(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl! Sehr gut! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)
Noch eines: Sie finden in diesem Nachtrag sehr bewusst kei ne Einsparungen zulasten der Kommunen. Die Landesregie rung und die sie tragenden Fraktionen haben sich stets zur kommunalen Selbstverwaltung bekannt. Wir wissen, dass die
Kommunen die Grundlage unseres demokratischen Systems bilden. Für uns hat eine starke kommunale Selbstverwaltung Vorrang.
Eines ist klar: In den letzten Jahren waren die Kommunen stär ker als der Bund und die Länder von der Finanzkrise der öf fentlichen Haushalte betroffen. Zugleich sind einerseits Leis tungsgesetze des Bundes gekommen, wobei es nicht überall einen Ausgleich gab. Davon sind die Kommunen ebenfalls stark betroffen. Außerdem sind die Steuereinnahmen der Kommunen im Zuge der weltweiten Finanz- und Wirtschafts krise erheblich stärker zurückgegangen als die des Bundes und der Länder. Allmählich zeichnet sich ab, dass bei den Kom munen auch wieder eine stärkere und schnellere Besserung eintritt, als das bei Bund und Ländern der Fall ist. Aber das müssen wir abwarten, um dann die richtigen Konsequenzen für die Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs zie hen zu können.
Ich bin zuversichtlich, dass das Land und die kommunalen Landesverbände die laufenden Gespräche über spezielle The men im Bereich von Bildung und Betreuung, über Pädagogi sche Assistenten und Jugendsozialarbeit oder über den weite ren Ausbau von Ganztagsschulen und Kleinkindbetreuung er folgreich abschließen können. Wichtig ist aber auch, dass die Gemeindefinanzkommission des Bundes bald zu Ergebnissen kommt. Gemeinsam müssen Bund und Länder sicherstellen, dass den Kommunen eine Finanzausstattung zur Verfügung steht, die sich nicht auf das zur Erfüllung der Pflichtaufgaben erforderliche Maß beschränken darf, sondern auch der grund sätzlichen gesetzlichen Garantie der kommunalen Selbstver waltung in vollem Umfang Rechnung trägt.
Mit diesem Nachtrag werden Haushaltsansätze korrigiert, weil sich die Voraussetzungen geändert haben. So führt z. B. eine geringere Kreditaufnahme zu geringeren Schuldzinsen.
Eine günstige wirtschaftliche Entwicklung erlaubt es uns, die Ansätze für die Inanspruchnahme von Landesbürgschaften zurückzufahren, weil einfach das Risiko nicht mehr so groß ist.
Die erweiterte Budgetierung von Sachausgaben wird, wie schon bisher praktiziert, mit einer vorab veranschlagten Effi zienzrendite verbunden. Ein Mehr an Budgetierung ist durch aus in unserem Sinn, denn dadurch wird effizienter mit Geld umgegangen.
Die globale Minderausgabe gefällt mir als Parlamentarierin auch nicht unbedingt, weil dieses Instrument in das Haushalts recht des Landtags eingreift. Aber wir müssen schauen, wie wir das Geld zusammenbekommen, und wir wollen das auch nicht bis auf den letzten Punkt konkretisieren. Da müssen eben die Häuser wissen, wo Einsparungen bei ihnen möglich sind und wo nicht.
Außerdem haben wir glücklicherweise die Möglichkeit, Über schüsse aus den Vorjahren in Anspruch zu nehmen. Das trägt ebenfalls zur Entlastung des Haushalts bei.
Gesagt wurde auch schon, dass der Nachtrag in begrenztem Umfang Mehrausgaben vorsieht. Sie sind z. B. für die Infra struktur des Landes wichtig, also für den Straßenbau und die Städtebauförderung.
Jetzt meckern Sie daran herum, dass wir etwas machen. Nein, wir wissen, was zu tun ist. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass es bei der Förderung der Breitbandverkabelung nicht nur im ländlichen Raum, sondern auch im Ballungsraum noch Lü cken gibt, die wir füllen müssen, damit das Land sowie die Betriebe und die Menschen in unserem Land weiterhin wett bewerbsfähig bleiben.
Die Bildungsinfrastruktur wird weiter verbessert; das wurde auch angesprochen. Die FDP/DVP hat schon vor Jahren auf die Notwendigkeit von Sondermaßnahmen zur Sicherung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum hingewiesen und darauf, dass dieses Problem auf uns zukommt. Dr. Uli Noll war es immer wichtig, dass wir uns rechtzeitig darauf vorbe reiten. Viele in diesem Raum haben es nicht geglaubt, und jetzt ist es so weit. Ich bin froh, dass wir jetzt etwas tun.
