Protocol of the Session on November 25, 2010

Das hört sich doch eigentlich sinnvoll an. Es ist, wie es for muliert wird, dringlich. Ein Blick auf die finanzielle Lage un seres Haushalts zeigt, dass es eigentlich keinen anderen Weg gibt, als den Vorschlägen des Rechnungshofs zu folgen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Mehr Radarfallen bringen auch mehr Geld! Das ist Ihre Logik!)

Aber Sie sagen, wie immer, Nein, wenn es um strukturelle Fragen, wenn es um die Modernisierung der Verwaltung geht.

Der Kollege Rust hat darauf hingewiesen: Ein Prüfer bringt das 7,4-Fache der Kosten, die er verursacht. 5 % mehr Be triebsprüfer würden bedeuten, dass die Steuereinnahmen um 5 % steigen. Das wären in der Summe ca. 130 bis 140 Milli onen € pro Jahr. Das ist genau der Betrag, den wir in Form von Studiengebühren erheben. Das heißt, wir kassieren bei den Studierenden das ein, was wir nicht bereit sind, bei den Steuerpflichtigen durch eine vernünftige Prüfung hereinzuho len. Das ist für mich sehr bedenklich. Ich meine, da sollten Sie sich künftig einen Ruck geben und solchen Maßnahmen zustimmen.

Auch der Bundesrechnungshof ist unlängst dafür eingetreten, in den Finanzämtern, der Betriebsprüfung und für die Durch setzung des Steuerrechts mehr Personal einzusetzen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Steuerver einfachung wäre sinnvoller!)

Das machen Sie ja nicht.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Haben Sie es ge macht?)

Sie haben doch die bürokratischen Erbschaftsteuerregelun gen gemacht.

Bei diesem Wegducken bei der Steuerprüfung muss man doch einmal darauf schauen: Wie ist unser Steuervolumen im Durchschnitt? Bei uns beträgt der Anteil der Steuern am Brut toinlandsprodukt, die Steuerquote, 23,1 %. Irland, das Land, dem z. B. Herr Brüderle und andere aus der Bundespolitik jetzt empfehlen, es mögen sein Dumpingsystem endlich auf heben und die Steuersätze erhöhen, hat laut Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums vom April dieses Jahres – auf Sei te 55 nachzulesen – eine Steuerquote von 23,3 %.

(Abg. Ingo Rust SPD: Aha!)

Ich bin der Auffassung: Wenn wir schon eine so niedrige Steu erquote haben, dann müssen wir das Steuerrecht wenigstens vernünftig umsetzen. Das ist das Mindeste, was wir tun müs sen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Was erzählen Sie da für Märchen?)

Aber Sie sagen einmal mehr Nein, wie immer, wenn es dar um geht, die Einnahmen vernünftig zu realisieren.

Ich komme zum Denkschriftbeitrag Nummer 4: Vorbelastun gen und Risiken des Landeshaushalts. Das klingt zunächst nicht sehr dramatisch, aber es geht dabei um die Zukunftsfä higkeit und die Nachhaltigkeit des Haushalts. Hier wird end gültig klar, dass Weichspülen uns nicht weiterhilft.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Weichspü len machen doch die Grünen!)

Ein Beispiel aus der Denkschrift:

Nach einem überschlägigen Vergleich der dargelegten Personal- und Versorgungsausgaben in 2009 mit den ent sprechenden Aufwendungen des Landes Hessen

dort haben wir schon die Doppik –

ergäbe sich in Baden-Württemberg ein Rückstellungsbe darf von grob gerechnet 70 Milliarden €.

Meine Damen und Herren, das ist das Eineinhalbfache unse res momentanen Schuldenstands. Der Pensionsfonds umfasst aber nicht 70 Milliarden €, sondern 600 Millionen €. Auch das ist jede Menge Geld, aber es sind Peanuts im Vergleich zu den 70 Milliarden €, für die wir Rückstellungen ausweisen müss ten. In meinem kleinen „Bänkle“ ist sind Pensionsrückstel lungen natürlich richtig ausgewiesen.

Wir haben im Ausschuss angesichts dieser bedrohlichen La ge einen Antrag gestellt, wonach die Pensionen der Beamten künftig nicht stärker steigen sollen als die Renten. Die Rent ner hatten in den letzten Jahren einige Nullrunden, während wir im letzten Jahr die Pensionen um 3 % erhöht haben. Ich frage mich, wie oft wir das angesichts dieser Zahlen noch wie derholen können.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Aber unser Antrag auf strukturelle Einsparungen wurde durch die Neinsager von CDU und FDP/DVP natürlich abgelehnt.

