Protocol of the Session on March 1, 2011

(Abg. Thomas Knapp SPD: Noch!)

und das seit 30 Jahren.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Das Wort hat Herr Abg. Dr. Löffler.

Herr Minister, die Biotech nologiebranche hat sich in den letzten Jahren ganz hervorra gend entwickelt. Wir haben seit den Neunzigerjahren in punc to Arbeitsplätze und Umsatz exponentielle Zuwächse in die ser Branche erfahren. Im Bereich der Lebenswissenschaften haben wir in Baden-Württemberg eine ganz hervorragende Forschungsinfrastruktur. Im nationalen Vergleich haben wir auch die wettbewerbsstärksten Unternehmen. Braucht es vor diesem Hintergrund überhaupt noch BIOPRO?

Herr Minister, bitte.

Vielen Dank. – Die Schilderung der Wett bewerbsfähigkeit des Landes stimmt. Wir haben Unterneh men, die hervorragend sind, und wir haben hervorragende For schungseinrichtungen. Aber wir müssen gerade daran denken, beides zu verbinden, etwa Clusterstrukturen einzurichten und zwischen Einrichtungen der absoluten Grundlagenforschung und den Unternehmen zu verbinden oder auch die Unterneh men in Clustern und Netzwerken zu verbinden; denn auch sie arbeiten, auch wenn jedes Unternehmen für sich sehr gut ist, nicht per se zusammen. Manchmal ist es sogar so: Wenn Un ternehmen und Forschungseinrichtungen exzellent sind, dann neigen sie noch am wenigsten dazu, zusammenzuarbeiten.

Erfolg führt aber oft dazu, dass man vereinsamt, weil man sich auf sich selbst verlässt. Da spielt BIOPRO eine ganz entschei dende Rolle, vor allem weil sie das wirklich sehr gut macht. Der Geschäftsführer, Herr Dr. Kindervater, ist sehr renom miert und sehr anerkannt. Denn BIOPRO versucht, Netzwer ke zu etablieren und Strukturen zu bündeln, gerade zwischen den Unternehmen sowie zwischen den Unternehmen und den Forschungseinrichtungen. Dabei sind sie sehr erfolgreich. Ge nau das brauchen wir; denn die Unternehmen brauchen ein ander. Sie arbeiten in unterschiedlichen Bereichen, und sie brauchen Grundlagenforschung.

Insofern kann man sagen: Gerade weil wir eine so gute Infra struktur haben, gerade weil wir die entsprechenden Unterneh men haben und die Biotechnologie bei uns so stark ist, brau chen wir BIOPRO.

BIOPRO ist nicht etwa eine Einrichtung, die erst etwas auf baut, was noch nicht da ist. BIOPRO ist vielmehr eine Ein richtung, die eine exzellente Struktur weiterentwickelt und die die Wettbewerbsfähigkeit erhält und verbessert, und zwar durch Kooperation.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Okay, fertig!)

Vielen Dank. – Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abg. Locherer.

Werter Herr Minister, wir haben verschiedene Landesgesellschaften zur Förderung einer Viel zahl von Branchen, aber auch von Technologien in unserem Land. Da sind wir sehr gut aufgestellt. Könnten Sie noch ein mal zusammenfassend

(Heiterkeit)

den Mehrwert von BIOPRO hier im Haus schildern? Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar.

(Unruhe)

Herr Minister, bitte.

Das tue ich sehr gern, Herr Abg. Locherer.

(Zuruf: Das ist kein Plagiat! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Kann es sein, dass diese Abgeordneten über haupt nichts wissen? – Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich will die Konversation unter den Abgeordneten jetzt nicht stören. Aber wenn man von sich selbst „abspricht“, ist das noch lange kein Plagiat.

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Jörg Döpper CDU: Das müssen Sie wieder holen! Herr Schmiedel hat das nicht verstanden!)

Wenn man sich abspricht, ist das auch noch kein Plagiat.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Bei Neujahrsansprachen! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie sind schon bei ei nem neuen Thema!)

Ich bin noch beim alten Thema.

(Heiterkeit)

Wenn wir die Firma BIOPRO sowie den Bereich der E-Mo bilität nehmen – das ist das Thema von vorhin, also ein noch älteres Thema –,

(Abg. Walter Heiler SPD: Das wird alles von der Zeit abgezogen!)

dann haben wir damit, glaube ich, Einrichtungen von großer Wichtigkeit – obwohl auf der anderen Seite die Unternehmen sehr viel mehr Geld in ihre Forschung investieren als wir. Das gilt für Elektromobilität genauso wie für die Biotechnologie. Beides sind Zukunftsbranchen.

Sehen wir uns das McKinsey-Gutachten an: Beim Thema „Automobile Zukunft“, beim Thema „Neue Werkstoffe“, bei den neuen Umwelttechnologien und beim Thema „Schonung der Ressourcen“ spielt die Biotechnologie eine große Rolle. Wir sehen, dass etwa die Automobilindustrie – Daimler – in den nächsten Jahren hier 20 Milliarden € investiert. Sehr ho he Investitionen werden auch in Biberach, etwa von Boehrin ger und Rentschler, getätigt.

