für die Kinder. Mit der kürzlich verabschiedeten Kindergartenverord nung ist dies nicht erreicht worden.

(Beifall bei den Grünen)

Dadurch wird kein besserer Personalschlüssel erreicht wer den können, da die Urlaubszeitvertretungsstunden und die Freistellung nicht mit eingerechnet werden.

(Abg. Andreas Hoffmann CDU: 5 300 Stellen!)

Die verabredete Anhebung des Personalschlüssels um 0,5 Stellen in den nächsten zwei Jahren wird dadurch konterka riert. Auch eine Freistellung der Leitung für die Personalent wicklung und für die Implementierung des Orientierungsplans ist damit nicht möglich.

Sie schlagen vor, in der nächsten Legislaturperiode die Um setzung des Orientierungsplans in einem Pakt mit den kom munalen Landesverbänden fortzuführen. Was heißt denn das jetzt? Wir brauchen glasklare Aussagen. Wir brauchen eine gesetzliche Verankerung des Orientierungsplans im Kinder gartengesetz, damit er endlich verbindlich umgesetzt werden kann.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD – Zuruf der Abg. Andrea Krueger CDU)

Natürlich greift an dieser Stelle das Konnexitätsprinzip. Das bedeutet, dass die Kommunen mehr finanzielle Ressourcen brauchen, um den Orientierungsplan endlich konsequent um setzen zu können. Das heißt, wir brauchen eine tatsächliche Verbesserung der Rahmenbedingungen, eine verbesserte Kin der-Fachkraft-Relation und eine alltagsintegrierte Sprachför derung ab dem ersten Tag.

Statt ein verpflichtendes letztes Kindergartenjahr zu fordern, obwohl schon jetzt 97 % aller Fünfjährigen einen Kindergar ten besuchen, sollten Sie die 90 Millionen € pro Jahr lieber

den Kommunen geben, um für eine Verbesserung der Rah menbedingungen und für eine Verbesserung des gesamten Kernbereichs des Kindergartens zu sorgen. Das wäre viel sinn voller.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Albrecht Fischer CDU)

Wir halten es für irreführend, das Bildungshaus als Leitbild sämtlicher Einrichtungen zu werten. Bei einem Gesamtkon zept zur frühkindlichen Bildung kann es doch nicht nur dar um gehen, den Übergang vom Kindergarten zur Grundschu le zu gestalten und Kindergärten als reine Zulieferbetriebe für die Grundschulen anzusehen.

(Zuruf des Abg. Andreas Hoffmann CDU)

Das lehnen wir Grünen in aller Entschiedenheit ab.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Substanzlose Polemik!)

Das ist keine Polemik, sondern das ist Realität, Herr Kolle ge.

Jetzt zitiere ich aus der Stellungnahme des Caritasverbands vom 27. Februar 2011:

Einer Vereinnahmung des Kindergartens durch die Grundschule erteilen der Landesverband und der Diöze san-Caritasverband eine klare Absage. Wir sehen auch die landesweite Umwandlung aller Kindergärten in Bil dungshäuser kritisch. Was je nach Kommune ein guter Ansatz sein kann, ist noch lange kein bildungspolitisches Konzept für das ganze Land, zumal die wissenschaftliche Evaluation noch gar nicht abgeschlossen ist. Das Ganze ist ein Schnellschuss.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

So die Caritas. Dem kann ich mich nur anschließen.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Dr. Arnold.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir begrüßen es von unserer Seite sehr, dass sich das Kultusministerium mit großem Nachdruck wieder der früh kindlichen Bildung und Betreuung zuwendet und den Versuch eines Gesamtkonzepts vorgelegt hat.

Wir begrüßen auch sehr, dass die Bildungshäuser in diesem Gesamtkonzept eine zentrale Rolle spielen und dass sie quan titativ weiter ausgebaut werden sollen. Dass es hierbei keine Begrenzung mehr geben soll, das ist ganz in unserem Sinn. Wir sehen es genauso, wie es unser Koalitionspartner sieht, dass das Bildungshaus gerade für kleine Kommunen ein sehr gutes Angebot ist, durch die enge Zusammenarbeit von Kin dergarten und Grundschule einen Bildungsstandort in der Flä che – und hierbei vor allem in der ländlichen Fläche – zu hal ten. Auch der Gedanke, sie später zu Familienzentren auszu bauen, ist sehr interessant. Ich denke aber, das ist noch Zu kunftsmusik.

Meine Damen und Herren, ich möchte nicht verhehlen, dass wir uns dieses Gesamtkonzept an einigen Stellen etwas kon kreter vorgestellt haben; denn es bleiben noch einige Fragen offen. Es ist von einem integrierten Gesamtbildungsplan die Rede, einem für die Drei- bis Zehnjährigen verpflichtenden Bildungsplan, in den der Orientierungsplan einfließen soll. Das bedeutet, dass, wenn dieser Gesamtbildungsplan ver pflichtend wird, auch der Orientierungsplan verpflichtend wer den muss. Das begrüßen wir sehr. Aber es ist schon heute so, dass die Inhalte des Orientierungsplans und des Bildungsplans für die Grundschule sehr eng aufeinander abgestimmt sind.

Ich habe mir unter diesem Gesichtspunkt die Eckpunkte noch einmal ganz genau angeschaut. Dort taucht dieses integrierte Gesamtkonzept nicht auf. Dort ist nur von der Verbindlichkeit des Orientierungsplans als Basis die Rede. Vielleicht kann im Lauf der Debatte noch geklärt werden, wie der verpflichten de Gesamtbildungsplan zu verstehen ist.

