Protocol of the Session on October 12, 2006

Aber in diesem Punkt – Rottenburg und das, was Sie aufgegriffen haben, Herr Sakellariou – geht es um Umbaumaßnahmen, die in der JVA Ravensburg dringend anstehen. Man hat die Gefangenen jetzt in nahe gelegene Justizvollzugsanstalten verlegen müssen, unter anderem nach Rottenburg.

In Rottenburg werden Abschiebehäftlinge schon seit Jahren von privaten Diensten – Raab Karcher, Securitas usw. – betreut. Diese Zahl ging zurück.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was? „Betreut“?)

Ich kann ja nicht „bearbeitet“ sagen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das wäre ja noch schlimmer!)

Jetzt sind Häftlinge von Ravensburg nach Rottenburg gekommen. Man konnte die Beamten in Ravensburg nicht auch gleich mit einer Abordnung belegen. Da muss ich dem Justizministerium noch danken, dass man nicht mit Abordnung kam und diese Beamten jetzt nicht in Rottenburg Dienst tun müssen.

Es geht um drei Mitarbeiter – zwei Mitarbeiter am Tag und ein Mitarbeiter in der Nacht –, die die 132 Justizvollzugsbeamten hilfsweise unterstützen: Essensausgabe, Wäsche etc. Das hat wirklich nichts mit Privatisierung zu tun und ist auch eine zeitlich befristete Angelegenheit.

Insofern glaube ich, Herr Sakellariou, dass wir uns da einig sind und dieses Thema abhandeln können. Ich denke, Sie sind damit einverstanden, wie das Justizministerium diesen Antrag beantwortet hat.

Wichtiger ist mir wirklich der Antrag der Grünen zum Verzicht auf die Privatisierung der Bewährungs- und Gerichtshilfe. Gewichtig ist das deshalb, weil es sich auf eine Große Anfrage bezieht. Vielen ist deshalb wohl auch nicht bewusst geworden, dass es sich hier um einen Beschluss han

delt und Sie darüber abstimmen lassen wollen und sich natürlich mit der SPD einig sind.

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Aber ich sage Ihnen das Ergebnis gleich vorweg: Ich bin bei der Privatisierung restriktiv, und ich bin teilweise auch ein Gegner der Privatisierung. In zwei Wochen werde ich Hünfeld besuchen. Ich war nicht zur Eröffnung dort, werde mir aber aufgrund der bestehenden Eile und Notwendigkeit dort ein Bild verschaffen, wie es mit der Privatisierung tatsächlich aussieht. Ich teile hier wirklich nicht die Ansicht des Herrn Justizministers, lasse mich aber gern noch überzeugen, wenn ich dort gute Argumente bekomme.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Aber genau deshalb bin ich bei der Bewährungs- und Gerichtshilfe für die Privatisierung.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das glaube ich nicht!)

Ich bin für die Privatisierung, weil das im Gegensatz zu dem, was Sie sagten, Herr Oelmayer, für mich nicht der Kernbereich der Justiz ist. Es ist ein Randbereich, der zwar dazugehört, aber im weitesten Sinne nicht der Kernbereich staatlichen, hoheitlichen Handelns ist. Diese Arbeit baut nicht auf Repression oder Zwang, sondern auf Vertrauen und Freiwilligkeit auf.

Wenn der Proband nicht mitmacht, dann ist doch völlig egal, ob ein A-12- oder ein A-13-Beamter oder ein privater Bewährungshelfer zum Richter oder Staatsanwalt geht und sagt: „Du, der Kerl läuft aus dem Ruder!“. Dann kommt der Staatsanwalt, dann kommt der Richter

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Es geht hier um Pri- vatisierung!)

und übt Repression aus.

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Witzig wird die ganze Sache dann – – Ich habe das auch dienstlich erlebt. Seit den Siebzigerjahren hat eine Verbeamtung in der Bewährungs- und Gerichtshilfe stattgefunden – ich weiß nicht weshalb. Der Protest war groß. Es war wirklich Unmut vorhanden. Man hat gesagt: „Einerseits macht ihr uns zu Beamten mit den notwendigen Treuepflichten, und andererseits müssen wir zu den Probanden ein Vertrauensverhältnis aufbauen. Die erzählen mir dann Dinge, die mich in einen Konflikt bringen.“ Der Beamtenstatus ist hier also schädlich.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Oh! – Abg. Tho- mas Oelmayer GRÜNE: Jetzt aber!)

