Erster Punkt: Ich habe bei der letzten Debatte über die Frage, wie wir die Tatsache, dass jährlich 80 Millionen € weniger für den ÖPNV zur Verfügung stehen, bewältigen, gesagt: Es darf nicht einseitig zulasten des ländlichen Raums gehen. Ich freue mich, dass wir heute feststellen können, dass die Reduzierung dieser Mittel verkraftet werden konnte, ohne dass es zu Streckenstilllegungen gekommen ist.
Ich glaube, das ist eine wesentliche Aussage für den ländlichen Raum. Ich freue mich, dass wir mit unserer Zielsetzung in diesem Punkt Schritt halten konnten.
Aber was Sie in diesem Punkt während der Sommerpause veranstaltet haben, hat wohl nur dazu gedient, Ihre Popularität zu erhöhen, hatte aber mit der Sache überhaupt nichts zu tun.
Zweite Feststellung: Herr Staatssekretär, wir sind im Moment auch dabei, die Zuschüsse für den Ausbildungsverkehr und die Zuschüsse für den Schwerbehindertenverkehr unter die Lupe zu nehmen, um nicht zu sagen: zu reformieren. Wenn wir jetzt schauen, wie wir die 80 Millionen € verkraftet haben, dann müssen wir sagen, dass z. B. die Kürzung der Busförderung um 25 Millionen € im Jahr ja schon eine einseitige Maßnahme zulasten des ländlichen Raums ist.
Denn der Bus ist das Verkehrsmittel des ländlichen Raums, während die Schiene das des Ballungsraums ist.
Nun habe ich die herzliche Bitte, dass wir, was § 45 a des Personenbeförderungsgesetzes und § 6 a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes betrifft, nicht einfach nach dem Gießkannenprinzip vorgehen. Denn wenn wir bei der Reform dieser Zuschussmöglichkeiten jetzt den ländlichen Raum noch einmal so heranziehen, wie wir es bei der Verkraftung der 80 Millionen € getan haben, tun wir allerdings des Guten zu viel, glaube ich. Bei der Reform des § 45 a muss derjenige, der die große Zahl hat, mehr bringen als derjenige, der die kleine Zahl hat. Damit meine ich, er muss verhältnismäßig mehr bringen, denn sonst geht diese Reform einseitig zulasten des ländlichen Raums.
Dritte Feststellung: Wir stehen vor der Neufassung der Richtlinie der Europäischen Union, was den ÖPNV betrifft. Auch hier können wir, glaube ich, heute mit Zufriedenheit feststellen, dass der größere Teil unserer Sorgen aller Voraussicht nach ausgeräumt ist. Unsere mittleren und größeren Städte behalten ihren eigenen Stadtverkehr. Bei den Verkehrsträgern wiederum, die dem Mittelstand angehören, gibt es ebenfalls die Ausnahmemöglichkeit, dass Direktvergaben zulässig sind. Ich habe es eigentlich noch nie erlebt, dass unser Bundesverkehrsminister sowohl vom VDV als auch von der Bundesorganisation der Busunternehmer so einmütig gelobt worden ist wie für diesen Kompromiss,
der im Ministerrat der Verkehrsminister zustande gekommen ist. Ehre, wem Ehre gebührt. Leisten wir alle unseren Anteil, dass es im Europäischen Parlament jetzt nicht wieder zu einer Veränderung zum Schlechten kommt.
Vierte Feststellung von mir: Bei der Veränderung der Zuschüsse für unsere Verbünde haben wir wenigstens einen Anfang für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Verbünden bis hin zu Zusammenschlüssen gemacht. Wenn ich hier meine persönliche Meinung sagen darf: 19 Verbünde oder Kooperationen in Baden-Württemberg sind ein paar zu viel.
Wir alle können nur hoffen, dass das leichte Anziehen des goldenen Zügels auf diesem Gebiet tatsächlich Früchte trägt.
