Protocol of the Session on October 27, 2010

(Zuruf von den Grünen: Schon lange!)

In Ordnung; das kann man ja vertreten. Ich staune nur manch mal über Fälle, in denen Sie dann komischerweise gegen Mit bestimmung sind. Wenn es um ein Gesetz zu den Universi tätsklinika geht – in dessen Zusammenhang Sie noch im letz ten Jahr den Rücktritt des zuständigen Ministers gefordert und argumentiert haben, das Parlament müsse in dieser Angele genheit stärker hinschauen, es müsse eine stärkere parlamen tarische Kontrolle stattfinden, da müssten die Ministerien stär ker hinlangen –, wenn die CDU jetzt ein Mitbestimmungsge

setz auf den Weg bringt, das vorsieht, dass das Parlament qua si in Aufsichtsgremien mitbestimmen kann, dann sind es aus gerechnet die Grünen, die sich nun mit den Ärztlichen Direk toren solidarisieren, indem sie sagen: Diese Mitbestimmung wollen wir nicht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP)

An einem Tag sind Sie für einen Volksentscheid, und am nächsten Tag sprechen Sie sich im Parlament gegen Mitbe stimmung aus.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Pfui!)

Das sind die Grünen in Baden-Württemberg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Unglaublich! – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Wenn man sol che Vergleiche macht, muss die Verzweiflung groß sein! – Gegenruf des Abg. Klaus Herrmann CDU: Das hört ihr halt nicht gern!)

Deshalb sage ich Ihnen eines: Heute in fünf Monaten ist die Landtagswahl. Ich verspreche Ihnen: Es wird kein Tag verge hen, an dem wir nicht den Faktencheck quer durch alle Berei che der Landespolitik machen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Gern!)

Ich will wissen, wo Sie stehen. Ich will nicht wissen, woge gen Sie sind, sondern ich will, dass Sie auch einmal sagen, wofür Sie sind. Dann wird sich so mancher Traum von Ihnen ganz schnell relativieren.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abg. Kretschmann für die Fraktion GRÜNE das Wort.

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das muss man ja beantworten dürfen! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wo stehen Sie? – Gegenruf von der CDU: Im Schaufenster! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Jetzt kommt eine Schau fensterrede! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ruhe!)

Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Ich habe schon gesagt, dass ich von Wahlkampf im Plenum nicht viel halte, weil es hier so wenig Wechselwähler gibt.

(Heiterkeit des Abg. Franz Untersteller GRÜNE – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Aber der Alfred hat schon ganz freundlich zu uns herübergeschaut!)

Herr Ministerpräsident, die Porträts in den Zeitungen schrei be ich nicht selbst.

(Ministerpräsident Stefan Mappus: Das war ein In terview!)

Wie die Leute mich sehen, ist ihre Sache. Der Bedarf, jeman den in irgendeine Schublade zu stecken, ist natürlich groß und gehört dazu. Das muss man dann so hinnehmen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie sind doch in der Schublade! – Zuruf des Abg. Albrecht Fischer CDU)

Ich denke, Stuttgart 21 und der Konflikt zeigen auch – dieser Meinung bin ich –, dass die Bevölkerung von diesen reflexar tigen Polemiken genug hat.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Sehr gut! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Vor allem von den Grünen! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sie haben noch nicht einmal Herrn Palmer im Griff!)

Ich kann uns allen nur raten: Harte Auseinandersetzungen in der Sache gehören zur Demokratie.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Dann kommen Sie zur Sache!)

Sie machen sie lebendig. Aber diese blinden Polemiken er zeugen nur Verdruss und Abwendung von den demokratischen Institutionen.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Klaus Herr mann CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Dann kommen Sie doch zur Sache! – Abg. Dr. Klaus Schü le CDU: Also wirklich! – Weitere Zurufe von der CDU – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE zur CDU: Ganz cool bleiben!)

Herr Ministerpräsident Mappus, wir sind uns mit Ihnen in ei nem Punkt völlig einig: Wir haben in Baden-Württemberg her vorragende Unternehmerinnen und Unternehmer, die jeden Tag versuchen, ihre Unternehmen am Markt zu behaupten, Strategien zu entwickeln, wie sie ihre Betriebe auch über Kri sen hinwegbringen,

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Genau!)

mit einer insgesamt hervorragenden Unternehmensphiloso phie, die darauf gerichtet ist, nicht nur kurzfristig maximalen Gewinn zu erzielen, sondern die Unternehmen über Jahre hin weg am Markt zu halten. Insbesondere in unseren Familien unternehmen ist dies wichtig.

(Zurufe der Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP und Helmut Walter Rüeck CDU)

Sie wollen ihre Betriebe in gutem Zustand und mit erfolgrei chen Perspektiven, Produktlinien und Dienstleistungen an die nächste Generation weitergeben. Wir können froh sein, dass wir eine so lebendige und gute Unternehmerschaft in BadenWürttemberg haben.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Das fällt Ihnen aber spät ein! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Herr Abg. Kretsch mann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Blen ke?

Ich habe ja noch gar nicht angefangen.

Wie bitte? –

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Er hat noch nicht an gefangen! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül ke FDP/DVP: Das hat man gemerkt!)

Also nein.

Wir maßen uns in keiner Weise an – wir werden dies auch in Zukunft nicht ma chen –, so zu tun, als seien diese unternehmerischen Leistun gen mit hervorragenden Unternehmen und mit qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die auch in Krisen Opfer bringen und dort solide arbeiten, die dann Wertschöp fung mit erwirtschaften, unser Erfolg und nicht deren Erfolg.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ihr werdet auch keine Gelegenheit dazu bekommen! – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Es spricht der Philosoph!)

Ich möchte Sie davor warnen, immer wieder zu versuchen, die unternehmerischen Leistungen der Betriebe auf Ihre Müh len zu lenken.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Sehr gut! Sehr gut!)

Das sind ganz eigenständige Leistungen der Unternehmer schaft und ihrer Belegschaft.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Ministerpräsident, ich habe lediglich im Zusammenhang mit dem, was Sie politisch machen, nämlich die Laufzeiten der Atomkraftwerke zu verlängern, von Altindustrien gespro chen. Darauf hat sich das bezogen und auf nichts anderes.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül ke FDP/DVP: Gute Ausrede! – Zurufe von der CDU)

Dabei bleibe ich. Das sind überholte Altindustrien. Wir wol len von ihnen wegkommen. Wir hatten einen Ausstiegsver trag vereinbart. Sie wollen ihn verlängern, wir nicht.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Vor der Sommer pause schon! – Zuruf von der SPD: Noch nicht ver längert!)

Aber wir wollen von dieser Atomtechnologie weg. Sie ist nicht menschenfreundlich. Sie ist nicht umweltfreundlich. Sie ist gefährlich. Sie beschert uns Atommüll, bei dem wir versu chen, ihn über Tausende von Jahren sicher aufzubewahren. Wir wollen von dieser Technologie weg.

(Beifall bei den Grünen)

Wir sagen eben nicht nur Nein. Vielmehr ist es uns und unse rer Politik zu verdanken, dass wir heute diese dynamischen Sektoren bei den regenerativen Energien haben. Das ist unse re Politik; dafür stehen wir.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ich dachte, das ist den Unterneh men zu verdanken und nicht der Politik! Das ist ja unglaublich! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)