Fazit: Wir mussten die sogenannten „friedlichen“ K-21Demonstranten als primitiv und brutal erleben – der Zu gang zum Schlossgarten wurde uns verwehrt, und wir kehrten um zur wirklich friedlichen Pro-S-21-Demonst ration.
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ist das nicht furchtbar? – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Da gab es auch keine Wasserwerfer! – Gegenruf des Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Das müssen Sie zur Kennt nis nehmen!)
Es geht jetzt nicht um die Frage nach dem Polizeieinsatz. Es geht nur um die Frage – auch dieser Frage müssen wir uns ge meinsam stellen –: Wie gehen wir mit einzelnen Demonstran ten um, die sich eben nicht friedlich verhalten?
Ich sage es noch einmal: Ich verunglimpfe die, die friedlich demonstrieren, überhaupt nicht. Das liegt gar nicht in meinem Interesse; ganz im Gegenteil. Das ist auch ein Bekenntnis zu dieser Demokratie. Aber ich wehre mich gegen jeden, der mit rechtsstaatlich falschen, mit illegalen Mitteln, auch und gera de mit Gewalt, versucht, seiner Meinungsäußerung Nachdruck zu verleihen. Das geht nicht.
Dann frage ich Sie, Herr Kollege Kretschmann: Was können wir alle gemeinsam, aber auch die Grünen tun, um zu dees kalieren, damit solche Vorfälle – möglicherweise sind das Ein zelvorfälle –, aber auch Gerangel und dergleichen mehr gar nicht erst passieren? Das ist der entscheidende Punkt.
Wir sollten auch darüber sprechen, wie wir gemeinsam es mit dem Rechtsstaat halten. Wo sind denn die Grenzen abge steckt? Ich habe mich juristisch über Sitzblockaden aufklären lassen: Friedlich, einzeln sitzend gilt nicht mehr als Nötigung – das ist in Ordnung –;
untergehakt, erst recht abwehrend oder mit Hilfsmitteln ange kettet gilt als eindeutiger Straftatbestand der Nötigung.
Herr Kretschmann erklärte am Donnerstagabend letzter Wo che in einer Sendung, das seien die modernen Formen einer Demonstration.
(Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Jawohl! – Abg. Bärbl Mielich GRÜ NE: Stimmt doch nicht! – Unruhe)
Das haben Sie mehr oder minder erklärt. Herr Kollege Kretschmann, ich halte das für eine ernste Frage, und zwar aus folgendem Grund: So, wie die Polizei unser gemeinsames
Recht auf Meinungsfreiheit schützt und den Projektgegnern die Chance gibt, sich zu artikulieren, genau so geht es um den Rechtsstaat, wenn es um rechtsstaatlich zustande gekomme ne Projekte geht.
Wir können doch nicht in jedem Einzelfall ständig Regeln än dern. Deshalb erwarte ich von jedem Abgeordneten dieses Landtags, dass er sich auch für den demokratischen Rechts staat und seine Spielregeln ausspricht und darüber hinaus überall dort, wo er ist, kein Wegschauer ist – wir beklagen uns in der Gesellschaft häufig über diejenigen, die wegschauen –, sondern ein Hinschauer ist und die Menschen dort auf den Pfad des demokratischen Staates zurückführt. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe der Abg. Winfried Kretschmann, Dr. Bernd Murschel und Brigitte Lösch GRÜNE)
Deshalb frage ich uns alle: Wie halten wir es mit verbaler Ge walt – übrigens auch gegen Polizisten? Wie halten wir es mit Beleidigungen?
Wie halten wir es mit gesundheitsgefährdendem Lärm von Vuvuzelas direkt neben anderer Menschen Ohren? Wie hal ten wir es mit der Frage der Nötigung – der echten Nötigung? Wie halten wir es denn – um es konkret zu machen – mit Or ganisationen wie den selbst ernannten Parkschützern, die in ihrer Mitgliederschaft zur Nötigung – zu der juristisch klaren Nötigung – aufrufen? Wie halten wir es damit?
(Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE – Abg. Tho mas Blenke CDU: Wie halten es die Grünen damit? – Unruhe)
Herr Kollege Kretschmann, ich frage auch Sie: Wie halten Sie es – nicht Sie persönlich, sondern die Grünen – damit?
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Alb recht Fischer CDU: Kretschmann muss sich distan zieren! – Zuruf des Abg. Klaus Herrmann CDU)
Nach der tiefen Ernsthaftigkeit nun die Ironie: Man könnte meinen, die Grünen bewegten sich wieder ein Stück weit dort hin, wo sie hergekommen sind, nämlich zurück auf die Stra ße
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: So ist es! – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das hätten Sie gern! – Zurufe der Abg. Klaus Herrmann CDU und Theresia Bauer GRÜNE)
und zur außerparlamentarischen Opposition mit einem politi schen Flügel, der versucht, die Dinge hier einigermaßen hin zubekommen.
(Beifall des Abg. Manfred Groh CDU – Zurufe: Der weint! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Der war ge rade noch da! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Der macht bei einer Demo mit! – Unruhe)
(Zuruf: Nein! – Abg. Dr. Birgit Arnold FDP/DVP: Der weint! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Herr Wölf le war vorhin da! Er war da!)
Ich glaube, in einem demokratischen Rechtsstaat gehört es ge rade dann, wenn man ein Betroffener oder Involvierter ist – ich nehme Herrn Wölfle die Betroffenheit ab –, dazu, dass man sich argumentativ auseinandersetzt, dass man nicht ein fach weggeht, wegschaut, sondern sich mit Argumenten aus einandersetzt. Auch das zählt zum Dialog dazu.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin deshalb zu tiefst davon überzeugt, dass wir alles daransetzen müssen, dass wieder ein Dialog in Gang kommt. Der Ministerpräsi dent hat Ihnen – das muss man jetzt wirklich sagen – die Hand entgegengestreckt.
Er hat den Vorschlag des Kollegen Wölfle und Ihren Vor schlag, Herr Kretschmann, aufgegriffen und Heiner Geißler als Vermittler vorgeschlagen. Ich glaube, mehr kann man sich auf politische Gegner nicht zubewegen. Das ist mehr als fair.
Ich würde Ihnen deshalb dringend raten, Ihre Position bezüg lich der Vorbedingungen auch aus diesem Grund zu überden ken, nicht nur aus den vorhin von mir genannten Gründen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt komme ich zu rück zu der Frage: Wie konnte es zu der Eskalation kommen? Am letzten Freitag waren nach Polizeiangaben, denen ich ver traue, 50 000 Demonstranten da. Die Polizei schätzt auch die Zahl der Befürworter; da habe ich, um das ehrlich zu sagen, allerdings den Eindruck, es seien mehr.