Protocol of the Session on October 7, 2010

Deshalb ist es kein Deal, der nur Vorteile für die Energiewirt schaft hat.

Wenn Sie dies einmal addieren, kommen Sie auf einen Betrag von etwa 13,8 Milliarden € aus der Brennelementesteuer. Sie kommen auf etwa 16,9 Milliarden €, die für die Förderung er neuerbarer Energien auf der Zeitachse abgeschöpft werden. Das sind insgesamt rund 30 Milliarden €.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Knapp 100 Milli arden €!)

Selbst wenn ich unterstelle, dass wir rund 50 Milliarden € an Zusatzerträgen haben, komme ich zu dem Ergebnis, dass die Prozentzahlen, die Sie in den Raum stellen, nicht zutreffen,

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Nicht wir stellen die in den Raum! Die LBBW stellt die in den Raum!)

sondern wir rund 58 % der zusätzlichen Erträge abschöpfen und insofern unser Wahlversprechen erfüllen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Es ist auch eine völlig unzutreffende Behauptung, Herr Kol lege Untersteller – Herr Knapp, auch Sie haben das behaup tet –, die Investitionen in die Sicherheit wären gedeckelt. Das ist nicht zutreffend. Es wird immer wieder behauptet, mehr als 500 Millionen € dürften nicht in die Sicherheit eines ein zelnen Kernkraftwerks investiert werden. Diese Behauptung ist unwahr. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Jawohl! – Abg. Thomas Knapp SPD: Es darf verrechnet werden!)

Selbstverständlich darf über diese 500 Millionen € hinaus in vestiert werden, denn das oberste Prinzip ist die Sicherheit, nur wird dann weniger abgeschöpft.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Dann wird es hinterher abgezogen! – Gegenruf von der CDU: Sie haben doch gar nichts abgeschöpft!)

Aber ein gewisses betriebswirtschaftliches Denken müssen Sie auch der Energiewirtschaft zugestehen, dass sich das Gan ze, wenn die Gesamtinvestitionen höher werden, wirtschaft lich tragen muss. Deshalb muss man natürlich darüber reden, was daraus folgt, wenn die Investitionen in die Sicherheit hö her werden.

Aber eines ist klar – hören Sie auf, das gegenüber der Bevöl kerung zu behaupten –: Es gibt keine Deckelung bei der Si cherheit. Das ist Panikmache und eine bewusste Unwahrheit, die Sie behaupten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sachargument! – Abg. Thomas Knapp SPD: Dann stimmen doch die ganzen Zahlen nicht! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Herr Knapp, hören Sie zu!)

Herr Kollege Knapp, das ist ja das, was wir in diesem Haus ständig erleben. Irgendjemand kommt mit Zahlen und mit Gutachten – in der Regel Gutachten, die er selbst bezahlt hat –, stellt diese Gutachten vor und behauptet, die Gutachten der anderen seien falsch.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Thomas Knapp SPD: Wir kommen jetzt nicht mit höheren Zahlen, sondern mit niedrigeren!)

Das kennen wir doch schon seit Langem. Wir sollten uns zu mindest einmal darauf verständigen, Herr Kollege Knapp, dass wir uns auf die Dinge einigen, die nachprüfbar sind. Nachprüfbar ist, dass die Behauptung, die Investitionen in die Sicherheit seien auf 500 Millionen € gedeckelt, schlicht falsch ist.

(Beifall bei der FDP/DVP – Widerspruch des Abg. Thomas Knapp SPD – Abg. Thomas Knapp SPD: Er versteht es nicht! – Zuruf des Abg. Ingo Rust SPD)

Können wir uns darauf einigen, Herr Kollege Knapp, oder nicht? Sie haben das hier behauptet, und Kollege Untersteller hat es genauso behauptet.

Worüber wir auch reden müssen, ist die Frage der Endlage rung. Sie wird von Ihnen immer als Argument gegen die Kern energie ins Feld geführt. Die Herren Trittin und Gabriel ha ben die Erkundung in Gorleben wohlweislich unterbunden, weil sie als Argument gegen die Kernenergie das Problem und nicht die Lösung haben wollten.

(Heiterkeit und Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wet zel FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP und Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: So ist es!)

Jetzt kommen wir endlich einmal einen Schritt weiter, und es wird deutlich, dass wir dieses Problem so oder so lösen müs sen. Sie tun immer so, als ob wir, wenn wir bei den Ausstiegs beschlüssen blieben, kein Endlager brauchten. Das ist völlig unzutreffend. Wir brauchen dieses Endlager.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Wenn Sie endlich einmal konstruktiv an der Suche nach ei nem Endlager mitarbeiten würden, könnten Sie zu dieser Ener giedebatte einen wesentlich konstruktiveren Beitrag leisten als durch diese Aktuelle Debatte und den Versuch, alles zu blockieren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Rein hold Gall SPD: Machen Sie doch einmal einen Vor schlag! – Zuruf des Abg. Thomas Knapp SPD)

Das Wort erteile ich der Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Verkehr Tanja Gönner.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich darüber, dass wir heute die Gelegen heit haben, in diesem Haus über das Energiekonzept der Bun desregierung zu sprechen, auch wenn es, wie schon diese Aus sage zeigt, ein Thema ist, über das zunächst auf Bundesebe ne entschieden wird.

