Protocol of the Session on December 15, 2010

Bei allem, was ich im Finanzausschuss feststelle, fehlt wirk lich jeder Rest von finanzpolitischer Kompetenz. Ich höre Sie nur Nein sagen, wenn es darum geht, konkret zu sparen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Machen Sie doch einmal einen Vorschlag! – Zurufe der Abg. Joachim Kößler CDU und Heiderose Berroth FDP/DVP)

Ich sage Ihnen: gar nichts, oder mit anderen Begriffen: null, nothing, zero, „niggesse“. Es kommt nichts.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Sind Sie im glei chen Ausschuss wie wir?)

Wir haben doch vor allem zu den ganz wesentlichen Dingen in den letzten Haushaltsberatungen Vorschläge gemacht – zu den ganz wesentlichen Dingen, etwa bei der großen Last, die wir haben. Sie beschwören es auch immer wieder. Ich lese hin und wieder auch Ihre Aufsätze, Herr Finanzminister. Sie be schwören immer wieder, dass wir eine riesige Pensionslast ha ben.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wollen Sie die Be amten erschießen, oder was?)

Eigentlich müssten wir Rückstellungen in Höhe von 70 Mil liarden € für unsere Pensionslast bilden, wenn wir kaufmän nisch bilanzieren würden. Wir haben gerade einmal 600 Mil lionen € in diesem Topf.

(Minister Willi Stächele: 1,7 Milliarden €!)

Jeden Vorschlag des Rechnungshofs, diesen Topf zu füllen, lehnen Sie ab. Verstehen Sie? Wir haben auch Vorschläge ge macht,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ja?)

z. B. bei der Beihilfe oder bezüglich der Pensionserhöhungen. Ich will Ihnen sagen: Wir alle waren beim Deutschen SteuerGewerkschaftstag. Dort hätten wir vor den Finanzbeamten einmal mutig sprechen können. Wer hat es denn gemacht? Ich war doch der Einzige, der den Mumm hatte, auf exakt diese Einsparvolumina hinzuweisen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Waren alle be geistert? Nein!)

Herr Finanzminister, da hätte ich mir von Ihnen etwas mehr Mut gewünscht. Sie haben dort ein schönes Grußwort gehal ten. Das war rhetorisch nett, aber Sie haben nichts Konkretes dazu gesagt.

(Minister Willi Stächele: Aber konkret sind Sie nicht geworden! – Zuruf: Wie viel Beihilfe würden Sie denn streichen?)

Kürzung auf 50 %; das haben wir schon zweimal beantragt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Könnte man mir das Protokoll geben mit den 50 %?)

Wie auch immer: Wenn man nachhaltige Finanzpolitik ma chen will, dann muss man die Dinge beim Namen nennen, ge rade auch in der Vorweihnachtszeit.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Eine nachhaltige Finanzpolitik können Sie nicht machen, oh ne dass es jemand merkt. Da ist man halt vor Weihnachten eher Knecht Ruprecht als das Christkind. Wenn Sie hier den Mumm nicht aufbringen – der Haushalt zeigt das auf –, dann muss ich leider feststellen: Es geht mit Ihnen finanzpolitisch nicht vorwärts. Es gilt das alte Sprichwort: „Zeige mir deinen Haushalt, und ich sage dir,

(Abg. Joachim Kößler CDU: Wer du bist!)

wer du bist.“

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Studiengebühren ab schaffen ohne Finanzierungsvorschlag!)

Ich sage Ihnen: Dieser Haushalt ist ein weiteres Dokument für den Niedergang von Schwarz-Gelb, ein weiteres Dokument für Blockade, Mutlosigkeit, Restregierung ohne Zukunftsfä higkeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Frau Abg. Berroth das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach den vielen Luftblasen möchte ich

noch einmal zum Konkreten dieses Nachtragshaushalts zu rückkommen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Im Mittelpunkt dieses Nachtrags steht die Absenkung der Neuverschuldung. Man muss wirklich deutlich sagen: Wir ha ben alle Mehreinnahmen, die durch die jüngste Steuerschät zung prognostiziert worden sind, dazu genutzt, um die ur sprünglich vorgesehene Neuverschuldung abzubauen.

Gleichwohl müssen wir festhalten: Das Steueraufkommen des Landes und der Kommunen liegt noch deutlich unter dem Ni veau des Jahres 2008. Das wird wohl auch in den Jahren 2012 und 2013 noch so sein. Deswegen müssen wir trotz einer he rausragenden wirtschaftlichen Entwicklung und trotz erfreu licher Steuereinnahmen bedenken: Der Haushalt konsolidiert sich nicht von selbst, auch nicht mit blumigen Reden, wie wir sie gerade gehört haben.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Vielmehr bedarf es erheblicher Anstrengungen und eines großen Maßes an Haushaltsdisziplin, wie wir es auch 2008 und 2009 gebraucht haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

In diesen Jahren haben wir es geschafft, den Landeshaushalt ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.

