Herr Staatssekretär, gab es also zu keinem Zeitpunkt Sicherheit darüber – was Herr Palmer nach außen als sicher vertreten hat –, dass die Höllentalbahn und die Dreiseenbahn stillgelegt werden sollten? Gab es Informationen, dass das definitiv der Fall sein sollte, sodass er verkünden konnte, diese Strecken würden stillgelegt?
Lieber Kollege Haas, ich erinnere daran, dass wir mehrfach über die Dreiseenbahn miteinander gesprochen haben. Wenn wir eine Verkehrsmenge bei der Bahn abmelden – so, wie es uns der Verkehrsvertrag ermöglicht –, kann die Bahn als Reaktion darauf bestimmen, wie sie diese Kürzung umsetzt. Ein Unternehmen, das vor allem betriebswirtschaftlich denken sollte und denken müsste und das auch tut, kommt dabei natürlich zunächst einmal zu der Reaktion, die in betriebswirtschaftlicher Hinsicht den raschesten und weitestgehenden Einspareffekt bringt. Da sind Streckenstilllegungen für Einsparungen geeigneter als Reduzierungen im Fahrplan. Das war eine völlig logische Ausgangslage.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Und was ist jetzt falsch daran, dass wir Wind dagegen machen? Nichts!)
Wir haben von Anfang an gesagt, dass es jetzt in den Verhandlungen darum geht, dass Streckenstilllegungen – ob
wohl die Bahn laut Verkehrsvertrag das Recht dazu hätte – nicht eintreten und dass wir diese so weit wie möglich verhindern.
Damit Sie die Situation bewerten können, sage ich Ihnen jetzt noch schnell, was nun – nicht ab dem nächsten Dezember-Fahrplan, sondern, ein halbes Jahr verschoben, im Sommer nächsten Jahres – in Baden-Württemberg wirklich eintreten wird. Ich nenne nur zwei Vergleichszahlen: Seitdem der ÖPNV vor zehn Jahren in Landesverantwortung überging, haben wir ein Plus von 50 % im Angebot erreicht. Wir konnten das Angebot also um 50 % ausweiten. Jetzt reduzieren wir ab Sommer nächsten Jahres, wenn wir nur den Vertrag mit der Bahn zugrunde legen, im Vertrag um 5 % und, wenn wir flächendeckend den ÖPNV in Baden-Württemberg insgesamt zugrunde legen, um 3 %. Es gibt also wahrlich keinen Grund, hier Schwarzmalerei zu betreiben
und so zu tun, als würden wir in die Steinzeit zurückfallen oder in Zeiten, als der Bund noch für die Organisation des ÖPNV verantwortlich war.
Meine Damen und Herren, wenn man nicht mit Verschuldung einen Ausgleich für die Kürzungen des Bundes schafft, dann muss man – da haben wir sogar vom Kollegen Palmer Zustimmung bekommen, was die Umschichtung im GVFG-Bereich betrifft – natürlich auch in ein paar andere Bereiche hinein. Da sind wir bei einem Punkt, den wir auch nicht gern gemacht haben: Das ist die Kürzung der Busförderung. Aber teilen wir jetzt nicht Busverkehr stringent auf zwischen Stadt und Land. Wir haben in den Städten – gehen Sie mit offenen Augen durch Stuttgart – natürlich auch Buslinien und Busverkehr und die Notwendigkeit, im ÖPNV Ersatzbeschaffungen für den Busverkehr zu machen – genauso wie im ländlichen Raum.
Aber unsere Busförderung war bisher beispielhaft und beispielgebend. Wir haben eine hochmoderne Busflotte im Land. Es gibt aber kaum noch ein anderes Land – und jetzt nach den Regionalisierungsmittelkürzungen immer weniger Länder –, das überhaupt noch eine Busförderung hat. Wir werden umstellen – wir sind da im Gespräch mit den Busorganisationen – auf eine Darlehensvariante mit Zinsverbilligung,
Meine Damen und Herren, die Antworten der Landesregierung auf die Große Anfrage der FDP/DVP-Fraktion zeigen meines Erachtens sehr deutlich, dass der ÖPNV in BadenWürttemberg kein Auslaufmodell ist, sondern bei allen Fi
nanzzwängen in der Zukunft auch noch Entwicklungschancen besitzt. Wir werden z. B. im Ausgleichsrecht für den Auszubildendenverkehr oder innerhalb eines neuen, kommenden europäischen Rechtsrahmens diese Möglichkeiten zu nutzen wissen. Dabei setzen wir weiterhin auf einen kontrollierten Wettbewerb und werden die Belange des Mittelstands im Verkehrsmarkt wahren.
Das Ausgleichsrecht hat eine ganz hohe Bedeutung für den Busverkehr im Land. Wenn Sie einmal nicht nur mit dem WBO reden, sondern wenn Sie hinausgehen zu den Busunternehmen im ländlichen Raum und fragen, was eigentlich das wirkliche Unterstützungsinstrument für den BusÖPNV in der Fläche ist, dann hören Sie, dass die ganz großen Wert darauf legen, dass in den Ausbildungsverkehren nicht gekürzt wird. Nehmen wir auch hier zwei Größen: bisher 35 Millionen € in der Busförderung, zukünftig 10 Millionen € im Landesprogramm, und rund 240 Millionen €, die über Schülerverkehr und über Ausbildungsverkehre an die Busunternehmen gehen. Grundlage ist ein Bundesgesetz. Das wird sich allerdings im Rahmen der Föderalismusreform weiterentwickeln und ändern. Aber auch hier gibt es Spielräume, und die Busunternehmen wissen, dass wir die Spielräume sehr stark zugunsten des Busverkehrs ausschöpfen.
