Protocol of the Session on October 6, 2010

Universität Tübingen

2. Gründung des Technologie- und Innovationszentrums Um

welttechnik Baden-Württemberg

Für die einleitende Erklärung zum ersten Thema darf ich für die Landesregierung Herrn Minister Professor Dr. Franken berg das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Kabinett hat am Montag die Einrichtung eines Fachbe reichs für Islamische Studien an der Universität Tübingen be schlossen. Für uns ist die Frage eines solchen Fachbereichs, die Frage der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Is lam an einer Universität, der Ausbildung von Imamen in deut scher Sprache und der Ausbildung von Religionslehrern, ei ne zentrale Frage der Integration. Die muslimischen Bürger gehören zu unserem Land. Wir sind eine Kulturnation, die sich über Sprache definiert. Die Frage, in welcher Sprache gepre digt wird, und die Frage, in welcher Sprache Religionsunter richt abgehalten wird, sind zentrale Fragen der Integration.

Wir hatten zwei Konzepte vorliegen, die auf einem Basiskon zept des Wissenschaftsrats beruhen, der sich mit dieser Frage beschäftigt und die Einrichtung eines solchen Studiengangs befürwortet hat. Es waren die Konzepte der Universität Tü bingen und der Universität Heidelberg in Kooperation mit der Universität Freiburg. Wir haben dieselbe Arbeitsgruppe des Wissenschaftsrats, die das Gesamtkonzept empfohlen hat, ge beten, die beiden Konzepte zu prüfen; mit dabei waren zwei weitere Islamgelehrte aus Deutschland.

Diese Arbeitsgruppe hat sich einstimmig für den Standort Tü bingen, das Tübinger Konzept, entschieden. Hintergrund war, dass in Tübingen zwei theologische Fakultäten, die katholi sche und die evangelische, den Rahmen bieten und dass vor allem ein zentraler Punkt, die Beiratslösung, in Tübingen we sentlich besser gelöst ist. Beiratslösung heißt, dass man die muslimischen Gemeinden einbezieht. Der Islam hat keine ver fasste Kirchenstruktur. Die muslimischen Gläubigen müssen natürlich die Imame und die Religionslehrer akzeptieren; es gibt aber keine Kirche als Gegenüber. Es kann also nur einen Beirat als Gegenüber geben. Deshalb ist diese Beiratskonst

ruktion wesentlich für das Gelingen – nicht für die Ausbil dung, aber für die Akzeptanz von Imamen und Religionsleh rern muslimischen Glaubens in den Moscheen und an unse ren Schulen.

Wir werden diesen Antrag nun an den Bund weiterreichen. Der Bund hat die Länder aufgefordert, zwei bis drei Vorschlä ge zu machen. Unseres Wissens ist es der erste, jetzt auch vom Wissenschaftsrat geprüfte Vorschlag, der eingeht. Der Bund wird sich zu etwa einem Drittel an der Einrichtung dieses Fachgebiets beteiligen, das etwa sechs Lehrstühle mit Aus stattung umfassen wird. Diese sechs Lehrstühle umfassen Sachteile der Theologie des Islams und nicht verschiedene Glaubensrichtungen, also etwa Geschichte des Islams oder Korankunde. Etwa ein Drittel wird auch das Land beisteuern. Den übrigen Teil wird die Universität Tübingen selbst zu die sem Studiengang, zur Einrichtung des Fachgebiets für Islami sche Studien beitragen. Ich glaube, dass dies für die akademi sche Seite, für die Universität eine Stärkung ist, aber auch für die akademische Breite in Baden-Württemberg.

Mir ist wesentlich, dass die Hochschule für Jüdische Studien, die sich in Heidelberg beteiligen wollte, ebenfalls offen ist für eine Beteiligung am Tübinger Konzept. Ich habe zweimal mit Herrn Korn vom Zentralrat der Juden gesprochen. Denn der Judaismus ist natürlich genauso wie das Christentum eine Ba sis für den Islam. Das sind die drei Schriftreligionen. Insofern ist die Zusammenarbeit mit der Hochschule für Jüdische Stu dien in Heidelberg für einen Fachbereich Islamkunde wesent lich. Die Hochschule ist dazu bereit. Es finden entsprechende Gespräche statt. Diese Gespräche mit Herrn Korn zeigen, dass auch die jüdische Gemeinschaft in der Bundesrepublik die Einrichtung eines solchen Fachbereichs für Islamstudien be grüßt und unterstützt und mit ihrer Hochschule für Jüdische Studien auch einen entsprechenden wissenschaftlichen Bei trag leisten wird.

Dieser neue Fachbereich wird natürlich selbst erst einmal und dann auch weiter wissenschaftlich arbeiten, Wissenschaftler ausbilden, um damit auch die Basis für Islamwissenschaften in einem breiteren Kontext an unseren Universitäten zu bie ten.

So weit meine Ausführungen zu diesem Punkt.

Vielen Dank, Herr Mi nister.

Gibt es dazu Fragen? – Frau Kollegin Rastätter von der Frak tion GRÜNE, bitte.

