Protocol of the Session on March 1, 2011

Genau so, wie ich damals unter der Regierung Oettinger das Land Baden-Württemberg in der Anhörung zur Föderalismus kommission I im Bundestag vertreten habe – das war nicht einfach; ich habe mit unseren Bundespolitikern Krach bekom men –, müssen Sie natürlich auch sagen: Am besten ist es, wir alle sind bei dieser Schlacht zusammen. Sie wird nicht ein fach,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Eben!)

und sie braucht Zeit, und selbstverständlich muss man irgend wann einmal sagen: Wenn ihr euch nicht bewegt, kommt es zur Klage. Deswegen stimmen wir natürlich auch diesem An trag zu. Aber ich bin beim Thema Länderfinanzausgleich, wenn es um Verhandlungen mit anderen Bundesländern geht, immer dafür, möglichst alle hineinzunehmen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Da sind wir uns einig! Kein Thema!)

Das hat bei der Föko I und der Föko II hervorragend geklappt. Deswegen bedaure ich, wie gesagt, die heutigen Meinungs verschiedenheiten etwas.

Ich sage auch noch einmal: Bis 2019 gilt dieser Länderfinanz ausgleich. Es wird ganz schwierig sein, da herauszugehen. Das wissen wir alle. Bis dahin gilt der Solidarpakt II, und bis dahin greift auch die Schuldenregelung. Insofern, Herr Kol lege Herrmann, unterstütze ich das. Wir werden möglicher weise zu einem System wie bei der Schuldenregelung kom men und sagen: Vorübergehend, aber ab dann wollen wir auch etwas für das Land Baden-Württemberg erreichen. Wir wol len, dass es nicht mehr nur nach den Einnahmen geht, sodass diejenigen, die sparen, im Grunde genommen gar nichts da von haben. Es muss eine deutliche Veränderung gegenüber 2001 geben, und insofern stimmen wir, wie gesagt, zu.

Ich hätte nur noch die Bitte an den Finanzminister, uns das genannte Gutachten zur Verfügung zu stellen. Uns geht es nicht darum, draußen herumzulaufen und das Gutachten zu zerlegen, aber für uns wäre es, nachdem wir jetzt gemeinsam marschieren, wichtig, auch dieses Gutachten zu bekommen, damit wir uns bei den Debatten entsprechend positionieren können. Denn in dem Moment, in dem wir uns dahinterstel len, bekommen wir das natürlich von der Bundestagsfraktion der SPD und von den SPD-Fraktionen der anderen Bundes länder beim nächsten Treffen der Fraktionsvorsitzenden auf den Tisch. Deshalb wollen wir natürlich wissen, was in dem Gutachten steht. Das ist ein Angebot. Wir hoffen, dass Sie das Angebot annehmen und uns das Gutachten zur Verfügung stel len.

Dann sollten wir gemeinsam marschieren, um gemeinsam ei nen besseren Finanzausgleich für das Land Baden-Württem berg hinzubekommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst aufzählen, bei welchen Punkten unter den Fraktionen Einvernehmen be steht.

Erstens: Es besteht Einvernehmen in der Zielsetzung, dass wir ein neues Finanzausgleichssystem benötigen. Zweitens: Es besteht Einvernehmen, dass dieses neue System transparent und für jeden nachvollziehbar sein muss. Drittens: Es besteht Einvernehmen, dass für alle Länder die Anreize verstärkt wer den sollen, eigene Einnahmen zu generieren.

Aus meiner Erfahrung mit der Föderalismuskommission sa ge ich, dass es erfolgversprechender ist, sich nicht gleich zu Beginn der Verhandlungen auf ein bestimmtes Modell festzu legen. Deswegen haben wir in unserem Änderungsantrag be wusst darauf verzichtet, ein bestimmtes Konzept zu benen nen, obwohl wir ein Konzept haben und dieses auch öffent lich vorgestellt haben. Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer hat gesagt, dies sei ein interessanter Diskussionsbei trag.

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Das ist eine Be erdigung zweiter Klasse! – Heiterkeit)

Na ja. – Die anderen Fraktionen waren in Vorgesprächen nicht bereit, den Begriff „Einnahmesituation“ zunächst ein mal wegzulassen. In den Verhandlungen der Föderalismus kommission hat sich gezeigt, dass es Sinn macht, Paketlösun gen anzustreben, also Finanzthemen mit anderen Anliegen zu verbinden. Das ist nur in einer breiteren Runde von Teilneh mern möglich.

Deswegen schlagen wir eine Föderalismuskommission III als den geeigneten Rahmen vor, über eine neue Finanzverteilung erfolgreich zu verhandeln. Ich weiß nicht, wie Sie sonst mit den anderen Ländern verhandeln wollen. Wie soll das eigent lich gehen? Eigene Vorschläge haben Sie bisher nicht ge macht.