Ich freue mich aber deswegen, weil wir damit noch einmal klarmachen können, dass wir als Landesregierung das Ener giekonzept begrüßen und unterstützen und dieses Konzept ge rade für Baden-Württemberg eine ganz besondere Bedeutung hat, und im Übrigen die Möglichkeit gegeben ist, einige Be hauptungen richtigzustellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will mit Bemer kungen anfangen, die die Themen Verlässlichkeit und Kon sens angehen und die auch politische Auseinandersetzungen betreffen. Herr Untersteller, ich will allerdings auch sagen: Ich finde es eine gegenüber Kollegen nicht unbedingt hilfrei che Wortwahl, wenn Sie von „Geblubber“ sprechen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Ich könnte auch noch über Pressemitteilungen von Ihnen spre chen, in denen Sie mich als fanatisch bezeichnen, Herr Unter steller. Auch das halte ich nicht unbedingt für die Art, in der wir miteinander umgehen sollten.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Das sagt gerade die Rich tige! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Keine Eskalati on! – Unruhe)

Das Wesentliche und Wichtige ist die Frage, ob wir glauben, dass wir die Menschen besser überzeugen, indem wir uns im mer mit möglichst scharfen Worten angreifen oder indem wir tatsächlich mit Sachargumenten vorgehen. Das ist die ent scheidende Frage. Deswegen kann man, finde ich, auf solche Äußerungen verzichten.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Thema Verläss lichkeit und Konsens: Ich verstehe, dass Sie den Eindruck er wecken wollten, als wäre der Atomkonsens damals ein großer gesellschaftlicher Konsens gewesen. Ich weise aber darauf hin, dass Schwarz-Gelb, also CDU/CSU und FDP, bereits da mals gesagt haben: Wir halten ihn für falsch; wir halten ihn unter energiepolitischen Gesichtspunkten für falsch, und wir

werden eine Änderung vornehmen. Das haben wir im Wahl kampf 2002 gesagt, das haben wir im Wahlkampf 2005 ge sagt, und das haben wir im Wahlkampf 2009 – jeweils Bun destagswahlkampf – gesagt.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Das ist klar, wenn man gegen das EEG war!)

Wir haben das auch im Landtagswahlkampf 2002 und 2006 gesagt.

Deswegen war immer klar, dass in diesem Punkt kein politi scher Konsens vorhanden ist. Ich glaube, dass es wesentlich und wichtig ist, dies immer wieder hervorzuheben.

Das Interessante ist, dass gesellschaftlicher Konsens immer das ist, was Sie vertreten. Das finde ich spannend. Ich rede auch mit Leuten, die durchaus eine andere Auffassung haben. Auch diese gehören zur Gesellschaft. Insofern ist es ausge sprochen schwierig. Ich verstehe, dass Sie sagen, das, was Sie vertreten, sei gesellschaftlicher Konsens. Ich kann Ihnen sa gen, dass uns viele sagen: Uns geht es darum, eine verlässli che, umweltfreundliche und kostengünstige Energieversor gung zu haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Schmiedel?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Er hat ja sonst nichts zu sagen! – Zuruf: Der „Kunst-Schmiedel“!)

Ja. – Der Künstler Schmiedel.

Frau Ministerin Gönner, ich ha be eine Frage, die sich allerdings nicht auf das Thema Stim mung und gesellschaftlicher Konsens, sondern auf verlässli che Rahmenbedingungen für die Wirtschaft bezieht. Um ge nau das zu vermeiden, dass mit jeder Wahl eine völlig ande re Energiepolitik und völlig andere Rahmenbedingungen kom men, wurde ja der Konsens mit der Wirtschaft geschlossen, in dem sie sich verpflichtet, die Ziele dieses Vertrags nachhaltig zu erfüllen. Es war doch eine Errungenschaft, auf die man stolz sein kann, dass Politik und Wirtschaft zusammen die Rahmenbedingungen formulieren und man sich darauf ver lassen kann.

Halten Sie es wirklich für erstrebenswert, dass man z. B. im Jahr 2013, nach der nächsten Bundestagswahl – es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass es dann eine andere Mehrheit gibt – eine völlig andere Energiepolitik macht? Dann gewinnen Sie vielleicht die nächste Wahl, und dann geht es wieder rein in die Kartoffeln. Man kann doch nicht ernsthaft eine Politik wollen, bei der man bei einem so sensiblen Thema einmal reingeht, einmal rausgeht und dann wieder reingeht.

(Beifall bei der SPD – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Also, ihr ändert nichts?)

Herr Schmiedel, wir haben in der politischen Debat te immer klargemacht, dass wir nicht Vertragspartner sind. Ich

verstehe, wenn Sie mit Energiekonzernen, die unterschrieben haben, hadern. Ich meine das wirklich ernsthaft: Ich verstehe das. Denn es kann natürlich die Frage gestellt werden: Kann ich an einem Tag einen solchen Vertrag unterschreiben und am nächsten Tag etwas anderes fordern als das, was in dem Vertrag steht?

(Lachen der Abg. Christine Rudolf SPD)