Meine Damen und Herren, letzte Feststellung: Irgendein Kollege hat eben zu mir gesagt, ich solle sagen: Bei dem Geld, das wir für den ÖPNV in der Vergangenheit ausgegeben haben und in Zukunft ausgeben können, haben wir in den letzten 10, 15 Jahren fünf Schritte nach vorn gemacht, und jetzt haben wir einen Schritt zurück gemacht bzw. zurück machen müssen. Drücken wir es fachmännischer so aus: Wir sind nach einer Phase der nachdrücklichen Förderung des ÖPNV, die sich aber Gott sei Dank auch in einer spürbar stärkeren Frequenz ausgezahlt hat, jetzt in einer Konsolidierungsphase. Tun wir jetzt alles, damit die Kon
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Scheuermann, Sie reden einfach vernünftig. Das muss man Ihnen attestieren. Dies zeigt auch, dass es in Sachen Verkehr immer wieder Konsens zwischen den Parteien gibt,
weil es darum geht, für dieses Land Baden-Württemberg Richtiges und Gutes zu erreichen, weil der Verkehr eine der Lebensadern für die Wirtschaft, für die Menschen in diesem Land ist.
Richtig ist, dass wir derzeit das Thema verstärkt auf der Tagesordnung haben, nicht weil neue Ideen und Konzepte vorhanden sind, sondern weil wir weniger Geld haben. Das ist der eigentliche Anlass, warum wir uns hier im Landtag verstärkt damit beschäftigen: einerseits Kürzung der Regionalisierungsmittel, § 45 a, GVFG und anderes; andererseits haben die Unternehmen stärkere Belastungen bei den Energiepreisen, und die Mehrwertsteuer wird erhöht. Das ist die Situation.
Als Drittes haben wir auch immer wieder Klagen. Auch das sei gesagt. Manche Leistungserbringer erbringen nicht die gewünschte Leistung. Ich erinnere nur an den Pendolino, das Drama mit diesem Saunazug auf vielen Strecken, beispielsweise zwischen Albstadt und Tübingen. Das ist eine glatte Zumutung. Wir erwarten gelegentlich schon, dass die Landesregierung mehr Druck macht, um diese katastrophalen Situationen und Zustände zu beheben.
Die FDP/DVP fragt zu Recht: Wie geht es denn weiter? Aber sie fragt unter teilweise falschen Prämissen, oder sie springt mit ihren perspektivischen Absichten zu kurz. Die Frage heißt eigentlich: Wie sieht der ÖPNV in 20 Jahren aus? Denn dafür müssen wir schon heute die Weichenstellungen vornehmen.
Wir sehen im Wesentlichen vier wichtige Aufgabenfelder – ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Wir brauchen eine gewisse Restrukturierung. Das wurde vorhin auch schon von Herrn Scheuermann angesprochen. Man erinnere sich an die Siebziger- und Achtzigerjahre. Damals gab es zwei Aufgabenträger, Bahn und Post, und private Unternehmer. Es war völlig klar, wer zuständig ist. Wir haben heute einen Wirrwarr, ein Konglomerat, ein Dickicht an Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten, sodass allmählich nur noch Professoren den Durchblick haben, wer wofür zuständig ist. Der Normalbürger versteht das ganze System nicht mehr angesichts der Vielschichtigkeit derer, die bestellen und zahlen.
Wir müssen uns der Frage stellen, wie das Verhältnis zwischen Subvention und Nutzerfinanzierung einzujustieren ist. Es sind die Fragen zu stellen: Wo hat der ÖPNV im Mobilitätsverbund von Flugzeug – das sage ich ausdrücklich –, Schiene und Straße seine Rolle? Wie können wir die Transportketten in der Zukunft angesichts veränderter Umstände sicher machen? Wie können wir sie verbessern?
Viertens müssen wir uns fragen – auch dies bitte ich zu bedenken –: Wie können wir die Informationstechnologie und die Kommunikationstechnologie fruchtbar machen für eine bessere Nutzung des Verkehrsnetzes insgesamt? Ein Teil dieses Verkehrsnetzes ist sicherlich der ÖPNV.