Die Ausstattung der Polizei und die Überstundenvergütung bei der Polizei sind uns genauso wichtig, wie es das Aufsto cken des Stiftungskapitals der Stiftung Entwicklungs-Zusam menarbeit ist.
Schließlich enthält dieser Nachtrag auch noch einen Ansatz von 57 Millionen € für die Umsetzung der Vorschläge des Gutachtens, das McKinsey und IAW zu den wirtschaftlichen und technologischen Perspektiven der Landespolitik bis zum Jahr 2020 erstellt haben.
Insgesamt, meine Damen und Herren, handelt es sich um ei nen Nachtrag, mit dem wir unseren Zielen ein weiteres Stück näher kommen. Schritt für Schritt, solide und zuverlässig sor gen wir dafür, dass weiterhin gelten kann, was einst Theodor Heuss über unser Land gesagt hat: „Baden-Württemberg, ein Modell deutscher Möglichkeiten.“
Mir liegen keine wei teren Wortmeldungen vor. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 14/7320 zur weiteren Beratung an den Finanz ausschuss zu überweisen. – Sie stimmen dem Vorschlag zu.
Bericht und Empfehlungen der Enquetekommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft – berufliche Schu len, Aus- und Weiterbildung“ – Drucksache 14/7400
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Einbrin gung und Vorstellung des Berichts durch die Vorsitzende der Enquetekommission eine Redezeit von zehn Minuten und für die Aussprache über den Bericht und die Empfehlungen der Enquetekommission eine Redezeit von zehn Minuten je Frak tion festgelegt.
Bevor ich der Vorsitzenden der Enquetekommission, Frau Abg. Krueger, das Wort erteile, möchte ich nicht versäumen, auf der Besuchertribüne auch die externen Mitglieder der En quetekommission, die an den Beratungen engagiert mitge wirkt haben, herzlich zu begrüßen.
Zur Einbringung und Vorstellung des Berichts der Enquete kommission erteile ich jetzt Frau Abg. Krueger das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Vielen Dank. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren, die Sie uns in der Enquete begleitet haben und uns auch heute bei der Einbrin gung den Rücken stärken: ein herzliches „Grüß Gott“ auch von meiner Seite.
Im Oktober 2009 wurde die Enquetekommission „Fit fürs Le ben in der Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ durch einstimmigen Beschluss des Landtags eingesetzt. Heute darf ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kol legen, dem Landesparlament, den gehaltvollen und gewichti gen, auf 956 Seiten umfassend dokumentierten Bericht der Enquetekommission fristgerecht vorlegen.
Keine Sorge, keine Sorge! Es gibt eine Kurzfassung. Sie fin den sie auf den Seiten 5 bis 12. Ich meine, das kann man schon noch lesen.
Gestatten Sie mir einige Worte zum Verfahren, zur Arbeits weise der Kommission. Wir hatten sieben Expertenanhörun gen und eine Verbandsanhörung durchgeführt. Die Themen der Expertenanhörungen – Sie finden auch das schön aufge gliedert im Inhaltsverzeichnis – reichten vom europäischen Kontext der beruflichen Bildung über das duale System als gemeinsame Leistung von Wirtschaft und Schule über die Weiterentwicklung von Standorten beruflicher Schulen, die Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung, die Weiterbildung insgesamt bis hin zum Thema „Sicherung des Fachkräftebedarfs und Integration durch berufliche Schulen, Wirtschaft und Weiterbildung“.
Wir haben eine Informationsfahrt nach Konstanz und in die Schweiz durchgeführt. Dort erhielt die Enquete Anregungen zu Fragen des grenzüberschreitenden Austauschs von Auszu bildenden und konnte am beruflichen Schulzentrum in Win terthur Einblick in die dort weiterentwickelte Eigenständig keit der beruflichen Schule, insbesondere im Hinblick auf den Einsatz des Fortbildungsbudgets, nehmen.
Zu den Arbeitsfeldern der Enquetekommission: technologi scher Wandel, Globalisierung, demografische Entwicklung, Wandel von der Dienstleistungs- zur Wissensgesellschaft – ich will nur schlagwortartig einige der großen und zentralen Herausforderungen benennen, denen sich unser Land stellen muss. Für uns geht es dabei um nichts weniger als um die Si cherung des Wirtschaftsstandorts und unseres Wohlstands.
