Protocol of the Session on October 27, 2010

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wem darf ich das Wort für die Fraktion der FDP/DVP erteilen? – Herr Abg. Bachmann.

Sehr verehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der heutigen Debatte geht es um den tragischen Todesfall eines Radsport lers vor vielen Jahren, um die Pflichtvergessenheit sehr weni ger Mediziner und um Doping.

(Abg. Walter Krögner SPD: Aha!)

Beim Thema Doping geht es um den berechtigten Ärger der Bevölkerung darüber, dass von Spitzensportlern, die für vie le Menschen eine Vorbildfunktion einnehmen, Regeln nicht eingehalten werden. Friedliches Zusammenleben unter den Menschen hängt davon ab, dass es vernünftige Regeln gibt, die möglichst freiwillig eingehalten werden. Immanuel Kant hat dies mit dem kategorischen Imperativ auf den Punkt ge bracht: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“

Der kategorische Imperativ ist ein Appell an jeden von uns, ein Appell an Anstand, an Fairness, an Sportlichkeit. Dieser Appell muss in besonderer Weise für Vorbilder, für Spitzen sportler gelten. Fast alle von ihnen erreichen mit Anstand, Fairness und Sportlichkeit ihre Erfolge. Ihnen gilt Dank und Anerkennung.

Für die wenigen schwarzen Schafe,

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Schwarze!)

die ihre Erfolge mit Doping erreichen, gilt aber das alte Grund prinzip der Menschheit: Wer nicht hören will, muss fühlen.

Dieses System ist immer in drei Schritten aufgebaut. Schritt 1 sind vernünftige, effektive und maßvolle Sanktionen. Straf gesetze und Strafregeln müssen nachvollziehbar und eingän gig sein. So kamen Gott und Moses beispielsweise mit zehn Geboten aus. Ewig lange Antidoping-Aktionskataloge sind deshalb überflüssig und mindern vielleicht sogar die Akzep tanz.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Schritt 2 ist die konsequente Umsetzung und Anwendung die ser Regel. Es gilt die alte liberale Weisheit: Verbrecher fängt man nicht mit Gesetzen, Verbrecher fängt man mit Polizisten. Zur Bekämpfung von Doping braucht man also auch ein eng maschiges Netz von Kontrollen und rasch folgenden Sankti onen. Der Freiburger Fall zeigt wie viele andere, dass das Sys tem funktioniert, denn die Sünder sind erwischt worden.

(Abg. Ilka Neuenhaus GRÜNE: Das Dopingsystem funktioniert vielleicht!)

Schritt 3 ist die Bekämpfung der Ursachen. Aus der Krimino logie wissen wir, dass die Gier nach Macht, Geld und Ruhm die Hauptursache für Straftaten ist. Auch hier ist im Bereich Doping das Entscheidende geschehen. Die Medien und die Öffentlichkeit sorgen dafür, dass durch Doping kein Ruhm ge erntet wird, sondern dass eher eine alte, mittelalterliche Sank tion wieder auflebt, nämlich der Pranger.

Beim Geld müssen Sie sich nur das Beispiel der Freiburger Universitätsärzte vor Augen führen: relativ wenig Gewinn und dafür der Verlust eines sicheren Arbeitsplatzes an einem Uni versitätsklinikum, der ein Leben lang bestens bezahlt worden wäre.

Sie sehen also, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass das Sys tem funktioniert und kein Handlungsbedarf besteht.

Bleibt das Thema „Universitätsklinikum Freiburg“, das Kol lege Krögner zu Recht ansprach. Das Thema Doping liegt ei nige Zeit zurück und ist im Großen und Ganzen aufgearbei tet worden. Der Fall Friedl liegt einige Zeit zurück und ist mit einem vernünftigen Ergebnis weitgehend abgeschlossen wor den. Die kommissarische Neubesetzung der Spitzenpositio nen beim Ärztlichen und beim Kaufmännischen Direktor liegt erst kurze Zeit hinter uns und ist, soweit man es beurteilen kann, auch dank des Einsatzes des Wissenschaftsministers mit einem vernünftigen Ergebnis abgeschlossen.

Die Häufung derartiger Vorgänge am Universitätsklinikum Freiburg gibt aber zu denken.

(Abg. Walter Krögner SPD: Allerdings!)

