Ich finde, alle anderen Punkte können wir gern nochmals in einer Ausschusssitzung beraten. Ich hoffe, dass wir dann zu einem Einvernehmen im Sinne der Unternehmen und der Be schäftigten kommen.
Meine Damen und Herren! Es ist eigentlich traurig, dass man überhaupt über ein solches Ge setz reden muss. Denn ich denke doch, dass öffentliche Auf traggeber ohnehin eine Vorbildfunktion haben.
Vielleicht müssen wir eher über das Vergaberecht sprechen. Da gibt es immer wieder das Problem, dass der billigste Bie ter genommen werden muss – er muss natürlich nicht genom men werden, aber häufig wird er genommen, weil man Aus einandersetzungen vor Gericht fürchtet.
Wie Sie wissen, komme ich aus der Welt und nicht von irgend einem Amt. Ich habe nichts gegen Ämter, aber in der Realität sieht es oftmals anders aus, als man es sich am grünen Tisch vorstellt. Als wir in Deutschland die 38-Stunden-Woche ein geführt haben, habe ich mit den Mitarbeitern verschiedener Unternehmen gesprochen. Die Leute sagten mir: „Jetzt haben wir die 38-Stunden-Woche. Das ist recht, aber jetzt müssen wir in 38 Stunden das schaffen, was wir vorher in 40 Stunden gearbeitet haben.“
Meine Damen und Herren, solche Gesetze zu erlassen ist gut gemeint, aber sie sind schwer umsetzbar, weil ihre Einhaltung einfach nicht zu kontrollieren ist. Was wir brauchen – Herr Hausmann, da muss ich Ihnen einmal recht geben; Sie sind ja Gewerkschafter –, sind starke Gewerkschaften.
Die Gewerkschaften müssen für ihre Mitglieder und auch für alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer etwas tun.
Im Übrigen habe ich schon beim vorangegangenen Tagesord nungspunkt den Eindruck gehabt, dass die Wahlen näher rü cken.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nein! – Abg. Reinhold Gall SPD: Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass am 27. März Wahlen sind?)
(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Reinhold Gall SPD: Was geht Sie meine Leber an? Ich trinke seit drei Wo chen keinen Alkohol mehr!)
Ich darf Ihnen sagen: Das Tariftreuegesetz haben wir hier be reits im Jahr 2007 Punkt für Punkt diskutiert. Der flächende ckende Mindestlohn klingt gut, aber, meine Damen und Her ren, Sie haben teilweise das bereits geltende Gesetz zur Mo dernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 übernom men. Darin steht – ich zitiere –:
Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforde rungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbeson dere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte be treffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbe schreibung ergeben.
Andere oder weiter gehende Anforderungen dürfen an Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bun des- oder Landesgesetz vorgesehen ist.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Genau! Das haben wir doch vor! – Abg. Stephan Braun SPD: Guten Mor gen! – Weitere Zurufe von der SPD)
Die Handreichung, die es zum Gesetz gibt, Herr Gall. Le sen Sie sie doch einmal, bevor Sie hier immer herumzetern.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Ich wollte nur wis sen, wo ich lesen muss! – Abg. Jörg Döpper CDU: Herr Gall, lesen Sie die Handreichung!)
Auf der Grundlage der Vergaberechtsreform kann nun... sowohl die Beachtung grundlegender Sozialstandards bei Lieferleistungen aus Entwicklungs- und Schwellenländern als auch die Einhaltung von allgemein verbindlichen Min destlöhnen bei in Deutschland auszuführenden Dienst leistungen gefordert werden.
Allgemein verbindliche Mindestlöhne bestehen aufgrund des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes... und... nach dem... Mindestarbeitsbedingungengesetz...
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das steht doch im Ge setz! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Ge nau!)
Ich fasse mich kurz: Sie wollen nun aus dem Kann ein Muss machen, ohne jedoch ausreichend darzulegen, warum das so sein sollte.
Aktuell wird über die Zeitarbeitsbranche geredet, nicht zuletzt wegen der Öffnung des Arbeitsmarkts unserer östlichen Nach barländer im Nachgang zu deren EU-Beitritt im Jahr 2004. Ich sage Ihnen: Es wird eine Lohnuntergrenze für die Zeitar beit geben, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, je doch systematisch an der richtigen Stelle und nicht durch Vor gaben, wie Sie sie hier vorschlagen. Sie schlagen ein weite res Bürokratiemonster vor. Wenn es um Bürokratie geht, ist Ihnen normalerweise nichts zu viel.
Ich kann Ihnen sagen: Wenn hier ein nicht tarifäres Handels hemmnis eingerichtet werden soll, könnte man dem vielleicht zustimmen. Aber auch dabei werden wir erhebliche Probleme bekommen.
Meine Damen und Herren, die Einbringung des Gesetzent wurfs ist nichts anderes als Wahlkampfgetöse. Dabei entsteht nichts anderes als bürokratischer Aufwand, ein riesiger Ver waltungs- und Überwachungsaufwand. Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint, meine sehr geehrten Damen und Her ren. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es gehört. Der vorliegende Gesetzentwurf der SPD-Fraktion ist in der Sache nicht neu. Er ist eher schon ein kleiner Wanderpokal, der be reits im Jahr 2007 in Form eines Tariftreuegesetzes einge bracht worden ist.
Ich will daran erinnern, dass dieser Entwurf im Jahr 2007 nicht nur von der Mehrheit des Landtags, sondern auch von allen kommunalen Landesverbänden klar abgelehnt worden ist.
Er ist auch von den allermeisten Wirtschaftsverbänden klar abgelehnt worden. Dieser Entwurf ist im Wesentlichen aus zwei Gründen abgelehnt worden: erstens aufgrund erhöhter Verwaltungskosten und zweitens aufgrund der Verteuerung der Aufträge insbesondere bei den Kommunen.
Sie haben im Jahr 2007 gefordert, dass öffentliche Bau- oder Dienstleistungsaufträge nur an Unternehmen vergeben wer den dürfen, die ihre Arbeitnehmer bei der Ausführung dieser Leistungen nach den jeweils in Baden-Württemberg für Ta rifvertragsparteien geltenden Tarifen entlohnen. Ich habe da
mals von dieser Stelle aus darauf hingewiesen, dass es besser wäre, zunächst einmal die Entscheidung des Europäischen Ge richtshofs in einem Verfahren abzuwarten, das damals anhän gig war.