Beim Ausgleichsrecht – einige wenige Sätze dazu, meine Damen und Herren – wollen wir die ab nächstem Jahr geltende Öffnungsklausel für die Länder nutzen und mehr Planungssicherheit und Berechenbarkeit schaffen. Wir haben ein Konzept zur Pauschalierung der Ausgleichsleistungen entwickelt und werden uns von dem bisherigen Antragsverfahren verabschieden, das sich als aufwendig, kompliziert und missbrauchsanfällig erwiesen hat. Das Ausgleichsverfahren wird einfacher, schneller und effizienter.
Die zweite große Baustelle – Sie haben weitere angesprochen –, auf der wir momentan unterwegs sind, ist der europäische Rechtsrahmen, ist das Vergaberecht bei öffentlichen Verkehren, bei der Beachtung von besonderen Strukturen, die wir in Baden-Württemberg haben, nämlich einer Mischung von starken mittelständischen – auch von kleinen mittelständischen – und von kommunalen Angeboten.
Und eine dritte Baustelle – auch aus Zeitgründen nur angedeutet –, wo wir als Land nach der Föderalismusreform einen großen Gestaltungsspielraum bekommen, sind die GVFG-Mittel, die ja jetzt nicht mehr mit Bundesvorgaben kanalisiert und kontrolliert werden, sondern wo wir ein eigenes Gestaltungsrecht haben und wo wir auf Landesebene Sicherheit schaffen wollen, damit man auch in fünf, in zehn Jahren und vor allem über das Jahr 2019 hinaus, wenn jede Bindung des Bundes fällt, verlässlich ein GVFG-Förderprogramm im Land hat.
Meine Damen und Herren, viele Aufgaben liegen vor uns. Ein großes Problem haben wir gelöst. Aber ich kann eines voraussagen: In Baden-Württemberg wird es auch in Zukunft ein erfolgreiches, starkes und verlässliches ÖPNVSystem geben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Win- fried Kretschmann GRÜNE: Zum pikanten Thema der Verhandlungen mit der Bahn haben Sie kein Wort verloren!)
Herr Staatssekretär Köberle, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage oder Nachfrage des Herrn Abg. Palmer?
Herr Staatssekretär, Sie haben die Gelegenheit zu einer ausführlichen Abrechnung mit meiner Arbeit genutzt. Ich darf Sie eines fragen: Würden Sie es an meiner Stelle als kleines, unbedeutendes Licht in der Opposition
(Oh-Rufe – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Tief- stapler! – Abg. Katrin Altpeter SPD: Fishing for compliments!)
als Erfolg betrachten, wenn Sie über Monate hinweg fordern würden und das dann tatsächlich eintritt, dass aus einer Kürzung von 70 Millionen € beim Schienenverkehr, die der Bund gegen alle Ziele des Umweltschutzes vornimmt, im Landesbereich eine Kürzung von 13 Millionen € wird, indem man beim Straßenbau Mittel streicht, indem man umschichtet und vermeidet, dass Verkehre eingestellt werden und Strecken stillgelegt werden? Wären Sie nicht, wenn Sie das forderten und die Regierung das am Ende machte, der Auffassung, dass das einen Erfolg Ihrer Politik bedeutet?
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Da wird Ursache und Wir- kung verwechselt! – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Wenn wir Oppositionsarbeit so machen würden, wie ihr euch das vorstellt, gäbe es uns hier schon gar nicht mehr! – Gegenruf des Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Das wäre schade! – Heiter- keit)
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Große Anfrage Drucksache 14/67 besprochen.
a) Große Anfrage der Fraktion der SPD und Antwort der Landesregierung – Ausbau und Förderung der erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg – Drucksache 14/162
b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Entwicklung und Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung und der Energieeffizienz im Land – Drucksache 14/376
c) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Aufbau einer Energiegesellschaft zur Förderung der Biomassenutzung und Steigerung der Energieeffizienz – Drucksache 14/377
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu den Buchstaben b und c fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, gestaffelt, und für das Schlusswort zu Buchstabe a fünf Minuten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben es gerade schon beim Aufruf des Tagesordnungspunkts mitbekommen: Wir machen hier einen richtigen Rundumschlag zu den Themen „Erneuerbare Energien“ und „Energiewirtschaft in Baden-Württemberg“.
Ich möchte zunächst einmal sagen: Die Antwort zu unserer Großen Anfrage ist sicherlich sehr detailliert, sehr gut ausgeführt. Ich glaube, wir können alle diese Zahlen verwenden und daraus Schlüsse ziehen. Aber wir werden wahrscheinlich wieder alle völlig unterschiedliche Schlüsse ziehen. Das hielte ich jedoch für fatal.
Hinsichtlich des Verdoppelungsziels bei der Bruttostromerzeugung wurden Fortschritte erzielt, das Ziel ist jedoch noch nicht erreicht.