Protocol of the Session on December 15, 2010

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aber man muss nicht, wenn man nicht will!)

Für die FDP/DVP-Frak tion darf ich Frau Abg. Berroth das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal, weil wir nach her über die Enquetekommission „Berufliche Schulen“ spre chen, darauf eingehen, dass es im Bereich der Sportwirtschaft z. B. die Entwicklung neuer Berufe gibt. Durch die intensive Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann, die jetzt erfolgt, ist es auch gelungen, die Zahl der geringfügigen Beschäfti gungen zu verringern, weil auch da festgestellt wird, dass qua lifizierte Beratung wichtig ist.

Ich möchte noch einmal auf das Thema „Partnerbetrieb des Spitzensports“ eingehen, das in der Tat sehr wichtig ist, wenn wir – das hat Frau Kollegin Queitsch sehr richtig angespro chen – im Leistungssport weiter nach vorn kommen wollen. Ich glaube, das sollte unser Ziel sein. Hier sind z. B. auch die Laufbahnberater der vier baden-württembergischen Olympia stützpunkte tätig, die die Unternehmen beraten und mit ihnen Möglichkeiten erarbeiten, durch eine Streckung der Ausbil dungszeit oder flexible Arbeitszeit- und Entgeltregelungen vernünftig zusammenzukommen.

Von Frau Queitsch wurde auch noch das Thema „Sport für Kinder und Jugendliche“ angesprochen. Kindergarten und Schule waren sehr bewusst, Frau Kollegin, eben nicht Gegen stand dieser Anfrage. Deswegen kommt das Thema darin auch nicht vor. Aber ich bin froh, Ihnen sagen zu können, dass wir jetzt durchgesetzt haben – daran war ich maßgeblich beteiligt –, dass bei der Neuordnung der Ausbildung der Grundschul lehrer die Vermittlung von Grundkenntnissen über altersge rechte sportliche Übungen grundsätzlich für alle in der Aus bildungsphase enthalten ist. Das war mir sehr wichtig, weil es in der Tat nicht sein darf, dass Sportunterricht nur durch spe zielle Sportlehrer erfolgt. Vielmehr muss man Sport täglich in den Schulgang integrieren.

Frau Kollegin Neuenhaus, eine tägliche Sportstunde würde ich für sehr kontraproduktiv halten.

(Widerspruch der Abg. Ilka Neuenhaus GRÜNE)

Ja, denn die Schüler müssen zur Turnhalle anreisen, sie müs sen sich umziehen. Nein, man muss Sport und Bewegung sinnvoll in den normalen Unterricht integrieren. Das ist eine wichtige Sache – nicht die Sportstunde, die so verläuft, wie man sich heute eine Sportstunde vorstellt.

(Abg. Ilka Neuenhaus GRÜNE: Ja, natürlich!)

Wenn in der Anfrage nun, Frau Queitsch, zum Ausdruck kommt, dass dazu auch Fitnessstudios eingesetzt werden kön nen, dann ist das, denke ich, eine Begleitung dessen, was in der Schule geboten wird und was Vereine anbieten. Denn es gibt nun einmal Kinder, die eher auf eine andere Art angespro chen werden können. Deswegen brauchen wir diese Breite des Angebots. Mehr ist es aber nicht.

Ich möchte zum Thema „Kommerzielle Anbieter“ aber schon noch anmerken, dass diese als „Wettbewerber“ gerade von den Vereinen teilweise mit etwas Eifersucht betrachtet wer den. Ich habe mir dies eine ganze Zeit angeschaut: Es sind in der Tat ganz selten auch einmal Wettbewerber. Aber in der Re gel unterbreiten die Kommerziellen Angebote, die der Verein so nicht hat. In Bereichen, in denen der Verein selbst Ange bote macht, wird von den Nachfragenden normalerweise der Verein bevorzugt. Insofern ist es gut, dass wir beides haben.

Es sind in der Tat die Vereine, die hiervon einen Riesenvor teil haben. Während die kommerziellen Anbieter sportliche Betätigung als Dienstleistung anbieten, steht beim Verein der Aspekt der Selbstorganisation deutlich im Vordergrund. Zu dem gibt es im Sportverein häufig auch eine deutliche emoti onale Bindung. Auch das ist wichtig.

Insofern hat Joachim Ringelnatz durchaus recht, wenn er sagt:

Sport stärkt Arme, Rumpf und Beine, kürzt die öde Zeit, und er schützt uns durch Vereine vor der Einsamkeit.

