Das Land Baden-Württemberg ist nicht der Motor, sondern ist in diesem Fall die Bremse in Deutschland.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP sowie des Ministerpräsidenten Stefan Mappus – Abg. Peter Hauk CDU: Wer hat Ihnen denn das auf geschrieben? Sie verstehen etwas von Kommunalpo litik, aber nichts von Wirtschaftspolitik!)
Deutschland allerdings – warten Sie ruhig einmal ab – ist der Motor in Europa. Das stimmt. Die Kurzarbeiterregelung, die Herr Brüderle damals abgelehnt hat, und die Erste Hilfe in Form der Abwrackprämie – heute ist sie anerkannt –, Kon
junkturpakete und die Garantie für die Sparguthaben sind da mals die Handschrift von Steinbrück und Scholz gewesen. Das ist heute weithin anerkannt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns an Herrn Geißler ein Vorbild nehmen und die Dinge einmal ganz ruhig ange hen. Ich muss Ihnen jetzt ein paar Zahlen und Fakten nennen.
Wenn wir die Wirtschaftsentwicklung Baden-Württembergs anschauen, sehen wir, dass wir in den letzten Jahren zurück gefallen sind. Das weiß man mittlerweile.
Wir sind hinter Hessen zurückgefallen. Wir sind inzwischen hinter Bayern zurückgefallen. Die SPD weist seit vier Jahren darauf hin. Herr Ministerpräsident Mappus hat ein Gutachten von McKinsey und des IAW an der Universität Tübingen ein geholt. Es wurde im Juli 2010 vorgelegt. Ich zitiere einmal daraus:
Baden-Württemberg war in den 1980er-Jahren noch an der Spitze der deutschen Flächenländer, 1990 wurde es jedoch von Hessen überholt und 1994 auch noch von Bay ern. Im Zeitraum 1998 bis 2009 lag die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate in Baden-Württemberg mit 0,7 % um fast 0,3 Prozentpunkte unter dem bundesdeut schen Wert (1,0 %).
Bei einem internationalen Vergleich mit 14 Regionen – er stammt auch aus diesem Gutachten – war Baden-Württem berg im Jahr 1998 noch an dritter Stelle und lag um 20 % über dem Durchschnitt. Im Jahr 2008 lag Baden-Württemberg nur noch um 10 % über dem Durchschnitt. Im Jahr 2014 werden es nur noch 5 % sein.
Bei den Dienstleistungen, meine Damen und Herren, ist Hes sen weit vorn. Aber auch Bayern ist deutlich stärker. Wir sind nur noch im Bereich des verarbeitenden Gewerbes, das heißt im Fahrzeug- und im Maschinenbau, vor Bayern. In diesem Bereich ist Bayern auch nicht mehr weit von uns entfernt. Wa rum?
Bei den Bruttoanlageinvestitionen – deren Volumen ist für den Maschinenbau und den Fahrzeugbau besonders wichtig, we niger für die Dienstleistungen – liegt Bayern deutlich vor uns.
Selbst Hessen mit seinem großen Dienstleistungsanteil hat hier zu Baden-Württemberg vollkommen aufgeschlossen.
Warum? Der Aufholprozess hat in Hessen im Jahr 1990 durch die lange sozialdemokratische Regierungszeit geendet. Da mals ist Hessen zur Nummer 1 geworden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Wie lang war sie? – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Hoi!)
Ist denn etwa unsere Wirtschaft schwächer, sind unsere ba den-württembergischen Unternehmen und unsere Mittelständ ler schwächer? Nein, das sind sie nicht. In dem Gutachten von McKinsey wird bestätigt: Es liegt nicht an der Investitionstä tigkeit unserer Unternehmen. Unsere Unternehmen investie ren nur am Standort Baden-Württemberg immer weniger, und immer mehr im Ausland.
Augenblick, lieber Kollege Kluck. Die Auslandsinvestiti onsquote liegt inzwischen bei über 40 % unseres Bruttoin landsprodukts. In Deutschland ist sie auch sehr hoch, aber um fünf Prozentpunkte niedriger als in Baden-Württemberg. Dass unsere Unternehmen so viel im Ausland investieren, ist her vorragend, denn das beweist, dass sie global bestens aufge stellt sind und auf dem Weltmarkt gebraucht werden. Das ist sehr gut.
(Zuruf von der CDU: Richtig! – Abg. Peter Hauk CDU: Vergleichen Sie doch einmal die Binneninves titionsquote unserer Unternehmen! – Zuruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU)
Nein, Herr Kollege Hauk, das muss ich Ihnen wohl erklä ren. Denn umgekehrt ist die „Inward-Quote“, die „Einwärts investitionsquote“, in Deutschland auch geringer als die Aus landsinvestitionsquote. Sie beträgt 20 % des Bruttoinlands produkts. Aber in Baden-Württemberg beträgt sie mittlerwei le nur noch 13,9 %. Wir sind nicht mehr attraktiv genug, um Direktinvestitionen – sowohl unserer eigenen Unternehmen im Inland als auch ausländische Investitionen – anzuziehen. Das geht aus den Zahlen, die der amtlichen Statistik entnom men sind, klipp und klar hervor.
Das Institut der deutschen Wirtschaft hat kürzlich einen Dy namikindikator herausgegeben. Was schätzen Sie, welchen Platz Baden-Württemberg bei diesem Indikator einnimmt? Baden-Württemberg liegt unter allen Bundesländern auf dem 16. Platz.
Diese Untersuchung wurde zusammen mit der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die der CDU nahesteht, durchge führt. Wir sind vor allem beim Teilindikator Wohlstand bei der Dynamik – Einkommenswachstum – ganz schwach ge worden.
Aber das ist nicht der alleinige Grund. Bei uns besteht das Pro blem, dass wir nicht genügend Fachkräfte ausbilden. Bei uns gibt es zu wenig Kinderbetreuungsplätze. Wir selektieren im Bildungsbereich zu früh. Das hat Herr Fehrenbach in seiner Kritik kürzlich auch angeführt.
Ein wahrscheinlich noch wichtigerer Punkt ist die Infrastruk tur. Unser Nachbarland Bayern ist größer als unser Land.
Auch pro Einwohner hat Bayern z. B. doppelt so viele Auto bahnkilometer wie Baden-Württemberg. Bayern stellt seinen Einwohnern und seiner Wirtschaft