Herr Professor Franken berg, wir Grünen begrüßen natürlich sehr, dass der Wissen schaftsrat die Initiative ergriffen hat, in Deutschland zwei bis drei Institute bzw. Zentren für islamisch-theologische Studi en einzurichten. Wir freuen uns natürlich, dass an einer Hoch schule in Baden-Württemberg ein solches Institut für Islami sche Studien und Religionspädagogik eingerichtet wird. Es ist auch sehr erfreulich, dass sich unsere drei großen Universitä ten Freiburg, Heidelberg und Tübingen hierfür beworben ha ben.

Für uns Grüne stellt sich allerdings die Frage – wir hatten ei nen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht –, wa

rum kein Verfahren gewählt worden ist, bei dem auch der Landtag mit einbezogen worden wäre. Das von uns beantrag te Verfahren wäre sehr transparent. Es ging um die Konzepte der Universität Tübingen einerseits und der Universitäten Hei delberg und Freiburg in Kooperation andererseits. Jetzt hören wir, dass eine gemeinsame Lösung der Universität Heidelberg mit dem Institut für Jüdische Religionspädagogik vorgelegt wurde. Die Beiratslösung, die Sie als Grund für Tübingen an geführt haben, ist auch von Freiburg und Heidelberg vorge tragen worden.

Insofern leuchtet uns nicht ein, warum der Landtag nicht ein gebunden wurde. Eine Einbindung des Landtags hätte die Transparenz des Verfahrens wesentlich gestärkt.

Die zweite Frage bezieht sich auf die Ausbildung von islami schen Religionslehrern. Es werden ja neben Imamen auch is lamische Religionslehrer ausgebildet. Die Universität Tübin gen hat den Nachteil, dass dort lediglich die Lehramtsausbil dung für Gymnasiallehrer angesiedelt ist, während an den Universitäten Freiburg und Heidelberg jeweils eine enge Ver zahnung mit den Pädagogischen Hochschulen bei der Ausbil dung der Religionslehrer hätte stattfinden können,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ludwigsburg ist doch nicht aus der Welt!)

zumal die meisten islamischen Religionslehrer an Grundschu len und Hauptschulen benötigt werden.

Deshalb ist die Frage: Hat bei der Entscheidung die Tatsache, dass in Heidelberg und Freiburg alle Studiengänge für islami sche Religionspädagogik für alle Schularten angeboten wer den können, eine Rolle gespielt?

Vielen Dank für die Beantwortung der zwei Fragen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Du bist so höflich!)

Bitte, Herr Minister.

Vielen Dank. – Ich glaube, wir haben mit der Beauftragung der Arbeitsgruppe des Wissenschaftsrats – die das gesamte Konzept erarbeitet hat –, die beiden Konzep te der Hochschulen zu prüfen, die größtmögliche Objektivi tät walten lassen. Denn es gibt keinen größeren Sachverstand als den Sachverstand derer, die das Gesamtkonzept erarbeitet haben. Diese sind einstimmig zu dem Votum für Tübingen ge kommen.

Wir haben diese Gutachten zur Verfügung gestellt. Vielleicht sind sie bei Ihnen noch nicht angekommen. Auch die beiden Hochschulen haben diese Gutachten, sodass auch sie nach vollziehen können, warum die Gutachter zu diesem Votum ge kommen sind.

Wir haben dieses Gutachtergremium des Wissenschaftsrats noch um zwei professorale Islamgelehrte von zwei bundes deutschen Universitäten angereichert. Es war also wirklich der größtmögliche Sachverstand, der diese Entscheidung ge fällt hat.

Die Universität Heidelberg wollte eine Kooperation mit der Universität Freiburg eingehen, damit auch die beiden theolo gischen Fakultäten eingebunden wären. Aber daran sieht man

schon einen Nachteil. An einem einzigen Ort gelingt es natür lich leichter, als wenn es in Kooperation zwischen Heidelberg und Freiburg geschehen muss. Die Universität Heidelberg hat diese Entscheidung auch nachvollziehen können.

Die Empfehlung des Wissenschaftsrats zielt in erster Linie auf die Ausbildung von Imamen und dann auf die Ausbildung von Religionslehrern im Gymnasialbereich. Bei der Gymnasial lehrerausbildung ist es wichtig, dass an der Universität beide theologische Fakultäten, nämlich eine katholisch-theologische und eine evangelisch-theologische Fakultät, vorhanden sind. Das ist ein großer Vorteil von Tübingen; Tübingen ist der ein zige Standort mit zwei theologischen Fakultäten.

Zur Lehramtsausbildung an den beiden Pädagogischen Hoch schulen – hier geht es noch um eine Pilotphase, die wir jetzt verlängert haben und an der übrigens auch das Land Rhein land-Pfalz partizipiert –: Wenn wir in die breitere Lehramts ausbildung gehen, werden natürlich auch andere Standorte, die – Herr Kollege Kluck hat es angemerkt – zum Teil eben falls nahe an Tübingen liegen, in die Ausbildung von Religi onslehrern für die Grund- und Hauptschule einsteigen. Sie könnten auch einen Verbund mit der Ausbildung für das gym nasiale Lehramt praktizieren.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Palm das Wort.

