Nicht einmal Schönheitsreparaturen! Sie beantragen in Ab schnitt I lauter Zusätze, die Gegenstand von konkreten Be weisanträgen in einem Untersuchungsausschuss sind. Sie stel len z. B. eine Frage hinsichtlich eines eventuellen Einsatzes von „Agents Provocateurs“. Genau dies ist eine Frage nach der Einsatzplanung, nämlich wie sie angelegt war und was da vorgesehen war. Um genau dem nachzugehen, werden wir dann, wenn der Untersuchungsausschuss eingerichtet wurde, einen entsprechenden Beweisantrag stellen.
Das heißt, es ist überhaupt nicht notwendig, das hier zu bean tragen. Die nächste Stufe sind die Beweisanträge, und dort kommt das hinein. Das gilt auch für alle anderen Fragen un ter Abschnitt I des Antrags.
Die in Abschnitt II Ziffer 11 des Antrags enthaltene Frage, wann Feuerwehr und Rettungsdienste der Stadt informiert und einbezogen wurden, gehört genauso in einen Beweisantrag.
Abschnitt II Ziffer 12 Ihres Antrags – die Frage, wie die Blo ckade von Polizeifahrzeugen am 30. September 2010 sowie
der Widerstand gegen polizeiliche Anordnungen rechtlich zu bewerten ist – ist identisch mit Ziffer 10 unseres Antrags. Völ lig identisch!
Abschnitt II Ziffer 13 Ihres Antrags ist tatsächlich neu. Er be trifft das Thema Juchtenkäfer und das Thema Naturschutz. Da sind wir der Meinung, dass wir uns jetzt auf die Frage nach dem Polizeieinsatz, der Polizeitaktik und dem Ablauf der Ge schehnisse konzentrieren sollten und die Frage behandeln soll ten, ob es verhältnismäßig oder nicht verhältnismäßig war. Hierzu hat der Ausschuss eine Bewertung abzugeben. Das ist Gegenstand unseres Antrags und deshalb Gegenstand der Un tersuchung, ob der Einsatz verhältnismäßig war oder nicht. Deshalb sollten wir die naturschutzrechtliche Frage nicht mit der polizeilichen Geschichte und vor allem auch nicht mit der Frage nach der politischen Verantwortung für den Ablauf die ses Einsatzes verquicken.
Deshalb bitte ich darum, dass wir uns jetzt darauf konzentrie ren, um in der Öffentlichkeit nicht den falschen Eindruck zu erwecken, als ginge es dem Parlament, dem Landtag von Ba den-Württemberg, nicht darum, etwas aufzuklären, was sich nach den eigenen Worten des Ministerpräsidenten so nicht wiederholen darf, was nach den eigenen Worten des Stuttgar ter Polizeipräsidenten so nie hätte stattfinden dürfen. Die Be völkerung hat einen Anspruch auf eine sachliche, anständige, öffentliche Aufklärung. Deshalb haben wir unseren Antrag ge stellt. Wir fordern Sie auf, ihm zuzustimmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich jetzt zur Fortsetzung der Debatte weiter das Wort erteile, möchte ich unter unseren Gästen auf der Zu hörertribüne einen besonderen Gruß an den Generalkonsul von Frankreich und Direktor des französischen Instituts in Stuttgart, Herrn Michel Charbonnier, der heute einen offiziel len Besuch im Landtag macht, richten. Herzlich willkommen!
Herr Generalkonsul, der Landtag von Baden-Württemberg wünscht Ihnen eine erfolgreiche Amtszeit. Ich freue mich auf die Fortsetzung der engen und vertrauensvollen Zusammen arbeit zwischen dem Landtag von Baden-Württemberg und Ihrem Generalkonsulat. Nochmals herzlich willkommen in unserem Land!
Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren! Respekt, lieber Kollege Schmiedel: So stellt sich die Wandlung vom Paulus zum Saulus dar.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Andersherum! – Abg. Andreas Stoch SPD: Wenn, dann andersherum! – Un ruhe)
Ich will nur einmal für die SPD-Fraktion festhalten: Nach der besagten Sondersitzung des Innenausschusses sagte Ihr par lamentarischer Geschäftsführer Gall, dass für weitere, vertie fende Fragen eigentlich kein Bedarf bestehe.
Ich habe das auch nicht authentisch gehört; ich gebe nur das wieder, was damals in der Presse zu lesen war.
Da muss man sich schon fragen, was sich unter Umständen an neuen Sachverhalten ergeben hat. Das haben Sie, Herr Schmiedel, in keiner Weise begründet.
Wahr ist, dass es am 30. September, am Tag, bevor die Bäu me gefällt wurden – es ging zwar um Bäume, aber auch nur um Bäume –, eine Versammlung gab, die, glaube ich, nicht legal war. Sie war jedenfalls im Schlossgarten für die besag te Uhrzeit – morgens um halb zehn – nicht angemeldet. Ich will aber nicht nur nach Formalien bewerten; nicht dass ich hier falsch verstanden werde. Wahr ist also, dass es an diesem Tag Verletzungen von Menschen gab, bei Bürgern, bei Jugend lichen, dass es verletzte Polizisten und auch verletzte Demons tranten gab. Ich sage ganz offen: Wir bedauern sehr, dass es überhaupt zu dieser Eskalation kommen musste.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das reicht aber nicht! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wer ist Op fer, und wer ist Täter?)