Hinzu kommt, dass bei einer Föderalismuskommission auch die Gemeinden beratend mit am Tisch sitzen sollen, um zu tragfähigen und robusten Lösungen zu kommen; denn die un terschiedliche Finanzkraft der Kommunen spielt eine große Rolle. Anders kann man das gar nicht ernsthaft zu Ende brin gen.

Sollte am Ende des Prozesses ein gemeinsamer Weg nicht er reicht werden, dann kann man tatsächlich prüfen, ob es Sinn macht, eine Klage beim Bundesverfassungsgericht einzurei chen. Wichtig ist dabei, dass man prüft, ob sie Erfolgsaussich ten hat. Den Nachweis einer solchen Überprüfung haben Sie bisher nicht vorgelegt, Herr Finanzminister. Deswegen kön nen wir auch nicht beurteilen, ob eine solche Klage überhaupt Aussicht auf Erfolg hat.

Deswegen haben wir in unserem Antrag Änderungsvorschlä ge dazu eingereicht. Das ist die richtige Reihenfolge. Sie müs sen erst einmal Vertrauen bei den anderen schaffen und zei gen, dass Sie ernsthaft verhandeln wollen. Dann können Sie sagen: „Wenn das nicht zu einem Ergebnis führt, klagt man“ – aber nicht umgekehrt. Sonst schaffen Sie keine Verhand lungsatmosphäre. Das müsste doch eigentlich jeder wissen.

Ministerpräsident Oettinger hat das jedenfalls gewusst und sich auch so verhalten.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das waren noch Zeiten!)

Wir wollen, dass das zu einem Erfolg wird. Das ist aus den Gründen, die genannt worden sind, wichtig.

Ich würde einmal sagen, dass wir zu über zwei Dritteln Kon sens haben, dass wir aber bei der Frage der richtigen Akzent setzung beim Verhandlungsweg und bei der Klage Differen zen haben.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich finde, dass Sie des wegen den einzelnen Ziffern des Änderungsantrags gut zu stimmen können, weil wir dann ein einheitliches Bild abge ben werden. In Ihren Fraktionsvorsitzendenkonferenzen wer den Sie merken, dass das erforderlich ist; denn die Unterschie de in den Interessenlagen sind gewaltig. Darum ist der Weg, den wir vorschlagen, der richtige Weg. Er ist nämlich erfolg versprechend.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Solidarität unter den Ländern ist auch der FDP/DVP wichtig. Es gibt eine ganze Menge berech tigter Transfers; das muss man auch einmal klar feststellen. Aber Herr Kollege Herrmann hat recht, wenn er sagt: Die Summe der Ausgleiche ist nicht mehr angemessen.

Ich möchte nur noch einmal an den Antrag erinnern, den Kol lege Mack vor einigen Jahren gestellt hat. In der Stellungnah me hierzu wurde dargestellt, dass zusätzlich zu dem Aus gleichssystem, über das wir jetzt reden, auch bei der Sozial versicherung und x anderen Systemen Ausgleiche stattfinden. Das ist in der Debatte, die wir gerade führen, gar nicht berück sichtigt.

Kollege Kretschmann, ich finde es schon verwunderlich: Nun haben sich drei Fraktionen zusammengefunden. Aber die Grü nen beharren wieder auf der Position: „Wir wissen alles bes ser.“

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Dagegen!)

Das allein ginge ja noch. Aber sie meinen auch noch, die große Mehrheit müsse sich ihnen deshalb anschließen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Sie waren nicht in der Föderalismuskommission! Sie haben da keine Er fahrungen!)

So funktioniert dieses Spiel nicht. Kompromisse bestehen aus Geben und Nehmen und bedeuten nicht, Forderungen zu stel len und zu erwarten, dass alle anderen hinterdrein kommen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Wir sollten noch einmal genau anschauen, wo denn die Un terschiede sind. Uns ist wichtig, dass die unterschiedlichen

Einnahmesituationen betrachtet werden. Denn ein ganz we sentlicher Punkt ist – ich weiß schon, warum Sie das nicht in Ihrem Antrag haben wollen –: Wir wollen nicht, dass sich der Verzicht auf eigene Einnahmen zulasten der Geberländer aus wirkt. Das ist doch im Moment das Problem. Da wird auf Stu diengebühren verzichtet, da wird auf Kindergartengebühren verzichtet, sodass die Einnahmen niedriger sind und wir es dann ausgleichen müssen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist doch der blan ke Unsinn!)

Nein, das ist kein Unsinn, das ist Fakt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Falsch! Unsinn! – Zu ruf: Nein!)

Aber natürlich.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Kretsch mann?

Nein, ich möchte jetzt bitte auch einmal am Stück reden.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber Gebüh ren spielen beim Ausgleich überhaupt keine Rolle! Das sollten Sie vielleicht wissen, bevor Sie hier re den! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die spielen kei ne Rolle!)

Okay, aber der Verzicht auf Einnahmen

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Spielt keine Rolle!)

spielt natürlich eine Rolle.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber nicht bei Gebühren!)

Aber bei Steuern. Das ist das Gleiche.