Gibt es keine weiteren Wortmeldun gen? – Dann ist die Aktuelle Debatte und damit Punkt 1 der Tagesordnung beendet.
Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Staatsministeriums – Ermittlung des Kaufpreises der vom Land von der EdF über eine Zweckgesellschaft erworbe nen Anteile an der EnBW – Drucksache 14/7559
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Be gründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Herr Goll, auf die Frage nach Ihrer zu künftigen Tätigkeit im Aufsichtsrat der EnBW sind Sie mit den Worten zitiert worden:
Ich muss Ihnen leider sagen, Herr Goll: Es ist zu spät. Ein Fi nanzinvestor ist schon im Unternehmen, nämlich das Land Baden-Württemberg.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Baden- Württemberg ist eine Heuschrecke, oder was? – Zu ruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)
Was versteht man unter einem Finanzinvestor? Erstens: Er in vestiert kein eigenes Geld, sondern er steigt auf Pump ein. Zweitens: Er hat kein Interesse daran, das Unternehmen län ger zu führen, weil er – drittens – kurzfristige Gewinne mit nehmen muss.
Der erste und der zweite Punkt stimmen also. Genau so ha ben Sie die Anteile an der EnBW gekauft, nämlich auf Pump.
Sie müssen auch, egal, ob Sie es wollen oder nicht, kurzfris tige Gewinne erzielen, um die Zinsen für den Kredit in Höhe von 4,7 Milliarden € für den Kauf der Anteile an der EnBW bezahlen zu können. Echte Gewinne werden Sie aber nicht er zielen; ich sage Ihnen auch gleich, warum nicht. Daher hat die „Financial Times Deutschland“ am 1. Februar 2011 die Lan desregierung auch nicht als Heuschrecke bezeichnet, sondern als „schwäbische Heuschrecke“.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Unter Ar tenschutz stellen!)
Ob Sie das nun als ein besonderes Kompliment für die Wirt schaftskompetenz der Landesregierung ansehen, das überlas se ich Ihnen.
Aber darum geht es nicht. Ich will heute der Frage nachge hen: War der Kauf eine für das Land wirtschaftlich sinnvolle, Erfolg versprechende, wenigstens eine vertretbare Entschei dung, oder war es ein Spekulationsgeschäft, bei dem die Ri siken überwiegen?
Sie spekulieren mit 4,7 Milliarden € plus x auf Pump. Das ist ein Volumen in einer Höhe, bei dem es nicht mehr um gegen seitiges Schulterklopfen geht. Verehrte Kolleginnen und Kol legen, ich will Ihnen aufgrund der wirtschaftlichen Daten und der eigenen Prognosen der EnBW einerseits und aufgrund der Zwänge des schuldenfinanzierten Kaufs andererseits darle gen, dass das Verhältnis von Chancen und Risiken nicht ver
Zum wirtschaftlichen Umfeld dieses Deals möchte ich aus ei nem Artikel in der „Financial Times Deutschland“ vom letz ten Freitag zitieren:
Die fetten Jahre der deutschen Stromkonzerne sind vor bei. Mit einem überaus pessimistischen Ausblick hat RWE-Chef Jürgen Großmann den Aktienkurs des Kon zerns am Donnerstag auf Talfahrt geschickt. Der opera tive Gewinn werde in diesem Jahr um 15 % sinken, der Nettogewinn um 30 % einbrechen, sagte Großmann bei der Vorstellung der Jahresergebnisse in Essen.
Nein, denn das hat etwas mit den wirtschaftlichen Rahmen bedingungen zu tun, und zwar ganz unabhängig davon, wer Eigentümer des Unternehmens ist.
EnBW-Chef Villis hat bei der Investorenkonferenz am 8. Fe bruar 2011 eine Folie mit der Gewinn- und Investitionsprog nose aufgelegt, die deutlich macht, wohin die Reise gehen wird: fallende Gewinnerwartungen in allen Geschäftsberei chen, beim operativen Konzerngewinn ein Rückgang um 10 % bis 15 %. Die Entwicklung liegt also in derselben Größenord nung wie bei RWE. Dies bedeutet beim Gewinn ein Minus von 25 % pro Aktie.