Gewährt die derzeitige Rechtsform eines öffentlich-rechtli chen Klinikums vielleicht zu viel Sicherheit? Kann Autono mie belassen und ausgebaut werden, wenn sie wenig verant wortlich wahrgenommen wird? Sollten die Klinika und ins besondere das Universitätsklinikum Freiburg nicht vielleicht einer effektiveren Kontrolle durch das Parlament als Vertre tung der den ganzen „Laden“ finanzierenden Steuerzahler un terworfen werden? Oder ist es gar doch die Rechtsform – zu mindest im Fall Freiburg –, die man hinterfragen muss?

Aus privatisierten Universitätsklinika, lieber Herr Kollege Krögner, kenne ich allen Unkenrufen zum Trotz keine solchen Skandale.

(Abg. Walter Krögner SPD: Warten Sie ab!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Abschluss möchte ich in aller Deutlichkeit sagen: Selbst beim Universitätsklinikum Freiburg gibt es ganz wenige schwarze Schafe. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese wenigen schwarzen Schafe den Ruf der weißen Herde in den Schmutz ziehen. Deshalb müssen die schwarzen Schafe geschlachtet und die vielen ordentlich, sorg fältig, Tag und Nacht mit Engagement für die Menschen ar beitenden Mediziner ins rechte Licht gerückt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP – Heiterkeit des Abg. Wal ter Krögner SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Professor Dr. Frankenberg.

(Abg. Jörg Döpper CDU: Jetzt wird es ein bisschen interessanter!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Her ren! Erstens: Wir alle sind uns sicherlich in der Einschätzung von Doping einig. Zweitens: Was die Maßnahmen gegen Do ping betrifft, die wir in den Universitätskliniken bezüglich des Profisports und des Breitensports ergriffen haben, hat Herr Abg. Dr. Löffler alles ausführlich und sehr gut dargelegt. Er hat zwar seine Redezeit überschritten, aber ich spare jetzt wie der Zeit ein, da das Gesagte von mir nicht wiederholt werden muss. Ich komme im Wesentlichen zu den aufgeworfenen Fra gen.

Der Bericht der Expertenkommission ist im Internet verfüg bar und, wie ich glaube, auch von allen rezipiert worden. Die Evaluierungskommission nehmen wir ernst. Wir hätten sie gar nicht eingesetzt, wenn wir sie nicht ernst nehmen würden. Wir hätten nicht etwa Herrn Professor Franke in diese Kommissi on berufen, wenn wir nicht die wirklichen Antidopingexper ten in Freiburg noch einmal sozusagen auf einer zweiten Ebe ne recherchieren lassen wollten.

Die Aufgabe der Evaluierungskommission geht allerdings weiter. Es geht nicht nur um die konkreten Dopingvorwürfe, sondern es geht um die Gesamtfrage, die sich an die Abtei lung Rehabilitive und Präventive Sportmedizin richtet, und zwar um die Frage der Organisation, die Frage, ob sozusagen ein Organisationsverschulden oder spezifische Strukturen die Dinge, die dort im Bereich Doping vorgefallen sind, in der Vergangenheit begünstigt haben oder nicht.

Es geht zudem um Fragen der Forschung; denn wir wissen, dass Antidopingforschung zum Teil nur schwer von Doping abzugrenzen ist, weil manches, was in der Medizin als Do ping vorgenommen wird, Teil einer Strategie von Antidoping untersuchungen war.

Dies voneinander zu trennen ist schwierig, aber eine solche Expertenkommission kann das. Sie wird sicherlich in etwa ei nem Jahr – so sehen das die Experten selbst – hier noch ein mal eine ganz fundierte Berichterstattung in wesentlich brei terer Dimension bieten.

Dabei dürfen die Vernehmungsprotokolle vor allem der Zeu gen, denen zugesichert worden ist, dass ihre Aussagen im Rah men der Expertenkommission vertraulich sind – wir haben dies rechtlich noch einmal durch eine unabhängige Anwalts kanzlei prüfen lassen –, nicht der Evaluierungskommission zur Verfügung gestellt werden. Denn wenn man Zeugen Ver traulichkeit zugesagt hat, können solche Protokolle eben nicht weitergegeben werden.