(Zurufe von der SPD)

Ich darf das Verfahren zuvor noch einmal erläutern: Es geht immer der Reihe nach, aber nicht nach der Reihenfolge, in der sich die Abgeordneten, die reden möchten, melden. Die heu tige Reihenfolge für die Regierungsbefragung sieht so aus: Grüne, CDU, SPD, FDP/DVP. So geht es immer im Kreis he rum.

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Es geht nach der Rei henfolge, nicht im Kreis herum!)

Bitte, Herr Abg. Palm.

Vielen Dank. – Herr Minister, im Januar hat der Wissenschaftsrat empfohlen, an zwei bis drei deutschen Universitäten einen solchen Lehrstuhl für Is lamische Studien einzurichten. Die CDU-Fraktion freut sich natürlich, dass es gelungen ist, einen dieser Lehrstühle nach Baden-Württemberg zu holen.

Könnten Sie uns bitte etwas über die Situation in den anderen Bundesländern und über den aktuellen Stand der Entwicklun gen dort berichten?

Bitte, Herr Minister.

Wir sind natürlich mit dem zuständigen Bundesministerium in Kontakt. Denn zwei der sechs neu ein zurichtenden Lehrstühle werden vom Bund über den Zeitraum von fünf Jahren und dann möglicherweise – nach positiver Evaluation – über fünf weitere Jahre finanziert. Derzeit liegt kein mit unserem Antrag vergleichbares Konzept vor. Es gibt einzelne Lehrstühle an drei deutschen Universitäten, zwei da von im Norden und einen in Frankfurt. Aber es gibt noch kein weiteres Konzept zur Einrichtung eines Fachbereichs für Is lamische Studien.

Ich denke, dass der Bund auch berücksichtigen wird, dass die se Zentren, diese Fachbereiche – ich habe gehört, es wird ei nen Antrag von Potsdam geben; der Bund will ja zwei bis drei solcher Zentren fördern –, möglichst dort eingerichtet werden sollten, wo möglichst viele Bürger islamischen Glaubens le ben. Denn der Kontakt mit den Gemeinden ist wichtig, und die Imamausbildung sollte natürlich auch den Gemeinden vor Ort dienen. Wir denken in erster Linie daran, dass die dort aus gebildeten Imame im Beiratsmodell akzeptiert werden und dass diese Imame dann auch vor allem baden-württembergi schen Gemeinden bzw. Moscheen vorstehen.

Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Abg. Haller-Haid das Wort.

Herr Minister Frankenberg, als Tübinger Abgeordnete begrüße ich natürlich, dass die Univer sität Tübingen den Zuschlag bekommen hat. Gleichwohl ma che ich mir Sorgen, wenn Sie sagen, die Gesamtfinanzierung erfolge nur zu einem Drittel durch das Land.

Vor diesem Hintergrund noch einmal meine Fragen: Wie vie le Professuren werden denn finanziert, und wie werden die Fi nanzierung und die bauliche Unterbringung sichergestellt?

Meine zweite Frage bezieht sich auf Folgendes: Die Verbän de, beispielsweise der Verband Islamischer Kulturzentren, ha ben mittlerweile damit begonnen, selbst Imame auszubilden. Mich interessiert, inwieweit eine Vergleichbarkeit sicherge stellt werden kann und ob etwa daran gedacht wird, an der Universität Tübingen für diese Imame auch eine zusätzliche Weiterbildung anzubieten.

Herr Minister, bitte.

Vielen Dank, Frau Haller-Haid.

Die Finanzierung sieht so aus, dass dem Konzept des Wissen schaftsrats zufolge sechs Lehrstühle notwendig sind. Zwei da von samt der dazugehörigen Ausstattung werden für einen Zeitraum von maximal zehn Jahren – wahrscheinlich zwei mal fünf Jahre – vom Bund finanziert. Wir werden, da es sich um zusätzliche Studienplätze handelt, zwei Professuren aus dem Programm „Hochschule 2012“ finanzieren. Eine Profes sur wird aus dem Landeshaushalt finanziert werden. Bei der Universität selbst bleibt dann noch eine Professur mitsamt der Ausstattung zu finanzieren. Das ist aber vereinbart, und die Finanzierung ist leistbar.

Die Fragen der Unterbringung müssen im konkreten Fall noch geklärt werden. Aber die Universität selbst hat sich um die sen Fachbereich beworben und wird diese Fragen entspre chend klären. Sie selbst sieht das auch als große Bereicherung für den Standort Tübingen an.

Die Frage der Akzeptanz der Imame ist eine Kernfrage, bei der es aber keine Garantie gibt. Ich kann also die Frage der Weiterbildung gern aufgreifen und auch in das Konzept der Universität Tübingen einbeziehen. Aber das Gelingen des Konzepts hängt davon ab, dass die Imame akzeptiert werden. Dafür ist das Beiratsmodell wesentlich. Dieses Modell ist weit gediehen. Es gibt aber keine Garantien. Der Islam hat keine Kirchenverfassung, schon gar keine römisch-katholische.