Wie wir wissen und wie wir jetzt gehört haben, leisten die Ver eine auch einen nicht gering zu schätzenden Beitrag zur Wert schöpfung in Baden-Württemberg. Das ist für mich Anlass, noch einmal daran zu erinnern, dass der Solidarpakt Sport zur Nachverhandlung, zur Neuverhandlung ansteht. Mein Appell richtet sich an das Kultusministerium und an das Finanzmi nisterium: Bitte sorgen Sie dafür, dass beim Solidarpakt Sport die Ankündigung unseres Ministerpräsidenten in Pforzheim, man werde sich in der Mitte treffen, ernsthaft umgesetzt wird.

In diesem Zusammenhang noch eine Anmerkung von mir: Das Geld für Fanprojekte wird tatsächlich bei den Fanprojekten gebraucht und darf nicht im Solidarpakt verbuddelt werden. Da gehört es wirklich nicht hin.

Frau Neuenhaus hat darauf hingewiesen, dass wir in unserer Großen Anfrage auch vom Fördern sprechen. In der Begrün dung dieser Großen Anfrage wird das Fördern als das Schaf fen von Rahmenbedingungen definiert. Das ist sehr wohl ei ne Aufgabe, deren Erfüllung jedoch nicht unbedingt mit Geld verbunden sein muss. Beim Solidarpakt allerdings geht es uns ganz konkret um Finanzen. Da ist es uns wichtig, dass unse re Vereine nicht im Regen stehen bleiben, sondern dass wir Nachbesserungen vornehmen, damit sie ihre gute Arbeit, die nicht zuletzt auch unter Beteiligung vieler Ehrenamtlicher ge leistet wird, zum Nutzen von uns allen solide weiterführen können.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Mir liegen keine wei teren Wortmeldungen vor. Die Besprechung der Großen An frage ist damit beendet.

Tagesordnungspunkt 3 ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

a) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der

CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Baden-Württemberg – Druck sache 14/7338

b) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der

CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz über die Beteili gung des Landtags in Angelegenheiten der Europäi schen Union (EULG) – Drucksache 14/7339

Das Präsidium hat folgende Redezeiten beschlossen: für die Begründung zehn Minuten und für die Aussprache über die Buchstaben a und b zehn Minuten je Fraktion.

Da wir heute, wenn wir so weitermachen, noch bis mindes tens 21:00 Uhr tagen würden, hat die Landesregierung einen sehr unterstützungswürdigen Vorschlag gemacht: Am Anfang wird Herr Minister Professor Dr. Reinhart eine kurze Rede halten, deren Rest er dann zu Protokoll geben wird. Damit können wir Zeit sparen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der SPD – Abg. Gunter Kaufmann SPD: Wunderbar!)

Bitte schön, Herr Minister.

Minister für Bundes-, Europa- und internationale Ange legenheiten Dr. Wolfgang Reinhart: Herr Präsident, verehr te Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir haben heute ei nen wichtigen Tag. Ich möchte mich bedanken: Obwohl es die vier Fraktionen sind, die den Gesetzentwurf eingebracht ha ben, wurde die Regierung zumindest konsultiert. Wir haben sicher noch Gelegenheit, in den Ausschüssen den einen oder anderen Punkt vertieft zu besprechen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Dank unserer Initiative na türlich!)

Aber ich glaube, wir kommen heute nach dem Verfassungs gerichtsurteil vom 30. Juni 2009 zu einem großen, wichtigen Schritt, da wir jetzt in Gesetzesform gießen, was wir zuvor nur in Form von Vereinbarungen hatten, und die Rechte des Parlaments erheblich – bis an die Grenze der verfassungs rechtlichen Zulässigkeit – erweitern.

Ich habe Bedenken formuliert. Aufgrund der fortgeschritte nen Zeit möchte ich diese Stellungnahme heute aber zu Pro tokoll geben, zumal es ein Gesetzentwurf aller Fraktionen ist und wir Einzelfragen in den Ausschüssen besprechen können. (Siehe Erklärung zu Protokoll am Schluss des Tagesordnungs punkts.)

Vielen Dank an alle Beteiligten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Blenke das Wort.

(Zuruf: Thomas, fass dich genauso kurz!)

Herr Präsident, werte Kollegin nen und Kollegen! Wir sollten nicht alles zu Protokoll geben, denn dies ist ein sehr wichtiger Gesetzentwurf, und es geht immerhin auch um die Änderung unserer Landesverfassung.

Meine Damen und Herren, der Vertrag von Lissabon hat die Rechte der Mitgliedsstaaten sehr gestärkt. Heute beraten wir über einen Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung und einen Gesetzentwurf über die Beteiligung des Landtags in EUAngelegenheiten. Wir gehen neue Wege in der Mitwirkung des Parlaments in Sachen Europa; das stärkt unsere Demokra tie.

