Protocol of the Session on October 6, 2010

Ich darf noch einmal den Polizeiwissenschaftler Thomas Fel tes zitieren.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Oje!)

Es spricht vieles dafür, dass bei diesem Einsatz von An fang an keine Deeskalation geplant war, sondern eine harte Linie.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Quatsch!)

Dass die Polizei gleich mit Wasserwerfern angerückt ist, war darauf angelegt, Stärke zu zeigen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: So ein Blöd sinn!)

Ich finde, für diesen Konfrontationskurs mit der Gefahr der Eskalation gab es keinen Grund, nachdem nun seit Monaten Tausende von Demonstranten zeigen, dass sie friedlich de monstrieren.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Peter Hauk CDU: 99 %!)

Dafür gab es keinen Grund. Ich habe mir wie viele andere von uns auch selbst ein Bild von der Demonstration gemacht, und die Demonstranten waren in der überwältigenden Mehrzahl friedlich.

(Abg. Peter Hauk CDU: Genau! Das stimmt!)

Es herrschte keine aggressive Stimmung, und sie sind auch trotz des massiven Polizeieinsatzes in der überwältigenden Mehrzahl friedlich geblieben.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig!)

Es gab einzelne Übergriffe aus den Reihen von Demonstran ten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aha! – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Jetzt kommt Licht ins Dun kel!)

Diese werden von uns verurteilt. Das ist nicht zu entschuldi gen und darf nicht vorkommen.

Aber wenn man sie in den Kontext der gesamten Vorfälle vom 30. September einordnet, dann muss man konzedieren, dass es sich hier um ganz wenige einzelne Demonstranten gehan delt hat, Demonstranten – das habe ich selbst gesehen –, die im Übrigen unverzüglich von anderen Demonstranten dazu aufgefordert wurden, das sofort zu unterlassen.

(Lachen des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU – Zuru fe der Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP und Bärbl Mielich GRÜNE)

Das zeigt, dass der überwältigende Teil dieser Demonstranten absolut friedlich war. Deswegen sind diese Stadt und das Land tief schockiert über diesen Polizeieinsatz.

(Beifall bei den Grünen)

Dies beinhaltet überhaupt keine Kritik an den Polizisten, die das tun, was man ihnen sagt, sondern es beinhaltet Kritik an der Einsatzleitung und der politischen Führung, die dafür ver

antwortlich ist, am Tag einer Schülerdemonstration eine sol che Aktion überhaupt zu eröffnen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ich finde, Herr Ministerpräsident, wenn Sie wirklich wollen, dass wir aus der Konfrontation herauskommen, wäre eine Ent schuldigung für diesen unangebrachten Einsatz gegen die De monstranten am Tag einer Schülerdemonstration angebracht.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullin ger FDP/DVP: Wer hat um halb elf Schulschluss?)

Dass es eine Eskalationsstrategie gab, hat man daran gemerkt, dass Sie Wochen zuvor massiv begonnen haben, die Protest bewegung zu diskreditieren. Es ist das schlimme Wort „Be rufsdemonstranten“ gefallen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die gibt es auch! – Abg. Peter Hauk CDU: Die es in Einzelfällen auch gibt!)

Man muss sich das einmal vorstellen: Wenn hier Zehntausen de friedlich demonstrieren, reden Sie von „Berufsdemonst ranten“.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die gibt es darunter! – Abg. Peter Hauk CDU: Davon redet kein Mensch! – Unruhe bei der CDU)

Sie haben von „Altkommunisten“ und „Altlinken“ geredet, von „gewaltbereiten Demonstranten“.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, richtig!)

Sie haben gesagt, sie seien von den Grünen aufgewiegelt, ge steuert und manipuliert worden, damit diese gute Wahlergeb nisse einfahren.

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

Das waren Ihre Argumente.

Jetzt sagt der stellvertretende Ministerpräsident Goll noch, das seien alles unduldsame und wohlstandsverwöhnte Bürger.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist eine Beleidi gung!)

Das ist die Diskreditierung einer Protestbewegung, und diese Eskalation der Worte ging dem Einsatz voraus.

(Beifall bei den Grünen)

Wenn wir aus der Konfrontation herauskommen wollen – und das wollen wir –,

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Bis jetzt war Ihr Bei trag nicht dazu angetan!)

dann müssen Sie endlich die Realitätsverweigerung aufgeben. Es handelt sich hier um eine breite Protestbewegung aus al len Schichten der Bevölkerung in Stadt und Land, um einen kontinuierlichen, friedlichen Protest, der sehr kreativ ist; ich denke z. B. an den Schwabenstreich.

(Abg. Peter Hauk CDU: Laut!)

Diese Anerkennung der Realität, dass nach Umfragen eine Mehrheit im Land und eine übergroße Mehrheit in der Stadt dieses Projekt nicht will,

(Zurufe von der CDU: Quatsch! – Das stimmt nicht!)

obwohl es, wie Sie immer betonen, beschlossen worden ist, ist die Voraussetzung.

Diese Realität gefällt Ihnen verständlicherweise nicht. Aber Sie müssen sie trotzdem als existent und real wahrnehmen – auch wenn sie Ihnen nicht gefällt. Das ist die allererste Grund lage dafür, dass wir weiterkommen. Es geht darum, anzuer kennen, dass es sich hier um einen tiefen und ernsthaften Kon flikt handelt, dass nicht irgendwelche fehlgeleiteten und un informierten Menschen durch die Gegend rennen.

Dieser Protest ist nicht herbeigeredet, und er wird auch nicht instrumentalisiert.

(Unruhe)

Die Menschen sind auch nicht schlecht informiert.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Der Protest wird schon gar nicht von uns für Wahlkampfzwe cke ausgenutzt.

(Beifall bei den Grünen – Lebhafte Unruhe bei der CDU)