Unser Land verfügt inzwischen erfreulicherweise über eine Schuldenbremse. Wir müssen das Ziel und den Ehrgeiz ha ben, anderen Ländern vorauszugehen und den Schuldenstopp – also keine zusätzlichen Schulden mehr – nicht erst 2020, sondern deutlich früher wieder zu erreichen. Das werden wir 2012 und 2013 noch nicht schaffen. Aber unser Ziel ist es, ab dem Haushalt 2014/2015 wieder einen Schuldenstopp zu ha ben, keine zusätzlichen Schulden aufzunehmen und – so, wie es der Kollege Groh schon erwähnt hat und wie es seit 2007 in der Landeshaushaltsordnung steht – die Schulden, die wir in der Krise aufgenommen haben, kontinuierlich zu tilgen. Wir haben ja in Baden-Württemberg die Regelung eines Schuldenstopps, wie sie im Grundgesetz verankert wurde, schon in die Landeshaushaltsordnung aufgenommen.

(Beifall des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Die Motive der Nachhaltigkeit und der Generationengerech tigkeit erfordern es, dass wir unsere Politik so gestalten, dass sie nicht dauerhaft zulasten künftiger Generationen geht.

Eines ist auch klar: Eine grundlegende Konsolidierung des Landeshaushalts ist ohne Einsparung bei den Personalausga ben nicht möglich. Deswegen enthält dieser Nachtrag ein Stel lenabbauprogramm. Es ist schon gesagt worden, wer davon ausgenommen worden ist. Das will ich nicht wiederholen.

Einen besonders hohen Anteil haben allerdings die Regie rungspräsidien zu tragen. Da ist es uns wichtig, dass auch mit diesem Nachtrag ein Korridor geschaffen wird, dass mindes tens jede zweite durch Fluktuation frei werdende Stelle wie der besetzt werden kann.

Es ist uns auch wichtig, dass das vom Finanzminister zu Recht angesprochene Thema „Aufgabenkritik und Aufgabenabbau“ sehr genau angegangen wird. Ich habe nämlich schon den Ein druck, dass die Regierungspräsidien in den letzten Jahren nicht weniger, sondern mehr Aufgaben bekommen haben – auch durch diesen Landtag beschlossen. Dabei handelt es sich aber vor allem um Kontrollaufgaben, die vonseiten der EU und von Bundesseite auf uns zugekommen sind. Wir müssen sehr genau nachschauen, welche Aufgaben wirklich notwen dig sind, und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, um die se zu große Zahl von Aufgaben der Regierungspräsidien ab zubauen. Erst dann nämlich kann der Abbau von Stellen fol gen. Anderenfalls führt das Ganze nur zu einer Überlastung, und dann wird Arbeit schlecht ausgeführt. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ein Weiteres – das wurde auch angesprochen – ist das Vor griffsstundenmodell. Ich muss einmal deutlich sagen: Das Herz der FDP/DVP hängt nicht an diesem Modell. Wenn uns jemand einen akzeptablen Vorschlag vorlegt,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Er liegt doch auf dem Tisch!)

wie man diese Einsparung anderweitig erbringen kann – –

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Er liegt doch auf dem Tisch!)

Herr Kollege Schmiedel, Sie haben vorhin erläutert, dass die jungen Familien vielleicht auch mehr Geld brauchen. Nun wollen Sie es ihnen gleich wieder abnehmen. Das kann nicht sein. Wir wollen den Beamten nicht in die Tasche greifen. Das ist die Grundlage.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Vielmehr sagen wir: Es gibt eine gewisse Lebensarbeitszeit, in der man besonders leistungsfähig ist. Es wurde aber auch schon deutlich gesagt: Dieses Modell ist in dem Nachtrags haushalt nicht konkret ausgestaltet. Seit der Dienstrechtsre form hat der Landtag bei der Verordnung mitzureden, wie das umgesetzt wird. Da müssen wir uns sehr genau überlegen, was wir machen.

Ich denke, dass man einem Berufsanfänger nicht gleich eine zusätzliche Stunde aufpackt. Er muss sich erst in seine Arbeit einfinden. Wenn dann einiges zur Routine geworden ist, hat er die Möglichkeit, auch mehr zu arbeiten. So müssen wir es gestalten. Das ist aber heute nicht das Thema, sondern wir werden uns noch intensiv damit auseinandersetzen, sodass es zu einer vernünftigen Regelung kommt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl! Sehr gut! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)