Im Mittelpunkt der Arbeit der Enquetekommission standen dabei die Bereiche „Berufliche Schulen“, „Ausbildung“ so wie „Berufliche und allgemeine Weiterbildung“. Der Landtag hatte die Enquetekommission beauftragt, zielgerichtete und passgenaue Handlungsempfehlungen zu den in diesen Berei chen bestehenden Herausforderungen zu entwickeln.
Vom Arbeitsauftrag der Enquete nicht umfasst waren die all gemeinbildenden Schulen, während hingegen der Bereich des Übergangs auf die berufliche Schule bzw. in die duale Ausbil dung einen wichtigen Themenschwerpunkt bildete.
Vier Ziele prägten die Arbeit der Enquete. Zuvorderst: Der Mensch steht im Mittelpunkt des Handelns. Deshalb besteht auch an die berufliche Bildung der Anspruch, sowohl Fach wissen als auch Werteorientierung zu vermitteln. Jeder soll seinen individuellen Bildungs- und Ausbildungsweg gehen können.
Zur Unterstützung schlagen wir u. a. einen internetbasierten Bildungsnavigator vor. Jeder soll jeden Tag ein Stückchen bes ser werden können.
Wir schaffen mit dem, was wir hier erarbeitet haben – davon sind wir überzeugt –, für die kommenden Jahre und Jahrzehn te die Voraussetzungen und eine gute Grundlage dafür. Denn Fachwissen allein reicht nicht. Betriebe brauchen Menschen – Menschen, die über ihr Fachwissen hinaus auch ein stabiles Wertegerüst besitzen.
Den Mitgliedern der Enquete ist es darüber hinaus wichtig, die Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung herzustellen. Dies gilt sowohl für die Unterrichtsversorgung, insbesondere für die Fortbildungsmittel, als auch für die Fra ge der gesellschaftlichen Akzeptanz und der gleichen Markt akzeptanz der Abschlüsse. Das Abitur an einem beruflichen Gymnasium muss den gleichen Marktwert besitzen wie das Abitur an einem allgemeinbildenden Gymnasium. Da es ihm in nichts nachsteht, darf es das auch.
Ein weiteres zentrales Ziel unserer Arbeit ist die Sicherung des Fachkräftebedarfs. Sie alle kennen die Prognos-Studie, die in diesem Haus schon mehrfach zitiert wurde. Sie prog nostiziert uns für das Jahr 2030 einen Fachkräftemangel von 500 000 Menschen, davon allein rund 230 000 Meister und Techniker. Baden-Württemberg braucht gut ausgebildete jun ge Menschen. Deshalb sind wir der Überzeugung: Investition in Bildung sichert Wohlstand in unserem Land.
Darüber hinaus erscheint es uns notwendig, die öffentliche Wahrnehmung der beruflichen Bildung zu verbessern. Beruf liche Bildung leistet schon heute hervorragende Arbeit. Nicht umsonst liegt Baden-Württemberg auf Platz 1 im Bildungs monitor des Instituts der deutschen Wirtschaft. Deshalb ist es nur recht und billig, wenn die berufliche Bildung auch mithil fe der Enquetekommission aus dem bisherigen Mauerblüm chendasein herauskommt. Unsere Ausgangsposition ist gut. Berufliche Schulen im Land sind spitze. Dies dürfen wir mit Fug und Recht so sagen. Das Qualitätsmanagement nach OES überzeugt die Wirtschaft – Bildungsmonitor Platz 1, ich habe es bereits genannt. Die Allianz-Studie 2010 beweist: Duale Ausbildung ist in. 55 % der Jugendlichen wollen eine duale Ausbildung aufnehmen.
Wir starten also von der Poleposition. Doch wir wollen unse ren Vorsprung weiter ausbauen, und wir müssen dies auch, wenn wir konkurrenzfähig bleiben wollen.
Dabei stehen wir vor etlichen Herausforderungen. Das gilt zum einen für die Sicherung der Standorte der beruflichen Schulen im ländlichen Raum. Die Enquetekommission emp fiehlt dabei z. B. für die Bildungsangebote, jeden Standort mit mindestens einem Bildungsgang mit Hochschulzugang aus zustatten. Wir wollen, dass mehr Raum für den Dialog der Partner vor Ort entsteht – Schule, Träger, Kammern, Innun gen und natürlich auch Eltern. Deshalb schlagen wir einen Wirtschaftsbeirat an den Berufsschulen vor, der den Dialog, die Kooperation zwischen Wirtschaft und Schule vor Ort er möglichen und vertiefen soll.