Der Vertrag von Lissabon misst den nationalen Parlamenten eine zentrale Bedeutung bei. Er stärkt ausdrücklich uns, die nationalen Parlamente. Sie sind stärker eingebunden. Im We ge der Subsidiaritätsrüge und -klage, des sogenannten Früh warnsystems, das uns von der CDU besonders wichtig ist, können die Parlamente Widerspruch gegen Vorhaben einle gen, die nicht in die Zuständigkeit der EU fallen.

Da die Bundesrepublik Deutschland ein föderaler Staat mit Landesparlamenten ist, muss sich das Gebot der Stärkung der nationalen Parlamente auch auf die Landtage beziehen – und damit auf uns. Deswegen ist für uns über alle Fraktionen hin weg klar, dass mit dem Vertrag von Lissabon auch die Betei ligungsrechte der Landtage gestärkt werden müssen. Der Ver trag von Lissabon hat keine Regelungen vorgesehen, wie die Landtage, die regionalen Parlamente zu beteiligen sind. Das war von uns selbst auszugestalten. Es geht also darum, dass wir selbst unsere Beteiligung angemessen erweitern.

Es gab ein Rechtsgutachten, das der Landtag bei Professor Nettesheim in Tübingen in Auftrag gegeben hat. Auch er kam zu dem Ergebnis, dass wir insbesondere im Rahmen unserer Gesetzgebungskompetenzen stärker zu beteiligen sind. Im März 2010 hat der Europaausschuss zudem hier im Saal eine Anhörung durchgeführt, an der sich auch Parlamentarier aus anderen deutschen Landtagen beteiligt haben. Die Präsiden tinnen und Präsidenten der Landtage haben sich ebenfalls aus giebig mit dieser Thematik beschäftigt.

Ich will Ihnen nur die wichtigsten Eckpunkte des jetzt vorlie genden Gesetzentwurfs vortragen. Wir haben uns für ein Ge setz und damit für die Ablösung der bisher nur formlosen Ver einbarung entschieden, die es zwischen Landtag und Landes regierung gab. Wir wollen damit einfach dem gewachsenen Stellenwert Rechnung tragen und der Verbindlichkeit Aus druck verleihen.

Zweitens: Mit dem geplanten Gesetz zur Beteiligung des Landtags werden Informations- und Unterrichtungspflichten der Regierung gegenüber dem Landtag enorm erweitert. Durch die Zuleitung aller dem Bundesrat übermittelten Do kumente der EU erhält der Landtag einen Gesamtüberblick über die anstehenden Vorhaben. Auf diese Weise kann die Kontrolle im Hinblick auf die Vorhaben der EU verbessert werden. Das Parlament ist damit auf Augenhöhe mit der Re gierung.

Drittens: Neu und bundesweit einmalig ist die Bindung der Landesregierung an die Stellungnahmen des Landtags bei ih rem Abstimmungsverhalten im Bundesrat. Uns als CDU-Frak tion war dies besonders wichtig, und von uns stammt auch dieser Vorschlag, den wir eingebracht haben: Wenn aus

schließliche Gesetzgebungskompetenzen der Länder ganz oder teilweise auf die EU übertragen werden sollen, wenn es, meine Damen und Herren, um die ureigensten Kompetenzen des Landtags geht, muss auch der Landtag entscheiden und nicht die Regierung.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Reinhold Gall SPD: Rich tig! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das hätten wir heute Morgen auch gern gehört!)

Diese strikte Bindung der Landesregierung an Stellungnah men des Landtags war auch aus unserer Sicht ohne Alternati ve, da es sich im Fall der Übertragung von Gesetzgebungs kompetenzen auf die Europäische Union – und nur darum geht es, lieber Kollege Gall – um einen endgültigen Verlust eige ner Rechte des Landtags handelt. Diese weit gehende Rege lung ist auf den Vorschlag von uns hin aufgenommen worden, und wegen dieser Bindungswirkung müssen wir übrigens auch die Landesverfassung ändern, was hier ebenfalls Gegenstand ist.

Das Zweite ist eine Bindungswirkung, die ebenfalls in Kraft tritt, wenn diese ausschließlichen Gesetzgebungsrechte be rührt sind, von der die Landesregierung auch nur in sehr en gem Rahmen abweichen kann.

Meine Damen und Herren, bereits mit der Vereinbarung von 1995 – das ist der derzeit geltende Status – war Baden-Würt temberg bundesweit führend. Andere Länder haben im Zuge der Umsetzung des Vertrags von Lissabon jetzt auf den Stand nachgezogen, den wir schon seit 1995 haben. Jetzt warten fast alle diese Länder auf das, was wir hier beschließen, und auf den Weg, den Baden-Württemberg geht.