Protocol of the Session on October 7, 2010

Durch eine Laufzeitverlängerung ist ebenfalls zu befürchten, dass die Dynamik bei den erneuerbaren Energien abgebremst wird. Auch da, Herr Ministerpräsident, empfehle ich einen Blick in die Zeitung mit diesem Interview mit Villis.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Ich empfehle einen Blick ins Gesetz!)

Ich zitiere:

Angesichts der Belastungen, die uns von der Politik auf erlegt werden, müssen wir alle Investitionen ergebnisof fen auf den Prüfstand stellen, also auch die erneuerbaren Energien.

Das heißt, Hans-Peter Villis stellt Investitionsentscheidungen, die unter den Bedingungen des Atomausstiegs getroffen wur den, zu einem Zeitpunkt infrage, zu dem er die Laufzeitver längerung in der Tasche hat, zu dem ihm Milliarden an Zu satzprofiten winken. Warum? Weil er seinen atomaren „Du kateneseln“ in Neckarwestheim, Philippsburg und anderswo nicht durch neue Anlagen Konkurrenz machen will.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Ne meth.

Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Herr Untersteller, ich weiß gar nicht, worüber Sie sich hier so künstlich aufregen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Lachen bei den Grünen – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Haben Sie geschlafen? – Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

CDU und CSU haben in ihrem Wahlprogramm eine Laufzeit verlängerung vorgeschlagen. Die Absicht, eine Laufzeitver längerung vorzunehmen, wurde schließlich auch in den Koa litionsvertrag auf Bundesebene aufgenommen. Wir sind von diesem Weg auch überzeugt.

Mit dieser Meinung sind wir übrigens nicht allein. Der Nach haltigkeitsbeirat des Landes Baden-Württemberg ist schon lange für eine Laufzeitverlängerung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen des Abg. Claus Schmiedel SPD – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Führende Wissenschaftler wie Professor Schellnhuber sind für eine Laufzeitverlängerung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Warum? Wir leisten mit einer Laufzeitverlängerung einen Bei trag zur CO2-Reduktion. Die Nutzung der Kernenergie wirkt preisdämpfend. Das ist ganz klar. Angebot und Nachfrage be stimmen den Preis.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Lesen Sie doch einmal das Energiegutachten der Bundesregierung!)

Wenn wir das Angebot erhöhen, ist völlig klar, dass dies auf dem Strommarkt mindestens preisdämpfende Auswirkungen hat. Außerdem generieren wir mit einer Laufzeitverlängerung neue Mittel, um die Energiewende zu finanzieren, meine Da men und Herren. Denn wir wollen die Lasten nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern und der mittelständischen Wirt

schaft auferlegen. Vielmehr lassen wir die Stromkonzerne die se Dinge nun mitfinanzieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Jörg Döpper CDU: Prima! – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Nemeth, gestatten Sie ei ne Kurzintervention des Herrn Abg. Schmiedel?

Später. Die SPD kommt ja noch zu Wort.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Nein, jetzt lasse ich keine Kurzintervention zu.

Ich bleibe bei den Grünen. Dass die Grünen gegen Kernener gie sind, hat sich ja herumgesprochen. Aber, Herr Unterstel ler, Sie sind nicht nur gegen Kernenergie. Sie sind gegen Koh le, Sie sind gegen CCS, Sie sind gegen Pumpspeicherwerke,

(Abg. Albrecht Fischer CDU: Gegen alles!)

und Sie sind gegen Netze. Sie sind gegen alles.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Deswegen muss ich einmal fragen, wie Sie die Industrienati on Bundesrepublik Deutschland und den Industriestandort Ba den-Württemberg überhaupt mit Strom versorgen wollen.

(Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU)

Die Antwort auf diese Frage bleiben Sie seit Jahren schuldig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Zum neuen Energiekonzept und zur Laufzeitverlängerung ge hört auch – das haben Sie falsch dargestellt –, dass sich die Sicherheitsanforderungen weiter erhöhen werden. Wir haben schon jetzt die sichersten Kernkraftwerke der Welt.

Noch einmal zu Ihrer Glaubwürdigkeit: Als Sie und Ihr Um weltminister Trittin am Drücker saßen,

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Guter Mann!)

haben Sie in dieser Zeit – ich glaube, es waren sieben Jahre – nicht ein einziges Kernkraftwerk aus Sicherheitsgründen ab geschaltet. Mit Ihrer Politik betreiben Sie nur Panikmache und schüren die Ängste der Bevölkerung.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Genau! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Endlagerdebatte!)

Das ist Ihre Politik.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Gerade haben Sie von Verträgen gesprochen. Herr Trittin hat den Energiekonzernen in dem Vertrag zwischen ihnen und Rot-Grün die Zusicherung der damaligen Bundesregierung

gegeben, dass sie keine Initiative zur Erhöhung der Sicher heitsstandards unternehmen wird.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Hört, hört! – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: So ist es! Unglaublich! – Lachen des Abg. Peter Hofelich SPD)

Von Rot-Grün wurde dies für 20 Jahre zugesichert. Wir aber gehen den umgekehrten Weg. Wir haben ein neues Gesetz ge schaffen, sodass mehr Sicherheitsstandards in Kernkraftwer ken – zur Laufzeitverlängerung – zum Tragen kommen. Des wegen glaube ich, dass unsere Politik, was Sicherheitsstan dards anbelangt, wesentlich klüger und vernünftiger ist. Des halb ist auch dieser Vertrag über die Laufzeitverlängerung richtig und sinnvoll.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl!)

Nun zu dem Vorwurf, dass wir Verträge nicht einhalten wür den: Herr Untersteller, seit damals hat sich einiges getan.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Gehört das als Argu ment dazu? – Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Wir haben eine völlig andere Situation. Wie kommt es denn, dass auf der ganzen Welt – in China, Russland, Italien, Frank reich und sogar Finnland, dem Land, in dem laut PISA-Stu die angeblich die klügsten Menschen der Welt wohnen – neue Kernkraftwerke gebaut werden?

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Was ist denn das für eine Begründung! – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Herr Untersteller, es hat sich etwas getan. Deshalb ist es rich tig und sinnvoll, diese Laufzeitverlängerung zu machen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir haben dafür gesorgt, dass die Energiekonzerne ab 2011 durch eine Brennelementesteuer mit einem jährlichen Auf kommen von 2,3 Milliarden € sofort zusätzlich belastet wer den. Das hätte Ihnen eigentlich auch einfallen können. Wir setzen es um. Wir setzen dieses Geld einerseits zum Schul denabbau ein und andererseits, um die Energiewende zu fi nanzieren. Das ist eine volkswirtschaftlich sinnvolle Politik.