Wir begrüßen sehr, dass sich die Erzieherinnenausbildung ein Stück weit verändern soll, dass sie aufgewertet werden soll, dass sie neue Impulse bekommen soll. Das ist genau der rich tige Weg. Die Aussage von Frau Dr. Schick, dass der Beruf der Erzieherinnen in Zukunft vielleicht einer der spannends ten Berufe in unserer Bildungslandschaft sein wird, kann ich sehr gut nachvollziehen.

Auch dass die Kinder früher untersucht werden sollen, ist ganz in unserem Sinn. Die Untersuchung soll jetzt zum Kindergar tenbeginn einsetzen. Es ist von einer Kompetenzendiagnostik die Rede. Aber auch hier stellen sich Fragen, und zwar: Was passiert mit der neuen Einschulungsuntersuchung, die wir schon derzeit haben? Wird sie vorgezogen, oder wird hier ein neues Verfahren eingeführt? Was wird in diesem Zusammen hang eigentlich aus dem Projekt „Schulreifes Kind“, das in den letzten Jahren mit sehr guten Ergebnissen ausprobiert worden ist? Auch hier sind also noch Fragen offen.

Wesentlicher Bestandteil der frühkindlichen Bildung und Er ziehung ist natürlich die Sprachförderung, und sie soll es auch in Zukunft sein. Der Presse war zu entnehmen, dass Frau Dr. Schick sie in die Alltagsarbeit des Kindergartens einfließen lassen will; sie soll ein Standardrepertoire werden. Das ist mit tel- und langfristig sicher richtig. Aber auch hier stellt sich mir die Frage: Wie soll das in nächster Zukunft aussehen? Denn in dem Gesamtkonzept ist nach wie vor von der Förderung durch qualifiziertes Personal die Rede. Soll es jetzt zusätzli ches qualifiziertes Personal geben, oder sollen die Erzieherin nen das allein leisten? Auch an dieser Stelle ist der Weg, der hier gegangen werden soll, nicht ganz klar ersichtlich.

Fazit von unserer Seite, meine Damen und Herren: Wir be grüßen sehr, dass wir uns gemeinsam ganz intensiv Gedanken über die frühkindliche Bildung und Erziehung machen. Aber ich denke, wir müssen aufpassen, dass wir nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun und ins Stolpern geraten. Vielmehr sollten wir erst einmal alles daransetzen, dass der Orientie rungsplan wirklich verbindlich in der Fläche umgesetzt wer den kann. Dafür müssen wir die nötigen Ressourcen bereit stellen.

Wir wünschen uns hier und heute auch ganz konkret eine In tensivierung der Sprachförderung. Das heißt, sie muss früher anfangen, sie muss auch mehr Kinder erreichen als bisher.

Auch hierfür müssen wir jetzt und heute die nötigen Ressour cen zur Verfügung stellen.

Die Konsequenz aus diesen Überlegungen ist, dass wir es zur zeit als wenig sinnvoll erachten, ein verpflichtendes Kinder gartenjahr einzuführen;

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

denn das müsste vom Land finanziert werden. Vielmehr soll ten wir die Mittel, die wir dafür brauchten, lieber in die bei den Maßnahmen stecken, die ich eben genannt habe. Diese sind aus unserer Sicht vordringlich. Diese sollten wir als Ers tes zur Zufriedenheit aller Beteiligten realisieren.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich der Ministerin für Kultus, Jugend und Sport, Frau Professorin Dr. Schick.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Ich denke, in der bisherigen Debatte wurden fast alle we sentlichen Aspekte, aber noch nicht alle gestreift. Wir müssen uns, glaube ich, noch einmal deutlich machen, worüber wir hier im Bereich der frühkindlichen Bildung sprechen.

Im gesamten Bildungsbereich vollzieht sich ein Bedeutungs wandel, und zwar weg von einem früher einmal ganz eindeu tig im tertiären Bereich angesiedelten Hauptaugenmerk – von dort kommen wir in Deutschland seit mehreren Jahrhunder ten – hin zur frühkindlichen und Primarbildungsphase. Wir befinden uns in einem Jahrhundertprozess, zu dem wir am En de dieser Legislaturperiode natürlich nur ein Zwischenfazit ziehen können. Wir sind beileibe nicht fertig. Vielleicht ha ben wir den größten Teil des Wegs noch vor uns. Aber dieser wird auch nicht allein in der nächsten Legislaturperiode zu gehen sein.

Wir müssen diese Dimension noch einmal verdeutlichen, um klarzumachen, dass es hier um weit mehr geht als um die ei ne oder andere Ausstattungsstunde für Bildungshäuser oder darum, die Bildungshäuser – so habe ich es verstanden – zu einer „verengten Leitidee“ zu deklarieren. Das ist überhaupt nicht die Intention. Das ist auch nicht das Konzept.

Lassen Sie uns das noch einmal klarmachen und sagen, dass wir in der vergangenen Legislaturperiode auf dem Weg zur Stärkung der frühkindlichen Bildung viele Meilensteine als Leitplanken an den Wegesrand gelegt haben. In der nächsten Legislaturperiode werden wir selbstverständlich ganz viele zusätzliche legen müssen.

Verehrte Frau Abg. Arnold, auch für mich sind im Moment viele Fragen offen. Ich fände es fatal, diesen Weg ohne engs te Einbindung der Träger der Kindergärten zu gehen.

(Beifall der Abg. Andreas Hoffmann CDU und Hei derose Berroth FDP/DVP)

Das sind die Kommunen, und das sind vor allem die kirchli chen Träger. Deswegen ist es ein Bestandteil des Gesamtkon