Im Rechnungshofbeitrag Nummer 3 sagt der Rechnungshof mit Blick auf die aktuelle Neuverschuldung, es sei nicht ab zusehen, wann „die zusätzlichen Kredite getilgt werden kön nen“. Unsere Landeshaushaltsordnung sieht schon heute eine Schuldengrenze vor, und ab 2020 gilt ein absolutes Verschul dungsverbot. Ich glaube, da ist dieser Hinweis des Rechnungs hofs doch einmal ernst zu nehmen.

Wir haben daher im Finanzausschuss des Weiteren ein kon kretes Konsolidierungspaket beantragt. Dazu hat Minister Stä chele um Vertrauen gebeten, und ich habe gesagt: „Jawohl, Herr Stächele, ich vertraue Ihnen. Ich hoffe, dass Sie bis zum Jahresende ein Konsolidierungspaket vorlegen.“ Ich habe bis her nichts vernommen. Über die Medien war nur zu hören, dieses Vorgriffsstundenmodell sei ein Wahnsinnskraftakt, al so der große Wurf für die Konsolidierung des Landeshaus halts. Aber das ist eigentlich nichts anderes als ein Verschie bebahnhof.

Die Qualität dieser Vorschläge reicht nicht aus, um die beste henden Defizite strukturell zu beseitigen. Herr Staatssekretär Dr. Scheffold, richten Sie das bitte Ihrem Minister aus. Mit derlei Vorschlägen kann man vielleicht die Öffentlichkeit et was blenden, aber einen strukturellen Sparbeitrag für unseren Haushalt bekommen wir dadurch nicht.

Abschließend ein Wort an den Rechnungshof, an Herrn Prä sident Munding und die Mitglieder des Senats. Herzlichen Dank für diese sehr fundierte Arbeit. Sie leisten wirklich Her vorragendes. Wenn wir hier nicht so viele Neinsager hätten,

(Heiterkeit)

dann könnten wir durch die Berichte, die wir von Ihnen be kommen, einiges an strukturellen Einsparungen erzielen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Ingo Rust SPD: Beifall bei der SPD!)

Ich erteile Frau Abg. Berroth für die Fraktion der FDP/DVP das Wort.

Frau Präsidentin, Herr Präsident Munding, meine Damen und Herren! Auch wenn Sie eventuell gerade einen solchen Eindruck gewonnen ha ben: Die Denkschrift 2010 hat keine Skandale offenbart.

(Abg. Ingo Rust SPD: Na, na!)

Sie hat auch keine gravierenden Fälle öffentlicher Verschwen dung ans Tageslicht gebracht.

(Abg. Ingo Rust SPD: Na, na!)

Aber die diesjährige Denkschrift des Rechnungshofs hat eine ganze Fülle von Anregungen und Hinweisen für einen spar sameren und effizienteren Umgang mit öffentlichen Mitteln erbracht.

Herr Kollege Schlachter, wir haben nicht Nein gesagt, son dern wir haben

(Die Rednerin hält einen Stapel Papier in die Höhe.)

das sieht man diesem Stapel an – konstruktive Beschlüsse entwickelt.

(Abg. Johannes Stober SPD: Oho! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Zum größeren Teil haben Sie diese glücklicherweise mitge tragen, weil Sie gemerkt haben, dass wir in der richtigen Rich tung unterwegs sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Die Verdienste des Rechnungshofs um eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung sind unstrittig. Wir als Par lament würdigen dies am besten dadurch, dass wir uns inten siv mit den Anregungen des Rechnungshofs auseinanderset zen und sie, gegebenenfalls auch in veränderter Form – das stimmt –, aufgreifen und die Umsetzung der einmal gefassten Beschlüsse im Auge behalten.

Der Ergebnisbericht des Rechnungshofs, der jüngst zum zwei ten Mal erschienen ist, stellt dabei eine wichtige Hilfe dar. Zu gleich ist er eine Herausforderung, sich selbst immer wieder zu prüfen, ob nicht an der einen oder anderen Stelle ein noch konsequenteres Handeln angezeigt wäre.

Die besondere Stellung des Rechnungshofs wird auch dadurch deutlich, dass bei der Beratung der Denkschriften und der Be ratenden Äußerungen des Rechnungshofs im Finanzausschuss häufig Einmütigkeit erreicht werden kann. Vielfach war dies auch bei der Denkschrift 2010 der Fall. Auch dies belegt das Vertrauen, das dem Rechnungshof entgegengebracht wird.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Diese Einmütigkeit gibt es allerdings nicht immer. Selbstver ständlich gibt es auch immer wieder Punkte, an denen sich der Rechnungshof der Kritik ausgesetzt sieht. Auch dies ist selbst verständlicher Teil einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der jährlichen Denkschrift.

Der Beitrag Nummer 4 – er wurde schon von allen meinen Vorrednern angesprochen – zu Vorbelastungen und Risiken des Landeshaushalts ist ein Beispiel dafür, dass es sich lohnt,

sich durchaus kritisch mit den Denkschriftbeiträgen ausein anderzusetzen.