Die FDP/DVP hat nun eine Große Anfrage mit ungemein vielen Details gestellt, ist aber gelegentlich doch ganz kurz gesprungen. Es ist unmöglich, auf alles einzugehen. Ich möchte zunächst einmal zwei Punkte herausgreifen.
Stichwort ländlicher Raum: Es ist nun wirklich nicht ganz so, wie Sie meinen, Herr Bullinger. Der ländliche Raum hat durch die Kürzung der GVFG-Mittel bei den Restrukturierungen angesichts der Kürzung der Regionalisierungsmittel am meisten bluten müssen. Es war nicht die Deutsche Bahn AG. Es waren die Busunternehmer, die mit 25 Millionen € den größten Beitrag leisten. Diese sind im ländlichen Raum angesiedelt. Punkt, aus, amen.
Sie erhalten daneben im Unterschied zur Deutschen Bahn AG keinen Ausgleich für die Erhöhung der Energiekosten. Das müssen die Busunternehmer selbst tragen. Die logische Folge ist doch ganz eindeutig: Dort werden sich die Fahrpreise überdurchschnittlich stark erhöhen. Das ist Fakt. Diese betriebswirtschaftliche Kostenrechnung kann man selbst der FDP/DVP zumuten.
(Heiterkeit bei den Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ihr Oberrechner!)
Wir haben natürlich noch ein zufriedenstellendes Angebot, aber das ist angesichts dieser Tendenzen gerade im ländlichen Raum überaus stark gefährdet, was das Angebot an Busverkehr durch mittelständische Unternehmer betrifft.
Zudem, das sei auch noch einmal gesagt, ist der komplette Busverkehr im ländlichen Raum öffentlich subventioniert, weil die Fahrgäste nahezu ausschließlich Schüler sind, für deren Beförderung der Staat wiederum das meiste Geld zuschießt.
Das heißt, wir müssen – Stichwort § 45 a, da gebe ich Herrn Scheuermann völlig recht – bei der Kürzung der Mittel für die mittelständischen Busunternehmer am Ende der Fahnenstange angekommen sein. Wir haben schon die jetzigen Kürzungen der GVFG-Mittel für zu krass gehalten. Andernfalls entsteht ein Ungleichgewicht. Das sei einmal so formuliert.
Es sei aber noch auf ein Detail hingewiesen, auf das die FDP/DVP abhebt. Sie fragt nämlich: „In welcher Form
kann – entsprechend dem Vorschlag des Landesseniorenrats – Senioren eine Hilfe bei der Benutzung der neuen Fahrkartenautomaten auf Bahnhöfen im ÖPNV-Bereich zukommen?“ Richtig ist: Die Fahrkartenautomaten sind eine Katastrophe. Die Senioren blicken da wahrscheinlich nicht durch. Aber es ist natürlich zu kurz gesprungen, zu sagen, nur die Senioren blickten da nicht durch.
Da brauchen Sie nicht Senior zu sein. Ich gehe jede Wette ein: Hier drin kapiert es wahrscheinlich niemand; Herr Palmer vielleicht, aber der hat ja auch eine Freifahrkarte. Aber sonst kapiert das niemand, und Sie gleich zweimal nicht, Herr Noll.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Aber wir tun dem Landesseniorenrat die Ehre an, zu sagen, dass er darauf hingewiesen hat!)
Sonst gehen wir zusammen zum Bahnhof hinüber, und Sie zeigen mir das. Das ist keine Frage der Senioren, überhaupt nicht.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, das stimmt! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Aber die haben das in ihren Gremien thematisiert!)
Das ist bei den Junioren genauso. Das heißt, Sie dürfen darüber diskutieren, aber Sie dürfen dann nicht so naiv sein, zu glauben, das sei das einzige Problem dabei.
Vielmehr muss das dann auf die Bediener- und Benutzerfreundlichkeit des ÖPNV und der Züge übertragen werden. Da stellt sich nicht die Frage, ob ich einen Hilfsberater neben den Automaten stellen kann. Das ist doch Unfug.