Es liegt im Wesen eines Untersuchungsausschusses, dass er nicht das Verhalten – ob legal oder illegal – von Bürgern be wertet, sondern einseitig das Verhalten der Landesverwaltung respektive auch der Landesregierung und ihrer ausführenden Organe bewertet.
Es liegt im Wesen eines Untersuchungsausschusses, dass sich der Blick einseitig auf die Frage richtet: Hat sich die Polizei als Teil der Landesverwaltung rechtmäßig verhalten, verhält nismäßig verhalten? Hat sich die politische Führung, hat sich die Polizeiführung rechtmäßig verhalten? Das ist völlig in Ordnung; das darf man in einem Rechtsstaat auch füglich fra gen. Die Fragestellungen – wenn sie denn kommen; wir hal ten die Fragen allerdings für geklärt und die Fragestellungen daher für überflüssig – sind völlig in Ordnung. Wenn wir aus dem Konflikt bei Stuttgart 21 zum Thema Kommunikation ei nes gelernt haben, dann ist es das, dass Fragen dann zu beant worten sind, wenn sie gestellt werden. Diese Fragestellungen kann man füglich auch erheben.
Die Frage ist nur, ob das Instrument eines Untersuchungsaus schusses der Problematik an diesem Tag und der Problematik des Themas insgesamt am Ende gerecht wird. Denn mit die sem Instrument des Untersuchungsausschusses rücken Sie nur einen Teil in den Mittelpunkt, nämlich den der Landesverwal tung, der Landesregierung. Aber den anderen Teil, nämlich die Seite derer, die an diesem Tag gleichermaßen beteiligt wa ren – ich will gar nicht beurteilen, ob schuldig oder unschul dig, sondern sage es einmal ganz wertneutral –, rücken Sie aus dem Blickfeld. Aus der Sicht der Opposition sind auf der
„Anklagebank“ Polizei – Polizeiführung – und Regierung, und wer nicht auf der „Anklagebank“ sitzt, ist demnach unschul dig. Politisch – das sage ich ganz offen – verurteile ich diesen Ansatz, weil er die Gesamtproblematik aus dem Blickfeld rückt.
Es ist Ihr gutes Recht als Opposition, dass Sie einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses stellen.
Man hätte die Fragen, die Sie aufwerfen – wenn sie denn ei ner Vertiefung bedürfen – auch auf anderem parlamentari schem Weg klären können. Da hätte es andere Instrumente ge geben, z. B. öffentliche Sitzungen, wie auch immer; das über lasse ich jedem selbst. Wer jedoch das Schwert des Untersu chungsausschusses wählt, weiß und ist sich ganz bewusst, was er damit bezweckt.
Das weiß er ganz klar. Er weiß, dass er damit auch ein Stück weit Menschen mit zur Verantwortung zieht, die nicht der Re gierung angehören.
Sie haben recht, Herr Kollege Schmiedel: Politische Verant wortung hat jeder, der Politiker ist, und wer an der Spitze der Exekutive steht, hat diese Verantwortung natürlich auch; das ist gar keine Frage.
Aber Sie wissen gleichermaßen, dass damit nicht nur diese Fragen gestellt werden, sondern dass auch das Handeln der jenigen zumindest hinterfragt wird, die im Auftrag des Rechts staats an diesem Tag das getan haben, wofür sie jeden Tag im Einsatz sind, nämlich diesen Rechtsstaat zu schützen, Recht in diesem Rechtsstaat durchzusetzen. Das gilt für die Demons trationsfreiheit, bei der sie die Demonstranten schützen, bei der sie Demonstrationen begleiten, organisieren und regeln, und das gilt gleichermaßen für den Schutz und die Umsetzung von Baurecht, wenn jemand ein Baurecht innehat. Dass Sie durch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses be wusst auch diejenigen quasi in Misskredit bringen, die sich tagtäglich dafür einsetzen, ist verurteilenswert.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Genau darum geht es! – Abg. Reinhold Gall SPD: Völliger Nonsens! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)
Ich will nun nicht besonders darauf abheben, Herr Kollege Schmiedel, dass die Grünen die Mehrheit hierzu nicht gehabt hätten. Aber die Wandlung kam ja offensichtlich erst nach ei nem Landesparteitag der SPD.
Ich frage mich, von wem die 130 Gegenstimmen stammen. Ich war nicht dabei. Das will ich im Prinzip auch gar nicht wissen.
Aber Tatsache ist: Ihr Landesvorsitzender Schmid und Sie als Fraktionschef haben jedenfalls die Linie der SPD-Landtags fraktion auf dem Parteitag nicht durchsetzen können. Das zeigt ein Stück weit die Kraft- und Saftlosigkeit in der Füh rungscrew der SPD.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Abg. Andreas Stoch SPD: Das sind Ihre Sor gen!)
Herr Kollege Schmiedel, in der darauffolgenden Fraktionssit zung sind auch die Knie der SPD-Abgeordneten weich gewor den – obwohl wahrscheinlich die meisten ihre Nominierung für die Landtagswahl schon hinter sich haben.
Aber wo bleibt da der von Ihnen oftmals zitierte Abgeordne te, der nur seinem Gewissen unterworfen ist?