Es hat eine gewisse Verzögerung bei dieser Kommission ge geben, weil der Vorsitzende Schäfer ausgeschieden ist. Wir haben aber – davon bin ich fest überzeugt – mit der Krimino login Frau Professorin Paoli eine erstrangige Vorsitzende ge funden. Wir hätten sicherlich nicht eine Kriminologin der Ka tholischen Universität Löwen gesucht, gefunden und gewon

nen, wenn wir diese Kommission nicht ernst nehmen würden. Wir haben im Grunde genommen die beste Expertin an die Spitze dieser Kommission gesetzt. Sie nimmt die Aufgabe jetzt auch noch einmal sehr gründlich und sehr ernsthaft wahr, wie auch die anderen Teilnehmer, und deshalb wird es eben noch etwa ein Jahr dauern, bis dieser Bericht dann wirklich fundiert vorliegt.

Ich glaube, dass wir dieses Zweischichtverfahren gewählt ha ben, zeigt schon, wie ernst wir die Aufarbeitung dieser Fälle nehmen und wie ernst wir auch die Aufgabe nehmen, die ge samten Hintergründe und das Umfeld sorgfältig zu recherchie ren, um auch von dort Hinweise zu bekommen, warum es so weit hat kommen können, und auf der anderen Seite Hinwei se darauf zu bekommen, wie man so etwas verhindern kann.

Die Fragen, die weiter aufgeworfen sind, Herr Krögner, ha ben nicht unbedingt etwas mit dem Dopingfall zu tun. Was die Frage der Rechtsform einer Klinik – privat oder nicht pri vat – mit Doping zu tun hat, erschließt sich mir nicht.

(Zuruf der Abg. Ilka Neuenhaus GRÜNE)

Sie haben das nicht gesagt, Frau Neuenhaus. Das war Herr Krögner. – Das hat sicherlich nichts damit zu tun. Es gibt Ver gehen in privaten wie in öffentlichen Einrichtungen, und die Moral der Menschen hat eigentlich wenig damit zu tun, wie die Rechtsform der Einrichtungen aussieht, in denen sie tätig sind.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/ DVP)

Das Zweite: In Freiburg gibt es keine Führungslosigkeit. Pro fessor Siewert macht seine Sache hervorragend, vor allem wenn es um die Aufgabe geht, diese Klinik und diese Medi zin in ihren Persönlichkeiten wieder zusammenzuführen und auch die notwendigen weiteren Aufgaben jenseits der Doping problematik zu erfüllen.

Frau Neuenhaus, zur Frage der Schwerpunktstaatsanwalt schaften: Wenn wir Bayern ansehen, müssen wir feststellen, dass es in dem Bereich, um den es hier geht, durch die Schwer punktstaatsanwaltschaften nicht mehr Erkenntnisse gegeben hat. Die Fälle, die dort aufgetreten sind, beziehen sich viel mehr alle auf eine Szene, die wir hier gar nicht im Blick ha ben, die auch die Universitätsmedizin nicht im Blick hat, und sind damit auch keine Fälle, die hier zum Gegenstand gemacht werden können: Das ist der gesamte Bereich der Bodybuil derszene.

Ich glaube, eines müssen wir sehen: So berechtigt es ist, im Rahmen unserer Zuständigkeiten Ordnung schaffen zu wol len – das müssen wir –, so sollten wir insgesamt von der Po litik her auch sehen, dass es andere Bereiche gibt, für die wir hier nicht zuständig sind, durch die jedoch für einen Umgang mit Doping eine Art Grund gelegt wird, der letztlich zu einer Einstellung führt, die wir alle nicht wollen können und die vor allem – auch im breiten Umfeld – das, was wir hier zu be kämpfen suchen, erst möglich macht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen nun zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags.

Der Antrag Drucksache 14/4470 ist ein Beschlussantrag. Wie wünschen Sie ihn zu behandeln? Wünschen Sie Abstimmung oder Überweisung an den zuständigen Ausschuss?

(Abg. Walter Krögner SPD: Ausschuss!)

Dann schlage ich vor, den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/4470, an den Ausschuss für Wissenschaft, For schung und Kunst zu überweisen. – Sie stimmen zu. Es ist so beschlossen.

Der Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/6331 (ge änderte Fassung), ist ein reiner Berichtsantrag. Er ist durch die Aussprache erledigt.

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.