In gewissem Umfang ist er eher schädlich. Aber lassen wir es dabei.

Was wird stattfinden? Wir haben in diesem Bereich ca. 300 Beamte, 230 bei der Bewährungshilfe. Hier wird ein Dienstleistungsüberlassungsvertrag geschlossen.

Was mich auch enttäuscht – das sage ich Ihnen ehrlich –: Als sich vor drei Jahren die Firma Neustart hier vorstellte,

waren sehr viele Bewährungshelfer und Gerichtshelfer da. Das Projekt wurde vorgestellt, und es gab danach keinen Protest, nichts kam auf. Ich sage Ihnen ehrlich: Ich habe bis heute keine einzige E-Mail, kein Schreiben von einem Bewährungshelfer erhalten, der diese Privatisierung kritisiert hätte.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Weil die wissen, dass das bei Ihnen gar keinen Zweck hat!)

Ich höre es nur von Kollegen. – Bei mir? Ach, Sie wissen haargenau, dass ich ein Kritiker der Privatisierung im Justizvollzug bin. Das weiß ein jeder. Ich bin morgen auf dem Festakt zum 50-Jahr-Jubiläum des BSBD in Rottenburg und werde auch zu diesem Thema etwas sagen und dort meine Linie weiterhin vertreten.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Na gut! Dann se- hen wir uns ja!)

Mir geht es letztendlich nicht darum, ob man dies zum 1. Januar 2007 umsetzt; sondern es geht ausschließlich, Herr Oelmayer, um das Wie. Ich denke, Sie kommen jetzt wirklich wie die „alte Fasnet“ hinterher. Dazu hätte man die vergangenen drei Jahre lang Zeit gehabt.

Nun zur Evaluation. Ich sage Ihnen ehrlich: 40 Jahre Praxis in Österreich,

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Warum habt ihr dann ein Pilotprojekt?)

zwei Jahre in Baden-Württemberg. – Was heißt hier „Pilotprojekt“? Sind 40 Jahre Praxis in Österreich ein „Pilotprojekt“?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Die Regierung hat „Pi- lotprojekt“ gesagt! – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Ihr nennt das so! – Glocke der Präsiden- tin)

Herr Abg. Zimmermann, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Ich habe leider nur fünf Minuten Redezeit, obwohl ich zwei Leuten antworten muss. – Na ja, das ist so okay.

(Heiterkeit – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das geht dir immer so!)

Ich kürze das Ganze ab. Ich sage Ihnen: Es hat sich keiner bei der Ausschreibung beworben.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Es hat sich doch einer beworben!)

Die Firma Neustart ist eine gemeinnützige GmbH. Es wird eine deutsche „Neustart“ geben. Sie wird diese Bewährungshilfe mit Sicherheit umbauen und ausbauen. Dass an der Organisation bisher einiges schieflief und die meisten sich darüber beschwert haben, bis zu 80 Probanden zu haben und der Sache nicht mehr so nachkommen zu können, wie es sein muss, das wissen Sie auch. Ich sage Ihnen aber, es wird gut laufen; es wird auch weiterhin gut laufen.

Mein Schlusssatz lautet – ich hätte gerne noch mehr gesagt –: Auch in diesem Fall wird Baden-Württemberg beispielhaft vorangehen,

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Ich glaube es bloß nicht!)

und die anderen Länder werden nachziehen. Lassen Sie uns doch auch einmal etwas von den Österreichern lernen.

(Beifall der Abg. Michael Theurer und Dieter Kleinmann FDP/DVP – Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Oh!)

Zwei Jahre lang haben wir es probiert. Ich hoffe, dass das Wahlergebnis in ein paar Jahren nicht so ausfallen wird wie vor wenigen Wochen in Österreich.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das haben Sie davon!)

Ich werde aber dafür sorgen, dass die Umsetzung gut funktioniert.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: In Österreich?)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Wetzel.