Protocol of the Session on October 6, 2010

Nein, ich führe meine Rede zu Ende. Aber gern später.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Ich wollte Sie nur fra gen, warum Sie keinen Untersuchungsausschuss wol len! So, wie Sie reden!)

Sie haben die Dimension völlig verkannt – auch Sie, Herr Blenke.

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Ist Herr Hauk überhaupt da?)

Es geht schon lange nicht mehr um das Pro und Kontra die ses Bahnhofs. Es geht um die Frage, wie wir in diesem Land miteinander leben wollen. Darum geht es.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Inzwischen hat Herr Mappus erreicht, was die militantesten Gegner von S 21 nicht erreicht haben: Er hat erreicht, dass viele Befürworter daran zweifeln, dass es richtig ist, dieses

Projekt so durchzuführen. Das ist der Zustand, in dem sich dieses Projekt jetzt befindet.

Deshalb sage ich: Der Ministerpräsident hat heute keinen Weg aufgezeigt, wie er das Land aus der Konfrontation herausfüh ren wird.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Was? – Abg. Jörg Döp per CDU: Sie haben nicht zugehört!)

Wir haben das gemacht. Wir haben einen Weg aufgezeigt, der auf Vernunft setzt, der auf sachliche Auseinandersetzung mit den Pros und Kontras setzt und der die Bürgerinnen und Bür ger ernst nimmt.

(Abg. Werner Raab CDU: Zuhören!)

Hinter diesem Misslingen der Regierungserklärung steckt ein Grundproblem des Herrn Mappus. Er hat gewusst, dass er un bedingt Ministerpräsident werden will. Er weiß aber bis heu te nicht, weshalb er Ministerpräsident sein will.

(Abg. Albrecht Fischer CDU: Aber Sie wissen es! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wenn Sie so wei terreden, reicht es Ihnen nicht einmal zum Finanzmi nister unter Herrn Özdemir!)

Herr Mappus, Sie haben sich in Ihrer bisherigen Amtszeit kei nen Begriff davon gemacht, was es heißt, Baden-Württem berg zu regieren. Sie haben kein Bild davon, wie das Land re giert werden soll.

(Unruhe bei der CDU)

Sie haben den Willen zur Macht gezeigt, aber nicht deutlich machen können, wie Sie politische Macht zum Wohl des Lan des einsetzen wollen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Lachen des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das sagen ausgerechnet Sie!)

Dann kam Stuttgart 21, vermeintlich Ihr Thema – und jetzt haben wir einen Scherbenhaufen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sie reden aber nicht von unserem Wahlkreis!)

Das ist ein Scherbenhaufen, den Sie zu verantworten haben. Deshalb sage ich Ihnen: Wir haben die Chance zur Umkehr.

(Abg. Albrecht Fischer CDU: Dann kehren Sie doch um!)

Sie haben die Chance zur Umkehr. Der Weg der Versöhnung, der Weg der Vernunft steht Ihnen offen. Wir bieten ihn an. Wir bitten alle politischen Kräfte dieses Hauses, darauf hinzuwir ken.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP/DVP-Frak tion erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schmid hat be hauptet, das Land befinde sich in einer Sackgasse. Meine Da men und Herren, das Land befindet sich nicht in einer Sack gasse.

(Zuruf von der CDU: Aber Herr Kollege Schmid!)

Wenn ich durch das Land gehe und mit den Menschen rede, dann stelle ich fest, dass die Menschen durchaus differenziert und überwiegend unemotional über das Thema Stuttgart 21 reden.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ja!)

Sie sind allenfalls darüber beunruhigt, was in Stuttgart vor sich geht, und darüber – da gebe ich Ihnen, Herr Kollege Schmid, recht –, dass das Bild, welches das Land BadenWürttemberg aufgrund der Ereignisse in Stuttgart nach außen abgibt, problematisch ist.