Die Analysten erwarten dasselbe. Ein aktueller Report von LBBW Research prognostiziert bei der EnBW für das Jahr 2014 nur noch einen Gewinn von 2,6 € pro Aktie gegenüber einem Gewinn von 3,9 € pro Aktie in diesem Jahr. Das sind ebenfalls 30 % weniger – auch bei der EnBW.
Am 8. Dezember 2010, also kurz nach dem Kauf der EnBWAnteile durch das Land für 40 € pro Aktie, sah die französi sche Bank Société Générale das Kursziel der Aktie bei 34 €. Übrigens lag dieses Kursziel, wie einem bekannten Informa tionsdienst im Internet zu entnehmen ist, bereits am 14. Sep tember 2010 bei 34 €. Aber Sie vom Staatsministerium haben offensichtlich nicht in diesen Informationsdienst geschaut.
Herr Mappus, Sie sagen, Sie hätten nach Brancheninformati onen gekauft. Sie haben zugesagt, dem Landtag Ihre Daten grundlage zukommen zu lassen. Das ist bisher nicht gesche hen. Das Bewertungsgutachten von Morgan Stanley muss auf den Tisch. Es basiert auskunftsgemäß allein auf öffentlich ver fügbaren Informationen. Es gibt keinen Grund, das geheim zu halten. Also auf den Tisch damit!
Der Kaufpreis hätte auf keinen Fall über 34 € liegen dürfen, wahrscheinlich eher bei 30 bis 31 €. Sie haben aber 40 € be zahlt. Ihr Berater von Morgan Stanley hat Sie also nicht gut beraten; es war eine Falschberatung. Die Differenz liegt bei mindestens 650 Millionen €, aber es ist zu befürchten, dass Sie 900 Millionen € in den Sand gesetzt haben.
Nach solchen Ergebnisprognosen war klar, dass es wirtschaft lich gar keinen Sinn ergibt, diesen Kauf zu tätigen; aber Sie wollten das offensichtlich nicht sehen. Bei dieser Prognose hätte wohl auch Ihre eigene Fraktion sich die Augen gerieben und gefragt, was es bringen soll, diesen Kauf zu tätigen. Des wegen haben Sie ihn in Ihrem Hauruckverfahren durchgezo gen.
Aber der gravierende Punkt liegt doch anderswo: Mit dem Zwang zur Ausschüttung verhindern Sie den Umbau des Un ternehmens. Der aber ist das eigentliche Ziel, das rechtfertigt, dass sich die öffentliche Hand überhaupt an einem solchen Unternehmen beteiligt.
Ihre Aussage lautet: Der Haushalt wird durch den Kauf auf Pump nicht belastet. Sie haben gesagt, dass Sie daran gemes sen werden wollen. Aber irgendwann klappt das nicht mehr. Die Frage ist nur, wann. Wann ist der Punkt gekommen, an dem der Steuerzahler – der übrigens schon gewiss sein kann, dass Herr Villis die Strompreise erhöht – draufzahlt?
Um diesen Punkt nun hinauszuschieben, ist Herr Villis ge zwungen, einen höheren Anteil des sinkenden Gewinns an die Aktionäre auszuschütten und in der Folge weniger zu inves tieren. Genau das hat er bei der Investorenkonferenz angekün digt: Die Ausschüttungsquote steigt auf 60 %,
(Ministerpräsident Stefan Mappus: Die ist gesunken! Keine Ahnung! Die ist gesunken, nicht gestiegen!)
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sie brauchen nur Herrn Capezzuto zu entlassen, dann haben sie genug Geld!)
Es geht deswegen nicht, weil das Land auf Dauer mindestens eine Dividende in Höhe der Sollzinsen für die Zweckgesell schaft aus dem Unternehmen ziehen muss, und das ist eben das System Heuschrecke, der Kauf auf Pump. Es muss diese Gewinne herausziehen, sonst fällt uns das sofort auf die Füße und belastet den Haushalt.