Natürlich kann man sich fragen: Warum gibt das Land dann noch Mittel für Forschung aus, die im Verhältnis zu diesen umfangreichen Mitteln doch relativ gering sind? Hier geht es erstens einmal darum, in der Grundlagenforschung Lücken zu schließen. Grundlagenforschung betreiben diese Unterneh men nicht. Es geht darum, beispielsweise in der Biotechnolo gie zu verstehen – das erforschen wir etwa in Freiburg –, wie Zellen funktionieren. Wer das nicht versteht, wer keine ma thematischen Algorithmen entwickelt, um Zellmodellierung zu machen, der wird verschiedene Prozesse in der Biotechno logie nicht verstehen können. Das ist keine sehr aufwendige

Forschung; dazu braucht man im Grunde genommen eine ho he Hirnkapazität der Forscher sowie hohe Rechnerkapazitä ten. Milliardenbeträge werden hingegen nicht benötigt.

Milliardenbeträge für die Forschung können erst dann sinn voll investiert werden, wenn man versteht, wie z. B. eine Zel le oder auch nur ein Mitochondrium funktioniert. Deshalb in vestieren wir in diese Bereiche, um solche Verbindungen her zustellen. Das ist bei der Biotechnologie genauso wichtig wie beim Thema Elektromobilität. Denn wenn man dort die Grund lagen der Elektrochemie nicht versteht, wird man das Problem der Energiespeicherung nicht lösen können, und wenn man das Prinzip der Zelle nicht versteht, wird man viele biotech nologische Prozesse nicht durchführen können.

Daher brauchen wir diese Plattformen. Dort genügt es auch, wenn relativ geringe öffentliche Mittel fließen, um einen sehr großen Effekt zu erzielen – beim Technologietransfer, bei der Bereitstellung von Know-how und von Mitteln für die Grund lagenforschung und in der Verbindung dieser verschiedenen Unternehmen, die ja in unterschiedlichen Sparten arbeiten.

Insofern hat die Evaluierungskommission auch mit Nachdruck vorgeschlagen, dass wir BIOPRO weiterführen, und zwar mit der Mannschaft, die derzeit bei BIOPRO arbeitet. Ich glaube, dass wir, wenn wir in den Zukunftsbranchen nicht solche Plattformen einrichten, wenn wir nicht selbst die Grundlagen forschung stärken, nicht die Verzahnung zu den Unternehmen und die Verzahnung zwischen den Unternehmen durch Mit telbereitstellung ermöglichen, sehr schnell die Führerschaft verlieren, die wir in diesen Technologien bislang einnehmen.

Dieses Land verliert sofort seine wirtschaftliche Stellung, wenn es aufhört, das beste Land und die beste Industrieregi on in diesen Forschungstechnologien zu sein. Deshalb dürfen wir ein solches Land nicht an jene überantworten, die hier vielleicht zögerlich wären.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: An Plagiatoren, oder wen meinen Sie?)

Vielen Dank, Herr Mi nister. – Keine weiteren Fragen zu diesem Thema.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Doch, meine steht noch!)

Jetzt kommt die Frage des Herrn Abg. Schmiedel. Ich weiß nicht, ob er sie wiederholen soll.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ja, bitte!)

Bitte.

Herr Minister, ab wann waren Sie der Meinung, dass der Rücktritt von Herrn zu Guttenberg richtig ist?

Die Frage bezieht sich wohl auf eine heute Morgen irgendwo im Fernsehen abgege bene Erklärung.

Herr Schmiedel, die Causa zu Guttenberg ist, wenn man alle Seiten betrachtet, nämlich die Seite des

Amtes, die Seite der Person und seiner Familie, die Seite der Wissenschaft seiner Promotion – aber nicht nur die Seite des Promovenden, sondern auch der Strukturen der Promotion und der Begutachtung, der Benotung und der Qualitätssicherung im Promotionsverfahren –, eigentlich eine Angelegenheit, die sich nicht so schnell in einem Satz beantworten lässt.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Dann machen Sie zwei!)

Ja, das ist meine Auffassung. Sie haben nach meiner Auf fassung gefragt.

Letztlich musste er selbst wissen, wann für ihn der Zeitpunkt gekommen ist – aus seiner persönlichen Sicht, aus der Sicht der Verantwortung eines Ministers, auch was die Frage an geht, wie lange er angesichts dieses Drucks sein Amt noch so ausüben kann –, bis zu dem er noch hundertprozentig der Ver teidigungsminister – er war ein guter Verteidigungsminister – sein kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Die andere Seite ist, dass er mit seinem Rücktritt heute auch für die Wissenschaft ein klares Zeichen gesetzt hat. Das, was er nämlich in der Wissenschaft nicht in dem Sinne geleistet hat, wie ein Doktorand es hätte leisten müssen, ließ ihn zu mindest im Gesamtkontext für heute zu dem Schluss kom men, dass er sein Amt niederlegt.

Ich glaube, dass man auch dies im Kontext sehen muss. Ich glaube nicht, dass das eine nachhaltige Beschädigung der Wis senschaft ist. Wir haben in Deutschland 25 000 Promotionen im Jahr. Davon ist ein Anteil von 0,3 % so verfälscht, dass die Doktorgrade verloren gehen. Das ist also nicht nur ein Einzel fall, sondern es gibt einige Fälle. Das sind aber sehr wenige, sodass man nicht davon sprechen kann, hier sei die Wissen schaft als Ganzes beschädigt worden.