Deshalb müssen wir uns die Frage stellen, wie wir die Prob leme, die sich auftürmen, lösen. Aber es ist falsch, zu behaup ten, das Land Baden-Württemberg befinde sich in einer Sack gasse.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Ulrich Müller CDU: Nur die SPD!)

Es ist auch falsch, wenn Sie den Eindruck erwecken – so ha ben Sie es formuliert –, die Polizei würde Kinder und Rent ner niederknüppeln. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Gall ist gestern nach der Innenausschusssitzung zu einer ganz anderen, zu einer realistischen, zu einer vernünftigen Ein schätzung gekommen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Tho mas Blenke CDU: Genau!)

Sie sollten Abstand davon nehmen, solche Verleumdungen an diesem Pult vorzubringen, um das Land und unsere Polizei schlechtzumachen, Herr Kollege Schmid.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Rein hold Gall SPD: Sie waren doch gar nicht dabei! Sie wissen doch gar nicht, was ich gesagt habe!)

Es ist völlig richtig: Diese Bilder, die entstanden sind, scha den uns allen und dürfen sich nicht wiederholen. Aber wir dür fen bei diesen Bildern auch nicht Ursache und Wirkung ver wechseln und vergessen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zurufe von der CDU: So ist es!)

Es ist völlig richtig: Die meisten Demonstranten sind fried lich, und kein Mensch in diesem Haus – übrigens gilt das auch bei der Bahn – bestreitet das Grundrecht auf Demonstrations freiheit. Da ist Herr Grube übrigens völlig falsch – wohl auch absichtlich falsch – interpretiert worden, als so getan wurde, als hätte er gesagt, es gebe kein Recht auf Widerstand und er würde das Demonstrationsrecht in Abrede stellen. Das ist überhaupt nicht richtig. Niemand bestreitet die Freiheit, zu de monstrieren,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Friedliche Demonstrationen!)

und niemand nimmt den Bürgern in unserem Land das Recht, auch gegen dieses Projekt Stuttgart 21 zu sein und diesem Pro test auf der Straße Ausdruck zu verleihen.

(Zuruf des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Aber es gibt im Sinne des Grundgesetzes kein Widerstands recht. Dieses Widerstandsrecht gibt es dann, wenn ein An schlag auf die Demokratie vorbereitet wird, wenn versucht wird, die Demokratie in diesem Land auszuhebeln.

Meine Damen und Herren, eines ist klar: Diese Seite des Hau ses, Herr Kollege Kretschmann, hat bestimmt nicht vor, die Demokratie in Baden-Württemberg auszuhebeln. Deshalb gibt es gegen die Regierungsentscheidung auch kein Widerstands recht in diesem Land.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Wir begrüßen den Vorschlag, den auch die FDP am vergange nen Wochenende in die Diskussion gebracht hat, in ein Medi ationsverfahren einzutreten. Es ist richtig und sinnvoll, einen möglichst neutralen Dritten zu finden, der versucht, die unter schiedlichen Interessen auszugleichen und – wie das auch sonst im Land der Fall ist – die Emotionen herunterzubringen. Man sollte wenigstens gesprächsbereit sein.

Der Ministerpräsident, Herr Kollege Kretschmann, ist der Be wegung der Gegner dieses Projekts weit entgegengekommen, indem er einen Personalvorschlag aufgegriffen hat, der von Ihrer Seite formuliert wurde. Es ist ja schon mehr Ihr Vermitt ler als der Vermittler, der vom Ministerpräsidenten vorgeschla gen wurde. Deshalb, Herr Kollege Kretschmann, sollten Sie mit diesem Vorschlag einverstanden sein und nicht weitere, neue Hürden auftürmen, die den Mediations- und Vermitt lungsprozess gefährden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Sie haben gesagt, man müsse den Protest ernst nehmen. Das tun wir. Wir akzeptieren die Meinung dieser Menschen. Aber, Herr Kollege Kretschmann, Sie müssen auch demokratisch zustande gekommene Entscheidungen ernst nehmen. Auch das muss in diesem Land ernst genommen werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Abg. Thomas Blenke CDU: Genau!)